Im siebten Himmel

FIKTIVE Radsport-Geschichten von Usern, die sich für schreibtalentiert halten

Moderator: Grabba

Andy92
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Beitrag: # 6759440Beitrag Andy92
17.3.2009 - 11:30

:frown: Hm, das ist jetzt mehr als peinlich. Ich habe gestern aus diversen nervenden Gründen mein System neu draufgespielt und alles, wirklich alles perfekt gesichert - bis auf eines: Diese letzte Etappe, war nicht bei meiner RSM 08 Sicherung dabei. Spielstand und alles läuft perfekt - nur hab ich eben gedacht, dass bei der Sicherung auch schon diese wahnsinns Etappe dabei gewesen wäre. Tja - hätte, wäre, wenn und aber - ich muss mir jetzt wohl was einfallen lassen. An die alten Daten komm ich eh nicht mehr ran (die Fesptlatte hab ich vorher logischerweise natürlich schön formatiert). Ich warte jetzt mal noch ein paar Stunden, ob hier im Forum noch jemand eine geniale Idee hat, auf die ich bis jetzt nicht gekommen bin, ansonsten hab ich auch schon einen Plan - nein, sogar zwei - wie ich aus der Misere rauskomme.
Also, nicht, dass sich jemand wundert, warum der vorige Post womöglich in kleinen Teilen umgeschrieben werden muss.
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Andy92
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Beitrag: # 6760104Beitrag Andy92
23.3.2009 - 22:06

Wäre…das ist ein gutes Stichwort. Ein nervender in rhythmischen Zeitabständen wiederkehrender elektronischer Pfeifton, störte unsre heftige Diskussion nach der Etappe. Ich war anscheinend der einzige, der ihn bemerkte – Feueralarm? Warum reagierten die anderen dann nicht? Was war hier bloß los? Halluzinierte ich jetzt, oder was?
Ein dünner Schleier legte sich vor meine Augen – die Situation verschwamm zusehends. Sven und Danilo rückten immer weiter von mir weg und ihre Worte klangen nur noch gedämpft an meine Ohren. Ihre Stimmen wurden immer leiser und verschwammen schließlich hinter dem ohrenbetäubenden Pfeifton – ich schreckte auf!
„Ach, Mist!“, jammerte ich und klopfte auf die Bettdecke – es war alles nur ein Traum. Wieder Sonntag morgen – wieder die Königsetappe des Giros vor Augen. Ich war doch nicht in eine Zeitschleife abgedriftet? Ach, was, so ein Blödsinn. Dazu war die Situation im Moment viel zu real – Sven schlief seelenruhig im Bett gegenüber. Den Wecker hatte ich auf acht Uhr gestellt – draußen war es schon längst hell, doch zum Aufstehen hatte ich jetzt noch keine Lust. Gerade als ich mich wieder zurück in die Kissen fallen lies, klopfte es an der Tür.
„Morgen, Jungs!“ Das war Alexanders Stimme. Was wollte der denn schon so früh hier? Obwohl – früh ist aus seiner Sicht wohl untertrieben. Gerüchten zur Folge soll er ja tagtäglich schon um sechs Uhr auf den Beinen sein, um noch vor dem Frühstück den Großteil seiner Büroarbeiten zu erledigen – die konnte er offensichtlich nicht ausstehen. Für den großen Rest, war ja dann seine Mutter da. Und die konnte ich wiederum nicht....
„Schlaft ihr noch, oder was?“, rief Alexander etwas genervt von draußen. Sven grunzte.
„Nein, nein, komm nur rein“, entgegnete ich, während Sven ein leises „Was?“ von sich gab. Er schien tatsächlich total müde zu sein. Aber warum? An den gestrigen Abend konnte ich mich im Moment gar nicht erinnern. Also dürfte ja nichts auffälliges passiert sein.
Die Zimmertür öffnete sich und Alexander trat, wie immer in Jeans und T-Shirt gekleidet, herein. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass wir heute einen ganz besonders warmen und sonnigen Tag hätten – Alexander wirkte frischer, munterer und noch viel aufgeschlossener als sonst – mit dieser unerwarteten Steigerung dieser Eigenschaften kam ich zunächst überhaupt nicht zurecht.
„Was machst du denn hier? Ist was passiert?“, fragte Sven etwas barsch, als er Alexander bemerkt hatte und rieb sich dabei verschlafen die Augen. Warum war Sven nur so unheimlich müde? Ich konnte das überhaupt nicht verstehen.
„Was für eine nette Begrüßung“, antwortete Alexander. „Wie lang warst du denn gestern noch wach?“
„Keine Ahnung. Ich konnte nicht einschlafen...Kommt halt manchmal vor.“ Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Sven aus einem ganz anderem Grund nicht hatte schlafen können, den er aber nicht nennen wollte.
„Ja, versteh schon.“ Na super. Es ging mich zwar vielleicht nichts an, aber trotzdem hasste ich es, wenn andere Leute über mich hinwegdiskutierten und ich das Was, Wie und Warum nicht auch wusste.
„Dann hab ich vielleicht eine nicht ganz so tolle Nachrichten für dich. Von dir Andreas bin ich ja inzwischen gewohnt, dass du solche Vormittags- oder besser gesagt Ganztagesausflüge liebst.“
„Ja, da kennst du mich gut.“
Alexander musste grinsen. „Gut – also, wie ihr vielleicht schon gesehen habt,“ er nickte zum Fenster, „ist heute herrliches Wetter – und vor allem schön warm. Deshalb werden wir heute das erste Spezialtraining auf den Mountainbikes absolvieren – nur wir drei. Wenn ihr euch beim Rennen in knapp fünf Wochen auch nicht schlecht anstellt – und davon geh ich aus – dann hab ich eine schöne Überraschung für euch. Die wird aber erst nächstes Jahr eingelöst – das hat altersbedingte Gründe.“ Er lächelte immer noch.
„In was für Clubs wirst du uns denn entführen?“, lachte Sven und schien plötzlich hell wach. Alexander und ich schauten ihn verständnislos an. „Ich werde doch im Herbst achtzehn und Andreas nächsten Sommer – also fahren wir da dann nach...ach, vergisst es.“
„Ich muss dich leider enttäuschen, aber das wird es sicherlich nicht sein.“ Alexander zwinkerte mir zu...
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Andy92
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Beitrag: # 6760377Beitrag Andy92
26.3.2009 - 21:09

Es war ernüchternd. Diese gigantischen Reibungskräfte der dicken Reifen und die ungewohnt aufrechte Sitzposition war ich kaum noch gewöhnt. Im Flachen sind Mountainbikes echt die Hölle! Wie hatte ich es nur all die Jahre mit dem Ding ausgehalten? Wie hatte ich damit trainieren können? Wie hatte ich daran Spaß gefunden? Und, wie zur Hölle, hatte ich es damit geschafft das Stilfser Joch mit einem siebzehner oder sogar achtzehner Schnitt zu bezwingen?
Es schien mir auf den ersten Metern beinahe unmöglich mit der gewohnten Leichtigkeit davon zu schweben. Umso mehr freute ich mich, als wir endlich den Sattel dieses langgezogenen Hochtals erreichten. Hier machte die Straße fast eine 180 Grad Kehrtwende und der raue Asphalt wich dem puren Schotter. Der Weg war jetzt ein typischer Forstweg – ein steiler Forstweg. Ich schätzte die Steigung auf neun Prozent. Und dennoch fuhr ich jetzt etwas entspannter. Mit dem kleinsten der drei Blätter vorne und hinten mit dem fünftgrößten von acht lief es wirklich sehr leicht und flüssig. Etwas unangenehm war jetzt die sengende Sonne. Obwohl es jetzt erst halb elf war brannte sie uns jetzt ordentlich aufs Hirn. Der steile und ungeschützte Hang der Rigi Scheidegg, den Gipfel, den wir bis zum Mittag erreicht haben wollten, lag zum See gedreht in einer zu dieser Tageszeit gefährlichen Südostrichtung. Doch der Ausblick entlohnte schon jetzt für die Anstrengungen – von Strapazen konnte man noch nicht reden: Der See spiegelte sich im makellos blauem Himmel, die Sonnenstrahlen glitzerten auf den Wellen zu uns hinauf und hinter den gegenüberliegenden Bergflanken strahlte der Gletscher des Titlis in einer bisher noch unbekannten Pracht zu uns herüber. Jetzt sah man sogar unser Internat als kleinen Kasten unten im Tal und noch eine Stufe weiter unten lag die Stadt Gersau direkt am Seeufer. Auf ihm tummelten sich bereits unzählige Boote.
„Und wie geht’s deinem Knie?“, fragte Sven Alexander, als wir eine etwas flachere Passage erreichten. Alexander fuhr voraus und legte ein äußerst humanes Tempo vor. Ehrlichgesagt, wusste ich nicht wirklich, ob man auf dem Schotter sehr viel schneller hätte fahren können, ohne dass einem die Räder durchdrehten.
„Bis jetzt spür ich glücklicherweise noch nichts. Wenn es bis oben so bleibt, dann könnten wir uns sogar überlegen, ob wir nach oder sogar noch vor dem Mittagessen bis zum Rigi Kulm fahren. Da oben wird heute, egal wo man ist, der Massentourismus vorherrschen. Also ist es völlig egal, wo wir hin fahren.“
Das konnte ich mir gut vorstellen. Schon hier auf dem Weg tummelten sich einige Wanderergruppen.
„Und hier auf der Straße findet am 29. echt ein Rennen statt?“, warf Sven ungläubig ein. Ich konnte es mir auch kaum vorstellen, denn diese „Straße“ wurde Meter für Meter stets etwas schmaler und immer steiler. Lange würden wir uns solche Kaffeekränzchengespräche nicht mehr erlauben können.
„Klar“, entgegnete Alexander, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. „Wenn wir nächstes Jahr wirklich an diesem...ja, mittlerweile kann man das Rennen schon einen Klassiker nennen, teilnehmen, dann werdet ihr euch noch mehr wundern, wo man überall mit dem Fahrrad hinfahren kann.“
„Bitte nichts mit irgendwelchen schmalen Bergpfaden, ja?!“, rief ich sofort. Ich musste zugeben, dass ich doch etwas Höhenangst hatte – aber nur an ganz „speziellen“ Stellen. Meine größte Schwäche als Straßenradsportler waren daher zweifellos Abfahrten – aber das ist ein anderes Thema.
„Nein, keine Sorge. Es könnte zwar etwas eng werden, aber...“
„Etwas eng!?“
„Keine Sorge, Andreas. Das hab ich auf das Rennen bezogen.“
„Hm, das ändert nicht viel daran“, gestand auch Sven ein.
„Ihr werdet heute schon noch sehen, was ich damit meine. Nur so viel: Die Strecke hier ist ungefähr 11 Kilometer lang – der Sieger hat das letztes Jahr in ungefähr 45 Minuten gepackt – und gegen Ende wird der Parcours extrem steil und der Weg so schmal, dass man kaum noch überholen kann. Deshalb empfiehlt es sich, dass ihr euch bei solchen Rennen von Anfang an immer ganz vorne aufhaltet. Es ist nun mal nicht viel anders, als das Rennen auf den Ächerlipass – vielleicht noch etwas härter, aber nichts im Gegensatz zu dem, was euch dann nächstes Jahr erwartet.“ Alexander setzte ein schelmisches Grinsen auf. Warum erzählte er uns eigentlich nicht, von welchem Rennen er die ganze Zeit sprach? Sven hatte offensichtlich das selbe gedacht wie ich: „Sag schon, was ist das überhaupt für ein Rennen?“
„Gut. Eigentlich sollte ich daraus kein Geheimnis machen. Ihr habt schon Recht. Wenn wir oben sind, sag ich’s euch, okay?“
Für eine Antwort blieb keine Zeit mehr, denn hinter der nächsten Kurve war eine Kreuzung aufgetaucht, deren Wanderwegweiser nach rechts auf die Rigi Scheidegg verwiesen. Der Weg führte direkt in den Steilhang! Zunächst glaubte ich, es sei ein Witz, dass Alexander plötzlich abbog – Sven schaute kurz etwas irritiert zu mir hinüber. Ich antwortete ihm mit einem gleichgültigen Achselzucken, was so viel heißen sollte wie: „Tja, wird wohl stimmen.“
Sven rümpfte verächtlich die Nase, als er Alexander hinterher radelte – jetzt wohl, genauso wie ich, fast im kleinsten Gang. Mein Tacho zeigte neun Stundenkilometer, acht, wieder neun – oh Mann! Das kann sich ja nur noch um Stunden handeln, dachte ich und kämpfte mich die wohl fast 25 Prozent Steigung hinauf!
Unglaublich! Es wurde sogar noch steiler! Der schmale Weg erreichte den Bergkamm und führte jetzt knapp unterhalb von diesem schnurstracks zum Gipfel hinauf – direkt unterhalb der Kuppe mit den Ferienhäusern befanden sich auch noch zwei Kehren, die teilweise sogar durch die Siedlung hindurchführten. Kurzum, der Berg wollte kein Ende nehmen!
Und trotz der Strapazen blieben wir fast bis zum letzten Meter zusammen. Erst dann musste Alexander reißen lassen – er war nun mal nicht mehr im Training – und Sven schlug mich in einem Sprint auf einer immer flacher werdenden Schotterpiste, dafür überfüllt mit unzähligen Touristen, die mindestens genauso bremsten, wie die kleinen Kieselsteine im steilen Gelände...
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Andy92
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Beitrag: # 6760700Beitrag Andy92
29.3.2009 - 16:27

Das war wohl auch der ausschlaggebende Punkt, warum wir nach dem Mittagessen mit der Seilbahn wieder zurück ins Tal fuhren. In dieses Gedränge wollten wir uns nicht stürzen. Außerdem klagte Alexander bereits über stärker werdende Schmerzen in seinem rechten Knie. Die Wahrscheinlichkeit war zwar äußerst gering, doch die Angst, genauso unglücklich zu Stürzen wie er schwang mittlerweile immer mit, wenn es in Abfahrten oder enge Kurven ging. Diese Angst würde ich wohl auch nie besiegen können. In Abfahrten musste ich also stets auf meine „Kopierfähigkeit“ setzen. Sobald ich hinter einem anderen Fahrer herfuhr, dann konnte ich im einfach folgen – ohne irgendwelche Bedenken oder Sturzängste.
Alexander sagte ja auch immer, dass die Probleme im Knie gar nicht direkt mit dem Sturz zusammenhängen würden, sondern mit einer falschen ärztlichen Behandlung. Sein damaliger Teamarzt hatte ihn wohl viel zu früh wieder mit dem Training beginnen lassen. Erst dadurch seien die bleibenden Schäden entstanden, was aber für Alexander noch viel ärgerlicher war. Man hätte sein vorzeitiges Karriereende also durchaus verhindern können. Den Arzt hat er übrigens auf Schmerzensgeld und Schadensersatz verklagt, doch unglücklicherweise trug Alexander durch seine Unterschrift auf irgendeinem Wisch den Großteil der Verantwortung selbst. Er hatte unbedingt wieder trainieren wollen, da ein großes Rennen vor der Tür stand und den Arzt um sein OK gebeten. Irgendwie verlief das Verfahren dann im Sande. Wahrscheinlich drohten die Anwaltskosten irgendwann größer zu werden, als das, was bei der ganzen Sache überhaupt hätte rausspringen können.

Wie auch immer. Anstatt verlorenen Träumen nachzutrauern, verfolgten Sven und ich lieber noch die letzte Stunde der 15.Giroetappe im Fernsehen – die Königsetappe von Arabba auf den Passo Fedaia stand auf dem Programm. Danilo musste leider passen. Oder besser gesagt: Er war nicht auffindbar; sowie einige andere Jungs auch nicht, die wohl alle noch auf einer Trainingsausfahrt unterwegs waren. Bei diesem schönen Wetter war das ja auch mehr als verständlich.
In Italien knallte die Sonne genauso stark vom Himmel. Jetzt war ich gespannt, ob sich mein Traum vielleicht doch noch bewahrheiten würde. Und tatsächlich: Es gab einen überraschenden Solisten. Doch es war nicht Ivan Basso, sondern Gilberto Simoni, der sich auf den letzten Metern hinauf zum Passo Falzarego befand, dem einfachsten von sechs Dolomitenpässen, die die Fahrer am heutigen Tag bezwingen mussten. Auf der direkten Verfolgung von Simoni befand sich im Augenblick Samuel Sanchez, den der führende Italiener erst vor wenigen Minuten distanziert hatte. Das war jetzt aber schon ein Volltreffer, dachte ich und mir kam eine Idee.
„Hey, Sven. Ich hab heute Nacht geträumt, dass Cunego in der Abfahrt vom Falzarego stürzt. Um was wetten wir?“
„Hm...du überlässt mir den Sieg, wenn wir bei einem Rennen mal gemeinsam zum Ziel fahren – und zwar egal für welche Teams wir irgendwann mal fahren, ja?“
„Oh, na gut. Aber, wenn ich recht behalte, dann gilt das ganze auch anders herum, ja?“
„Sicher.“
Eins war jetzt schon sicher: Simoni würde wohl die Etappe für sich entscheiden können, denn sein Vorsprung auf das Hauptfeld mit allen anderen Favoriten betrug sage und schreibe sechs Minuten. Zwischen dem Feld und ihm tummelten sich, neben Samuel Sanchez, auch noch einige andere Flüchtigen: Petrov, Larsson, Ardila und Pfannberger. Doch diese wurden nach und nach gestellt – sowohl im Anstieg zum Falzarego, als auch in der Abfahrt von diesem. Doch ich war jetzt einzig und allein mit Cunego beschäftigt. Ich wünschte es ihm natürlich nicht, aber dennoch hoffte ich natürlich darauf, dass er zu Fall kam. Irgendwie war das schon abartig, um nicht zu sagen pervers, welches Spielchen ich hier trieb, aber es ging nun mal um eine Wette.
In der Abfahrt geschah lange nichts. Das stark dezimierte Hauptfeld wurde abwechselnd von Popovych und Leipheimer angeführt, die hier für ihre Kapitäne Evans und Contador arbeiteten. Apropos Evans: Simoni fuhr immer noch im virtuellen Rosa Trikot. Sein Vorsprung betrug jetzt zwar nur noch knapp fünf ein halb Minuten, doch die Hoffnung auf einen Doppelschlag blieb natürlich bestehen. Der Etappensieg sollte ihm, auch trotz des äußerst schwierigen Schlussanstieges auf den Passo Fedaia am Fuße der Marmolata – dem höchsten Berg in den Dolomiten – gelegen, nicht mehr zu nehmen sein. Für Rosa dürfte es wohl eher nicht mehr reichen, denn sein Rückstand vor der Etappe auf Evans betrug ja bekanntlich fast fünf Minuten.
Allerdings machte ich mir jetzt ernsthaft Sorgen, um meinen Wetteinsatz. Es waren nur noch ein paar Meter bergab und noch immer wurde Cunego nicht als „gestürzt“ gemeldet. Es war ja auch äußerst unrealistisch, dass es, wenn überhaupt, genau ihn treffen würde – den zweiten der Gesamtwertung.
Die Regie zeigte nun Bilder vom Motorrad hinter dem Feld. In einer Kehre hörte man plötzlich irgendein Geräusch und da lag auf einmal ein Fahrer am Boden! Es war das Punktetrikot! Es war Cunego! Das Feld war schon auf und davon, während einige Meter weiter vorne sein Teamkollege David Loosli auf ihn wartete. Ich konnte es gar nicht fassen! Hatte ich etwa hellseherische Fähigkeiten?
„Was für ein scheiß Zufall!“, lachte Sven kopfschüttelnd.
„Du weißt doch, dass ich allwissend bin“, scherzte ich zurück. Es war wirklich ein dummer Zufall. Ein dummer Zufall, der Cunego viel Zeit kosten würde, dem Rennen ein wenig Spannung nahm, aber dafür noch ein bisschen mehr Tragik einhauchte.

Das Feld der Favoriten befand sich jetzt schon im rund 16 Kilometer langen Schlussanstieg. Auf den letzten 10 Kilometer gut 11 % im Schnitt – das war echt der Hammer. Die erste steilere Stufe nutzte Riccardo Riccò für einen Angriff. Karpets, Kirchen, Soler, Monfort und Casar folgten ihm. Kaum zu glauben, aber irgendwie hatte es auch Alberto Contador in die Gruppe geschafft, und das trotz des auffälligen grünen Trikots, das er aufgrund der Führung in der Bergwertung trug, die er heute aber an Simoni verlieren würde. Evans reagierte noch nicht. Nur Di Luca versuchte den Anschluss an die Gruppe wieder herzustellen. Keiner hatte wohl damit gerechnet, dass es Contador schon so früh probieren würde. Ein genialer Schachzug des Spaniers, denn er lies sofort alle Kontrahenten stehen, als er seine Chancen, hier womöglich viel Zeit gut machen zu können, begriff. Und nicht nur das – der spritzig wirkende Madrilene präsentierte sich in hervorragender Form. Schnell wurde klar, dass diese Attacke einen bedrohlichen Angriff auf das Rosa Trikot von Cadel Evans darstellte, der jetzt mit einem Angriff versuchte, die Notbremse zu ziehen. Ivan Basso nutzte seinen Antritt, um seinerseits auch wieder nach vorne zu kommen. Schnell hatten die beiden den Anschluss zur Gruppe um Danilo Di Luca hergestellt, deren Rückstand auf Contador aber schon fast eine Minute betrug. Zur Erinnerung: Contadors Rückstand auf Evans betrug lediglich 1’27“ Minuten vor dieser Etappe und im Ziel gab es für den dritten auch noch acht Sekunden Zeitgutschrift. Doch womöglich könnte Contador sogar seinen Landsmann Samuel Sanchez vor dem Ziel abfangen und die zwölf Sekunden Zeitbonifikation kassieren.
Für Cadel Evans sollte es also sehr, sehr eng werden. Simoni stellte mittlerweile keine Gefahr mehr für sein Rosa Trikot dar. Dieser musste sich jetzt sogar Sorgen um den Etappensieg machen, denn Contador flog förmlich von hinten heran. Der Spanier wusste um seine Möglichkeiten und zog seinen Angriff gnadenlos durch – wenn man davon ausging, dass er bei diesem Giro, wie Evans ja eigentlich auch, noch nicht in Topform war, dann erbrachte er mit diesem grandiosen Ritt auf den Fedaiapass den Beweis, dass er zurzeit der wohl beste Bergfahrer des Profifeldes war.
Doch jetzt ging in der Verfolgergruppe die Post ab: Cadel Evans ergriff abermals die Initiative – wieder waren es Danilo Di Luca und Ivan Basso, die ihm folgen konnten. Oh, dieses Dreiergespann war eine gefährliche Mischung! Ständige Attacken und Tempoverschleppungen brachten die Gruppe jedoch nicht wirklich näher an Contador heran, der bereits zu Sanchez aufgeschlossen hatte und den Basken wie erwartet einfach stehen lies. Etwas weiter vorne, kämpfte Simoni verzweifelt gegen den extrem steilen Berg und flüchtete zugleich vor dem nahenden Sturm, der da hieß: Alberto Contador. Genau in diesem Augenblick hatte er das Rosa Trikot von Cadel Evans erobert! Der Genickschlag für den angezehrten Australier? Keinesfalls! Jetzt machte er erst richtig ernst! Sofort bekam Ivan Basso Probleme und konnte – knapp zwei Kilometer vor dem Ziel – dem Tempo von Di Luca und Evans nicht mehr folgen. Letzterer erledigte jetzt die ganze Arbeit, während Di Luca, der Gesamtdritte, nicht mehr viel machen konnte, außer sich mit aller Macht an das Hinterrad von Evans zu klemmen und es auf Teufel komm raus auch zu halten! Der eine Italiener kämpfte und ackerte, während der andere immer mehr im Bildhintergrund verschwand! Ivan Basso, so viel stand jetzt fest, konnte seinen Sieg von 2006 nicht mehr wiederholen. Trotzdem hätte man solch ein Comeback nach den Qualen der letzten Monate nicht von ihm erwartet. Respekt!
Was machten eigentlich Karpets, Kirchen, Astarloza, Dekker, Menchov und vor allem Cunego? Letzterer hatte wieder den Anschluss an eine größere Gruppe gefunden. Cunego war stark! Er sprengte die Gruppe sofort, nachdem er sie erreicht hatte und das obwohl er bereits zwei Minuten auf Evans verloren hatte! Sein Wille war noch lange nicht gebrochen! Und siehe da: Kim Kirchen steckte, wie schon so oft in den vergangenen Tagen, in argen Schwierigkeiten. Doch der Lampre-Express mit Bruseghin und Cunego bereitete nicht nur dem Luxemburger Kopfschmerzen. Einzig Savoldelli, Astarloza, Riccò, Rujano und Serpa Santander, Dekker, Menchov und Fernandez (Scott) konnten gerade noch so folgen. Es war unglaublich, doch Cunego konnte den Abstand zu Evans wieder etwas verringern, wo dieser doch so mächtig in die Pedale trat, dass Di Luca ernsthaft Probleme hatte, ihm zu folgen. Doch noch unglaublicher, ja fast unmöglich schien die Tatsache, dass Alberto Contador gegenüber Evans noch mehr Zeit herausholte. Der Spanier war jetzt schon bis auf eine Minute an Simoni herangefahren, der sich bereits nach ihm umsah, bevor er dann doch noch jubelnd um die letzte Kurve fahren und seinen Soloritt angemessen feiern konnte.
49 Sekunden später sprintete Contador über die Ziellinie – er hatte heute alles aus sich heraus geholt. Sollte er auch dafür belohnt werden? Zunächst erreichte Samuel Sanchez das Ziel, erst dann raste Evans um die Ecke – ohne Di Luca, der hatte den Anschluss wohl doch noch auf den letzten Metern verloren. 2’34“ hatte Evans auf den Tagessieger verloren und damit auch sein Rosa Trikot an Contador! Ob er das morgen beim Bergzeitfahren auf den Kronplatz wieder zurückerobern könnte, blieb fraglich. Mit zwei Bergetappen und einem Zeitfahren sollte nächste Woche, aber dennoch alles möglich sein. Contador hatte eine kleine Wende, aber noch lange nicht die Vorentscheidung erbracht. Lediglich Ivan Basso und Damiano Cunego dürften keine Chancen mehr auf den Gesamtsieg haben, die heute drei beziehungsweise vier Minuten auf den Tagessieger verloren hatten und damit auch sehr viel Zeit auf die direkte Konkurrenz.
Im Nachhinein erfuhren wir, dass von den heute 188 gestarteten Fahrern, 27 aus der Karenzzeit gefallen waren – somit sind nur noch 161 Fahrer im Rennen. Was für eine Königsetappe!

Tageswertung:
1.Gilberto Simoni (Diquigiovanni) 5h09’50”
2.Alberto Contador (Astana) +49”
3.Samuel Sanchez (Euskatel) +1’34“
4.Cadel Evans (Silence-Lotto) +2’34”
5.Danilo Di Luca (LPR) +2’37”
6.Ivan Basso (Liquigas) +3’08”
7.Denis Menchov (Rabobank) +4’02”
8.Damiano Cunego (Lampre) +4’11”
9.Marzio Bruseghin (Lampre) s.t.
10.Paolo Savoldelli (LPR) +4’14”

Gesamtwertung:
1.Alberto Contador (Astana) 63h16’52”
2.Cadel Evans (Silence-Lotto) +30”
3.Danilo Di Luca (LPR) +1’31”
4.Gilberto Simoni (Diquigiovanni) +2’21”
5.Damiano Cunego (Lampre) +2’30”
6.Thomas Dekker (Rabobank) +5’21“ (15. +4’31“)
7.Ivan Basso (Liquigas) +5’35”
8.Marzio Bruseghin (Lampre) +7’13”
9.Denis Menchov (Rabobank) +9’05”
10.Paolo Savoldelli (LPR) +9’33”
57.Samuel Sanchez (Euskatel) +29’12“

Punktewertung:
1.Damiano Cunego (Lampre) 135 Punkte
2.Davide Rebellin (Gerolsteiner) 128 Punkte
3.Danilo Di Luca (LPR) 126 Punkte

Bergwertung:
1.Gilberto Simoni (Duquigiovanni) 67 Punkte
2.Alberto Contador (Astana) 50 Punkte
3.Danilo Di Luca (LPR) 35 Punkte

Nachwuchswertung:
1.Alberto Contador (Astana) 63h16’52”
2.Thomas Dekker (Rabobank) +5’21“
3.Mauricio Soler (Barlowold) +11’33”

Mannschaftswertung:
1.LPR 188h50’32“
2.Rabobank +4’16“
3.Lampre +5’31“
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Andy92
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Beitrag: # 6761532Beitrag Andy92
6.4.2009 - 11:10

Die Woche verlief äußerst ruhig. Im Training stand nichts besonderes auf dem Programm und es geschah auch nichts Auffälliges. Lediglich das Wetter war nach wie vor bemerkenswert gut. So auch in Italien, wo es beim Giro am Montag eine kleine Vorentscheidung gegeben hatte. Alberto Contador hatte beim Bergzeitfahren auf den Kronplatz bereits seinen dritten Etappensieg feiern können und darüber hinaus Cadel Evans auch noch weitere 14 Sekunden abgeluchst. Gilberto Simoni wurde jetzt immer stärker – er wurde dritter mit 23 Sekunden Rückstand – dagegen wurde Di Luca immer schwächer. Er verlor ganze 55 Sekunden auf Contador! Aus dem Zweikampf zwischen Cunego und Di Luca vom Anfang des Giros war nun ein Zweikampf zwischen Evans und Contador geworden. Die beiden lagen immer noch „nur“ 44 Sekunden auseinander. Dann folgte das erste Loch von zwei Minuten zu Di Luca, Simoni und Cunego, die den verbleibenden Podestplatz in Mailand wohl unter sich ausmachen dürften. Denn nach Cunego kommt das zweite große Loch von mehr als drei Minuten zu Ivan Basso, der am Montag ebenfalls knapp eine Minute verloren hatte. Immerhin hatte er jetzt Thomas Dekker hinter sich lassen können. Marzio Bruseghin, der sich bisher konstant auf Rang acht gehalten hatte, sollte sich langsam größere Gedanken um einen immer stärker werdenden Denis Menchov machen, der ihm am Montag fast eine Minute abgenommen hatte – der Russe wurde Tages Fünfter mit 39 Sekunden Rückstand. Bei mir gewinnt er da immer mehr Sympathien für die Tour – sein großes Ziel in diesem Jahr. Und so wie seine Verfassung im Moment tendiert, nämlich nach oben, sieht es für ihn in den kommenden Wochen gar nicht mal so schlecht aus.
Ach ja. Am Sonntag war ja auch noch die Katalonien Rundfahrt zu Ende gegangen. Jörg war auf der letzten Etappe siebter geworden und im Gesamtklassement 31. Das hatte seinen Zielen wohl nicht so ganz entsprochen, aber er wurde durch den Sturz an einem besseren Abschneiden ja auch verhindert.
Seitdem hatte ich aber auch noch nicht die Chance gehabt, mit ihm zu reden. Bei ihm Zuhause ging bislang niemand ans Telefon. Ehrlichgesagt hatte ich keine Ahnung, wo Jörg überhaupt steckte, bis mir am Dienstag – am Ruhetag in Italien und dem Auftakt der Bayernrundfahrt, von der ich aber fast nichts mitbekam – eine Idee gekommen war: Möglicherweise absolvierte Jörg zusammen mit Oliver Zaugg ein Trainingslager in den Pyrenäen. Jörg mit Blick auf die Tour und Zaugg wahrscheinlich als Streckeninspektion der Vuelta. Die beiden hatten die Katalonienrundfahrt ja auch gemeinsam bestritten und nicht unbedingt geglänzt. Vielleicht wollten sie das jetzt etwas aufarbeiten.

In den folgenden Tagen mussten wir uns hier im Internat hauptsächlich auf das Training und die Schule konzentrieren – am Wochenende stand mit dem Kriterium in Olten ja auch wieder ein Rennen an. Für den Giro, der weiterhin im Fernsehen übertragen wurde, blieb da kaum noch Zeit übrig. Das war am Mittwoch auch noch gar nicht so schlimm. Die Flachetappe von Sondrio nach Locarno hatte Anthony Geslin im Massensprint für sich entscheiden können. Rebellin wurde überraschender Vierter und kam dem Ziel „Punktetrikot“ somit ein Stückchen näher.
Am Donnerstag sollte es noch besser für ihn laufen. In einem angeblich sehr hektischen und chaotischen Finale auf dem diesjährigen Weltmeisterschaftskurs von Varese behielt er die Übersicht und sicherte sich mit einem eiskalten Angriff am letzten Anstieg den Tagessieg vor Karpets und Di Luca. Kaum zu glauben, aber neben Gilberto Simoni befand sich auch Alberto Contador in der 17 Fahrer fassenden Spitzengruppe – ganz im Gegensatz zu Ivan Basso, der rund eine Minute verlor, und Cadel Evans, sowie Damiano Cunego, die beide die entscheidenden Angriffe schlichtweg verpennt hatten und auf ganz unnötige Weise ganze 1’30“ Minuten auf den Träger des Rosa Trikots verloren! Sollte ausgerechnet diese Etappe die Vorentscheidung beim Giro 2008 gebracht haben?
Ich zollte Johan Bruyneel für diese taktische Meisterleistung wirklich großen Respekt, denn er hatte Lottos Naivität, dass Contador wohl kaum auf dieser Etappe angreifen würde, schamlos ausgenutzt. Schon möglich, dass sein Schützling dadurch aber auch viel Kraft gelassen hatte, die er in den folgenden und entscheidenden drei Tagen gebraucht hätte: Zwei Bergetappen und ein Zeitfahren in Mailand standen noch auf dem Programm. Am Freitag die Bergankunft auf dem Monte Pora und am Samstag die finale Hatz von Rovetta über Gavia, Mortirolo und Aprica nach Tirano. Evans ist bekanntlich der bessere Zeitfahrer als Contador. Doch ob ihn das bei dem jetzt schon angehäuften Rückstand eine Hilfe sein wird, bleibt fraglich. Insgeheim hoffe ich, dass die entgültige Entscheidung schon vor Sonntag fällt, denn dort sind wir ja wie gesagt den ganzen Tag in Olten.

Gesamtwertung vor dem Finale beim Giro d’Italia 2008:
1.Alberto Contador (Astana) 71h37’16”
2.Cadel Evans (Silence-Lotto) +2’14”
3.Danilo Di Luca (LPR) +2’18”
4.Gilberto Simoni (Diquiviovanni) +2’44”
5.Damiano Cunego (Lampre) +4’34”
6.Ivan Basso (Liquigas) +7’37”
7.Thomas Dekker (Rabobank) +8’29“
8.Marzio Bruseghin (Lampre) +10’16”
9.Denis Menchov (Rabobank) +11’14”
10.Vladimir Karpets (Caisse) +12’16”

Punktewertung:
1.Davide Rebellin (Gerolsteiner) 167 Punkte
2.Danilo Di Luca (LPR) 164 Punkte
3.Damiano Cunego (Lampre) 149 Punkte
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vino 12
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Beitrag: # 6761875Beitrag vino 12
9.4.2009 - 15:10

Finde es gut, wie du den Giro einbringst.

Andy92
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Beitrag: # 6761937Beitrag Andy92
10.4.2009 - 13:07

Unglücklicherweise hatte ich ganz vergessen, dass am Freitag ein „Schulausflug“ ins Theater nach Luzern auf dem Programm stand. Dort mussten wir uns Schillers Drama „Wilhelm Tell“ anschauen. Eigentlich find ich Schiller ja gar nicht mal so langweilig wie andere Stücke, aber hätte ich stattdessen die 19. und vorletzte Bergetappe des Giro d’Italia’s anschauen können, dann hätte ich mich sicherlich für letzteres entschieden. Außerdem hatten wir Deutsche, also Sven und ich, kaum einen Bezug zu Wilhelm Tell. Für die Schweizer ist er natürlich der Freiheitskämpfer und – wenn man so will – eine Legende, der Nationalheld. Aber was wollten Sven und ich da?
Als wir am späten Nachmittag wieder zurück ins Internat kamen, war die Etappe natürlich schon längst gelaufen. Und irgendwie ahnte ich es schon. Ich spürte, dass etwas gravierendes passiert war – vielleicht eine Wende im Gesamtklassement?
Das Ergebnis war eindrucksvoll, aber noch lange nicht so einschneidend, wie ich es erwartet hatte:

1.Danilo Di Luca (LPR) 6h05’55”
2.Damiano Cunego (Lampre) +1’13”
3.Cadel Evans (Silence-Lotto) s.t.
4.Alberto Contador (Astana) +1’15”
5.Thomas Dekker (Rabobank) +1’18“
6.Denis Menchov (Rabobank) +2’08”
7.Gilberto Simoni (Diquiviovani) +2’24”
8.Samuel Sanchez (Euskatel) +3’10“
9.Ivan Basso (Liquigas) +3’13”
10.Mikel Astarloza (Euskatel) s.t.


Alberto Contador zeigte also erste Schwächen! Einem Einbruch kam es aber noch nicht gleich, denn es schien eher so, dass Di Luca einen richtig guten Tag erwischt hatte. Und wie man den Killer so kennt, hatte er diesen gnadenlos ausgenutzt, um das Maximum an Zeit rauszuholen. Außerdem lag ihm die Etappe einfach: Von Legnano auf den Monte Pora waren es fast 230 Kilometer und die beiden letzten Anstiege waren relativ kurz und knackig – also ziemlich steil.
Auch Cunego bestätigte seine grandiose Form. Wäre er auf der Königsetappe durch die Dolomiten nicht gestürzt, dann würde er möglicherweise schon in Rosa fahren. Auch Thomas Dekker schien sich gefangen zu haben. Nach den Schwächen in den Dolomiten hielt er jetzt wieder richtig gut mit – auch sein Teamkollege Menchov wurde immer stärker. Beide hatten natürlich keine Chancen mehr auf den Gesamtsieg, aber der Russe wurde im Hinblick auf die Tour de France im Juli immer stärker. Das sollte seiner Moral auftrieb verleihen.
Nicht so gut lief es zurzeit bei Simoni und Basso – letzterer war sogar richtig eingebrochen und wieder hinter Dekker zurück gefallen. Simoni hätte ich es nach seinen starken Auftritten in den Dolomiten wirklich zugetraut noch einmal aufs Podium zu fahren – aber der Zug dürfte jetzt fast schon abgefahren sein – ohne ihn.

Gesamtwertung:
1.Alberto Contador (Astana) 77h44’26”
2.Danilo Di Luca (LPR) +43”
3.Cadel Evans (Silence-Lotto) +2’04”
4.Gilberto Simoni (Diquigiovanni) +3’53”
5.Damiano Cunego (Lampre) +4’20”
6.Thomas Dekker (Rabobank) +8’32“
7.Ivan Basso (Liquigas) +9’35”
8.Denis Menchov (Rabobank) +12’07”
9.Marzio Bruseghin (Lampre) +12’20”
10.Vladimir Karpets (Caisse) +14’37“

Punktewertung:
1.Danilo Di Luca (LPR) 189 Punkte
2.Davide Rebellin (Gerolsteiner) 173 Punkte
3.Damiano Cunego (Lampre) 169 Punkte

Bergwertung:
1.Gilberto Simoni (Diquiviovanni) 71 Punkte
2.Alberto Contador (Astana) 60 Punkte
3.Danilo Di Luca (LPR) 45 Punkte

Nachwuchswertung:
1.Alberto Contador (Astana) 77h44’26”
2.Thomas Dekker (Rabobank) +8’32“

Mannschaftswertung:
1.Rabobank 232h32’25”
2.LPR +1’46”
3.Lampre +6’10”


Als ich den Computer schon wieder ausschalten wollte, stieß ich noch auf ein Interview mit Davide Rebellin, in dem er bekannt gab, morgen nicht mehr an den Start zu gehen. Den Kampf um die Punktewertung hatte er nach Di Lucas Etappensieg heute, eindeutig verloren. Da konnte er kaum noch vorbei ziehen. Und beim derzeitigen Stand der Gesamtwertung würde es sich wohl kein Favoritenteam leisten wollen, durch eine Fluchtgruppe die Bonusssekunden im Ziel einfach so zu verschenken. Schade eigentlich. Immerhin hatte es sich im Endeffekt doch noch gelohnt, dass er sich so lange durch die Rundfahrt gequält hatte, denn gestern hatte er ja noch eine Etappe gewinnen können.

Die Vorfreude auf dieses Wochenende war riesig. Nicht nur wegen unserem Rennen am Sonntag in Olten, nein, vor allem wegen dem finalen Schlagabtausch beim Giro am Samstag. Das sollte wohl ein langer Fernsehnachmittag werden, denn wir hatten den ganzen Tag trainingsfrei.
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Andy92
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Beitrag: # 6762057Beitrag Andy92
11.4.2009 - 21:29

Es war so weit. Heute würde sich der 91. Giro d’Italia entscheiden. Tatsächlich? Wirklich heute? Was war mit dem morgigen Einzelzeitfahren in Mailand? Würde das nicht die endgültige Entscheidung bringen? Oder würde es aufgrund der kurzen Distanz nur ein Showlaufen der Stars dieser Italienrundfahrt werden?
Ich hoffte inständig, dass die Entscheidung heute fallen würde. Und zwar eine deutliche. Ich wusste nicht ob ich mir morgen diesen Stress antun könnte, falls der Gesamtsieg noch völlig offen sein sollte. Ich wusste nicht, ob ich mich dann wirklich voll und ganz auf das Rennen in Olten konzentrieren könnte – und ich wusste nicht, ob ich dann nicht wieder, wie in Zürich, stürzen würde. Seitdem hasste ich Kriterien. Diese Hatz in 50 oder weit mehr Runden um einen engen flachen und schnellen Kurs – das war einfach nicht mein Stil. Ich brauchte lange, kräftezehrende und wellige Profile, auf deren Straßen man einen Kampf zwischen sich und seinen Gegnern entfachen kann – Mann gegen Mann. Oder einer gegen alle!

Schluss mit dieser Sorgemacherei! Jetzt wollte ich den Kampf, den finalen Schlagabtausch der Profiradsportler in vollen Zügen genießen können. Mit Sicherheit würde die Etappe von Rovetta nach Tirano über eine ähnliche Distanz wie gestern die nötige Spannung und Dramatik dazu liefern. Ein verunsicherter strauchelnder Contador in Rosa – ein aufbrausender, Kraft und Mut schöpfender Danilo Di Luca, der nur 43 Sekunden zurück lag und dem das Etappenfinale durchaus eher liegen könnte, als seinem spanischen Kontrahenten und der großen Meute, die hinter ihm lauerte – allen voran Cadel Evans, der seine Hoffnungen auf den großen Coup sicherlich noch nicht begraben hatte. Der Passo di Gavia, der höchste Punkt der Rundfahrt – der Mortirolo, der Pass des Todes, wo sich heute die Spreu vom Weizen trennen würde – und als letzte schwere Hürde dieser Rundfahrt, der stufenartige aber dennoch flache Anstieg nach Aprica und die abschließende Abfahrt hinunter nach Tirano – diese Anstiege sollten für alle Jäger genug Chancen bieten sich auf den Gejagten, Alberto Contador, einzuschießen. Einer gegen Alle!

Davide Rebellin hatte heute sein Rad tatsächlich nicht mehr angefasst. Zwar war er heute morgen noch bei der Einschreibung vor dem Start erschienen, aber nur um sich von seinen Fans für dieses Mal zu verabschieden – die Unterschrift lies er aus.
So begaben sich heute Vormittag also nur noch 160 Fahrer, davon noch lediglich drei vom Team Gerolsteiner, auf die letzte schwere Bergetappe. Als gegen 14 Uhr die Fernsehübertragung begann, gesellten sich Sven, Danilo und ich, wie schon all die letzten Male in eines der Fernsehzimmer und machten es uns gemütlich.

Es waren noch hundert Kilometer zurück zu legen. Der Passo Gavia lag längst hinter den Fahrern. In diesem Anstieg hatte sich eine elfköpfige Spitzengruppe gefunden, deren Vorsprung zwischenzeitlich auf fast zwölf Minuten angewachsen war – und jetzt immerhin noch elf Minuten betrug. Auch wenn die Gruppe hauptsächlich aus passablen und guten Bergfahrern bestand, so sollte ein Durchkommen doch immer noch ziemlich schwierig werden, zumal die Teams Astana, LPR und Silence-Lotto, also die Teams der drei großen Favoriten auf den Gesamtsieg, den Druck im Hauptfeld jetzt deutlich verstärkten. Zwischen Spitzengruppe und Hauptfeld befanden sich übrigens noch Pieter Weening, der am Gavia eine fulminante Aufholjagd gestartet hatte, der abgehängte Tyler Hamilton, sowie die zurückgefallenen Marco Velo und Niklas Axelsson. Das Rennen steckte also schon jetzt in einer interessanten und äußerst aktiven Phase.
Der Vorsprung schmolz während der Abfahrt über Bormio Richtung Zielort Tirano auf acht Minuten zusammen. Kurz vor dem eigentlichen Zielort sollten die Fahrer dann aber, zu ihrem Leidwesen, auf eine äußerst schmerzhafte und alles abverlangende 70 Kilometer lange Runde abbiegen. Die schmalen aber extrem steilen Kehren des Passo Mortirolo warteten auf sie. 13,3 Kilometer lang war der Anstieg und im Schnitt sage und schreib 10,5 % steil! Der Berg ähnelte ein wenig dem Monte Zoncolan, der im letzten Jahr die Entscheidung der Rundfahrt herbeigeführt hatte. Mal sehen, was dieser schwere Brocken, der sich aus dem Profil der Etappe wie ein gigantischer Zacken herausbohrte, im Fahrerfeld bewirken würde.
Während die Spitzengruppe und deren einsamer Verfolger Weening bereits die ersten Meter des Passes in Angriff nahmen, rauschte das Hauptfeld immer noch das Tal hinab und schluckte dabei Axelssson und Velo, die ihren Fluchtversuch eh schon längst aufgegeben hatten.

Jetzt wurde es langsam hektisch im Feld. An der Spitze versammelten sich die Favoriten, also die Kletterspezialisten und die Klassementfahrer Contador und Di Luca. Keiner wollte die möglicherweise entscheidende Attacke verpassen und so unnötig Zeit und Kraft einbüßen. Kein geringerer als Levi Leipheimer zog das Tempo jetzt noch einmal an und raste unten in den Anstieg hinein und nahm seltsamerweise schnell wieder raus. Anscheinend gab es andere Anweisungen der Teamleitung um Johan Bruyneel. Jetzt kontrollierte der Kasache Muravyev das Tempo, gefolgt von Evans Helfern und Di Lucas Mannschaftskameraden um Paolo Savoldelli – der Taktgeber in Sachen Verfolgungsarbeit.
In der Folge verkleinerte sich der Vorsprung der Ausreißer relativ langsam, aber konstant. Jetzt waren es schon weniger als sieben Minuten – allerdings waren auch nur noch 60 Kilometer zurückzulegen. Wie ärgerlich wäre es doch für Davide Rebellin, wenn diese Gruppe tatsächlich durchkommen sollte!
Noch sechs Kilometer bis zum Gipfel und im Peleton tat sich immer noch recht wenig. Bis jetzt war es eben nur ein gnadenloses Ausscheidungsverfahren, dem schon etliche Fahrer zum Opfer gefallen waren. Noch extremer war es in der Spitzengruppe, die jetzt komplett auseinanderbrach. Drei Fahrer konnten sich absetzen: Florencio, Mazzanti und Duque. Der Rest brach erschreckend schnell ein und es vergingen keine zwei Kilometer bis viele der ehemaligen elfköpfigen Ausreißergruppe vom Feld gestellt wurden – darunter auch Weening. Zwischen der großen Verfolgergruppe, in der die Edelhelfer Leipheimer, Popovych und Savoldelli jetzt die Führungsarbeit übernahmen, und dem Trio an der Spitze befanden sich jetzt noch Veikkanen, A.Efimkin, Pauriol und Landaluze. Doch auch ihre Kilometer vor dem Feld waren bald gezählt.
Bis auf Veikkanen konnte die heranstürmende Meute alle Flüchtigen stellen. Diese gingen in einer ersten kleinen Angriffswelle kurz unterhalb der Passhöhe mit Beteiligung Ivan Basso’s unter, bevor sich das Feld in die Abfahrt stürzte. Wenige Minuten zuvor hatte sich Xavier Florencio einige Meter von seinen Fluchtgefährten lösen können und befand sich jetzt mit knapp vier Minuten Vorsprung auf die Favoritengruppe in der Abfahrt. Dort hofften augenscheinlich alle auf den Anstieg nach Aprica.

Die Straße war breit und mittlerweile wieder sonnendurchflutet. Demnach stiegen auch die Temperaturen an und der eigentlich so leichte Hügel wurde, auch wegen der bereits zurückgelegten Distanz und der Strapazen der vergangenen drei Wochen, zur ungeheuren Qual für die Fahrer – man sah es ihnen an.
Vor allem die beiden Spitzenreiter Duque und Florencio – der Kolumbianer hatte in der Abfahrt aufschließen können – pfiffen förmlich aus dem letzten Loch. Jeder Tritt, so schien es, schmerzte ungemein und die letzte Abfahrt schien nicht näher kommen zu wollen. Gerade mal zwei Minuten hatten die beiden noch an Vorsprung bei der 30 Kilometer Marke, während in der großen Verfolgergruppe jetzt die ersten Angriffe rollten: Jens Voigt war der Initiator! Sven und ich johlten vor Freude! Könnte das vielleicht noch ein deutscher Etappensieg werden? Riccò, Soler, Casar und Dekker klebten an seinem Hinterrad – das war doch die perfekte Gruppe!
Leipheimer führte immer noch die Verfolgergruppe an, als es Vladimir Karpets versuchte – und dann ging plötzlich die Post ab! Cadel Evans folgte ihm – Denis Menchov folgte ihm – und noch einige andere! Di Luca und Contador jedoch nicht! Die beiden reagierten einfach nicht, während Dekker und Evans plötzlich gemeinsam an der Spitze waren! Florencio und Duque, die ehemaligen Spitzenreiter, waren in der Angriffswelle leider genauso wie Jens Voigt untergegangen.
Aber vorne: Evans und Dekker – zehn Kilometer vor Aprica – rasten förmlich davon, während sich die Favoritengruppe hinten wieder geschlossen zeigte. Wie aus dem Nichts die nächste Attacke: Cunego! Basso folgte ihm sofort und jetzt auch Contador! Menchov probierte es auch noch einmal, während sich auch Gárate irgendwie nach vorne geschlichen hatte. Astarloza, den man auch kurz vorne gesehen hatte, schien den Sprung allerdings nicht geschafft zu haben. Aber wo war jetzt Danilo Di Luca? Unser Danilo verzweifelte neben uns regelrecht – er schlug die Hände vors Gesicht und konnte seinen Augen nicht trauen – brach sein Idol etwa ein?!

Zurück zur Spitzengruppe und es zeichnete sich großes ab: Alberto Contador zog voll durch und konnte sich von all seinen Gegnern absetzen! Das könnte durchaus die Entscheidung gewesen sein – nein! Evans und Dekker schossen kurz darauf um eine der Kurven von hinten heran und hatten den Anschluss an den Spanier gefunden. Es kehrte etwas Ruhe ein, während sich das Trio immer weiter absetzen konnte.
Plötzliche Aufregung bei den Kommentatoren zerstörten die kurzweilige „Stille“ wieder: Die Luca hatte es doch noch geschafft! Er führte die Verfolgergruppe an – und plötzlich hatte er sie abgehängt und genauso schnell zur Spitzengruppe aufgeschlossen! Jetzt schien die Rennsituation fest gefahren zu sein. Oder doch nicht? Cunego stieß nach vorne – aber da kam sonst keiner mehr mit. Contador überquerte die Passhöhe vor Di Luca und Evans – die genaue Reihenfolge der Gesamtwertung – auch nach dieser Etappe?

Im Moment sah es ganz danach aus. In der Abfahrt führte Simoni die ungefähr zwanzig Mann starke Verfolgergruppe wieder heran. Alle Angriffe waren wieder neutralisiert. Es hatte sich also nichts getan auf dieser zwanzigsten Etappe.
Damit hatte wohl keiner gerechnet: Fast dreißig Fahrer fuhren gemeinsam in Richtung Ziel. Und dann ging es viel zu schnell. Mit dem Schwung von der Abfahrt befanden sich die Fahrer urplötzlich auf der Zielgeraden! Cunego fuhr den Sprint von vorne und setzte sich auf den ersten Metern entscheidend ab! Der Sieg war ihm heute nicht mehr zu nehmen! Thomas Dekker und Jens Voigt komplettierten das Podium! Klasse Leistung des Deutschen – da waren wir uns einig!
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Andy92
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Beitrag: # 6762059Beitrag Andy92
11.4.2009 - 22:17

Es war zwar schon wieder einige Stunden her, aber dennoch freute ich mich riesig darüber. Viel mehr als alle anderen. Mehr als Sven, mehr als Danilo, der sowieso nicht dabei war, und auch viel mehr als der Sieger selbst. Ich hatte das Kriterium von Olten heil überstanden! Ohne jede Schramme, ohne Sturz, ohne Defekt, nicht den kleinsten Wackler. Es war einfach perfekt gelaufen. Etwas anderes konnte man dazu einfach nicht mehr sagen.
„Richtig routiniert“. Das waren die einzigen Worte, die ich nach und seit dem Rennen von unserem Mentor Alexander gehört hatte. Doch er hatte dabei nicht gelächelt – als ob er sich über unseren Erfolg nicht gefreut hätte. Über unseren perfekten Sprinterzug auf der letzten Runde – aus der großen Ausreißergruppe heraus – drei Mann von vorne. Ich war der erste, dann Sven und dann unser Sprinter René, der heute einfach nur gewinnen konnte, so schwach war die Gruppe besetzt, so chancenlos die verbliebenden Konkurrenten. Eiskalt hatten wir den Sack zu gemacht und genauso wirkte Alexander nach dem Rennen. Eiskalt.
Man musste kein Prophet sein, um sagen zu können, dass mit ihm etwas nicht in Ordnung war. Er machte sich über irgendetwas Sorgen. Nur über was? Ich hatte keine Antwort, weder irgendeine Ahnung.

Ich stieg aus dem Bett und zog den Vorhang zur Seite. Klasse – es regnete. Montag, zweiter Juni und es schüttete wie aus Kübeln. Den Blick aus dem Fenster hätte ich mir auch sparen können – kein guter Start in den Tag und die Lust auf den jetzt anstehenden Unterricht sackte völlig in den Keller. Sven schlief wenigstens noch, der hatte es gut.
War heute nicht ein besonderer Tag? Erster Werktag im Juni? Da war doch was. Hatte Alexander vor ein paar Tagen nicht etwas angekündigt? Dieser kleine Zeitraum erschien mir plötzlich, als wären es Wochen – und der Tag, an dem meine Mutter abgeführt worden war, das musste mindestens mehrere Monate her sein – und Weihnachten, mein erstes Rennrad, das letzte Treffen mit Jörg, dürften mittlerweile schon ein paar Jährchen sein...und das Stilfser Joch? Christine? Ein anderes Leben?

Ich wusste es. Das, was ich jetzt brauchte, war eine Auszeit, oder zumindest wieder ein bisschen Ordnung und Alltäglichkeit. Im vergangenen dreiviertel Jahr waren einfach zu viele Dinge passiert – schöne und schreckliche. Zum ersten Mal spürte ich, wie ermüdend das alles war. Der Radsport war mittlerweile meine ganze Freude, mein Leben. Der war stabil, auf eine gewisse Weise der Unberechenbarkeit berechenbar und konstant. Aber er durfte nicht das einzige werden, was mir wirklich Spaß bereitete – das einzige, was einen Sinn ergab, bei all dem Trubel.

Da fiel es mir wieder ein: Heute würde Melinda anreisen. Ihren Nachnamen kannte ich nicht – vielleicht hieß sie auch Gruber – so wie ihr Cousin Ale...War es das, worüber sich Alexander Sorgen machte?
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Andy92
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Beitrag: # 6762283Beitrag Andy92
14.4.2009 - 12:21

Während wir runter in den Speisesaal gingen, unterhielten wir uns seltsamerweise zuerst über das Endergebnis des Giros und nicht über unseren Sieg von gestern. Anscheinend maß sonst niemand diesem Rennen eine so große Bedeutung bei, wie ich es tat. Schon spielte ich mit dem Gedanken, dass genau dieses Kriterium der Schlüsselstein in meiner Radsportkarriere sein könnte. Ich stellte mich vor, wie ich auf die Frage eines Journalisten eine charmante Antwort gab und anschließend lächelnd in die Kamera zwinkerte und aus deren Blickfeld verschwand...

Seinen ersten Girogesamtsieg hatte Alberto Contador wie erwartet sicher nach Hause gefahren. Di Luca hatte seinen zweiten Gesamtrang ebenfalls wie erwartet aber nur knapp verteidigen können. Und Cadel Evans, der sich Thomas Dekker im Kampf um den Tagessieg beim Zeitfahren in Mailand nur wenige Hundertstelsekunden geschlagen geben musste, komplettierte das Podium – wie erwartet.
Als Resümee hätte man sagen können, dass dieser Giro im Endeffekt doch eigentlich ziemlich langweilig gewesen war. Auf die letzte Woche und der dort anzutreffende Überlegenheit von Alberto Contador traf das vielleicht zu, aber nicht auf die ersten beiden Wochen. Dort war selbst der Kampf um die Gesamtführung noch spannend gewesen. Aber dann hatte Contador auf einer Etappe alles klar gemacht und danach fast nichts mehr anbrennen lassen. Ob er bei der Tour auch so souverän fahren würde? Ich hoffte es nicht. Eine Schwäche, oder einen Einbruch – irgendwas musste der auch mal bekommen. Sonst würde es wohl ziemlich langweilig werden.

Gesamtwertung:
1.Alberto Contador (Astana) 84h48’08”
2.Danilo Di Luca (LPR) +139”
3.Cadel Evans (Silence-Lotto) +1’42”
4.Damiano Cunego (Lampre) +4’42”
5.Gilberto Simoni (Diquigiovanni) +5’17”
6.Thomas Dekker (Rabobank) +7’58“
7.Ivan Basso (Liquigas) +10’15”
8.Marzio Bruseghin (Lampre) +12’11”
9.Denis Menchov (Rabobank) +12’34”
10.Vladimir Karpets (Caisse) +15’05“

Sieger Punktewertung: Damiano Cunego (Gleichstand mit Di Luca, aber mehr Etappensiege)
Sieger Bergwertung: Gilberto Simoni
Sieger Nachwuchswertung: Alberto Contador
Sieger Mannschaftswertung: Rabobank



Wir stellten uns wie gewohnt am Büffet an, beluden unsre Teller und setzten uns dann an den Tisch zu Danilo.
„Sag mal, wie lange bist du denn schon wieder wach?“, feixte Sven. Danilo schüttelte lediglich den Kopf, während er sich sein Brot förmlich in den Mund schob. Sofort verschluckte er sich daran und ich klopfte ihm kräftig auf den Rücken, sodass der ganze Inhalt seines Mundes beinahe hinüber zu Sven geflogen wäre.
„Reicht schon!“, keuchte er.
„Schling das Zeug doch nicht immer so runter“, belehrte ich ihn mit einem Grinsen.
„Das war doch gar nicht das Brot“, antwortete er und nickte rüber zum anderen Ende des Raumes. Dort saß wie gewohnt der gesamte Mitarbeiterstab an einem etwas größerem Tisch mit Alexander am Kopfende. Seine Mutter wohnte normalerweise in Luzern, weshalb sie eher selten hierher zum Essen kam. Doch heute schien das ausnahmsweise mal anders zu sein. Oder? Nein. Da saß zwar eine Frau mit am Tisch, die sich angeregt mit Alexander unterhielt, aber das war auf keinen Fall seine Mutter. Erstens unterhielt sie sich eigentlich nie angeregt mit ihrem Sohn und zweitens, war diese Frau eindeutig jünger als sie. Wie jung konnte ich nicht sagen, denn hatte sich von uns abgewandt.
„Das ist sie“, fügte Danilo noch hinzu und sofort klingelte es in meinem Kopf. Das war also Melinda. Sie war schlank, hatte fast eine perfekte Figur, und war wohl etwas kleiner als ich. Die Haare hatte sie hochgesteckt und dennoch wirkten sie so jugendlich und frisch. Sie waren dunkelblond – oder eher eine Mischung zwischen brünett und blond? So genau konnte ich das nicht definieren. Warum stellte ich mir überhaupt diese Frage? Auf jeden Fall waren ihre Haare ein Traum. Sie waren einfach perfekt und – offen wahrscheinlich völlig langweilig. Ja, von langen Haaren hatte ich die Schnauze voll. Ich hatte in diesem Moment zwar keine Ahnung warum, aber ich wusste, dass diese Frisur einfach zu dieser jungen Frau passte.
Junge Frau? Nein, sie sollte viel jünger sein. Oh bitte, viel jünger. Ich – oh nein! Hatte ich mich jetzt nur in diese Haare verliebt - oder? Nein! Warum nur? Ich wollte das doch gar nicht, aber mein Körper machte schon wieder irgendwas, nur nicht das, was ich ihm sagte. Irgendwann hatte er mich bestimmt wieder soweit, dass ich versuchen würde, mit diesem Mädchen zusammen zu kommen. Aber das war immer mit so viel Stress verbunden! Etwas, auf was ich überhaupt keine Lust hatte. Ich wollte mich jetzt doch voll aufs Radfahren konzentrieren. Aber andererseits könnte wieder etwas mehr Abwechselung in mein Leben kommen – ach was. Ich hatte wirklich keine Lust auf diesen Tamtam. Ob noch mehr Menschen auf dieser Welt in so einer seltsamen Zwickmühle steckten wie ich?

Eine Hand packte meine Schulter uns riss mich unsanft herum. „Jetzt reicht’s auch wieder. Heb dir deine ungläubigen Blicke lieber für später auf, wenn man sie uns vorstellt. Du bist ja jetzt schon ganz verblödet – von ihrem Rücken!“ Es war Sven. Oh, Mist! Das war mal wieder peinlich. Aber was soll’s. Vielleicht sollte ich mal die Taktik ausprobieren und dazu stehen. Einfach falsche Vorgaben machen – denn ich glaubte mir ja selbst nicht. Da kam mir gerade ein passender Gedanke.
„Tja, Sven. Irgendwie komisch, dass die schönsten Frauen immer irgendwie mit dir verwandt sind“, lachte ich.
„Ich bin nicht mit ihr verwandt! Alexander ist nicht mal mein richtiger Halbbruder! Mein Vater hat nur seine Mutter geheiratet und deren Bruder ist der Vater von Melinda! Ich bin also nicht mit ihr Verwandt“, rief er.
Danilo brach in Gelächter aus.
„Ja, ja schon gut. Kannst dich glücklich schätzen, dass sie deine überschwängliche Rede nicht gehört hat“, entgegnete ich gelassen.
„Oh.“ Einige hatten sich begierig zu uns umgedreht und Danilo schien jetzt einen Lachkrampf bekommen zu haben.
„Ihr zwei streitet euch ja fast schon wie ein altes Ehepaar. Andreas, an deiner Stelle würde ich aufpassen, wenn ich mich schon immer in seine Verwandtschaft vergucke, dass er es nicht plötzlich selbst ist!“, schrie er und fiel fast vom Stuhl. Es gab genug Zeugen – das würde sich hier leider schnell herumsprechen. Super, da hatte ich mich mal wieder selbst abgeschossen. Jetzt konnte das ganze Internat Sven und mich dabei beobachten, wie wir mit Melinda umspringen werden oder eben...
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Andy92
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Beitrag: # 6762868Beitrag Andy92
18.4.2009 - 17:56

7.Kapitel - Äpfel

Sie war hübsch, süß und frech, selbstbewusst, erfrischend natürlich und zwei Jahre älter als ich. Sofort fühlte ich mich zu ihr hingezogen. Seltsamerweise lag das nicht an ihrem Aussehen, nein, es war ihr Charakter, der mich in ihren Bann zog. Sie lächelte fröhlich, aber nicht dümmlich, verarschte alle um sie herum nach Strich und Faden, in jeder Minute, ja fast in jeder Sekunde, was zweifellos für ihre Intelligenz sprach. Ob sie mich genauso behandelte, war mir erstens egal, und zweitens fiel es mir nicht wirklich auf. Einzig ihr zauberhaftes Lächeln schien ich wirklich zu bemerken. Schon fünf Minuten nachdem Alexander sie uns vorgestellt hatte, war Melinda ein Idol. Und zwar auf menschlicher...
Ach, warum machte ich mir was vor? Sie war nicht nur charakterlich ein Idol für mich. Sie war für alle männlichen Anwesenden wohl hauptsächlich ein Schönheitsideal. Sicherlich tat ihre anmutige und zugleich jugendlich frische Ausstrahlung ihr Übriges, aber im Vordergrund stand wohl doch eher ihr Aussehen. Sie war, wie gesagt, etwas kleiner als ich, schlank, hatte herrlich anzusehende Rundungen, nahezu perfekte Körperproportionen und einen wunderschönen Kopf. Ja, ihr Kopf, war das schönste. Über ihre Haare hatte ich mich mittlerweile genug ausgelassen, trotzdem lieferten sie keinen unwesentlichen Beitrag zum Gesamteindruck. Was mir jetzt die Sprache verschlug, war ihr Gesicht. Deutsch geprägt und italienisch gebräunt, ein süßer Mund mit eher zarten aber keineswegs langweiligen Lippen, unschuldige braune Augen, weiche Züge, jung und ausdrucksstark. Ich glaubte mich zu erinnern, dass Isabel, ihre Tante, italienische Wurzeln hatte. Das dürfte den fesselnden südländischen Touch und ihr maßloses Selbstbewusstsein erklären.
Ach ja, und wenn man seinen Blick dann zufällig doch mal etwas tiefer fallen lassen sollte, dann stachen einem sofort zwei wohlgeformte und perfekt proportionierte Äpfel ins Auge. Aber keinesfalls irgendwelche viel zu kleinen Äpfelchen aus dem Discounter, und auch keine zu Wassermelonen mutierte Riesenäpfel, sondern saftige, füllige Äpfel von Opas Apfelbaum – kurzum es passte einfach!
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Beitrag: # 6763459Beitrag Andy92
23.4.2009 - 21:58

Es regnete den ganzen Tag. Während des Unterrichts, während des Essens und während des Trainings, das ja unbedingt im freien stattfinden musste. Und dennoch schien überall die Sonne zu scheinen. Mir war es zuvor nie aufgefallen, wie hell und farbenfroh das Internat gestaltet worden war. Jeder Raum schien sonnendurchflutet, obwohl man beim Blick nach draußen eine deprimierende Weltuntergangsstimmung bestaunen konnte. Kein einziger Berggipfel war zwischen den grauen Wolkenfetzen zu erkennen, so fest hatte sich das schlechte Wetter in die Berge gefressen.
Als am späten Nachmittag so langsam die Abenddämmerung einsetzte, schwebte eine allesverschlingende weiße Nebelwand vom Berg herunter, die schon bald das ganze Internat umhüllt hatte, sodass man beim Blick aus dem Fenster nichts anderes mehr als das Innere einer Wolke sah. Wie erwartet fielen die Temperaturen sofort ins Bodenlose. Na, stellte ich der Wolke vor dem Fenster die Frage, wann fängt es denn endlich an zu schneien?
Ich saß am Tisch auf unserem Zimmer und tippte mit einem Bleistift ungeduldig auf die glänzende Holzplatte, während ich mit einem strahlenden Lächeln nach draußen blickte. Das bisschen Schnee hätte mir sowieso nichts ausgemacht. Nicht heute. Nicht an diesem wunderschönen Tag! Ich hatte Melinda zwar nur ein Mal gesehen, doch das hatte schon vollkommen ausgereicht, um einen ganzen verregneten, trostlosen Tag ohne jeglichen Anflug von Langeweile durchzustehen. Aber ich war mir sicher, dass diese einzige wunderschöne Erinnerung bis in alle Ewigkeit gereicht hätte, wäre da nicht das Abendessen vor der Tür gestanden. Gleich würde ich sie wiedersehen.

Ich ging zusammen mit Sven runter in den Speisesaal. Überraschenderweise war außer uns nur Alexander schon da. Er wirkte ein wenig einsam, so ganz alleine auf seinem angestammten Platz mit dem Rücken zur Glasfassade. Es schien so, als dächte er über irgendetwas nach und tippte dabei genauso ungeduldig wie ich eben auf dem Zimmer mit seiner Gabel auf seine zusammengefaltete Serviette und starrte gelangweilt auf seinen leeren Teller. Heute waren wohl alle um mich herum etwas trübsaalblasend. Sven und Danilo waren heute genauso mies drauf gewesen, was wohl zweifellos am Wetter lag. Nur mir konnte das heute absolut nichts anhaben.
Alexander schreckte hoch, als wir näher kamen, lächelte uns dann aber zu. „Abend Jungs! Heute setzt ihr euch mal zu mir“, rief er und klopfte dabei mit der Handfläche auf den Tisch.
„Abend“, antwortete ich und setzte mich rechts neben Alexander.
„Also, ich hol mir erst mal was zum Essen“, entgegnete Sven, schnappte sich seinen Teller und lief hinüber zur Theke. Mit einem Schulterzucken folgten wir ihm.
Erst als wir wieder am Tisch saßen, begann sich der Saal langsam zu füllen. Unwillkürlich warf ich einen Blick nach draußen und stellte erleichtert fest, dass sich der Nebel wieder aufgelöst hatte. Dafür wehte jetzt ein kräftiger Wind und drückte einen kleinen Apfelbaum wenige Meter unterhalb des Internats mächtig in die Knie. Auch die Tannen am Berghang gegenüber meines Sitzplatzes neigten sich gefährlich weit nach vorne, als wollten sie hinunter in den See springen. Der See. Ich hatte ganz vergessen, dass es den gab. Heute hatte ich ihn kaum zu Gesicht bekommen – auch beim Training wirkte er eher wie eine lange schmale Pfütze am Wegesrand. Viel mehr hatte man nicht von ihm gesehen. Aber jetzt strahlte er wieder in seiner vollen Pracht zu uns herauf. Anscheinend schien sich das Wetter doch etwas zu bessern.
Genau in diesem Moment brach am Horizont die Wolkendecke auseinander. Leider verbarg die westliche Bergflanke die untergehende Sonne, die jetzt ein orangerotes Licht auf den See und die gegenüberliegenden Berge warf. Es war wunderschön. Es war wunderschön mit anzusehen, wie sich die letzten Wolkenfetzen über den Rigi kämpften und den Blick auf eine dünne, sogar löchrige hohe Bewölkung freigaben. Es vergingen nur wenige Minuten und schon konnte man den Gipfel des Pilatus in der Ferne erkennen, den Hausberg von Luzern, dann das Stanzerhorn und dazwischen konnte ich den Ächerlipass erahnen. Obwohl es eigentlich immer dunkler wurde, schien es draußen jetzt erst richtig hell zu werden. Nach und nach, warfen auch alle anderen erste freudestrahlende Blicke nach draußen, bevor an den Berghängen die ersten Lichter der Ortschaften zu funkeln begannen.
„Genau deswegen liebe ich die Berge so“, unterbrach Alexander sein Gespräch mit Sven plötzlich, das ich überhaupt nicht beachtet hatte. Er starrte mit gläsernem Blick aus dem Fenster. „Das Wetter kann sich schlagartig verändern – auch zum Positivem.“ Sven nahm das als Aufforderung sich ebenfalls an der allgemeinen Aufbruchstimmung zu beteiligen, indem er ebenfalls seinen Blick umherschweifen lies.
„Hi“, ertönte plötzlich eine helle, angenehme Stimme neben mir. Ich fuhr herum.
„Abend Melinda. Und, wie hat es dir bei meiner Mutter im Büro gefallen?“, sagte Alexander sofort.
Da saß sie. Direkt neben mir! Mein Herz begann zu flattern und meine Kehle war von einem auf den anderen Moment trocken wie eine Wüste. Ich musste schlucken. In dieser Abendstimmung war sie noch viel schöner – obwohl sie ihr Haar jetzt offen trug. Eigentlich hatte ich es mir viel länger vorgestellt, doch es war gerade so schulterlang. Insgesamt wirkte sie etwas müde, aber das machte sie nur noch umso süßer. Sofort suchten meine Augen die ihrigen, damit sie sich wieder darin verlieren konnten – es fühlte sich an wie ein ganz automatischer Reflex und ehe ich mich versah, war es bereits zu spät. Alles um mich herum war vergessen.
Gerade wollte sie eine Antwort auf Alexanders Frage geben, da kam Isabel an den Tisch und setzte sich Melinda gegenüber neben Sven, der genauso erschrak wie ich.
„Sie hat sich wirklich gut gemacht“, fing Isabel sofort ohne große Umschweife an. „Allerdings glaube ich, dass ihre Stärken eindeutig woanders liegen.“ Sven zwinkerte mir zu und grinste, während Melinda ihre Tante auf eine seltsame Art und Weise beäugte. Ich glaubte einen Anflug von Verachtung in ihrem Blick zu finden.
Aber warum hatte Sven mir zugezwinkert? Was war denn jetzt schon wieder so komisch? Plötzlich ging mir ein Licht auf! Der Witz, natürlich. Oh, Mann, das konnte ich jetzt überhaupt nicht gebrauchen. Ich unterdrückte ein Lachen und musste aufpassen nicht einfach loszuprusten.
„Was ist so komisch daran?“ Sofort hatte ich Isabels schnippischen Tonfall erkannt und der drohende Lachanfall war spurlos verschwunden. Ich sah entschuldigend zu ihr hinüber und wollte eigentlich auch ein „Nichts“ als Antwort geben, doch ihr boshafter Blick lies alle Worte wieder verstummen. Also schüttelte ich bloß verängstigt den Kopf.
Mist! Das war mal wieder ne großartige Aktion, dachte ich. Was sollte Melinda jetzt von mir denken?
Der Kleine hat doch nicht etwa Schiss vor meiner Tante? Was ist denn das für ein Loser?
So, oder so ähnlich musste sie wohl jetzt über mich denken.
„Wieso nicht?“, brach Alexander die kurzweilige Stille.
„Ich hab mir das ein wenig interessanter vorgestellt“, entgegnete Melinda, doch Isabel beachtete sie gar nicht.
„Vertrau mir. Sie muss in eine andere Abteilung. Schau sie dir doch an: Sportlich, jung, dynamisch – schick sie morgen mal zu den Fitnesstrainern.“
„Aber ich habe für das Praktikum bei dir eine Woche veranschlagt. Wegen dem einen Tag kann man das doch noch gar nicht beurteilen.“
„Alexander, ich KANN so was beurteilen. Und ich sag dir, der Job passt nicht zu ihr“, sagte Isabel jetzt noch energischer als vorher.
„Da müsste ich erst wieder alles über den Haufen werfen. Jetzt bleibt sie erst mal die Woche bei dir und dann...“
„Nein. Glaub mir, das wäre eine verlorene Woche.“ Isabel stemmte sich mal wieder mit voller Inbrunst gegen ihren Sohn – wahrscheinlich aus Prinzip, was ich mittlerweile ziemlich lächerlich fand.
„Jetzt wart doch erst mal ab. Das wird mit Sicherheit keine verlorene Woche – vielleicht gefällt es ihr am Ende ja doch“, antwortete Alexander ruhig und gelassen. Jetzt versuchte sich auch Melinda einzumischen, immerhin ging es hier ja um sie, was ihre Tante und ihr Cousin anscheinend völlig vergessen hatten: „Alex, mir macht das wirklich keinen Spaß. Den ganzen Tag nur am PC rumsitzen und irgendwelche Rechnungen begleichen, das...“
Alexander schaute sie nur kurz an, dann hatte schon wieder Isabel seine Aufmerksamkeit an sich gerissen: „Jetzt hör mir mal zu: Es ist mir völlig egal, was du darüber denkst, aber zu mir kommt sie morgen früh nicht mehr, so viel steht fest.“
„Sagt mal, kann es sein, dass ihr euch gestritten habt?“, meinte Sven. Sein Einwurf kam so überraschend, dass ihn alle für einige Sekunden völlig perplex anstarrten. Sofort lief er purpurrot an und sank auf seinem Platz förmlich in sich zusammen.
„Habt ihr?“, griff Alexander schließlich seine Frage auf.
Isabel überlegte kurz, anscheinend hatte sie den Faden verloren. „Natürlich nicht“, winkte sie dann ab und legte sich sofort neue Worte zurecht, doch Alexander kam ihr diesmal zuvor.
„Hm, und warum wollt ihr dann beide nichts mehr voneinander wissen?“, hakte er nach.
„Sagen wir’s mal so: Wir hatten ein paar kleinere Differenzen“, grinste Melinda.
„Also, doch.“
„Alexander! Jetzt sei nicht so stur wie dein Vater und steck deine Cousine für diese Woche zu jemand anderen! Ist denn das so schwer zu kapieren?!“
Melinda schüttelte den Kopf und kicherte. „Ich glaub ich war ihr ein bisschen zu gut. Wahrscheinlich hat sie Angst, dass ich ihr den Job wegnehme.“
Alexander starrte sie ungläubig an. „Bitte? Ist das dein Ernst?“, fragte er zu seiner Mutter gewandt und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
„Natürlich nicht. Ich hab dich doch vor Kurzem um eine Sekretärin gebeten, aber dazu ist sie eindeutig überqualifiziert. Also, was soll sie dann noch bei mir? Denk doch mal praktisch und beschleunige die Suche nach ihrem Ausbildungsplatz.“
„Alex, jetzt komm schon“, bettelte Melinda – ich hätte sie für ihren Blick küssen können. „Coach war schon immer mein Traum, vielleicht hab ich den Tag heute gebraucht, um das endlich zu kapieren.“
„Na gut. Dann schau ich nachher zu welchem Trainer du kannst.“

„Kannst du dir das vorstellen?“, fragte mich Sven, als wir wieder oben auf unserem Zimmer waren.
„Dass wir bald eine Trainerin haben?“
„Ja, genau das.“
Ich musste kurz überlegen. Irgendwie passte das tatsächlich nicht sonderlich zum Herrenradsport. Aber andererseits hatten wir im Internat ja auch einige Mädchen, die sich über einen gleichgeschlechtlichen Trainer sicherlich freuen würden. Und für uns Jungs, also hauptsächlich für mich, wäre ihre Anwesenheit, während man sich auf der Rolle abstrampelte, sicherlich ein Ansporn, sein Bestes zu geben. Draußen würde sie wohl nur mit dem Auto mithalten können, was Tino ja mittlerweile auch nur noch machte. Insgeheim hoffte ich ja, dass Melinda zu unsrer Trainingsgruppe hinzustoßen würde. Dann könnte ich ihr beweisen, dass ich kein „Loser“ bin. Außerdem hatte ich heute Abend kein einziges Wort mit ihr gewechselt, obwohl sie direkt neben mir saß. Da galt es noch einiges gut zu machen und warum sollte ich sie da nicht mit meinen Leistungen beeindrucken können?
„Was ist jetzt?“, rief Sven aus dem Badezimmer.
„Hm. Kann ich dir gar nicht sagen. Wird eventuell etwas komisch sein“, log ich. Mein Herz hätte viel lieber gesagt: Oh ja, wunderschön, super toll wird das. Vor allem wenn sie sich vorne nackt aufs Auto stellt, werden wir ihr nur so hinterher fliegen! Genauso wie die Apfelblüten des kleinen Bäumchens unterhalb des Internats gerade hinunter zum See geweht werden – noch immer tobte der Sturm...
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Beitrag: # 6763477Beitrag Rene75
24.4.2009 - 7:52

Mal wieder ne kleine Anmerkung von mir. Ich finde deinen AAR ganz gut nur missfällt mir eines sehr. Es gibt praktisch nie Screens von dir und das macht diesen AAR sehr farblos. Schade meiner Meinung nach.

Andy92
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Beitrag: # 6763534Beitrag Andy92
24.4.2009 - 17:05

:D Ich finds echt drollig. Das mit den Screens hatten wir jetzt doch schon oft genug, oder? Einige Leser wollens, andere wieder nicht und mir persönlich ist es egal. Ich werde bei den nächsten Rennen sicherlich eine Lösung finden.
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Beitrag: # 6763625Beitrag Rene75
25.4.2009 - 11:53

Naja ist halt meine Meinung dazu, hoffe ich diese kundtun :oops:

Andy92
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Beitrag: # 6763689Beitrag Andy92
25.4.2009 - 21:19

Sorry, wollte dich nicht in irgendeiner Weise anfahren. :D
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Beitrag: # 6763694Beitrag Rene75
25.4.2009 - 22:10

Na dann ist ja alles in Butter :D

Andy92
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Beitrag: # 6764842Beitrag Andy92
2.5.2009 - 12:34

Die Sonne lachte vom Himmel, als wir uns heute Morgen auf dem Parkplatz vor dem Internat versammelten. Leider würde das Wetter nur kurzfristig so schön bleiben. Deshalb hatte Alexander eine extra Trainingseinheit veranschlagt und den Unterricht ausfallen lassen. Er persönlich würde uns heute, zusammen mit Tino, auf einen kleinen Ausflug zum Glaubenbergpass begleiten. Über eben diesen Pass südlich von Luzern würde am übernächsten Wochenende ein Rennen stattfinden, an dem ich, Sven, Danilo und drei andere Jungs teilnehmen sollten. Heute galt es die Strecke zu besichtigen und zu verinnerlichen. Erste knifflige Stellen und taktische Möglichkeiten sollten angesprochen, durchdiskutiert und wahlweise auch ausprobiert werden. Nach dem Kriterium in Schwyz an diesem Wochenende stand dann nächste Woche noch einmal eine Trainingseinheit über den Glaubenbergpass auf dem Programm.
Und wozu dieser ganze Aufwand? Warum diese gezielte Vorbereitung? Die Antwort auf diese Fragen findet man schon in der Mannschaftsaufstellung: Nur gute bis sehr gute Bergfahrer – besser gesagt unsere besten. Michael, der älteste von uns sechs Jungs, sollte der Kapitän sein, da er zurzeit wohl die beste Form besaß und von allen Bergfahrern die beste Sprintfähigkeit. So viel stand schon fest. Und obwohl mir bis jetzt noch keine großartige Rolle zugeteilt worden war, nahm ich die Herausforderung gerne an, Michael zum Sieg zu verhelfen. Zusammen mit den anderen würde uns das auch sicherlich gelingen!
Es war ein wichtiges, wenn nicht sogar das wichtigste Rennen überhaupt für unser Internat! Von unseren Sponsoren organisiert und finanziert – keine Sichtungsshow, wie das Rennen auf den Ächerlipass, sondern eines der härtesten Rennen der U19 Klasse in der Schweiz, wenn nicht sogar in Mitteleuropa. Der Sieg dort versprach unheimlich viel Prestige und es war eine der wenigen Chancen im Jahr, auf sich aufmerksam zu machen. Auch wenn wir alle in Alexanders Team einen sicheren Platz hatten, so könnte es doch von Vorteil sein, auch noch Angebote von anderen Nachwuchsteams in der Hinterhand zu haben – denn an diesem Renntag werden dort so einige Scouts im Zielbereich sitzen oder an der Strecke stehen.
Neben dem Kriterium in Luzern eine Woche später und der Rundfahrt im August ist dieser „Klassiker“ also unser wichtigstes Rennen. Meines nicht. Das war zweifellos die viertägige Rundfahrt – dort sollte ich in Topform sein. Deshalb hatte ich im Juli ja auch rennfrei, damit mich Tino optimal vorbereiten konnte. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass meine erste Saison bald schon wieder vorbei sein sollte – viele Rennen standen nicht mehr auf dem Programm.

Alexander schien heute seltsamerweise der Letzte zu sein. Noch war er nicht aufgetaucht. Auch nicht, als wir bereits alle Räder auf den beiden Autos befestigt hatten, mit denen wir heute bis nach Kriens (südlichwestlicher Vorort von Luzern) fahren würden. Der Ort bildete in rund zwei Wochen sowohl den Start als auch das Ziel des Rennens.
„Na endlich!“, rief Tino plötzlich und winkte zum Eingang hinüber. Ich folgte seinem Blick.
Mein Herz machte einen Luftsprung und im selben Moment schien mein Magen Tausende Meter in die Tiefe zu stürzen! Sie fuhr tatsächlich mit. Melinda kam zusammen mit Alexander aus dem Gebäude und sofort klebte mein Blick an ihr, wie die Fliege im Netz der Spinne. Ich konnte an nichts anderes mehr denken, als an ihr herzerreißendes Lächeln und ihre Schönheit. Sie schien mit guter Laune und aufweckender Frische förmlich um sich zu werfen. Beinahe hätte mich die Wucht einer ihrer Blicke in meine Richtung förmlich umgehauen. Der erste klare Gedanke, den ich wieder fassen konnte, war, dass es heute wohl ein äußerst anstrengender Tag werden sollte. Aber auch ein einmalig schöner, sollte ich diese auf dem Silbertablett präsentierte Chance nutzen. Oh, Mann, war sie hübsch! Schon wieder konnte ich meine Augen nicht von ihr loseisen. Hoffentlich beobachtete mich niemand dabei – aber vielleicht ging es den anderen ja auch so. Dieses Mädchen konnte man einfach nicht übersehen.
„So, Leute“, begann Alexander und riss mich endlich voll und ganz aus meinem Tagtraum. Er und Melinda standen direkt vor mir. Sie trug, dem Wetter entsprechend ein kurzärmliges T-Shirt. Sofort entfachte sich in mir der Drang, die nackte sonnengebräunte Haut an ihrem Oberarm zu berühren und unter dem Stoff langsam nach oben zu fahren. Das musste einfach himmlisch sein! Oder ein Kuss auf ihre süßen Lippen. Es war einfach zu verlockend, und eine erste verpasste Möglichkeit, dem Verlangen jetzt nicht nachzugeben.
Nein! Konzentrier dich auf Alexander! Auch wenn es viel Überwindung kostet, sagte ich mir.
„Bevor wir abfahren: Melinda wird uns heute begleiten, also bei mir im Wagen mitfahren und ein paar Aufgaben übernehmen. Was das genau sein wird, sehen wir dann zu gegebener Zeit“, sagte er und nickte Melinda kurz zu, die seinen Blick mit einem Lächeln beantwortete.
Alexander sagte noch irgendwas von wegen „Auf geht’s“, aber meine Aufmerksamkeit war schon wieder bei einem ganz anderen Problem: Wo steigen Alexander und Melinda ein? Du musst in dieses Auto!
Perfekt. Sie stiegen in genau den Wagen mit meinem Fahrrad auf dem Dach und der mir am nächsten stand. Während Alexander sich hinters Steuer setzte und Melinda auf den Beifahrersitz schwangen sich Danilo, Sven und ich auf die Rückbank. Die erste Hürde war geschafft...
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Andy92
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Beitrag: # 6766081Beitrag Andy92
9.5.2009 - 23:49

Die Fahrt um den See dauerte fast eine Stunde. In Luzern erwischten wir noch die letzten Züge des morgendlichen Berufsverkehrs, sonst wären wir wahrscheinlich viel schneller in Sarnen angekommen. Leider hatte Alexander gleich nach der Abfahrt den Radio laut aufgedreht, sodass es schier unmöglich war irgendein Gespräch anzufangen. Das lag aber wohl auch daran, dass wir alle noch ein wenig müde waren. Gut, Melinda nicht unbedingt, und ich war auch nicht ganz so neben der Kappe wie Sven, der im Stau von Luzern tatsächlich eingenickt war.
Erst jetzt bemerkte Alexander, dass sein Halbbruder wohl keinen so guten Start in den Tag erwischt hatte. Er drehte den Radio leise. Drehte sich um, grinste mir zu und sagte: „Was habt ihr den gestern Abend wieder getrieben?“
Bevor ich überhaupt eine Antwort geben konnte, hatte sich Alexander auch schon wieder nach vorne gewendet. Völlig unerwartet riss er das Steuer in voller Fahrt herum! Der Wagen polterte über den herabgesetzte Bordstein auf einen unwegsamen, geschotterten, also öffentlichen, kostenlosen Parkplatz. Wir wurden alle schrecklich durchgeschüttelt, während Alexander eine Parklücke ansteuerte, wo er den Wagen schließlich unsanft abbremste und sofort aus dem Wagen sprang, die frische Morgenluft genießend streckte er sich theatralisch. Sven schien plötzlich hell wach, stöhnte dann aber wieder und lehnte sich schon wieder zurück.
„Raus jetzt!“, rief Alexander von draußen und klopfte gegen Svens Tür. Wiederwillig stieg er aus dem Wagen. Melinda, Danilo und ich taten es ihm gleich. Der zweite Wagen kam erst jetzt neben uns zum stehen.
„Was sollte das denn?“, lachte Tino, als er aus dem Auto stieg.
„Das war der Wecker“, entgegnete Alexander mit einem Grinsen und rief sofort ein neues Kommando aus: „So, Leute! Räder vom Dach und auf geht’s. Ich fahr voraus, ihr folgt mir und Tino macht den Besenwagen. Bis zum Einstieg auf die Passstraße ist es noch ein Stückchen. Wir fahren jetzt zurück zur Ortsmitte und dann beim Kreisverkehr links, dann sind wir genau auf der Rennstrecke. Bei der ersten Anfahrt würde ich sagen, gibt es für jeden freie Fahrt. Ihr könnt hochfahren wie ihr wollt, aber powert euch nicht gleich aus, ja.“ Es folgte allgemeines Kopfnicken.
Erst jetzt bemerkte ich, dass wir schon bis zum Sarner Seeufer vorgefahren waren, der noch taufrisch und absolut glatt im Schatten der Berge lag. Scheinbar sollte es heute nicht sehr windig werden.
Fünf Minuten später waren wir startbereit. Trinkflaschen am Rad und Energieriegel in der Trikottasche. Auf der Straße, die zum Parkplatz führte schwangen wir uns auf die Räder und folgten dem Wagen vor uns, in dem Alexander und Melinda saßen. Ich hatte das dringende Bedürfnis meine Stärke beweisen zu wollen. Eigentlich wäre ich den anderen schon jetzt davon gefahren, doch ich wartete lieber bis zum ansteigenden Gelände – ich wollte die Passhöhe unbedingt alleine erreichen.
Wir erreichten den Kreisverkehr und bogen auf eine verkehrsärmere Straße ab, die über einen kleinen Fluss führte. Hinter einem kleinen vorgelagertem Hügel ging es sofort bergan. Hier war die Straße noch breit – aber, so hoffte ich, wohl auch am steilsten. Der Einstieg war schrecklich! Am Hang entlang ging es eine schier endlose Rampe mit über 10% gen Himmel. Ein Geländer auf der linken Straßenseite schützte vor dem Absturz den Grashang hinunter nach Sarnen und versperrte gleichzeitig ein wenig den Blick auf den herrlichen See, der jetzt wie wir auch endlich vom Sonnenlicht erreicht wurde. Ich spürte, wie mich die angenehme Wärme der Sonnenstrahlen umhüllte. Sofort fühlte ich mich ein wenig besser. Die Steigung nahm ein wenig ab und die Straße bog nach links in eine kleine Einbuchtung des Berghangs hinein.
Ich begann meine Umgebung erst jetzt wieder richtig wahrzunehmen. Die erste Abtastphase war vorbei, mein Körper hatte sich an den Berg gewöhnt. Jetzt galt es, meine „Gegner“ zu beobachten: Ich führte die Gruppe wohl an, denn ich fuhr direkt hinter Alexanders Wagen her. Mein Tacho zeigte 23 Stundenkilometer. Wow! Das war extrem gut, denn ich verspürte nun keinerlei echte Anstrengung mehr. Ich warf einen Blick zurück und sah, dass mir keiner gefolgt war. Michael, Danilo und Sven bildeten ein Grüppchen, dann folgte der Rest – aber keiner wirkte angestrengt. Und trotzdem beflügelte es mich ungemein, mit der gleichen Anstrengung deutlich schneller zu fahren!
Die Behausung nahm immer mehr ab, die Straße wurde immer schmaler und mein Vorsprung immer größer. Als ich eine kleine Ortschaft erreichte, wurde es flach, ja fast abschüssig. Ich rollte trotzdem mit rundem, flüssigen Tritt weiter. Als ich mich umwandt, konnte ich keinen einzigen meiner Teamkameraden mehr erblicken. Die Straße schien bis auf mich und das Auto vor mir völlig ausgestorben. Durch die Heckscheibe sah ich, wie Alexander zum Funkgerät griff, mit dem er zu Tino Kontakt halten konnte.
Als wir die Ortschaft verließen, die Straße wieder deutlich steiler wurde, die dem Ächerlipass mittlerweile absolut glich, lehnte sich Melinda mit schwarzer Sonnenbrille auf der Nase plötzlich aus dem Fenster und winkte mich heran. Ich hätte beim Anblick ihres hübschen Kopfes beinahe einen Herzinfarkt erlitten! Zumindest schlug es mir jetzt spürbar bis zum Hals. Adrenalin war bei solchen Bergfahrten eigentlich nie wirklich hilfreich. Ich hatte stets das Gefühl, eher zu übersäuern, wenn ich nervös wurde. Aber was nutzte mir das jetzt schon. Mein Kopf war total besessen von ihr und so beschleunigte ich ohne groß zu überlegen und fuhr mit einem Lächeln rechts zwischen Auto und Straßenrand.
„Alexander meint, dass du dich nicht verausgaben sollst“, lächelte sie, als wüsste sie meine Antwort bereits. Schon allein diese Tatsache, oder diese Einbildung meinerseits reichte, um ein kleines Glücksgefühl auszulösen. Jetzt konnte ich es nicht mehr leugnen – ich hatte mich in Melinda verliebt!
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Andy92
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Beitrag: # 6766340Beitrag Andy92
10.5.2009 - 21:54

Ich lächelte zurück und schüttelte gleichzeitig den Kopf. „Wie weit sind die anderen denn schon zurück?“, fragte ich, fast schon provozierend locker. Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer, als Melinda eher einen überraschenden Eindruck machte, als einen allwissenden.
„Die haben gerade erst den Ort erreicht“, hörte ich Alexanders Stimme aus den Tiefen des Wagens. Okay, das war natürlich heftig. Verausgabte ich mich vielleicht doch? Benebelte mich Melindas Anwesenheit sosehr? Konnte ich wegen ihr gar keinen Schmerz mehr spüren? Wenn ja, dann würde ich sie ab sofort immer in den Teamwagen setzen – bei jedem Rennen.
Nein, ich verspürte tatsächlich keinen Schmerz. Ich hatte einfach einen perfekten Tag erwischt. Vielleicht hatte ich sogar so gute Beine wie noch nie – auf jeden Fall bessere als am Ächerlipass. Und gerade das fand ich so unglaublich. Obwohl: Hier fuhr ich doch etwas langsamer und außerdem war der Ächerlipass um einiges steiler gewesen. Dort hatte ich von Anfang an Vollgas gegeben, hier hatte ich mich am Anfang eigentlich nur locker warm gefahren. Trotzdem hatte ich mich am Berg tatsächlich spürbar verbessert! Und das zauberte ein Lächeln auf meine Lippen.
„Du hast jetzt erst 3 von 13 Kilometern und 374 von 1126 Höhenmetern“, mahnte Melinda plötzlich. „Hältst du das wirklich durch?“ So ernst hatte ich sie bisher noch nie erlebt. Bewunderte sie mich? Machte sie sich Sorgen?
„Klar“, antworte ich. Nahm einen Schluck aus meiner Trinkflasche, bis sie leer war. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich, wie Melinda mit Alexander diskutierte. Irgendwann zuckte Alexander resignierend mit den Schultern.
„Andreas?“, rief er.
„Ja?“ Ich reichte Melinda die leere Flasche und erhielt sofort eine neue – es wirkte richtig professionell. Aber das wichtigste war, dass ich bei der Übergabe beinahe ihre Hand berührt hätte.
„Der Tag wird noch lang! Halt einfach ein angenehmes Tempo!“, brüllte Alexander – der Wagen dämpfte seine Rufe doch deutlich.
„Keine Sorge, ich überzieh grad überhaupt nicht“, rief ich zurück und lies mich wieder hinter den Wagen zurückfallen. Kurz darauf überholte uns zum ersten Mal ein Auto. Die Straße führte jetzt, bei weitem nicht mehr so steil wie zu Beginn, zwischen Bauernhöfen, grünen Almenwiesen und kleinen Waldstücken hindurch. Nach einigen Minuten erreichte ich die ersten Kehren, während sich die Straße nun immer mehr in den Berg hineinwand. Den See, der sich mittlerweile weit unter uns befand, verlor ich langsam aus den Augen. Ich genoss einfach die Fahrt durch die stillen kühlen Wälder, den strahlend blauen Himmel über mir und den Geruch von frisch gemähten Gras im herrlichen Sonnenschein. Ich schwitzte zwar unter der immer größeren werdenden Hitze, die sich hier am Berghang aufstaute, aber dennoch spürte ich in den Beinen keinerlei Ermüdung. Sie kreisten bei einer Trittfrequenz von stets 73 Umdrehungen pro Minute wie ein Schweizer Uhrwerk unter meinem ruhigen Oberkörper – perfekt. Es folgten noch ein paar Kehren, dann schmiegte sich die Straße wieder dem Berghang unterhalb von zwei größeren Erhebungen zu meiner Rechten an, bis ich die Passhöhe schließlich hinter einer Biegung in einer Scharte auf 1543 Metern erreicht hatte. Alexander stellte den Wagen auf einem Parkplatz ab – einige Touristen machten sich dort gerade auf zu einer Wanderung, während ich locker ausrollte und aus den Pedalen klickte.
„1126 Höhenmeter auf 13 Kilometern in 45 Minuten!“, rief Alexander als er aus dem Wagen
stieg und freudestrahlend auf mich zu kam. Wir klatschten uns ab, als würden wir uns schon über den Sieg beim eigentlichen Rennen in gut zwei Wochen freuen. „Und wie fühlst du dich?“
„Also der letzte Kilometer hat schon gezogen. Der war psychologisch nicht so vorteilhaft, weil er viel steiler war, als er eigentlich aussah. Aber insgesamt fühle ich mich heute unschlagbar – zwei Mal kann ich den Pass noch locker fahren“, antwortete ich mit einem Lächeln.
„Gut.“ Ich bemerkte die Stoppuhr in Alexanders rechter Hand. Erwartungsvoll blickte er zurück zur letzten Kurve. Ich genoss einfach nur den wohlverdienten Ausblick auf die Berge in der Ferne – die Gletscher dort könnten zum Aletschgebiet gehören, dachte ich. Melinda trat neben uns.
„Ich find’s echt Wahnsinn, dass du jetzt immer noch so locker dastehst“, sagte sie und schüttelte den Kopf. Sie trug immer noch die schwarze Sonnenbrille.
„Na ja, locker ist was anderes“, lachte ich. „Außerdem glaube ich, dass wir doch ein bisschen Rückenwind hatten. An so einem Hang macht das schon was aus. Und im Rennen hätte das sowieso ganz anders ausgesehen.“
„Jetzt sei mal nicht so bescheiden“, warf Alexander ein und hielt mir die Stoppuhr unter die Nase. Seit unserer Ankunft waren schon fast eine Minute und dreißig Sekunden vergangen!
Es sollte noch einmal genauso viel Zeit vergehen, bis Michael als Solist die Passhöhe erreichte. Er schüttelte resignierend den Kopf und wirkte ziemlich ausgepowert – kein gutes Zeichen. Sven und Danilo waren die nächsten, auch sie wirkten nicht gerade relaxt. Nur die letzten zwei wirkten ein wenig entspannter. Tino steuerte fünf Minuten nach Alexander seinen Wagen auf den Parkplatz und trat als letzter zur Gruppe hinzu. Der Chef persönlich ergriff das Wort.
„Also. Ich hoffe ihr konntet euch ein erstes Bild von diesem nicht gerade zu unterschätzenden Anstieg machen.“ Er machte eine kurze Pause, in der er Michael genauer musterte. „Wie geht es dir?“, fragte er ihn.
„Der Berg liegt mir einfach nicht. Am Anfang und insgesamt zu steil und zu unrhythmisch – und hinten raus zu lang. Das wird verdammt schwer hier mit den Besten rüber zu kommen, zumindest für mich.“ Er lächelte und blickte dabei in meine Richtung. Genau das mochte ich an diesem Internat: Jeder dachte gemeinschaftlich und sagte einfach die Wahrheit über sein Befinden, auch wenn er dadurch vielleicht einen persönlichen Nachteil zog. Wir waren einfach eine Mannschaft – und wir alle wollten, dass die Mannschaft so viele Erfolge wie möglich einfuhr, nicht ein einzelner. Dieses Denken hatte einen ganz einfachen Grund: Es bestand kein Druck, nach der Zeit im Internat kein Team zu finden, denn das zukünftige Team waren wir selbst.
Ich entgegnete sein Lächeln und nickte dankend. „Vielleicht hast du heute auch nur einen schlechten Tag erwischt und ich einen richtig guten“, gab ich zu bedenken.
„Nein. Ich fühl mich eigentlich super, aber gleich unten rein konnte ich dir einfach nicht mehr folgen. Ich wollte zwar nicht überdrehen, aber drei Minuten sind schon sehr deutlich – außerdem hab ich auf dem letzten Kilometer richtig kämpfen müssen.“
„Ja, der ist ziemlich beschissen. Schlechte Optik“, stimmte ich ihm zu. Und dennoch wuchs die Hoffnung in mir, dass die Kapitänsrolle in diesem wichtigen Rennen doch tatsächlich noch wechseln könnte.
„Ich denke wir stimmen jetzt darüber ab, ob wir mit zwei Spitzen fahren: Michael als Co-Kapitän und Andreas als Kapitän. Das dürfte vorerst die beste Lösung sein und am Renntag können wir dann kurzfristig immer noch um entscheiden“, meinte Alexander. „Wer ist dafür?“ Neun Arme schnellten in die Höhe – Melinda fokussierte mich. Sie hatte ihre Sonnenbrille abgenommen und ich glaubte einen Hauch von Bewunderung in ihrem Blick zu erkennen...
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Andy92
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Beitrag: # 6767518Beitrag Andy92
16.5.2009 - 12:34

Ehe ich mich versah, waren die zwei Wochen auch schon wieder rum. Das Kriterium in Schwyz, also in direkter Nähe zum Internat, hatten wir durchschnittlich erfolgreich hinter uns gelassen. Für ein Kriterium relativ ungewöhnlich, beinhaltete die relativ lange Runde sogar eine langgezogene Abfahrt und eine ebenso lange Steigung. Immerhin so steil, dass wir unseren Sprinter nicht mehr positionieren konnten. Eine Gruppe hatte auf der vorletzten Runde den Sprung geschafft und den Sieg unter sich ausgemacht. Und um den 15. Platz zu sprinten, hatten wir schließlich nicht mehr für nötig empfunden.
Interessanter waren da schon die Nachrichten aus dem Profiradsport. In Frankreich bei der Dauphiné Libéré kontrollierte Cadel Evans ganz überraschend seinen ärgsten Konkurrenten vom Giro, Albert Contador, anscheinend nach belieben. Zwar hatte er gestern bei der Bergankunft in La Toussuire rund eine halbe Minute auf den bisher als unschlagbar geltenden Spanier eingebüßt, doch aus einer Hügeletappe, dem Zeitfahren und den ersten beiden Bergetappen blieb ihm immer noch ein Zeitpolster von fast zwei Minuten. Das konnte man ja fast schon als „Packung“ bezeichnen. Es war wohl eine Revanche für den Giro, die gleichzeitig die Tour wieder spannender machte, als alle erwarteten. Nebenbei war gestern auch noch die Tour de Suisse gestartet worden. Martin Elmiger hatte die erste Etappe rund um Langnau im Emmental gewinnen können.
Aber sosehr wie noch im Mai interessierte mich der Profiradsport gar nicht mehr. Ich hatte mein Augenmerk auf andere Dinge gerichtet: Das Training, das Rennen heute – und auf Melinda. Sie begleitete uns stets auf den Trainingsausfahrten und, so glaubte ich, fühlte sie sich bei uns mittendrin im Geschehen am wohlsten. Zwar schnupperte sie auch bei anderen Arbeitsbereichen des Internats rein, aber umso häufiger sie von solchen „Ausflügen“ zurückkehrte, desto mehr schien sie sich darauf zu freuen wieder im Teamwagen neben Tino oder Alexander zu sitzen. Bei anderen Trainingsgruppen war sie eigentlich nie – nicht mal bei den Frauen. Das gab mir natürlich unglaubliche Motivationsschübe. Das hatte ich auch diesen Mittwoch gespürt, als sie uns wieder mit zum Glaubenbergpass begleitet hatte, wo wir die zweite Trainingseinheit abgehalten hatten. Mit dem Ziel letzte technische und taktische Möglichkeiten auszuprobieren und um nochmals über die Kapitänsfrage zu diskutieren. Im Großen und Ganzen blieb alles so, wie es vor fast zwei Wochen beschlossen wurde. Ich als Kapitän, Michael als fast gleichberechtigter Co-Kapitän und Sven und Danilo als Joker in der Hinterhand. Für das Rennen hatten wir übrigens extra mit Funk trainiert, den wir dort zum ersten Mal einsetzten wollten. Den kleinen Mann im Ohr sollten aber nur Michael und ich bekommen – mehr war pro Mannschaft nicht erlaubt. Die anderen Nachwuchsteams waren mit dem Funksystem allerdings schon besser vertraut. Das lag wohl daran, dass es Alexanders Internat erst seit dem Herbst 2006 gab und er mit den Jungs, zu denen ich ja mittlerweile gehörte, erst die zweite Saison bestritt. Demnach waren wir in der Rennserie der Nachwuchsteams noch nicht allzu etabliert. Es dauerte eben seine Zeit, sich als Talentschmiede einen echten Namen zu machen.
Das Rennen über den Glaubenbergpass wurde also auch erst zum zweiten Mal ausgetragen. Letztes Jahr waren es ausschließlich Jugendrennen der Klassen U17, U19 und U23 gewesen. Letzteres führte sogar über den noch etwas weiter südlich gelegenen Glaubenbühelenpass und hatte eine Länge von rund 94 Kilometern. In diesem Jahr war nach einer grandiosen Veranstaltung im letzten auch ein Eliterennen mit einer Länge von 188 Kilometern mit ins Programm aufgenommen worden, dass demzufolge zweimal über den Glaubenbühelenpass führte, der noch einmal steiler und demnach auch um einiges schwerer war, als der Glaubenbergpass. Dieses Eliterennen war am gestrigen Samstag ausgetragen worden, allerdings mit nicht gerade bekannten Mannschaften. Das sollte sich im Laufe der Jahre ändern. Während die Jugendrennen nach wie vor im Mittelpunkt stehen sollten und am Sonntag stattfinden würden, wollte man als Zuschauermagnet am Samstag ein Rennen mit Continental, Pro-Continental und schon bald mit ein paar Pro-Tour Mannschaften veranstalten. Bei der Härte des Rennens und den radsportverrückten Sponsoren, sollte es auch nicht allzu lange dauern, bis das Rennen in die HC Kategorie aufgenommen wird. Wegen der Nähe zu Frankreich und einem möglichen Terminwechsel auf Ende Juni, könnte das Rennen auch so manche Tourteilnehmer als Zwischenstopp auf dem Weg nach Frankreich einladen. Aber dazu musste das Rennen erst einmal populär genug werden. Eine schwierige Aufgabe, wenn man die Nachwuchsrennen am Tag darauf nicht tief in den Schatten stellen wollte.

Aber das nur am Rande. Ich fokussierte mich auf den heutigen Nachmittag. Auf die anstehenden rund 71 Kilometer, die wir trotz des Berges in der Mitte in etwas mehr als zwei Stunden hinter uns gebracht haben sollten. Beim Anblick des Profils fühlte ich mich stark an das Kriterium in Innenstadt erinnert. Die langgezogene Abfahrt in Richtung Ziel dürfte zu allen möglichen taktischen Spielchen einladen. Unser Ziel war es also, in der ersten Gruppe, die über den Berg kam mindestens zwei Fahrer dabei zu haben, und die Gruppe dabei so klein wie möglich zu halten, sprich vorher Tempo zu bolzen. Aber das könnte heute ein ernsthaftes Problem darstellen.
Wir hatten extrem starken Fönwind. Die Anfahrt an den Berg heran, die ausgerechnet direkt Richtung Süden führte, könnte eine echte Qual werden, dann der Berg und dann eine rasende Abfahrt, auf der man dann wohl kaum noch taktieren kann. Das Wetter schien uns einen Strich durch die Rechnung machen zu wollen. Und mich motivierte der Gegenwind sowieso nicht sonderlich. Im Training kam ich zwar immer besser damit zurecht, doch im Rennen hatte ich so richtige Windkanten im Feld noch nie erlebt...

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Der Aufstieg auf den Glaubenbergpass über dem Sarner See.
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