Keine Grenzen, keine Limits

FIKTIVE Radsport-Geschichten von Usern, die sich für schreibtalentiert halten

Moderator: Grabba

$$_gibo_$$
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Beitrag: # 6738349Beitrag $$_gibo_$$
1.10.2008 - 10:14

Hört sich spannend an, ich freu mich schon auf die Fortführung deiner Story.
Also ab ans Werk :lol:
Ich sah den Himmel und mein eigenes Grab,
Ich feierte Siege triumphierte und verlor,
Ich starb aus Liebe.

Barnetta
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Beitrag: # 6738548Beitrag Barnetta
2.10.2008 - 21:47

Erstmal was kurzes zum einlesen ^^

„Verdammter Mist, kann mir mal jemand sagen, was das soll?“ Heute Nachmittag hatte Lucas das erste Zeitfahren der Vuelta 2007 gewonnen, hatte auch schon zuvor eine Etappe im Mittelgebirge gewonnen und war in der Gesamtwertung in einer aussichtsreichen Position, aber trotzdem war er mit sich und seinem Umfeld nicht zufrieden. „Wieso habt ihr dieses Fernseh-Interview auf 20 Uhr ansetzen lassen. Da hab ich sonst meine Massage und diesen Rhythmus will ich gerne beibehalten … warum habt ihr überhaupt für ein Interview eingewilligt?“ Kurzes Schweigen, „Lucas, du hast hier heute ein Einzelzeitfahren gewonnen, das deutsche Fernsehen will dich sprechen. Die übertragen die Vuelta eigentlich nur wegen dir. Für sie bist du DER Nachfolger von Jan Ullrich“, ließ ihn Astana-Pressesprecher Reto Bühler wissen. „Nachfolger von Jan Ullrich? Ich bin Lucas Kiehl, nicht Jan Ullrich …“. Wütend wandte sich Lucas ab und kehrte in sein Zimmer zurück. Der Interview-Termin war geplatzt.
Obwohl Lucas bei Astana immer noch der Frischling war hatte er sich durch seine guten Leistungen bei der Tour de Suisse ( 6. der Gesamtwertung ) und der Deutschland-Tour ( 3. der Gesamtwertung ), sowie dem deutschen Meistertitel im Straßenrennen, bereits viel Ansehen im Team und letztendlich auch den Startplatz bei der Vuelta erkämpft. Aber anstatt das positiv zu nutzen verbaute er sich durch seine akribische und dadurch zum Teil stinkige Art eine bessere Stellung im Team. Einen herumkommandierenden Jüngling sahen die Leute um Marc Biver und Mario Kummer in der Teamleitung nicht gerne. Dass Lucas nun auch noch das Interview platzen ließ tat sein übriges dazu. Am Anfang der Saison wurde Lucas von Marc nach einem Disput mit Steve Morabito darauf hingewiesen, dass Disziplinlosigkeiten im Team nicht geduldet werden und dass sich jeder fügen müsse und jetzt war wohl der Zeitpunkt gekommen, dass er diese Worte zum wiederholten male hören würde.
Allerdings hatte er nicht erwartet, dass eine ihm sehr vertraute Person dabei an der Seite der Teamleitung stehen würde.

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mad
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Beitrag: # 6738582Beitrag mad
3.10.2008 - 9:28

Ich habe gerade angefangen zu lesen und gleich in der ersten paar Posts ist mir 2x derselbe grammatikalische Fehler aufgefallen.
Barnetta hat geschrieben:Ort der Zusammenkunft sollte Lucas sein Heimatort Schierke am Fuße des Brockens sein.
...Lucas Heimatberg...
Barnetta hat geschrieben:Reinhard, Lucas sein Vater, …
...Lucas Vater...


Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod sag ich nur ;)

Aber ansonsten gefällts mir bisher ganz gut... Weiter so!
"Von all den Dingen die mir verloren gegangen sind, habe ich am meisten an meinem Verstand gehangen..." - Ozzy Osbourne

Barnetta
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Beitrag: # 6738606Beitrag Barnetta
3.10.2008 - 14:30

Glaub das wurde mir schonmal gesagt und ich kenne den Fehler auch, aber wenn man im Schreibfluss ist, dann fällt einem das nicht unbedingt sofort auf, auch nicht beim Fehlerlesen.

Das Buch kenne ich übrigens und find es auch sehr schön ^^

Barnetta
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Beitrag: # 6738789Beitrag Barnetta
4.10.2008 - 18:23

Lucas genoss seine Massage, als Mario Kummer und Marc Biver in den Raum hereinplatzten. Der nun folgenden Standpauke war sich Lucas bewusst und diese störte ihn nicht weiter. Der Schlag in die Magengrube sollte erst nach der Zurechtweisung kommen.
Nachdem sich Lucas die mahnenden Worte der Teamleitung angehört hatte, dass man dieses Verhalten nicht tolerieren würde wollte er mit dem Thema schon abschließen, als Kummer noch mal neu ansetzte. „Und bezüglich dem geplatzten Interview. Ich hoffe du hast trotzdem mal bei der ARD reingeschaut.“ Lucas schaute die beiden fragend an. „Warum sollte ich, das Wetter in Deutschland interessiert mich nun wirklich nicht.“ Nach dieser Bemerkung sah er seinen Vorgesetzten den noch größer werdenden Zorn an. „Das Wetter in Deutschland hat dich auch einen Scheißdreck zu interessieren“, brüllte ihn Mario an, „aber es sollte dich vielleicht interessieren, dass dein kleiner Bruder so nett war und sein Abendbrot und seine Massage verschoben hat nur um für dich einzuspringen. Und er toleriert dein Verhalten ebenso wenig wie wir. Du weißt also bei wem du dich zu bedanken hat. Dein Bruder scheint ein wenig mehr von Teamgeist zu verstehen und wenn dir das nicht einleuchtet können wir dich auch ganz schnell aus der Vuelta rausnehmen. So eine Story über eine Verletzung ist schnell an der Öffentlichkeit, ganz egal ob sie stimmt oder nicht.“
Lucas musste schlucken. So hatte er seine Teamchefs noch nicht erlebt und erstmals seit seinen Problemen im Frühjahr fühlte sich Lucas ganz klein. Keine großen Sprüche, einfach nur ein entgeisterter, leerer Blick in Richtung Teamleitung. Es hatte ihm die Sprache verschlagen und das passierte wirklich nicht oft. Wenn es nur das Donnerwetter von Kummer und Biver gewesen wäre … Gut, Lucas hätte es registriert und sich weiter auf das Wesentliche konzentriert, aber sein eigener Bruder, der im Zeitfahren 4. wurde fiel ihm in den Rücken und das tat weh, wie ein Asphaltaufschlag auf einer rasenden Abfahrt. Manche hätten die Aktion von Tobi vielleicht als Nettigkeit angesehen, aber nicht Lucas. Er war sauer, dass Tobi ihn nicht gefragt hatte ob er ihn vertreten dürfe bei dem Interview, geschweige denn, dass er ihn informiert hatte. Das ließ Lucas im Team in einem noch schlechteren Licht dastehen, schließlich wurden die beiden Brüder oft miteinander verglichen. „Arschkriecher“, ging es Lucas durch den Kopf. „Ich glänze hier durch gute Leistung und mein kleiner Bruder glänzt damit der Teamleitung tiefer in den Anus zu kriechen, als jeder andere Fahrer der Mannschaft … und dann auch noch zu meinem Leidwesen. Zeit die Rangordnung in der Familie Kiehl wieder herzustellen.“ Sobald Tobi auf das Zimmer zurückkehren würde wollte Lucas sich ihn ordentlich zur Brust nehmen. Wütend, traurig … Lucas wusste gar nicht, wie er sich fühlen sollte, er wusste nur, dass Tobi seinen ganzen Zorn spüren würde. Und dieser wuchs mit jeder Minute, die vor Tobis Eintreffen verging. Als es dann so weit war, war Lucas so emotionsgeladen, dass er gar kein Wort herausbrachte. Er schaute Tobi lediglich vorwurfsvoll an. Dieser erkannte den Blick und anstatt die Situation zu klären riss er die Wunde noch weiter auf. „Schau mich nicht so an. Was erwartest du denn von mir? Du kannst nicht einfach so einen Fernsehtermin sausen lassen. Die Leute schalten wegen dir ein und du erscheinst nicht. Das ist kein bisschen professionell und ich finde das nicht gut von dir.“ Lucas wollte ansetzen um etwas zu sagen, aber Tobi führte seine Predigt fort ohne zu unterbrechen, was Lucas weiter zum kochen brachte. „Sei dir endlich deiner neuen Rolle im deutschen Radsport bewusst. Um den Radsport noch populärer zu machen musst du halt mal Kompromisse eingehen oder denkst du, dass ein Jan Ullrich seine Massage jeden Tag während seiner großen Rundfahrten 20 Uhr bekommen hat. Du kannst dich bei mir bedanken, dass ich unsere Familienehre einigermaßen gerettet hab.“ Lucas schaute total verdutzt. Eigentlich wollte er sich seinen kleinen Bruder vorknöpfen, doch nun musste er sich von diesem noch weiter zurechtweisen lassen. Der Aspekt, dass sein kleiner Bruder es ähnlich weit trieb, wie seine Vorgesetzten brachte bei Lucas das Fass zum überlaufen. Er lief hochrot an, packte seinen Bruder am Arm und kehrte das ganze auf extreme Art und Weise um.
„Was glaubst du kleiner Hosenscheißer wer du bist?“, brüllte Lucas von allen guten Geistern verlassen. „Wer hat dir den Platz im Team besorgt? Wem hast du zu verdanken, dass du hier bei der Vuelta mitfährst? Wer ist dafür verantwortlich, dass du überhaupt diesen Status hast? Und wem fällst du jetzt in den Rücken!? Wie undankbar bist du eigentlich? Von meinem kleinen Bruder hätte ich mir ein wenig Unterstützung erwartet und nicht so eine arrogante Moralpredigt. Es hat mich genug enttäuscht, dass du, ohne das mit mir abzusprechen, zu diesem beschissenen Interview gehst, aber das hier setzt dem die Krone auf. Du führst dich hier auf wie der größte Vollidiot. Denkst du, du kannst der Teamleitung damit etwas beweisen, außer dass du fähig bist ihnen in den Arsch zu kriechen? Bist du dir dessen bewusst, dass ich dadurch bei der Teamleitung noch schlechter dastehe, als ich das durch die Interviewabsage ohnehin schon tat? Echt, und du willst mein Bruder sein!“
Völlig außer Atem vor Wut blickte Lucas Tobi an. „Das saß“, dachte sich Lucas, aber er hatte sich getäuscht. „Das hat nichts mit Arschkriecherei zu tun und auch nicht damit dir schaden zu wollen, aber du kannst nicht einfach ein Interview wegen einer Massage absagen. Wie gesagt, ein Jan Ullrich hat das auch nicht getan, da es seiner Popularität unheimlich geschadet hätte.“ Allein der Fakt, dass Tobi ihm weiterhin widersprach machte Lucas rasend vor Wut, aber der Vergleich mit Jan Ullrich, den er so hasste, machte das ganze noch schlimmer. „Hör auf mich mit Ullrich zu vergleichen. K-I-E-H-L … nicht U-L-L-R-I-C-H … ich bin nicht Ullrich und was interessiert mich meine Popularität? Ich bin nicht da um anderen zu gefallen, ich will mir gefallen und mir beweisen, dass ich der Beste bin. Und wenn ich der Beste bin interessiert es die Leute auch nicht, ob ich ein Interview mehr oder weniger gebe, also langweile mich nicht noch weiter mit deinem dummen Moralgelaber. Ich hab meinen eigenen Kopf und will nicht zu einem Produkt oder Spielball der Medien werden … die Rolle kannst du gerne übernehmen. Und jetzt will ich nichts mehr hören, damit das klar ist.“
Tobi schüttelte nur den Kopf, sagte aber nichts weiter. Lucas sein sturer Kopf hatte sich im Familienstreit schlussendlich durchgesetzt, woraufhin er eine gewisse Erleichterung verspürte. Die Wut war aber trotzdem noch nicht gewichen, zwischen ihm und seinem Bruder herrschte erstmal Funkstille. Und Lucas war nicht sonderlich interessiert daran diese zu beenden. Sein Anliegen lag eher darin seinem Bruder deutlich zu beweisen, wer hier die Hosen anhaben würde in der Familie. Dieser Streit zeigte Lucas seine Entwicklung deutlich auf. Seine frühere Bescheidenheit, Bodenständigkeit war einem Gemisch aus Stolz, Ehre und Arroganz gewichen. „Genau das richtige, um es in der Radsportwelt weit zu bringen“, dachte er sich.
Charakterschwein? … Lucas hatte in seinem ersten Jahr bei Astana schnell einige, für ihn wichtige, Schlüsse gezogen. Der wichtigste dabei war im Wettkampf nicht zwischen Freund und Feind zu unterscheiden, denn das würde ihn angreifbar machen. Er müsse einfach alle schlagen, Freunde und Feinde. Und wenn ihm seine Freunde dabei auf unliebsame Art und Weise in die Quere kommen würden könnten sie dadurch auch ganz schnell zu Feinden werden. Und nun hieß ein weiterer Feind eben Tobi Kiehl, sein eigener Bruder.

Barnetta
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Beitrag: # 6739037Beitrag Barnetta
6.10.2008 - 19:11

Zwei Tage waren seit dem Streit von Lucas und Tobi vergangen und noch immer herrschte eine eisige Kälte zwischen den beiden. Kein Wort hatten sie gewechselt, keines Blickes hatten sie sich gewürdigt und das obwohl die Brüder Zimmernachbarn waren. Lucas seine Konzentration galt einzig und allein den letzten Etappen der Vuelta, den entscheidenden auf dem Weg zu seinem wohlmöglich größten Triumph seiner Karriere. Durch den Zeitfahrsieg auf der 14.Etappe hatte er sich auf den 5.Platz vorgekämpft und diesen Platz wollte er nun in den Bergen und im Abschlusszeitfahren mit aller Macht verteidigen, aber er war sich der Schwierigkeit dieses Unterfangens bewusst. Schließlich warteten am heutigen Tage noch die Bergankunft am Calar Alto und auf der 18.Etappe der Ritt auf die Sierra de la Pandera auf ihn und er wusste, dass seine Fähigkeiten am Berg noch nicht so ausgereift waren wie im Zeitfahren. Sein Ziel bestand folglich darin möglichst wenig Zeit auf die Spitzenplätze zu verlieren um dann im Zeitfahren die verlorene Zeit wieder aufzuholen.
Eigentlich stand Lucas für dieses Ziel das gesamte Team zur Verfügung, aber durch den internen Streit hatte er einiges an Sympathien verloren. Auf seinen Bruder Tobi wollte Lucas deshalb nicht setzen, wenn es in den Bergen in die entscheidende Phase ging. Sein getreuer Helfer war ein Italiener, Eddy Mazzoleni. Die beiden hatten auf dieser Vuelta schon so manchen Berg gemeinsam bestritten wobei sie sich immer aufeinander verlassen konnten. Mal musste Eddy Lucas pushen, mal war es andersherum, aber im Endeffekt sorgte dies nur dafür, dass sich zwischen den beiden schnell eine Freundschaft entwickelte. Lucas konnte Eddy blind vertrauen und so war es auch nicht überraschend, dass Eddy nach dem internen Streit nicht wie, manch andere im Team, vorschnell über Lucas urteilten, sondern ihm sagte, dass ihm das egal sei und es ihr Verhältnis auf keinen Fall belasten würde. Dafür hatten sie in den Bergen zu viel gemeinsam durchgemacht ließ Eddy Lucas wissen. So sehr ihn die Streitereien der letzten Tage, ohne dass er es wahrhaben wollte, mitgenommen hatten, so sehr baute ihn der Treueschwur von Eddy wieder auf. Lucas schien froh darüber das Vertrauen eines so erfahrenen Profis gewonnen zu haben, denn mit ihm an seiner Seite in den Bergen fühlte er sich viel sicherer, mit ihm an seiner Seite erschien das Ziel in den Top 5 zu bleiben viel realistischer. In diesem Moment war auch von Lucas’ Starrsinn wenig zu sehen, er war einfach nur froh darüber, dass er sich auf immerhin eine Person im Team verlassen konnte. Eddy erkannte Lucas’ Führungsrolle aufgrund seiner besseren Ausgangsposition an und von daher hatte Lucas dort wenig Gegenwind zu befürchten. Folglich wich der Starrsinn auch aus der Sicherheit heraus keinen Gegner in den eigenen Reihen zu haben. Gut, in den eigenen Reihen hatte er genug Gegner, aber unter seinen Vertrauten war alles ihm untergestellt und solange das gegeben war, war Lucas zufrieden. Kein Grund für Wutausbrüche, Eifersüchteleien und Diskussionen – Eddy war der perfekte Edelhelfer.

Barnetta
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Beitrag: # 6739425Beitrag Barnetta
8.10.2008 - 22:00

Kann mir mal jemand bitte ne Seite empfehlen, auf der ich kostenlos Screenshots uploaden kann?
Bei Rapidshare konnte ich zwar uploaden, aber irgendwie werden mir die hochgeladenen Bilder in der Vorschau nicht angezeigt. Hab da auch nichts falsch gemacht ... Damals hab ich imageshack.us benutzt, aber das ist mir irgendwie nicht Geheuer zwecks Email-Adresse angeben und Registrierung.

Danke für die Hilfe schonmal! :)

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bayerchecker06
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Beitrag: # 6739427Beitrag bayerchecker06
8.10.2008 - 22:01

Bei imageshack.us musst du dich nicht registrieren, du kannst...
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sciby
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Beitrag: # 6739428Beitrag sciby
8.10.2008 - 22:01

directupload.net
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Barnetta
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Beitrag: # 6739434Beitrag Barnetta
8.10.2008 - 22:34

Danke für die schnelle Hilfe!

Bild
Die heutige Etappe im Detail.
Die Teambesprechung vor dem Start ging relativ schnell über die Bühne, was wohl noch an den diversen Spannungen im Team lag. Als Ziel wurde ausgegeben Lucas so gut wie möglich zu unterstützen und eventuell auch in Fluchtgruppen präsent zu sein. Das ganze Geschwafel interessierte Lucas allerdings nicht sonderlich, er zog es vor vorm Start mit Eddy noch einige Worte auf Englisch zu wechseln, denn im Endeffekt kam es sowieso nur auf die beiden an. In Betracht dessen war jegliche Taktik hinfällig, die Taktik wurde von Lucas ganz gut mit einem kleinen Sprichwort dargestellt: „Zusammen leben, alleine sterben.“ Am Ende war halt doch jeder auf sich allein gestellt, aber die physische und psychische Hilfe von Eddy war ihm doch schon viel wert. Einen Partner in einem endlos wirkenden Anstieg an seiner Seite zu haben kann manchmal doch schon Wunder wirken. Außerdem war Eddy ein bedingungsloser Helfer. Auch wenn Lucas einbrechen würde, würde er seine eigenen Ziele zurückstellen nur um an der Seite von Lucas zu bleiben, so hatte man es abgemacht und diese Gewissheit verschaffte Lucas eine Form von innerer Ruhe.
Deswegen ging Lucas auch relativ entspannt, aber trotzdem hoch konzentriert an den Start. Es warteten vor dem Anstieg zum Observatorium auf dem Calar Alto zwar schon einige Berge auf die Fahrer, aber das war allerhöchstens ein Vorgeplänkel auf das was am Ende folgen sollte. Lucas fühlte sich gut und war sich sicher diese Vorprüfungen ohne Schaden zu überstehen. Um dies zu gewährleisten fuhr er immer in den vorderen Reihen des Feldes. Ein weiterer Grund dafür war sich von niemandem überraschen zu lassen, denn es gab schon einige gewagte Husarenritte in der Geschichte des Radsports, die man nicht für möglich gehalten hatte. Und zu guter letzt war da auch noch der psychologische Faktor. Das gegenseitige Beäugen in den vorderen Reihen, dem anderen zeigen, dass man ohne Probleme diese Berge ganz vorne mitfährt, quasi ohne mit der Wimper zu zucken. Das hatte was mit Einschüchterung, aber auch Irritation zu tun und Lucas liebte diese Spielchen. Seine Augen waren auf die Leute gerichtet, die in der Gesamtwertung in seiner Nähe waren, besonders die, die hinter ihm lauerten: Juan Manuel Garate, Cadel Evans und Thomas Lövkvist. In Sichtweite auf Platz 4 lag auch noch ein gewisser Denis Menchov, aber ihm diesen Rang noch streitig zu machen, das hielt sogar Lucas für Tagträumerei.
Im Rennalltag sollte es allerdings so langsam mit der Träumerei vorbei sein. Die letzten flachen Kilometer vor dem letzten Anstieg mussten bewältig werden und vor den Fahrern sah man schon, wie sich die Gipfelstraße den Berg hochschlängelte. Eddy fuhr getreu an Lucas Seite, während dieser sich nach weiteren Leuten aus seinem Team umschaute. Viel war da allerdings nicht übrig geblieben in der ca. 30 Mann starken Gruppe. Neben Eddy war da nur noch der Spanier Antonio Colom mit von der Partie. Diesem stellte Lucas auch flugs per Funk durch doch bitte noch mal ein paar Wasserflaschen zu holen. Während Antonio diese Arbeit verrichte suchte Lucas das Feld noch mal nach seinem Bruder ab, aber von dem war nirgends etwas zu sehen. Das war jetzt allerdings auch zweitrangig. Eddy half Lucas durch die Gruppe nach vorne zu kommen und gerade als man das geschafft hatte ging auch schon die Post ab. Attacke von Garate!
„Verdammte Scheiße“, dachte sich Lucas. Gerade Garate hatte attackiert und das war nicht einmal das größte Problem. Antonio Colom war gerade dabei sich nach dem Holen der Flaschen durch das Feld zu kämpfen als diese erste Attacke kam. Die Trinkversorgung konnte Lucas sich bis zur ersten Neuordnung der Fahrer hier am Berg wohl abschminken. Das Tempo wurde nach der Attacke enorm erhöht. Die Favoriten wollten Garate nicht so einfach davonkommen lassen und auch Garate’s direkte Gegner waren nicht an einem Alleingang von ihm interessiert. Auch Lucas wäre gerne in die Verfolgung eingestiegen, aber noch immer hoffte er, dass Antonio noch mal den Anschluss schaffen würde. So fuhr er mit Eddy am Ende der ca. 20 Mann großen Gruppe in der Hoffnung ein Astana-Trikot hinter ihnen zu entdecken. Und tatsächlich erreichte Antonio die Gruppe noch mal. Lucas war beeindruckt von dieser Energieleistung, aber zum Staunen blieb ihm nicht viel Zeit, denn erneut wurde das Tempo forciert. Vor ihnen riss ein Loch, da einige Fahrer das Tempo nicht halten konnten. Ohne mit der Wimper zu zucken spannte sich Antonio nochmals vor Eddy und Lucas und zog sie wieder an die deutlich kleiner gewordene Gruppe heran bevor er sich selber verabschiedete.
Die vorherige Leichtigkeit war Lucas aus den Beinen gewichen. Um nun an den Topfavoriten, den Top 4 der Rundfahrt um Arroyo, Sastre, Marchante und Menchov dranzubleiben musste er auf die Zähne beißen. Von viel größerer Wichtigkeit war für Lucas allerdings der Vergleich mit Garate und der fuhr immer noch alleine vorne weg. „So lang ich an den Favoriten dranbleibe werde ich auch Garate kontrollieren können … was ist wenn sie zu langsam sind? Ich muss angreifen!“ Lucas konnte nicht mehr klar denken bzw. er konnte das was er dachte nicht mit den Beinen umsetzen, denn schon mit der nächsten Attacke war das eben angedachte Vorhaben außer Reichweite. Sastre hatte attackiert und der Rest der Top 4 war sofort hinterhergestiegen. Die restliche Gruppe wurde kurz auseinander gerissen, da manche Fahrer, u.a. Lucas reflexartig versuchten dort mitzugehen, aber dies erschien bei dem horrenden Tempo unmöglich. Also blieb Lucas keine andere Wahl als seinen Rhythmus weiterzufahren. Stur senkte er den Kopf nach unten und trat in die Pedale. In seiner Nähe waren nun nur noch seine direkten Konkurrenten Cadel Evans und Thomas Lövkvist und auch die schienen ihr eigenes Rennen zu fahren, denn von Zusammenarbeit war nichts zu merken. Erst als Eddy die 3 von hinten noch mal auffuhr ging ein kleiner Ruck durch die Gruppe.
Bild
Eddy kommt zur Gruppe, bestehend aus Lucas, Cadel Evans und Thomas Lövkvist, zurück um Lucas nochmal für kurze Zeit zur Seite zu stehen.
Eddy zog sie noch mal einige Kehren hoch, eher er sich völlig entkräftet wieder zurückfallen lassen musste – aber er hatte sein Soll erfüllt. Lucas zeigte seine Dankbarkeit mit einer als Nicken auszumachenden Kopfbewegung, zu mehr war er nicht mehr in der Lage. Nach manchen harten Etappen hatte sich Lucas gefragt, wie er es geschafft hatte sich überhaupt auf dem Fahrrad zu halten und heute war wieder so ein Tag. Allein der Wille den Berg nicht wieder rückwärts runterzurollen war dafür verantwortlich, aber stur wie Lucas war reichte ihm das nicht. In ihm war zusätzlich auch noch der Wille verankert unter die Top 5 dieser Rundfahrt zu kommen und so überwand er allen Schmerz, ging ca. 2 km vor dem Ziel noch mal aus dem Sattel und trat an. Schon während des Antritts wurde ihm schwarz vor Augen, aber das hielt ihn nicht davon ab den Australier und den Schweden stehen zu lassen. Zwar war er weit davon entfernt Garate einzuholen, aber durch den Antritt, der massig Überwindung gekostet hatte, war er mit sich selbst im Reinen. Er wusste dass er alles gegeben hatte. Wie in Trance spulte er die letzten Meter der Etappe ab, machte dabei aber erfreulicherweise noch Zeit auf Juan Manuel Garate gut.
Bild
Lucas setzt sich durch eine beherzte Attacke kurz vorm Ziel von seinen Mitstreitern ab.
Nach der Zieleinfahrt fing ihn ein Betreuer des Teams ab und Lucas fiel ihm nachdem er vom Fahrrad abgestiegen war sprichwörtlich in die Arme – allerdings nicht vor Freude. Als hätte man ihm den Boden unter den Füßen weggezogen war er im Begriff erschöpft zu Boden zu sinken, als ihn sein Betreuer auffing. Die Spuren seiner ersten dreiwöchigen Rundfahrt waren ihm deutlich anzumerken. Aber Lucas hatte nicht viel übrig für Hätscheleien und Mitgefühl. Er wollte hier was erreichen und so galt seine erste Frage nachdem er wieder etwas zu sich gekommen war sofort der Gesamtwertung. „Hat es für Platz 5 gereicht?“ fragte er seinen Betreuer, der das allerdings verneinen musste. „Nee, der Garate ist heut 3. geworden und ist an dir vorbeigezogen … das wird ein schweres Stück Arbeit.“ Das waren zwar nicht die Worte, die Lucas hören wollte, aber er war sich sicher seinen 5.Platz zurückerobern zu können … spätestens im Zeitfahren, vielleicht auch schon auf dem Weg zur Sierra de la Pandera.


Etappenwertung
1 David Arroyo CAISSE D'EPARGNE 4h48'49
2 Carlos Sastre TEAM CSC + 16
3 Juan Manuel Gárate QUICK STEP - INNERGETIC + 1'23
4 Denis Menchov RABOBANK + 1'50
5 José Angel Gomez Marchante SAUNIER DUVAL - PRODIR s.t.
6 Pieter Weening RABOBANK + 2'32
7 Michael Rasmussen RABOBANK s.t.
8 Lucas Kiehl ASTANA + 3'19
9 Thomas Lövkvist FRANÇAISE DES JEUX + 3'37
10 Cadel Evans PREDICTOR - LOTTO s.t.
11 Eddy Mazzoleni ASTANA + 4'28
12 Dario Cioni PREDICTOR - LOTTO + 4'56
13 Christian Vandevelde TEAM CSC + 5'44
14 Antonio Colom ASTANA s.t.
15 Johann Tschopp BOUYGUES TELECOM + 5'58

Gesamtwertung nach der 16.Etappe
1 David Arroyo CAISSE D'EPARGNE 65h39'30
2 Carlos Sastre TEAM CSC + 4'32
3 José Angel Gomez Marchante SAUNIER DUVAL - PRODIR + 6'00
4 Denis Menchov RABOBANK + 10'11
5 Juan Manuel Gárate QUICK STEP - INNERGETIC + 10'54
6 Lucas Kiehl ASTANA + 11'50
7 Thomas Lövkvist FRANÇAISE DES JEUX + 12'22
8 Cadel Evans PREDICTOR - LOTTO + 13'46
9 Eddy Mazzoleni ASTANA + 16'17
10 Ivan Basso DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING +20'14
11 Antonio Colom ASTANA + 21'50
12 Tadej Valjavec LAMPRE - FONDITAL + 23'12
13 Michael Rasmussen RABOBANK + 26'48
14 Pieter Weening RABOBANK + 26'53
15 Cyril Dessel AG2R PREVOYANCE + 29'05
Zuletzt geändert von Barnetta am 14.10.2008 - 18:02, insgesamt 1-mal geändert.

Gerrit
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Beitrag: # 6739456Beitrag Gerrit
9.10.2008 - 1:55

Schön geschrieben, doch du hättest den Sprung von Lucas Attacke weglassen müssn, sprich 1,1 km lucas attackiert und dann war er im Ziel.
Da ein bisschen mehr beschrieben, dann wären es 100 % ;)

Barnetta
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Beitrag: # 6740369Beitrag Barnetta
14.10.2008 - 17:58

Bild
Die letzte harte Bergetappe der Spanien-Rundfahrt 2007.

Da war es wieder, dieses Pochen. Das einzige was Lucas jetzt noch wahrnahm war sein eigener Herzschlag. Wie in Trance fuhr er den Berg herauf. Fans? Da standen keine Fans an der Strecke, jedenfalls hörte er keine und er sah auch keine. Tunnelblick.
Lediglich für die beiden Fahrer in den blauen Trikots, die vor ihm fuhren, hatte er noch ein Auge. Der eine im hellblauen, Eddy Mazzoleni, der andere im dunkelblauen Trikot, Juan Manuel Garate. Diesmal war Lucas im entscheidenden Moment drangeblieben. Hektik war aufgekommen als die Favoriten auf dem Weg zur Sierra de la Pandera kurz nach dem kleinen Zwischenplateau angriffen, aber Lucas ließ sich davon nicht beeinflussen. Sein einziger Gedanke galt Garate. Dort dranbleiben, eventuell noch Zeit gewinnen und er hätte im Zeitfahren gute Chancen wieder in die Top 5 vorzurücken.
Bild
Mazzoleni und Kiehl folgen Garate. Nicht im Bild, aber Teil der Gruppe: Lövkvist, Rasmussen, Weening und Evans.
Nun fuhr er hier mit einigen anderen Leuten, u.a. seinem Edeldomestiken Eddy, an Garates Hinterrad. Die Führung musste er nicht übernehmen, diese Aufgabe überließ er allein dem kleinen Spanier, denn dieser hatte noch ganz andere Ziele. Durch die letzten guten Resultate hatte er sich wieder an Denis Menchov rangekämpft und diese Möglichkeit auf Platz 4 zu springen wollte Garate logischerweise nicht kampflos aufgeben.
Allerdings erschien es angesichts des Tempos des Spitzenquartetts ein aussichtsloses Unterfangen zu sein. Lucas störte das allerdings herzlich wenig, er war genug mit sich selbst beschäftigt. Mit verbissenem Blick suchte er sich einen Fixpunkt und den fand er in Garates Rückennummer. Was hinter ihm passierte war ihm zu diesem Zeitpunkt völlig egal, allein weil er aufgrund der Anstrengung gar nicht die Möglichkeit hatte sich umzuschauen. Dabei waren es durchaus gute Nachrichten. Immer mehr Leute mussten dem Tempodiktat des Quick Step-Mannes Tribut zollen und so fielen auch Lucas seine, hinter ihm liegenden, Konkurrenten zurück.
Bild
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Lövkvist, Evans, Rasmussen und Weening müssen abreißen lassen.
Cadel Evans, Thomas Lövkvist – bei beiden schien der Tank leer zu sein, aber auch Lucas merkte, wie er mit den letzten Reserven fuhr. Seine Oberschenkel brannten und so langsam wünschte er sich das Rennende herbei. Trotzdem waren er und Eddy die einzigen, die Garate in dieser Rennsituation folgen konnten. Vorne die Favoriten unter sich und dann kam schon das Dreiergespann. Zwischendurch fuhr man immer wieder ehemalige Ausreißer auf, aber deren Versuche sich an die 3 ranzuhängen waren zum Scheitern verurteilt. Niemand konnte auch nur annährend das Tempo der 3 mitgehen. Trotzdem fing Lucas nun an zu zweifeln, ob man seine Konkurrenten wirklich komplett abgeschüttelt hatte. Immer wieder schaute er sich um, schaute ob irgendeiner, der hinter ihm liegenden Fahrer, seine Gruppe noch im Sichtfeld hatte. Fehlanzeige. Doch trotzdem schaute Lucas wieder nach hinten. Es war ein stetiges Wechselspiel. Garates Rückennummer – nach hinten schauen – Garates Rückennummer – nach hinten schauen. „Konzentrier dich aufs Renngeschehen“, hörte Lucas durch den Funk. „Da kommt keiner mehr, ihr nehmt denen hinter euch konstant Zeit ab.“ Lucas war beruhigt. Noch ein letzter Blick nach hinten um sich mit eigenen Augen zu vergewissern. Dann richtete sich sein Blick wieder nach vorne – volle Konzentration! Und in diesem Moment merkte Lucas, warum er auf einmal die Zeit hatte sich mit dem Rennen der anderen zu beschäftigen, nach hinten zu schauen. Er war nicht am Limit.
Garates Tempo war zwar hoch, aber nicht mehr so hoch, wie vor einigen Minuten. Der Express, der eben noch unaufhaltsam schien, verlor an Fahrt. „Nicht überstürzen“, dachte Lucas sich. Es war durchaus möglich, dass Garate ihn in eine Falle locken wollte. Lucas sollte sich vom niedrigeren Tempo blenden lassen, dann attackieren, woraufhin Garate den tödlichen Konter setzen würde. Darauf würde Lucas nicht reinfallen, vorerst blieb er am Hinterrad des Spaniers. Nun musste Lucas seinen Vordermann studieren. War er wirklich schwach oder spielte er nur mit Eddy und ihm. Dieses observieren des Gegners dauerte einige Minuten an. Plötzlich kam es zu einer weiteren Tempodrosselung. Die perfekte Zeit um ihn stehen zu lassen. Doch noch traute Lucas dem Braten nicht so ganz. Unsicherheit machte sich breit. “Soll ich’s wirklich machen oder lass ich’s lieber sein? Ja – Nein – ähh Jein“ Bevor Lucas handeln konnte ging Eddy an ihm vorbei und setzte sich an die Spitze. „Keine Zeit für Spielchen Lucas. Viel Zeit bleibt dir nicht mehr um ihm Zeit abzunehmen. Es sind nur noch etwas weniger als 1,5 Kilometer zu fahren und der Garate ist definitiv platt“, hieß es durch den Funk. Da hatte Kummer Recht. Ganz wollte sich Lucas auch nicht auf das Zeitfahren verlassen. Er musste probieren was gutzumachen. Garate hatte schon seine liebe Müh und Not an Eddy dranzubleiben. Lucas ging an ihm vorbei und gab Eddy dann, einen Kilometer vor dem Ziel, das Zeichen Volldampf zu fahren. Ein letztes Mal schaute sich Lucas zum spanischen Bergfloh um. Er hatte sich die letzten Kilometer wohl übernommen und nun schien er die Quittung dafür zu bekommen.
Bild
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Die finale Attacke auf Jose Manuel Garate.
Lucas und Eddy nahmen das Zepter in die eigene Hand und mit ihrer Tempoverschärfung setzten sie den Stempel auf Garate’s Quittung – er musste endgültig abreißen lassen, das Ventil schien gezogen. Lucas schaute sich um und in ihm machte sich ein Glücksgefühl breit. Die wohl größte Ausschüttung von Serotonin seit Anbeginn der Menschheit setzte in ihm noch mal neue Kräfte frei und gemeinsam mit Eddy flog er die letzten Meter des Berges förmlich herauf. Hätte Eddy es gewollt hätte er Lucas wohl auch noch stehen lassen können, so ein Tempo schlug er an. Vielleicht hätte er sogar um den Etappensieg fahren können. Stattdessen stand er Lucas zur Seite, stiefelte mit ihm diesen mehr als schweren Anstieg gemeinsam hoch. „Das ist der Beweis von Teamgeist. Eigene Ziel zurückstecken, um dem besser Platzierten zu helfen“, dachte Lucas sich. Er war beeindruckt. Allerdings sorgte dafür nicht nur Eddy, sondern auch die Zuschauermassen, die ihnen auf den letzten Metern zujubelten. Noch nie hatte er so eine Begeisterung für den Radsport erlebt. Hier waren Radprofis wirklich noch Helden. Diese Euphorie der Massen steckte ihn an und ließ ihn seine Schmerzen vergessen. Am Anfang des Anstiegs war er sich noch unsicher, ob überhaupt Fans an der Strecke standen, so fixiert war er auf das Rennen. Nun hingegen konnte er den Jubel der Fans bewusst genießen ohne dabei sein Ziel aus den Augen zu verlieren. Eddy zog die letzten Meter noch mal an, Lucas biss auf die Zähne und blieb die letzten Meter an seinem Edeldomestiken dran, schließlich ging es um Sekunden, um wertvolle Zeit. In diesem Fall war Zeit wirklich Geld. Es reichte zwar nicht um Garate in der Gesamtwertung zu überholen, aber rechtzeitig vor dem Kampf gegen die Uhr hatte er ihn bei den Hörnern gepackt, bereit ihn am Ende doch noch vom 5.Platz zu werfen.
Die einzige Niederlage des Tages war Lucas' Verlust des Punktetrikots. Allerdings lag David Arroyo dort nur 2 Punkte vorne, was im Zeitfahren locker aufzuholen war.
Bild
Eddy und Lucas erreichen das Ziel.

Etappenwertung
1 David Arroyo CAISSE D'EPARGNE 4h15'48
2 Carlos Sastre TEAM CSC + 1'22
3 José Angel Gomez Marchante SAUNIER DUVAL - PRODIR s.t.
4 Denis Menchov RABOBANK s.t.
5 Eddy Mazzoleni ASTANA + 2'00
6 Lucas Kiehl ASTANA s.t.
7 Juan Manuel Gárate QUICK STEP - INNERGETIC + 2'19
8 Pieter Weening RABOBANK + 2'41
9 Michael Rasmussen RABOBANK s.t.
10 Cadel Evans PREDICTOR - LOTTO + 2'51
11 Thomas Lövkvist FRANÇAISE DES JEUX s.t.
12 Volodimyr Bileka DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM + 3'37
13 Antonio Colom ASTANA + 4'19
14 Victor Hugo Pena UNIBET.COM + 4'32
15 Johann Tschopp BOUYGUES TELECOM s.t.
16 Christian Vandevelde TEAM CSC s.t.
17 Dario Cioni PREDICTOR - LOTTO s.t.
18 Ivan Basso DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM s.t.
19 Theo Eltink RABOBANK s.t.
20 Cyril Dessel AG2R PREVOYANCE s.t.


Gesamtwertung nach der 18.Etappe
1 David Arroyo CAISSE D'EPARGNE 74h44'23
2 Carlos Sastre TEAM CSC + 6'02
3 José Angel Gomez Marchante SAUNIER DUVAL - PRODIR + 7'34
4 Denis Menchov RABOBANK + 11'53
5 Juan Manuel Gárate QUICK STEP - INNERGETIC + 13'33
6 Lucas Kiehl ASTANA + 14'10
7 Thomas Lövkvist FRANÇAISE DES JEUX + 15'33
8 Cadel Evans PREDICTOR - LOTTO + 16'57
9 Eddy Mazzoleni ASTANA + 18'37
10 Ivan Basso DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM + 25'06
11 Antonio Colom ASTANA + 26'29
12 Tadej Valjavec LAMPRE - FONDITAL + 28'38
13 Michael Rasmussen RABOBANK + 29'49
14 Pieter Weening RABOBANK + 29'54
15 Cyril Dessel AG2R PREVOYANCE + 33'57
16 Dario Cioni PREDICTOR - LOTTO + 34'26
17 Theo Eltink RABOBANK + 38'13
18 Christian Vandevelde TEAM CSC + 38'54
19 Chris Horner PREDICTOR - LOTTO + 40'09
20 Sergio Paulinho DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM + 43'16

Barnetta
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Beitrag: # 6740606Beitrag Barnetta
15.10.2008 - 23:36

3 Minuten vor ihm würde er starten, 43 Sekunden müsse er aufholen. Angesichts der Zeitfahrqualitäten von Juan Manuel Garate lag dieses Vorhaben im Bereich des Möglichen.
Dementsprechend motiviert ging Lucas auch den Morgen des Zeitfahrens an. Er stand viel früher als üblich auf, was zum einen daran lag, dass er die Strecke noch erkunden wollte, zum anderen aber auch um Tobi aus dem Weg zu gehen, denn auf den war er weiterhin nicht gut zu sprechen. Also schlich er sich morgens leise durchs Zimmer, sammelte seine Trainingssachen zusammen und verschwand so schnell wie möglich zum Essenssaal. Auch hier war fast noch keine Menschenseele zu finden. Ein paar Ausnahmen machten alte, verstörte Rentner und ein paar Zeitfahrspezialisten aus den Teams, die sich auch im Hotel von Astana einquartiert hatten. Lucas schaute sich kurz um ob er eventuell ein bekanntes Gesicht erspähen konnte um die Strecke nicht alleine abfahren zu müssen. Aber leider konnte er niemanden entdecken. Auch aus seinem Team war niemand zugegen, weder von den Fahrern, noch von der Teamleitung. Lucas verspürte auch gar kein Interesse die Strecke gemeinsam mit Mario Kummer oder Marc Biver abzufahren, dafür hatte man sich derzeit einfach zu wenig zu sagen. Seinen Spezi Eddy ließ er bewusst noch schlafen, denn das Zeitfahren war bekanntlich nicht seine Paradedisziplin und nach den Anstrengungen und Entbehrungen der letzten Tage wollte er ihm mal eine Pause gönnen.
Nachdem Lucas seinen Müsliteller aufgegessen hatte und er die Hoffnung auf einen Partner für die Fahrt schon aufgeben wollte kam Stefan Schumacher aus dem Team Gerolsteiner mit verquollenem Gesicht ins Esszimmer. Auch ihm sah man an, dass es noch viel zu früh am Morgen war. Mit halb geöffneten Augen brachte er Lucas ein quälendes, aber trotzdem freundliches „Morgen!“ entgegen. Stefan war auch ein exzellenter Zeitfahrer und der Aspekt, dass er bei dieser Vuelta noch nicht viel erreicht hatte brachte Lucas darauf, dass er vielleicht beim Zeitfahren noch mal alles auf eine Karte setzen wollte, folglich fragte Lucas ihn nach seinen Plänen für den Morgen. „Sschtrecke beschichtign“, brachte Stefan ihm mit vollem Mund entgegen. Nach zweimaligen hinhören wusste Lucas auch was Stefan meinte und konnte sich dann ein lachen nicht verkneifen. „Da haben wir ja beide das gleiche vor“, sagte Lucas und schickte gleich die Frage hinterher, ob man nicht gemeinsam fahren wolle. Stefan hatte dagegen nichts einzuwenden, was Lucas sichtlich erfreute. Er war froh einen Begleiter gefunden zu haben, obendrauf einen passablen Zeitfahrer und was am besten war, einen Deutschen. So konnte man sich wenigstens ein wenig unterhalten. Eigentlich hätte Tobi ja Stefans Part eingenommen, wie er es auch vor dem ersten Zeitfahren tat, aber von einer gemeinsamen Streckenbesichtigung waren die beiden nun Lichtjahre entfernt, viel zu groß war Lucas’ Groll auf seinen kleinen Bruder. Die beiden hatten seit fast einer Woche keinen Ton mehr miteinander gesprochen und während das Anfangs noch an Lucas nagte war es ihm inzwischen relativ egal. Die Brüder lebten sich auseinander.
Folglich verschwendete Lucas auch jetzt keinen Gedanken daran, viel mehr war er mit seinem Rad beschäftigt. Das hatte ihm einer der Astana-Betreuer noch aus dem Bus geholt, aber das war auch das einzige, was einer der Astana-Leute an diesem Morgen für ihn tat.
Die nächsten Minuten, in denen Stefan seine Trainingskluft holte, überbrückte Lucas damit noch einige Einstellungen an seinem Rad vorzunehmen. Das Profil der Strecke verriet ihm schon einige wichtige Aspekte für diese Einstellungen, den Rest würde er jetzt selber herausfinden müssen. Laut dem Etappenblatt, das von der Organisation herausgegeben wurde, schien die Strecke topfeben zu sein, aber oftmals täuschte das über kleine, aber trotzdem nicht unwichtige Dinge hinweg. Kleine Hügel wurden nicht berücksichtigt, diverse Kurven waren nicht gleich zu erkennen. Um so eine Strecke bewältigen zu können war nicht viel von Nöten, aber um eine exzellente Fahrt hinzulegen musste man die Strecke kennen und deshalb war eine Streckenbesichtigung von großer Bedeutung. Das machte im Endeffekt den kleinen, aber feinen Unterschied aus. Und diesen Unterschied wollte Lucas nun unbedingt herauskitzeln um den 5.Platz noch zu erreichen. Er war sich sicher, dass Garate die Strecke auch besichtigen würde um seine Schwächen im Zeitfahren eventuell reduzieren zu können, aber ob das reichen würde. Trotzdem wollte sich Lucas nicht in Sicherheit wiegen, denn gerade an solchen Tagen konnten Fahrer über sich hinauswachsen. Wenn solche Dinge auf dem Spiel stehen passieren manchmal unerklärliche Dinge. Da besiegt ein Cunego plötzlich einen Fothen, Pantani beendet ein Zeitfahren auf Rang 3 und Rasmussen verliert anstatt 7 nur 2 Minuten auf die Spitze. Diese Szenarien gingen Lucas während der Besichtigung immer wieder durch den Kopf, aber genau das war es, was Lucas durch eine gute Vorbereitung vermeiden wollte. Wenn Lucas gut vorbereitet in das Rennen gehen würde, könnte sich Garate winden wie er will, er würde seinen 5.Platz nicht verteidigen können.
Deshalb musste er von diesen Schreckensszenarien loskommen und sich auf die Strecke konzentrieren. „Kilometer 23,5, scharfe Linkskurve mit anschließender Verkehrsinsel“, murmelte er. „Siehste, das sind die Risiken. In der Streckenbeschreibung steht die Verkehrsinsel nicht drin und wenn du die Kurve falsch anfährst verlierst du gleich paar Sekunden weil du der Insel ausweichen musst bzw. landest auf ihr drauf!“, rief Lucas zu Stefan rüber. Der nickte nur und trat weiter in die Pedale. „Auch der Asphalt ist nicht der beste. Wenn es hier regnen würde wäre das der reine Horror.“ Nur gut, dass Lucas jetzt Bescheid wusste. Die beiden rollten die letzten Kilometer noch aus und ließen sich dann von Stefans Gerolsteiner-Teamwagen wieder zum Hotel bringen. Eine nette Geste.
Die Besichtigung hatte Lucas einen großen Teil seiner Nervosität genommen. Zwar war er mit der Strecke nicht eins, aber er war guter Dinge ein tolles Zeitfahren hinzulegen, eventuell sogar zu gewinnen. Und falls das geschehen würde wäre der 5.Platz sowieso nur Formsache.
Zuletzt geändert von Barnetta am 20.10.2008 - 19:25, insgesamt 1-mal geändert.

$$_gibo_$$
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Beitrag: # 6740778Beitrag $$_gibo_$$
16.10.2008 - 23:13

Zwei Sachen freuen mich besonders an deiner AAR, zum einem das du sie endlich weiter schreibst und zum anderen das es genau so gut weitergeht wie bisher.
Großes Lob von mir mach weiter so :D
Ich sah den Himmel und mein eigenes Grab,
Ich feierte Siege triumphierte und verlor,
Ich starb aus Liebe.

Barnetta
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Beitrag: # 6741019Beitrag Barnetta
19.10.2008 - 19:58

Der Schweiß tropfte Lucas von der Stirn während er auf seinen Radcomputer schaute um seinen Puls zu überprüfen. Selbst die Aufwärmphase war schon eine anstrengende Prozedur, aber vor einem Zeitfahren war es von großer Wichtigkeit schon vor dem Start auf Betriebstemperatur zu kommen. Ein Zeitfahren glich schließlich nicht einer normalen Etappe, hier musste man für eine halbe Stunde, eine Stunde seine Topleistung erbringen und ohne ein gutes Aufwärmprogramm war das nicht möglich. Während Lucas über seinen MP3 Player Musik hörte probierte er noch mal diverse Übersetzungen aus, ging kurz aus dem Sattel, trat an und sank dann wieder zurück um seinen Rhythmus weiterzufahren. Das ganze wiederholte er noch einige male, schaltete noch ein wenig hoch und runter, mal eine andere Trittfrequenz nehmen, mal schauen wie sich die auf die Beine und vor allem auf den Puls auswirkt – Alles im grünen Bereich.
Zuversichtlich stieg Lucas vom Rad um kurz vor dem Start letzte Vorbereitungen zu treffen. Eine letzte kurze Unterhaltung mit Mario Kummer, der hinter ihm im Teamwagen fahren würde. Freundschaftlich sah das nicht aus, eher eine Zweckgemeinschaft. Aber Kummer wusste auch, was er an Lucas hatte – Den deutschen Rohdiamanten, allerdings in vielerlei Hinsicht noch ungeschliffen. Einen letzten Bissen vom Powerriegel und Lucas schwang sich auf sein Rad in Richtung Startrampe. „Tobi liegt gut im Rennen, du solltest also Gas geben“, rief Mario ihm noch hinterher. „Nichts leichter als das, ich werde heut dafür sorgen, dass die Straße neu asphaltiert werden muss“, dachte sich Lucas.
Thomas Lövkvist war gestartet, nun war es für Lucas an der Zeit auf die Rampe zu rollen. Letzte kleine Check-Ups, ein Schluck aus der Trinkflasche und nun: Volle Konzentration. Lucas ging in sich, holte noch mal tief Luft und senkte den Kopf.
„Cinco, cuatro, tres, dos, uno, vaya! – fünf, vier, drei, zwei, eins, los!”
Der finale Akt der Vuelta hatte begonnen und Lucas spielte eine entscheidende Rolle. Zwar nicht an allervorderster Front, aber um Platz 5 zu kämpfen konnte sich auch schon sehen lassen, erst Recht für so einen Jungspund, wie er es einer war.
Lucas schoss von der Rampe und setzte sich sofort auf. Hochschalten, einige schnelle Tritte auf der ersten Geraden um Fahrt aufzunehmen. Erst als er genügend Schwung hatte setzte er sich in seinen Sattel. Nun kam es darauf an, die perfekte Position auf dem Rad zu finden, aerodynamisch zu sein. Für Lucas sollte das eigentlich kein Problem darstellen, denn er war ein Ästhet auf dem Rad, ihm beim Zeitfahren zuzuschauen war eine Augenweide, stilistisch perfekt. Aber heute überkam ihn recht schnell eine gewisse Unruhe. Er rutschte auf dem Sattel hin und her, ging immer wieder aus selbigen heraus, relativ untypisch für ihn. Woran es lag? Lucas selbst wusste es sicherlich, wollte es aber mal wieder nicht wahrhaben. Sein Ehrgeiz hatte ihn mal wieder fest im Griff, übereifrig war er am Werk und folglich fuhr er nicht wie gewöhnlich. Eine ähnliche Drucksituation wie bei diesem Zeitfahren hatte er in seiner bisherigen Karriere auch noch nicht gehabt. Was er brauchte war Ruhe, war Gewissheit, dann konnte er sich auf dem Rad auch wieder auf sich selbst konzentrieren. Lucas mühte sich merklich einen gewissen Rhythmus zu finden, aber dabei stand er sich selber im Weg. Nur eins konnte dort Abhilfe schaffen, die ersten Zwischenzeiten. Lucas durchfuhr die Marke zur Halbzeit des Rennens bei 14 Kilometern und schon bekam er von Mario die Werte durchgesagt. „Alles in Ordnung, du liegst auf Rang 9, halbe Minute hinter McGee und Lövkvist, 10 Sekunden vor Tobi. Evans knapp vor dir, sollte für die Gesamtwertung keine Gefahr mehr sein.“ So weit, so gut. Jetzt hieß es noch 3 Minuten ,am besten etwas länger, auf die Zeit von Garate warten. Von Sekunde zu Sekunde stieg die Nervosität in Lucas, auf sein eigenes Rennen konnte er sich gerade nicht wirklich konzentrieren und einen weiteren Etappensieg hatte er schon abgehakt. Nach 3 Minuten erreichte die Nervosität ihren Siedepunkt. Im Funkverkehr – Nichts. Wo war Garate? Hatte er ihn verpasst, war er noch vor dem Zeitmesspunkt? Am liebsten hätte Lucas sein Fahrrad abgestellt und nur auf die entscheidende Nachricht gewartet. Die Stille hielt noch einige Zeit an, dann meldete sich Mario: „Garate kommt jetzt zur Zeitmessung … 45 Sekunden hinter dir, Tendenz ist, dass dein Vorsprung steigt.“ Erleichterung machte sich bei Lucas breit und die Nervosität, die ihn eben noch fast umgebracht hatte war wie weggeblasen. Einem kurzen Siegerlächeln ließ Lucas einen Antritt folgen um neuen Schwung aufzunehmen. Er setzte sich wieder in seinen Sattel, schaltete ein paar Gänge hoch und trat voll durch. Urplötzlich war sein eben noch so schmerzlich vermisster Rhythmus da. Lucas baute nun deutlich mehr Druck auf die Pedalen auf, wie ein Uhrwerk schien er die restlichen Kilometer abzuspulen. Dementsprechend nährte er sich auch wieder der Tagesspitze. Nachdem Lövkvist zwischenzeitlich 40 Sekunden Vorsprung hatte kamen nun nur noch positive Nachrichten aus dem Funk. „Nur noch 35 Sekunden auf Lövkvist“, wenige Zeit später waren es 30 Sekunden und einige Kilometer vor dem Ziel war er auf 25 Sekunden herangekommen. An diesem Punkt wusste Lucas, dass der Tagessieg noch im Bereich des möglichen war. Um sich vollkommen auf sich zu konzentrieren zog er den Funkstöpsel aus dem Ohr. Nun war es zum letzten mal bei dieser Vuelta an der Zeit über die Leistungsgrenze zu gehen. Lucas gab noch mal alles. Laktat breitete sich in den Oberschenkeln aus. Seine Beine schrieen nach einer Pause und sein Verstand tat es eigentlich auch, aber den setzte er wohl kurzerhand außer Gefecht, denn Lucas durchbrach die Grenzen noch mal um den verloren geglaubten Tagessieg eventuell doch noch zu erreichen. In Sprintermanier ging er die letzte Gerade an und zog diesen Sprint bis ins Ziel durch. Vollkommen erschöpft drehte er sich kurz um – 15 Sekunden Rückstand. Es hatte nicht gereicht, die Aufholjagd hatte sich nicht gelohnt. Ein kurzer Moment der Trauer.
Diese wich allerdings recht schnell, als Lucas bewusst wurde, was er heute hier erreicht hatte: Einen 5.Platz bei der Vuelta, der absolute Wahnsinn. Nun noch eine Ehrenrunde durch und um Madrid, einen Start beim WM Zeitfahren und anschließend einige kleinere Kriterien. Verbunden mit diesem Resultat der perfekte Weg um eine sportlich gelungene erste Saison bei Astana ausklingen zu lassen …

Etappenwertung
1 Thomas Lövkvist FRANÇAISE DES JEUX 32'55
2 Bradley Mc Gee FRANÇAISE DES JEUX + 8
3 Lucas Kiehl ASTANA + 15
4 Denis Menchov RABOBANK + 19
5 Dario Cioni PREDICTOR - LOTTO + 32
6 Victor Hugo Pena UNIBET.COM + 36
7 Marzio Bruseghin LAMPRE - FONDITAL + 41
8 José Angel Gomez Marchante SAUNIER DUVAL - PRODIR + 42
9 Christian Vandevelde TEAM CSC + 44
10 Cadel Evans PREDICTOR - LOTTO s.t.
11 Antonio Colom ASTANA + 48
12 Alexei Markov CAISSE D'EPARGNE + 49
13 Tobi Kiehl ASTANA + 51
14 Pieter Weening RABOBANK + 56
15 Stefan Schumacher GEROLSTEINER + 57
16 Dmitro Grabovsky QUICK STEP - INNERGETIC s.t.
17 Carlos Sastre TEAM CSC + 59
18 Gustav Larsson UNIBET.COM + 1'01
19 Jurgen Van den Broeck PREDICTOR - LOTTO + 1'08
20 Andriy Grivko TEAM MILRAM + 1'16
...
53 Juan Manuel Gárate QUICK STEP - INNERGETIC + 2'24

Gesamtwertung nach der 20.Etappe
1 David Arroyo CAISSE D'EPARGNE 80h05'31
2 Carlos Sastre TEAM CSC + 5'14
3 José Angel Gomez Marchante SAUNIER DUVAL - PRODIR + 6'29
4 Denis Menchov RABOBANK + 10'25
5 Lucas Kiehl ASTANA + 12'38
6 Thomas Lövkvist FRANÇAISE DES JEUX + 13'46
7 Juan Manuel Gárate QUICK STEP - INNERGETIC + 14'10
8 Cadel Evans PREDICTOR - LOTTO + 15'54
9 Eddy Mazzoleni ASTANA + 18'38
10 Ivan Basso DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM + 24'38
11 Antonio Colom ASTANA + 25'30
12 Pieter Weening RABOBANK + 29'03
13 Tadej Valjavec LAMPRE - FONDITAL + 29'40
14 Michael Rasmussen RABOBANK + 30'56
15 Dario Cioni PREDICTOR - LOTTO + 33'11
16 Cyril Dessel AG2R PREVOYANCE + 34'02
17 Christian Vandevelde TEAM CSC + 37'51
18 Theo Eltink RABOBANK + 38'42
19 Chris Horner PREDICTOR - LOTTO + 40'02
20 Sergio Paulinho DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM + 42'53
...
26 Tobi Kiehl ASTANA + 49'11

Punktwertung
1 Lucas Kiehl ASTANA 155
2 David Arroyo CAISSE D'EPARGNE 141
3 Carlos Sastre TEAM CSC 119
4 José Angel Gomez Marchante SAUNIER DUVAL - PRODIR 104
5 Heinrich Haussler GEROLSTEINER 103
6 Thomas Lövkvist FRANÇAISE DES JEUX 102
7 Denis Menchov RABOBANK 100
8 Gerald Ciolek T-MOBILE TEAM 97
9 Eddy Mazzoleni ASTANA 94
10 Antonio Colom ASTANA 89

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Beitrag: # 6741183Beitrag Barnetta
20.10.2008 - 22:23

„Es tut uns Leid Ihnen diese Nachricht übermitteln zu müssen, aber leider haben wir uns gegen Sie entschieden.“ „Was ist das denn für ein Blödsinn“, dachte sich Lucas. Erst hatte man so inständig um seinen Start beim WM-Zeitfahren gebeten und nun, einige Tage vor dem großen Ereignis erhielt er eine Absage vom Bund Deutscher Radfahrer. Er sei noch jung, er hätte die Zukunft noch vor sich und man wolle ihn nicht verheizen war die schwammige Begründung der oberen Herren im Verband. Lucas konnte diese Entscheidung nicht nachvollziehen, hatte aber am Ende der Saison nicht mehr den großen Elan sich darüber auch noch aufzuregen. „Was soll es …“, dachte er sich. „Wenn die mich das nächste Mal um etwas bitten können die mich an meinem Allerwertesten lecken. Schade, dass die es nicht zu schätzen wissen auf so einen Fahrer wie mich setzen zu können. In nächster Zukunft brauchen sie jedenfalls nicht mehr auf mich setzen.“ Lucas warf das Schreiben in den Papierkorb und machte sich auf zu einer seiner letzten Trainingsausfahrten in dieser Saison …

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Beitrag: # 6741392Beitrag Barnetta
22.10.2008 - 20:16

Anfang November 2007
Das Rauschen der Wellen, 30 Grad, Sonnenschein pur, aber irgendwas fehlte. Nach Saisonende hieß es ab in die Malediven, wohin Lucas einige alte Schulfreunde mitnahm. Alles auf seine Kosten natürlich, nach dieser Saison konnte er sich das schließlich leisten. Eigentlich genau das richtige um mal die Beine hochzulegen: Party, am Strand faulenzen, dabei den Schönheiten der Insel hinterherpfeifen und das alles mit seinen Kumpels, die ihn perfekt von all seinen Sorgen des Radprofigeschäfts ablenken konnten. Bevor es Mitte November wieder losging noch mal abschalten, abschalten vorm erneuten Durchstarten, denn die Ziele für 2008 schwirrten schon jetzt in seinem Kopf herum. Vielleicht war auch das der Grund, dass er den Urlaub nicht vollends genießen konnte. Seinen Job als Radprofi konnte er nicht vollkommen hinter sich lassen, aber mit wem sollte er darüber reden. Seine Freunde würden von dem Fachchinesisch nichts verstehen. So musste er seine Gedanken für die neue Saison für sich behalten, sie schwirrten weiter in seinem Kopf herum, keiner konnte das Ventil ziehen um sie aus dem Kopf herauszulassen. Das hätte wohl nur eine vertraute Person gekonnt und Lucas wusste wer das war, sein Bruder.
Allerdings war Lucas nicht auf eine Versöhnung aus. Auch wenn dieses Schweigen ihm wehtat, wie er jetzt merkte, erwartete er von Tobi den ersten Schritt. Selbst ihm tat das weh, wie sollte das erst bei seinem Bruder ausschauen, der immer zu ihm heraufgeblickt hatte, für den er so lange ein Vorbild war … bis zu diesem Abend bei der Spanien-Rundfahrt.
Der Regen peitschte ihm ins Gesicht, aber das schien Tobi nicht zu stören. Ohne Rücksicht auf Verluste trat er in die Pedale. Kehre um Kehre bezwang er und es hatte den Anschein als würde er mit jedem Meter, dem er seinem Ziel näher kam, noch mal beschleunigen. Angetrieben durch Andreas Timm, dem Trainer von Lucas und ihm, angetrieben aber auch von dem Wille besser als sein Bruder zu sein. Die Baumgrenze war erreicht, nur noch wenige Meter waren bis zum Gipfel zu absolvieren. Aus dem Auto heraus brüllte Andreas noch mal einige motivierende Sätze. Tobi ging aus dem Sattel, schaltete einige Gänge runter, und trat in die Pedale. Lance Armstrong sein Spinning-Stil ließ grüßen. 300 Meter, 200 Meter, 100 Meter, das Ziel. Tobi hatte seine heutige Trainingseinheit geschafft. „Besser als Lucas vor einem Jahr, ganz große Klasse, Tobi.“ Tobi musste sich das zweimal sagen lassen eher er erkannte, dass er den Hausberg der Kiehl-Brüder, den Brocken, in einer besseren Zeit bezwungen hatte als Lucas vor ca. einem Jahr. Gut, dieser Erfolg lag nun zwar außerhalb der Saison, aber es war ein ungemeiner Prestigeerfolg und dieser gab Tobi neue Motivation für die neue Saison. Die Vorbereitung für diese hatte bereits begonnen. Nach dieser Nachricht merkte man Tobi die Anstrengungen, die es gerade zu bewältigen gab, gar nicht mehr an. Schon während der Fahrt hatte er ein gutes Gefühl und ihn durchfuhr ein Adrenalinschub nach dem anderen und jetzt, am Gipfel, wusste er gar nicht wohin mit seinem freigesetzten Adrenalin. Er hätte den Brocken glatt ein zweites Mal hochfahren können. Aber Andreas tat gut daran ihn bei diesem Sauwetter ins Auto zu holen und ins Tal zu fahren und das tat er auch nachdem Tobi sich wieder einigermaßen beruhigt hatte.
Während Lucas auf den Malediven über die Beziehung zu seinem Bruder sinnierte und sich die Frage stellte, wann dieser sich endlich bei ihm entschuldigen würde, hatte Tobi gar keine Zeit überhaupt nur über eine Entschuldigung nachzudenken. Viel zu sehr packte ihn der Ehrgeiz für eine perfekte Saisonvorbereitung.

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Beitrag: # 6741970Beitrag Barnetta
26.10.2008 - 22:06

Destination Leipzig. Der Urlaub war beendet und damit auch die Phase der Entspannung. Nun, da der November sich dem Ende neigte sollten wieder die sportlichen Aktivitäten im Vordergrund stehen. Diese lagen bei Lucas aber vorerst nicht nur im Bereich Radfahren. Viel mehr wollte er mit diversen Kraft – u. Fitnesseinheiten die Saison einläuten. Die erste Krafteinheit konnte er dabei schon am Leipziger Flughafen bei der Gepäckausgabe absolvieren, da dort mächtiges Gedrängel herrschte und Lucas sich durch die Menschenmassen durchwühlen musste. Auch das kann einem den Atem rauben.
Als er es dann bis zum Gepäckband geschafft hatte hieß es erstmal warten, denn seine Tasche war noch nirgendwo zu sehen. Neben ihm lichteten sich langsam die Reihen und nach einigen Minuten entdeckte auch Lucas sein Gepäck. „Endlich“, dachte er sich, aber eher er sich versah griff eine fremde Hand nach der Tasche und weg war sie. Verblüfft schaute Lucas zu den restlichen Menschen am Gepäckband rüber, aber von dem Dieb war nichts zu sehen. Früh in der Saison war Lucas schon wieder zum Handeln gezwungen, allerdings nicht auf dem Rad, sondern beim Stellen eines Diebes. Der Ausreißer hatte sich wohl einen kleinen Vorsprung vor seinem Verfolger, Lucas Kiehl, erarbeitet. Währenddessen ließ Lucas das Hauptfeld, die restlichen Leute, die auf ihr Gepäck warteten, hinter sich. Das einzige Problem war, dass Lucas seinen Ausreißer nicht im Blickfeld hatte. „In Richtung Ausgänge“ schoss es ihm durch den Kopf und im selben Moment sprintete Lucas los. Dass er schneller als der Dieb sein würde war ihm als Leistungssportler klar, es sei denn der Dieb würde Asafa Powell heißen. Für einige Sekunden rannte Lucas quer durch die Menge, mal hier ein Schubser, mal dort ein Stolpern. Er durfte keine Zeit verlieren. Währenddessen versuchte er sich an das Erscheinungsbild zu erinnern. Zwar hatte er nicht viel von dem Typen gesehen, aber er schien relativ groß zu sein und eine dunkle Jacke zu tragen. Eventuell hatte er eine helle Jeans an, aber das konnte Lucas in der dichten Menschenmasse am Gepäckband nicht richtig erspähen. Folglich schien die Hatz endlos zu sein. Kurz vorm Eingang allerdings, Lucas wollte die Hoffnung schon aufgeben sah er einen Mann, der zu seiner „Fahndung“ passte. Hinzukam, dass der Mann schnellen Schrittes ging und als Lucas die Tasche sah war er sich sicher seinen Dieb gefunden zu haben.
Mit purer Entschlossenheit sprintete er dem Mann, der sich wohl in Sicherheit wog, hinterher und riss ihn von hinten um. Der Mann knallte zu Boden und eher Lucas überhaupt einen Blick auf den Mann wagte schlug er ihm voll blinder Wut mitten ins Gesicht, woraufhin der Mann sich vor Schmerzen krümmte. „Was fällt ihnen ein mich zu bestehlen, sie Vollidiot!?“

Barnetta
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Beitrag: # 6742341Beitrag Barnetta
28.10.2008 - 20:56

Lucas hielt den Mann am Boden und rief nach einer Sicherheitskraft. Aber nicht nur er tat das, auch der Mann rief nach demselbigen Personal. Aufgrund dessen regte Lucas sich noch weiter auf und schrie ihn an, dass er die Klappe halten solle. Es würde ihm noch viel weniger bringen die Tat abzustreiten. Nach einigen Sekunden kamen auch 2 Sicherheitskräfte herbeigelaufen. Der Mann, der immer noch von Lucas zu Boden gedrückt wurde rief sogleich, dass „dieser Verrückte“, damit meinte er logischerweise Lucas, „behaupte, dass ich ihm sein Gepäck gestohlen hätte. Und danach hat er mir mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen.“ Wutentbrannt schaute Lucas ihn an. „Nun spiel hier mal nicht das Unschuldslamm!“ zischte er den Mann an. „Schauen sie doch bitte in die Tasche, dann werden sie sehen, dass es sich hier um einen Diebstahl handelt“, rief Lucas den Beamten zu.
Gesagt, getan. Die Beamten öffneten die Tasche und holten einige Kleidungsstücke heraus. Lucas verschlug es die Sprache. Es handelte sich tatsächlich nicht um seine Tasche. Der fremde Mann stieß ein Siegesschrei aus sich heraus, während Lucas völlig verdutzt von ihm abließ. „Ihren Ausweis, bitte!“ Lucas wusste gar nicht, wie ihm geschah. „Meinen Sie mich?“ fragte er den einen Beamten. „Natürlich, wen denn sonst.“ Lucas gab ihm den Ausweis, dieser schaute kurz darauf, musterte Lucas noch mal und packte ihn dann. „Lucas Kiehl, Sie sind vorläufig festgenommen.“ Wie ein Blitzschlag durchfuhr es Lucas. Erst dachte er, dass er sich verhört hatte, aber als man ihm die Handschellen anlegte wusste er Bescheid. Kurz nach dem größten Erfolg seiner Karriere hatte seine Berg – u. Talfahrt ihr tiefstes Tal erreicht. Sein Interesse an der immer noch verschollenen Tasche ging gegen 0, auch störte es ihn nicht, dass die Beamten seinen Namen wohl nicht kannten. Jetzt zählten ganz andere Sachen und die waren alles andere als erfreulich. Wenn die Presse davon Wind bekommen würde könnte seine Karriere vorbei sein, bevor sie eigentlich richtig angefangen hatte.


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Beitrag: # 6743068Beitrag Barnetta
2.11.2008 - 20:02

Muss mich erstmal entschuldigen, falls in den nächsten Tagen die Posts etwas unregelmäßiger kommen, hab nervige Uni-Tage vor mir. Werd natürlich auch noch das Wahllokal aufsuchen. Und vielen Dank an diejenigen, die mir dort so nette Worte und einige Punkte entgegengebracht haben. :D

Auf dem Weg zu einem der Streifenwagen senkte Lucas den Kopf tief nach unten. Nicht nur aufgrund der Niedergeschlagenheit, sondern auch aufgrund möglicher Pressevertreter, die an allen Ecken und Enden zu lauern drohten.
Gleich nachdem Lucas mit den 2 Beamten im Streifenwagen verschwand versuchte er den Sachverhalt zu erklären. Er wurde am Flughafen bestohlen und es handele sich um ein Missverständnis. Er hätte diesen Herren als Täter identifiziert, was sich im Endeffekt als falsch erwies, was ihm auch Leid täte. „Tja Herr Kiehl, auch wenn das ein Missverständnis war ändert das nicht an der Tatsache, dass Sie sich komplett falsch verhalten haben. Im deutschen Staat wird keine Selbstjustiz ausgeübt, damit das klar ist. Und dass Sie den falschen getroffen haben verschlimmert die Sache nur noch. Von ihrem vermeintlichen Dieb haben wir auf diversen Bändern übrigens nichts mitbekommen …“ Lucas fühlte sich wie der letzte Idiot, denn genau so wurde er seiner Meinung nach behandelt. „Nun hören Sie mal. Denken Sie etwa ich bilde mir das ein!? Wenn kein Diebstahl vorliegen würde hätte ich jawohl meine Reisetasche immer noch und es wäre nie zu diesem Vorfall gekommen. Ich bin doch nicht bescheuert!“, fuhr er den, bei ihm sitzenden, Beamten an. „Eventuell liegt die Tasche auch noch auf dem Gepäckband“, gab der Polizist zurück. „Natürlich, dann wäre der Mann sicherlich auch schnellen Schrittes in die Menge geflüchtet. Aber gut, das können Sie ja gerne prüfen lassen. Bitten Sie das Sicherheitspersonal am Flughafen doch darum am Gepäckband zu schauen bzw. die Bänder noch mal genau durchzuschauen. Das wäre sehr nett.“
Damit gab sich der Polizist einverstanden, was Lucas wenigstens etwas Erleichterung verschuf. „Sie können auch gerne Ihren Anwalt anrufen, damit der Ihnen nachher zur Seite stehen kann.“ Plötzlich verstrahlte der Polizist sogar eine gewisse Freundlichkeit. „Nein Danke“, sagte Lucas. „Ich würde viel lieber meinen Trainer anrufen.“ „Ihren Trainer?“, entgegnete ihm der Beamte entgeistert. „Ja, ich bin Radprofi und mein Trainer ist für mich meine größte Bezugsperson.“ „Radprofi … Kiehl, Kiehl … hmmm.“ Der Beamte nahm sein Walkie und bevor Lucas ihm etwas entgegnen konnte fragte der schon bei der Zentrale an. „Sag mal, kennt einer von euch einen Radprofi namens Lucas Kiehl!?“ Lucas schlug die Hände vor das Gesicht. Durch einen unvorsichtigen Polizisten war seine Fassade wahrscheinlich gefallen. Nun die Presse am Hals zu haben wäre kein großes Wunder. Hätte er bloß seine Klappe gehalten.
„Ah, Lucas Kiehl, das größte deutsche Radsporttalent, 5. bei der letzten Spanien-Rundfahrt“, sprudelte es nun aus dem Polizisten heraus, der seine neu gewonnenen Informationen wiederholte. „Herr Kiehl, das tut uns natürlich Leid, aber auch Sie haben keine Sonderrechte.“ Lucas nickte genervt. „Schon klar, ich hoffe bloß, dass bei ihnen strenge Diskretion herrscht, sonst habe ich gleich die Presse am Arsch.“ Der Polizist lächelte ihm vertrauenswürdig zu. „Da machen Sie sich mal keine Sorgen, wir sind hier bei der Polizei.“
Nun durfte Lucas endlich auch Andreas anrufen. Aber bevor er das tat vergewisserte sich noch mal wo es denn nun hingehen würde. „Polizeipräsidium oder Haftanstalt?“ Der Polizist musste schmunzeln. „Polizeipräsidium natürlich,. Ich hoffe Ihr Trainer weiß, wo das liegt.“
„Na immerhin das kleinere Übel“, dachte Lucas sich und wählte die Nummer. Eine Weile verging. Lucas wollte schon auflegen, als Andreas endlich abnahm. „Lucas! Wie war der Urlaub!? Schön von dir zu hören.“ Lucas seufzte. „Der Urlaub war schön, aber jetzt habe ich ganz andere Probleme. Kann ich dich um einen Gefallen bitten!? Muss aber schnell gehen.“ „Tut mir Leid“, erwiderte Andreas, „aber ich bin gerade im Training.“ Lucas war verwirrt. „Im Training!?“ „Ja, im Training, ich bin gerade mit Tobi unterwegs, das kann noch etwas dauern. Worum geht’s denn eigentlich?“ Lucas musste schlucken. Einen besseren Zeitpunkt hätte er sich wohl nicht auswählen können. Das würde natürlich wieder einen super Eindruck schinden. Der Musterprofi Tobi Kiehl und der Typ, dem seine Karriere scheißegal zu sein scheint. „Hör mal, es gab ein kleines Missverständnis auf dem Flughafen, nichts wirklich schlimmes. Allerdings wurde ich zum Polizeipräsidium in Leipzig mitgenommen. Ich hätte mir einen Anwalt nehmen können, aber davon halte ich nicht viel. Ich brauche erstmal moralische Unterstützung und wenn sich das ganze verschlimmert kann ich immer noch nach einem Anwalt suchen.“ Für einige Sekunden war es still in der Leitung. Andreas musste sich wohl auch erstmal sammeln. „Das ist gerade wie ein Schlag ins Gesicht, Lucas. Wie konnte es denn so weit kommen!?“ „Nun mach mir doch bitte erstmal keine Vorwürfe. Komm doch bitte erstmal vorbei, dann können wir alles besprechen. Das kann ich von einem väterlichen Freund doch erwarten oder wie!?“ Lucas war schon etwas stinkig über die Art und Weise, wie Andreas ihn hinhielt. „Gut ich komme“, sagte Andreas. „Aber zuerst fahre ich mit Tobi die Trainingseinheit zu Ende, kann also gut und gerne noch 3 Stunden dauern bis ich da bin.“ Lucas war zwar nicht erfreut über die anstehende Warterei, aber immerhin würde er kommen. Er hoffte nur, dass Andreas seinem Bruder das Geschehene nicht direkt auf die Nase binden würde.

Barnetta
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Beitrag: # 6743564Beitrag Barnetta
5.11.2008 - 11:01

„Herr Kiehl, ihr Anwalt ist da.“ Lucas war verwundert, schaute hoch, aber stellte schnell fest, dass es sich doch um Andreas handelte. Wie ein Häufchen Elend saß Lucas auf dem kalten Boden in der Ecke des Raumes, als Andreas denselbigen betrat. Die Zeit wollte in den letzten Stunden einfach nicht vergehen, Lucas fühlte sich, als hätte er Tage in diesem Raum verbracht. Wahrscheinlich, weil er nicht wusste, wie er Andreas die Situation erklären sollte. Auch wenn es sich um ein Missverständnis handelte war ihm die Lage einfach unangenehm, er hatte sich einfach nicht wie ein Mann benommen, der oft in der Öffentlichkeit steht.
Als hätte Andreas Lucas’ Gedanken lesen können warf er ihm auch genau das sofort vor. Keine tröstenden Worte, nichts dergleichen, lediglich weitere Vorwürfe durfte er sich anhören. Lucas hoffte nur, dass jetzt nicht wieder der Bruder-Vergleich kommen würde, dieses Szenario lief ihm in den letzten Stunden oft genug in den Kopf. Zu seinem Glück schnitt Andreas das nur kurz mit dem Satz „Während du hier wegen irgendwelchem Blödsinn sitzt und dabei bist deine Karriere in den Ruin zu treiben, arbeitet dein Bruder emsig an selbiger.“ an. Eigentlich dachte Lucas, dass es jetzt eine Standpauke par excellence geben würde, aber stattdessen seufzte Andreas nur kurz, beugte sich zu dem gefallenen Radstar herunter, nahm ihn am Kinn damit Lucas ihn endlich mal anschauen würde und sagte ihm, dass sie nun gehen könnten. Ungläubig schaute Lucas ihn an, Verwirrung machte sich in ihm breit. „Wie? … Was?“ Andreas schwieg ihn an. Spätestens da wusste er, dass Andreas einfach nur enttäuscht war von ihm und das ganze Ding genau deshalb schnell hinter sich bringen wollte. „Was wohl? Ich habe deine Kaution bezahlt, die Sache hier geklärt … die Bänder vom Flughafen wurden geprüft und man konnte den Diebstahl festhalten. Die Polizei gibt eine Fahndung heraus … und du kommst jetzt mit!“ Lucas wusste nicht, was er sagen sollte, aber das war wohl auch besser so. Einfach mal die Klappe halten. Er nickte und kam mit, raus aus dem Polizeipräsidium.
„Endlich wieder frische Luft“; dachte sich Lucas, als die Türen des Präsidiums aufgingen. Doch was ihn draußen erwartete war noch viel schlimmer, als die stickige Luft im Raum, der zur Verhörung diente …

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