Saison 2006: Giro d'Italia (Rennen #13)

[Stephen Roche]

KM 166

... und Simoni attackiert!

[wflo]

"Ryan, Jose ihr setzt euch an die Spitze der Gruppe. Sorgt für gleichmäßiges Tempo und lasst Simoni nicht weiter als 30 Sekunden. Basso soll aber die Chance haben wieder zurück zu kommen. Ich will den Giro nicht durch einen Defekt gewinnen. Sobald Basso wird bei der Gruppe ist gibst du Ryan noch mal alles was du an Reserven hast. Jose und Damiano greifen dann an und versuchen Basso auf fairem Weg los zu werden und zu Simoni auf zu fahren."

[Stephen Roche]

KM 168

Simoni

+ 0:35
Rujano
Cox
Cunego
Basso
Menchov
Totschnig
Bruseghin

+ 0:50
Karpets
Rebellin

+ 2:00
Ardila
Parra
Valjavec
Vandefelde
Ghisalberti
Casagrande
Schleck
Efimkin
Colom
Mazzoleni
Dessel

[Stephen Roche]

KM 172

Simoni immer noch allein vorn - und der Vorsprung wächst! Lange konnten Ryan Cox und dann Jose Rujano den Abstand der Verfolger bei rund einer halben Minute halten, doch nun macht Simoni Sekunde um Sekunde gut - 1:05 für den Italiener. Basso ist entweder nicht in der Lage ist, das Tempo der Gruppe zu erhöhen, oder er pokert ... Bruseghin und Cox müssen reißen lassen, Rujano am Ende der Gruppee mit Probleme. Menchov reagiert nicht, fährt an Cunegos Hinterrad. Totschnig immer gut versteckt .. Cunego schaut sich um, sucht Rujano, der momentan aber keine Hilfe leisten kann, sondern selbst ums Überleben kämpft ... der Tourfunk meldet: 1:10 für Simoni ...

[wflo]

"Jetzt musst du attackieren, Damiano. Hol dir Simoni und zeig ihm dass man für Unfairness nicht belohnt wird."

Hoffentlich konnte der junge Italiener jetzt noch einmal zulegen. Noch war die Chance zumindest auf den 2ten Platz in der Gesamtwertung da. Und vielleicht würde ja auch ein Basso Schwächen zeigen. Diese Etappe konnte soviel Zeitverlust mit sich bringen. Mit einem schlechten Tag war der Traum vom Girosieg hier zu Ende. Die Frage war nur, hatte heute irgendjemand diesen schlechten Tag? Konnte Simoni dieses Tempo alleine durchstehen, und übte sich Ivan heute in der Schauspielerei?

[Marco Pantani]

Jetzt! Jetzt oder nie! Damiano ging aus dem Sattel, griff den Lenker unten an und trat in die Pedale. So schnell es geht, Umdrehung um Umdrehung. José und Ryan konnten ihm jetzt nicht mehr helfen und Gibo nutzte Bassos Defekt. Damiano wartete der Fairness halber auf Basso. Nun war Gibo aber über eine Minute weg. Die musste er wieder aufholen. Und um das zu erreichen legte er nochmal mal etwas mehr Einsatz in seine Tritte...

[Stephen Roche]

KM 178 - Bergwertung



Fast friedlich liegt der Mortirolo in der Landschaft, doch die Einstellung täuscht. Im Anstieg entscheidet sich der Giro: Der Kampf um Sekunden und Minuten ist im vollen Gange. Gilberto Simoni hat am Fuß des Berges das Herz in die Hände genommen und ist - einen Defekt des maglia rosas ausnutzend - davongezogen ... er erreicht in diesem Augenblick die Bergwertung. Ohne Zeit zu vergeuden, stürzt er sich in die Abfahrt .... die Sekunden verinnen ... 31, 32, 33 ... und da kommt Cunego ... allein ... 36 Sekunden nach Simoni überquert er den Mortirolo ... vom Rosa Trikot noch nichts zu sehen ... 51, 52, 53 ... jetzt Menchov, auch er allein ... 59 Skeunden zurück ... gespanntes Warten ... Totschnig und an seinem Hinterrad Basso! ... 1:36 zurück! ... was für ein Rennen, der große alte Mann des italienischen Radsports zeigt dem bislang tadellos fahrenden Basso die gebleckten Zähne. Vier Minuten betrug das Polster des Gesamtführenden, von denen sind nur nach knapp zweieinhalb geblieben ... jetzt kommen Brusghin und Karpets, 2:01 zurück ... und da Ardila, der alles daran setzt, zu seinem Kapitän vorzufahren, um zu retten, was gerettet werden soll - das maglia rosa ...

[Igor]

Irgendwo in Frankreich schreckte ein ehemaliger Bergtrikotsieger aus dem Mittagsschlaf: "...könnte es heute die Sensation geben! Simoni mit eineinhalb Minuten Vorsprung an der Spitze, Basso durch den Defekt zurückgefallen!" Das war kein Gentleman, der Simoni, dachte sich Christophe, und versuchte, weiter zu schlafen.

[Stephen Roche]

KM 190

Die Abfahr vom Mortirolo verlangt den Fahrern alles ab: Konzentration, Geschick, Nerven und Mut. Und Cunego scheint von allem eine Menge in die Waagschale werfen zu können. Er sieht Simoni bereits vor sich! Basso noch immer mit Totschnig in der Verfolgung, dazwischen irgendwo Menchov. Abstände werden wir wohl erst wieder am Fuß des Schlussanstiegs erfahren.

[hertha_andre]

Martin konnte nicht glauben, was ihm sein sportlicher Leiter da über Funk durchgab. Er selbst war ja schon lange im weit hinteren Teil des Feldes unterwegs gewesen, aber das war sowieso egal. Für ihn zählte nur der morgige Tag und der Angriff in Mailand.
Aber was Simoni sich erlaubte, war schon ein starkes Stück. Es passte zu dem Bild, was er sich von dem alten Italiener gemacht hatte. Sportlich nicht stark genug, Basso zu gefährden, musste er jetzt einen Defekt ausnutzen, um nochmal anzugreifen. So ein siegesbesessener alter Gockel war ja noch nichtmal sein Teamkollege Oscar Freire. Sympathien im Feld würde sich Simoni damit sicherlich verspielen - was anderes verdiente er nicht - aber wenn er dadurch den Giro gewinnen würde, wäre es eine Frechheit! Eine Verdrehung der Realität (was die Leistungsstärke anging) sondersgleichen! Das durfte einfach nicht passieren. Martin konnte nur hoffen, dass Basso mit Totschnig gut harmonierte und der Rückstand in Grenzen gehalten werden konnte - diesmal nicht allein wegen Totschnig, sondern auch wegen der Ehre, die dem wahren Sieger des Giro, Ivan Basso, zu Teil werden sollte... muss!

[Marco Pantani]

Als Damiano den Mortitolo überquerte gab es nur eine Wahl: alles geben, volles Risiko. Am Ende der Abfahrt von diesem Mörderberg, die er runterrauschte, als ob er einfach nur die gerade Strecke runter nehmen würde und nicht auf der Straße bleiben würde, konnte er plötzlich Gibo sehen. All das Risiko hatte sich gelohnt. Und jetzt würde er seinen ehemaligen Teamkollegen besiegen müssen. Wie damals, 2004... mit der Devise Attacke...

[Stephen Roche]

KM 197 - noch 14 km´

Schlussanstieg - und Cunego schließt zu Simoni auf, geht aber nicht vorbei. Gemeinsam fahren sie nun dem Ziel Aprica entgegen ... und Basso hat zwei Minuten Rückstand!

[wflo]

"Bei km 4 wird es steiler, dort musst du es versuchen. Also bis dahin einfach mit Gilberto zusammenarbeiten, dabei kannst du ihn natürlich ein bisschen mehr arbeiten lassen, immerhin ist er in der besseren Ausgangsposition. Bei km 4 gehst du dann vorbei und holst dir die Minute."

Mehr konnte Fakihi nicht mehr machen, jetzt war Damiano an der Reihe. Noch war der Giro-Sieg möglich und so lange dies der Fall war, würde man auch alles versuchen ihn zu erreichen.

[Dani]

Gibo wusste, was er sich hier erlaubte. Doch er hatte nicht vor, dass er auf Basso warten würde oder ihm gar Zeit schenken. Was die anderen Fahrer dachte, konnte ihm gestohlen bleiben. Cunego war stark, das sah er doch er konnte diesen ungestümen Heißsporn sicher überlisten. Er ließ sich hinter ihn zurückfallen und täuschte eine Schwäche vor. Er war sich sicher, dass der Junger Gas geben würde und das würde er eiskalt ausnützen. Hoffentlich funktionierte der Bluff.

[Lance Armstrong Fan]

"Nein!" Lance konnte er nicht fassen. Was war passiert? Hatte Gibo tatsächlich nur aus der Verzweifelung heraus angegriffen? Das konnte sich Lance beim besten Willen nicht vorstellen. Er hatte doch so viel Erfahrung, dass er wissen musste, wann er eine Attacke erfolgreich durchziehen konnte. Doch bei diesem Giro hatte er schon mehrere rabenschwarze Tage erwischt.
Jetzt wurde auch noch das Profil des Berges eingeblendet. Gleich würde es nochmals steiler werden. Da würde es Cunego garantiert versuchen und Lance bezweifelte, dass Gibo mithalten konnte.
"Eine Minute kann ganz wenig sein", dachte er sich mit Sorgenfalten auf der Stirn.

[Marco Pantani]

Gibo hatte er aufgefahren. Doch Fakihi meinte, dass Damiano noch warten solle mit dem Angriff. Also tat er das. Auch wenn Gibo jetzt Damiano die Arbeit zuschob, ob gewollt oder nicht, war Damiano egal. Er würde jetzt auf den Punkt warten, den Fakihi ihm gesagt hatte und dann geht hier die Post ab. Allerdings übernahm Damiano natürlich das Tempo und zog auch etwas an, er konnte es sich nicht leisten, Basso wieder herankommen zu lassen. Als sich Gibo an Damianos Hinterrad festbiss, drehte sich Damiano um:
"Hey Gibo! Soll ich mal mein Rad schnell vom Mechaniker checken lassen, damit du angreifen kannst? Oder kannst du nur aufs Tempo drücken, wenn sich die Gegner nicht wehren können?"

Damiano musste Gibo einfach zeigen, was er von seiner Attacke hielt, während Basso den Defekt hatte. Wenn er nicht selber den Giro noch gewinnen würde, dann sollte es Basso sein.
Erst jetzt wurde Damiano überhaupt klar, dass der Girosieg wieder in Reichweite war, erreichbar, machbar. 3 Minuten auf Basso und eine auf Gibo, nicht wahrscheinlich, aber möglich. Er witterte die Chance und der Wille alles zu geben kam wieder zurück, die Leidenschaft und der Wille, die er in der letzten Woche, vermisst hatte...

[Dani]

"Schnauze, Kleiner", brüllte Gibo zurück. "Ist mir doch egal, was du von mir hältst, aber ich kann gerne stehen bleiben und auf ihn warten. Aber bitte. Der alte Mann zeigt dir jetzt was er kann." Er trat aus dem Windschatten heraus an. Solche frechen Jungspunde hatte er gern. Die hatten ja keine Ahnung was man sich in der guten alten Zeit mit Gotti und Pantani erlaubt hatte.

[Stephen Roche]

Irgendwo hinauf nach Aprica

Basso am Hinterrad von Ardila ... das maglia rosa wankt - wird es auch fallen. Rückstand über drei Minuten! ... Vorn Cunego, der ein gleichmäßig hohes Tempo anschlägt. Simoni am Hinterrad ... Heftige Wortgefechte, böse Blicke. Menchov allein im Niemandsland zwischen Spitze und Rosa ...

[Marco Pantani]

Das war es, was Damiano erreichen wollte. Gibo hatte die Provokation geschluckt, endlich bemühte er sich auch mal um hohes Tempo. Schließlich will er ja noch eine Minuten gutmachen. Erst einmal hieß es also nur dran bleiben, bis Gibo Damiano wieder das Tempo amchen lies oder die Stelle des Angriffs an Kilometer 4 erreicht ist...

[Davide]

"Damiano, ihr habt über 3 Minuten auf Basso...!" Das war zuviel für Ryan! Er riß sich den Ohrstöpsel heraus. Das war vor Spannung nicht mehr auszuhalten. Würde er noch nur ein Wort mehr hören, so glaubte er, würde er mit einem Herzinfakt vom Rad fallen. Wenn es Damiano wirklich schaffen würde... Er schob den Gedanken von sich weg, denn schließlich musste er selbst noch den Schlussanstieg hoch fahren. Deshalb fixierte er seinen Blick auf den Aspalt vor ihm und konzentrierte sich auf jede einzelne Pedalumdrehung. Den Ausgang des Rennens und des Gesamten Giros konnte er sowieso nicht mehr beeinflussen. Ein Tritt und noch ein Tritt ...

[Stephen Roche]

KM 207 - noch vier km

Basso platzt! Am Hinterrad Ardilas, mit gequälter Miene kriecht er förmlich den Berg hinauf - was für ein Finale. Nun hat Simoni die besten Aussichten auf den Girosieg. 51 Sekunden trennen die beiden Italiener in der Gesamtwertung ... Achtung! Cunego tritt am 4-km-Schild an - und kommt weg! ... Simoni wirkt platt ...