Toulouse, Nobel-Restaurant am Stadtrand

Ein kleines Rollenspiel

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Igor
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Toulouse, Nobel-Restaurant am Stadtrand

Beitrag: # 408636Beitrag Igor
4.2.2007 - 19:10

Eine halbe Stunde zu früh parkte Christophe sein Cabrio vor dem Restaurant. Er blieb noch einmal kurz sitzen. Vor mehr als einem halben Jahr war hier die Geburtsstunde der L'Equipe Fossier - er, Pedersen, Chavanel, Freire, dass Kernstück der Mannschaft. Er lächelte bei der Erinnerung. Was waren die beiden Jungspunde doch für Chaoten gewesen. Trinker und Charmeur. Und Freire. Wo würde deren Weg hinführen? Christophe wusste es nicht. Die Mannschaft brach langsam, aber sicher auseinander. Pedersen zog es zu den Hamburgern. Chavanel würde sicherlich wieder Party machen. Und Freire. Jedenfalls wusste Christophe, wie es für ihn weitergehen sollte. Und bald sollte es auch die Radsportwelt erfahren.

Er stieg aus seinem Wagen, nickte Philippe zu, der verwundert bemerkte, dass er heute nicht einparken musste. Er schritt zur Empfangsdame und bekam seinen bestellten Tisch zugewiesen. Bald müsste der Reporter der L'Equipe kommen...

Igor
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Beitrag: # 408898Beitrag Igor
5.2.2007 - 22:35

Er war pünktlich. Nach einem Glas Wein wäre Christophe fast eingenickt, aber eine Minute, nachdem er wieder zu sich kam, erschien auch schon der Reporter der L'Equipe. "Hallo, Monsieur Rinero. Pierre le Birange." "Christophe, wenn es keine Umstände macht." Christophe stand auf und schüttelte dem Reporter die Hand - das angebotene "Du" lockerte die Atmosphäre sofort auf. "Setzen Sie sich." Er wies auf einen Stuhl sich selbst gegenüber und le Birange nahm Platz. Nachdem man einige Worte über das Wetter in Toulouse und über den servierten Wein verlor, war es Christophe, der zuerst auf den eigentlichen Grund des Treffens zu sprechen kam.

"Nun, Pierre, Sie werden sich vielleicht nicht ganz im Klaren darüber sein, warum ich Sie zu diesem Treffen gebeten habe." Er merkte deutlich, wie la Birange gespannt blickte und unauffällig sein Diktiergerät anschaltete. Jetzt galt es!

"Ich habe die Radsportwelt, vor allem die französische, lange genug auf die Folter gespannt, was meine weitere Karriere betrifft. Da ich aber nie ein Mann großer Worte und vor allem großer Pressekonferenzen. Deswegen dieser kleine Rahmen, der mir weitaus angenehmer ist.
Ich habe während meiner kleinen Sommerpause über das vergangene Jahr nachgedacht, über die vielen Erfolge, über die vielen schönen Momente - aber auch über den vielen Stress. In Absprache mit meiner Familie bin ich jetzt zu dem Schluss gekommen, dass ich nach dieser Saison meine Karriere als Radsport-Profi beenden werde. Diese Entscheidung habe ich nicht leichtfertig gefällt, vor allem nicht nach diesem wunderbaren Jahr, aber ich denke, dass der Stress durch die Reiserei zu groß für einen Mann meines Alters ist. Ich möchte mehr Zeit mit meiner Familie verbringen."


Das saß! Der Reporter verschluckte sich an seinem Wein, der Schock stand ihm ins Gesicht geschrieben. Oder konnte er immer noch nicht richtig atmen?

"Wenn...wenn das so ist, dann...möchte ich Ihnen, Christophe, gerne noch ein paar Fragen stellen."

"Bitte, dafür habe ich Sie eingeladen."

"Welche Rennen werden Sie in dieser Saison noch bestreiten? Und wo hegen Sie sich Ambitionen? Oder glauben Sie, dass Sie nach dieser erfolgreichen Saison nicht mehr erreichen können?"

"Abgesehen vom Welmeisterschafts-Zeitfahren werde ich alle anderen Rennen noch bestreiten. Wo ich Ambitionen hege?" Christophe lachte. Er musst unwillkürlich an den Anfang der Saison denken, als er bei Paris-Nizza an den Start gegangen war. "Wissen Sie, seit dieser Saison weiß ich selber nicht mehr, wozu ich in der Lage bin. Bei Paris-Nizza habe ich nicht nur die ganze Radsportwelt, sondern auch mich selbst überrascht. So ein Comeback habe ich mir nicht zugetraut. Umso schöner, dass es geklappt hat."

"Sie sprechen es schon an. Paris-Nizza. Dazu noch ihre anderen Erfolge. Das Gepunktete Trikot bei der Tour. Der Podiumsplatz bei der Dauphinée. Was war Ihrer Meinung nach ausschlaggebend für diese ganzen Erfolge?"

"Nun, in erster Linie natürlich ich selbst", lachte Christophe. "Aber es war natürlich auch ein hervorragend eingestelltes Team. Es war vielleicht nicht immer so harmonisch, wie man sich das in einer Top-Equipe vorstellt, aber letztlich waren immer jeder für jeden da, wenn es darauf ankam."

"War dieses Jahr ihr schönstes als Radsportprofi?"

"Definitiv. Bei den vielen Erfolgen. Und die Saison ist ja noch nicht vorbei, da kann noch einiges passieren. Ich kann mich nur bei dem Team bedanken."

"Was war in diesem Jahr der emotionalste Augenblick?"

"Uuuh, das ist schwierig. Aber ich denke, die Etappe nach Digne-les-Bains bei Paris-Nizza war einer der Momente, die mir immer in Erinnerung bleiben werden. Dazu gehört aber auch sicher die Tour-Etappe hinauf nach L'Alpe d'Huez - erst der Sturz - dann mein Antritt -..." Christophe schwelgte in Erinnerungen.

"Werden Sie dem französischen Radsport erhalten bleiben?"

"Vorerst nicht. Ich möchte erst einmal Urlaub machen und dann werden wir weiter sehen."

"Und die L'Equipe Fossier? Wird sie weiter bestehen?"

"Ich weiß es nicht. Ich hoffe es sehr, für den französischen Radsport. Mit Sylvain haben wir einen großen Hoffnungsträger wieder entdeckt. Ich hoffe, er kann seine Leistungen von der Tour bestätigen."

"Das war es dann auch. Vielen Dank, Christophe. Und viel Glück bei Ihrem weiteren Lebensweg."

"Danke."

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