Das Kulturcafé

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wflo
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Das Kulturcafé

Beitrag: # 315162Beitrag wflo
22.10.2005 - 11:58

Das Kulturcafé soll eine Lücke im Alles Andere Bereich der Sattlerei schließen. Hier geht es um Empfehlungen von und Warnungen vor Literarischen Werken, Theaterstücken, Musicals, Ausstellungen, Kabarettprogrammen und natürlich auch Musik, also der schönen Künste. Ausgenommen sind lediglich Film- und Konzertkritiken da diese ja schon einen eigenen Thread haben.
Wenn jemand die Lust (und auch den Mut) hat seine eigenen Ergüsse vorzustellen, kann er dies selbstverständlich auch hier tun.
Empfehlungen sollten eine gewisse Länge aufweisen, nur Album XY ist sehr gut wäre zu wenig, mindestens eine Begründung der eigenen Meinung sollte schon dabei sein.

Bitte keine fremden Rezensionen verwenden! Wenn man Sätze daraus zitiert ist das natürlich kein Problem, aber dann bitte mit Quellenangabe. Der größte Teil sollte allerdings selbst geschrieben sein!

Inhaltsverzeichnis:

Literatur:
Fjodor Michailowitsch Dostojewski – Der Idiot (Seite 1, Post 8 )
Fjodor Michailowitsch Dostojewski – Die Dämonen (Seite 1, Post 4)
Stephen Fry - Geschichte machen (Seite 1, Post 20) [Stephen Roche]
Hermann Hesse - Demian (Seite 1, Post 9) [Alejandro V.]
Kazuo Ishiguro - Alles, was wir geben mussten (Seite 1, Post 14) [Stephen Roche]
Franz Kafka – Das Urteil (Seite 1, Post 2)
Walter Moers - Rumo und die Wunder im Dunkeln (Seite 1, Post 6) [Kim Kirchen]
Walter Moers Die 13½ Leben des Käpt’n Blaubär (Seite 2, Post 6) [Kim Kirchen]
Haruki Murakami – Mister Aufziehvogel (Seite 1, Post 15)
Haruki Murakami – Naokos Lächeln (Seite 1, Post 16)
Robert Musils - Zitat aus der "Mann ohne Eigenschaften" (Seite 1, Post 13)
Terry Pratchett: Schweinsgalopp (Seite 1, Post 18 ) [José Miguel]
Sven Regener – Herr Lehmann (Seite 1, Post 17)
Don Rosa - Onkel Dagobert - Sein Leben, seine Milliarden (Seite 2, Post 7) [Kim Kirchen]
Birgit Schönau - Calcio (Seite 2, Post 4) [ETXE]
Martin Suter – Ein perfekter Freund (Seite 2, Post 1)
Krimis aus dem hohen Norden Teil 1 - Schweden (Seite 2, Post 8 ) [ETXE]
Krimis aus dem hohen Norden Teil 2 - Norwegen (Seite 2, Post 9) [ETXE]
Krimis aus dem hohen Norden Teil 3 - Finnland (Seite 2, Post 10) [ETXE]
Krimis aus dem hohen Norden Teil 4 - Dänemark, Island & Färöer (Seite 2, Post 11) [ETXE]


Musik:
Christoph & Lollo – Skispringerlieder (Seite 1, Post 10)
Christoph & Lollo – Mehr Skispringerlieder (Seite 1, Post 11)
Christoph & Lollo – Skispringerlieder 3(Seite 1, Post 12)
Alec Empire - Futurist (Tourvorschau) (Seite 1, Post 5) [ETXE]
Element of Crime - Mittelpunkt der Welt (Seite 1, Post 3)
Tomte - Du weißt, was ich meine (Seite 1, Post 19)
Tomte – Eine sonnige Nacht (Seite 1, Post 20)
Tomte – Hinter all diesen Fenstern (Seite 2, Post 2)
Tomte - Buchstaben über der Stadt (Seite 2, Post 5)

Oper, Operette, Musical:

Theater und Kabarett:

Museen, Ausstellungen:

---------------
Der Unterschied zwischen dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen ist derselbe Unterschied wie zwischen dem Blitz und einem Glühwürmchen. (Mark Twain)
Ein Titel muß kein Küchenzettel sein. Je weniger er von dem Inhalt verrät, desto besser. (Gotthold Ephraim Lessing)
Ein Buch ist ein Spiegel, wenn ein Affe hineinsieht, so kann kein Apostel heraus gucken. (Georg Christoph Lichtenberg)
Auch Schlafen ist eine Form der Kritik, vor allem im Theater(George Bernard Shaw)
Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.(Victor Hugo)
Zuletzt geändert von wflo am 7.12.2006 - 16:50, insgesamt 40-mal geändert.
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wflo
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Beitrag: # 315163Beitrag wflo
22.10.2005 - 11:59

Franz Kafka – Das Urteil

1912, innerhalb von nur 7 Stunden niedergeschrieben

Bild

Kurze Inhaltsangabe:
Georg Bendemann korrespondiert schon seit Jahren mit einem Freund in Petersburg, teilt ihm allerdings lieber bedeutungslose Dinge mit, als ihm von seinen eigenen geschäftlichen Erfolge oder seiner Verlobung zu berichten, da er seine Freund bei dem es geschäftlich nicht so gut läuft schonen will. Nach langem innerlichem Ringen kommt er jedoch zu dem Entschluss seinem Freund die Verlobung mitzuteilen und ihm zur Hochzeit einzuladen. „Wäre aber nicht gerade meine Hochzeit die richtige Gelegenheit, einmal alle Hindernisse über den Haufen zu werfen? Aber wie dies auch sein mag, handle ohne alle Rücksicht und nur nach Deiner Wohlmeinung."
Als er seinem Vater davon berichten will kommt es zum Streit, bei dem der übermächtige Vater seinen Sohn zum „Tode des Ertrinkens“ verurteilt. Georg fügt sich seinem Vater: Noch hielt er sich mit schwächer werdenden Händen fest, erspähte zwischen den Geländerstangen einen Autoomnibus, der mit Leichtigkeit seinen Fall übertönen würde, rief leise: "Liebe Eltern, ich habe euch doch immer geliebt", und ließ sich hinabfallen.

Kafka, dass heißt Vater–Sohn-Konflikt, Absurdität und Verwinkeltheit(sprachlich und inhaltlich), auch das Urteil bildet hier keine Ausnahme.
Kafka, der in Prag aufwuchs und dort der Minderheit der deutschsprachigen Bevölkerung angehörte (keine 10%), verwendet eigentlich recht einfache Wörter, es ist eher der Satzbau (lange, verwinkelte Sätze), der die sprachliche Schwierigkeit der Texte ausmacht: "Weil sie die Röcke gehoben hat", fing der Vater zu flöten an, "weil sie die Röcke so gehoben hat, die widerliche Gans", und er hob, um das darzustellen, sein Hemd so hoch, daß man auf seinem Oberschenkel die Narbe aus seinen Kriegsjahren sah, "weil sie die Röcke so und so und so gehoben hat, hast du dich an sie herangemacht, und damit du an ihr ohne Störung dich befriedigen kannst, hast du unserer Mutter Andenken geschändet, den Freund verraten und deinen Vater ins Bett gesteckt, damit er sich nicht rühren kann. Aber kann er sich rühren oder nicht? "
Wenn man den Inhalt mit Kafkas Biographie in Verbindung bringt sind vor alle 2 Dinge auffällig: Erstens der schon angesprochene Vater–Sohn-Konflikt den Kafka z.B. auch in der Verwandlung schildert und zweitens die Namensgebung der Verlobten Frida Brandenfeld, die Erzählung selbst ist nämlich Kafkas Verlobten Felice Bauer gewidmet.
Kafkas Ängste vor seinem eigenen Vater hat er auch in „Brief an den Vater“ niedergeschrieben, ein Brief der in Kafkas Nachlass gefunden wurde und seinen Adressaten nie erreichte. Für das bessere Verständnis vieler seiner Texte ist vor allem dieser Brief ein wichtiges Mittel.
Zusammen mit der Erzählung „In der Strafkolonie“ ist „Das Urteil“ ein schöner Einstieg in Franz Kafkas Werk. Entweder man erliegt der Faszination oder man legt diesen Autor wieder ganz schnell ad acta. Wer es also selber lesen möchte findet den kompletten Text, sowie Kafkas restliche Werke hier. Man kann sich das Ganze auch vorlesen lassen.
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wflo
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Beitrag: # 315192Beitrag wflo
22.10.2005 - 14:34

Element of Crime – Mittelpunkt der Welt

,oder die Schönheit der deutschen Sprache

Bild

Hier einmal ein paar Auszüge aus „Im Himmel ist kein Platz mehr für uns zwei“:

„Siehst du dort den orangenen Held der Entsorgung der die schweren Container vom Hof an den Straßenrand schiebt, der ist heute da und übermorgen schon wieder, weil es immer wieder was wegzuschmeißen gibt“

„Siehst du den alten mit der E-Gitarre, die er jeden Abend in höchster Erregung zerschlägt, die er jeden Morgen wieder mit Alleskleber zur Erregungsrequisite zusammenklebt“

Nachdem sich die CD seit über eine Woche in meinem CD-Player dreht haben sich inzwischen die Eindrücke zu einem Ganzen verdichtet. Textlich ist das Album einfach großartig, die Musik selbst bleibt im Hintergrund, dient als Untermalung von Sven Regeners Worten. Schlecht ist keiner der 10 Songs, welche insgesamt 43 Minuten füllen, toll die meisten. Ich muss leider gestehen, dass dies meine erste Element of Crime CD ist, aber es wird bestimmt nicht die letzte bleiben. Die Lust auf mehr ist auf alle Fälle geweckt. Die Halbwertszeit der CD selbst dürfte auch sehr hoch sein, bis jetzt kann ich noch alle Songs ohne Probleme hören, manche der Lieder haben zwar 3, 4 Durchläufe gebraucht bis sie gezündet haben. Aber zeichnet einen guten Song nicht gerade die Tatsache aus, dass er nach mehrmaligen hören besser wird?


Highlights: Wenn der Winter kommt, Im Himmel ist kein Platz mehr für uns zwei, Finger weg von meiner Paranoia, Still wird das Echo sein, Mittelpunkt der Welt
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wflo
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Beitrag: # 315807Beitrag wflo
26.10.2005 - 17:52

Fjodor Michailowitsch Dostojewski – Die Dämonen/Böse Geister
1873, 930 Seiten

BildBild

Es ist mir aufgefallen, daß alle diese verschiedenen Sozialisten und Kommunisten gleichzeitig auf ihr eignes materielle Wohl bedacht sind und unglaublich geizig sind, und zwar in einer Weise, daß, je mehr einer Sozialist ist, je weiter er darin geht, er auch also um so besitzlüsterner ist...

Völlig frei wird der Mensch nur dann, wenn es ihm einerlei sein wird, ob er lebt oder nicht. Das ist das Ziel aller Bestrebungen.



Inhalt:
Smolensk, eine kleine Stadt in Russland, wird von einer Gruppe von Revolutionären erschüttert, die das Ziel verfolgen ein neues Russland, ein sozialistisches Russland zu schaffen. Um ihr Ziel zu erreichen sind ihnen alle Mittel recht, auch vor dem Mord an einem ihrer (früheren) Mitstreiter schrecken sie nicht zurück. Zum großen Eklat kommt es während eines großen Festes und Smolensk brennt!


Dostojewski zeigt in seinem Roman „Die Dämonen“, oder „Böse Geister“ wenn man die Übersetzung von Svetlana Geier bevorzugt, verschiedenste Arten wie man den Sozialismus (bzw. Kommunismus) sehen kann. Dies geschieht mit Hilfe der Personen des Romans, vor allem natürlich den Revolutionären. Das Spektrum ist breit gestreut: von „alle sind gleich“ bis „Diktatur“ mit Gehirnwäsche oder Vernichtung aller Systemgegner reicht es. Es geht aber nicht nur um den Sozialismus, auch Gott und die Religion sind ein Thema. Alexej Nilytsch Kirrilow verrät dem Leser sogar wie man selbst Gott werden kann:
Jeder, der nach Hauptfreiheit strebt, muß es wagen können, sich zu töten. Wer es wagt Hand an sich zu legen, der hat das Geheimnis der Lüge erkannt. Es gibt keine höhere Freiheit; das ist alles; darüber hinaus gibt es nichts weiter. Wer es gewagt hat, sich zu töten, ist ein Gott. Jetzt kann ein jeder bewirken, daß es keinen Gott geben wird und nichts. Indessen hat es noch nie jemand getan.
„Die Dämonen“ ist sicher kein Buch das sich zum „Nebenbei-lesen“ eignet. Es ist durchaus anspruchsvoll, die ersten 200 Seiten (ca.) trocken, bis man einmal die meisten Figuren kennt und zuordnen kann, wird aber umso spannender, je weiter man in die Handlung eindringt. Wenn man einmal bei der zweiten Hälfte des Buches angekommen ist, kann es durchaus schwierig werden, dieses beiseite zu legen. Vieles im Roman wird einen auch dazu bringen einfach mal länger über das Gelesene nachzudenken.
Empfehlen kann man diesen Roman allen die auch nicht davor zurückschrecken einmal mehr Zeit für ein Buch zu investieren und die genug Geduld haben sich 200 Seiten lang in die Handlung „hineinzukämpfen“.
Übrigens vom Preis her ist das Buch ein absolutes Schnäppchen, 6 Euro für fast 1000 Seiten, das sind nicht einmal 0,65 Cent pro Seite.

Zum Abschluss noch ein Auszug:
"Es gibt Sekunden, es sind im Ganzen nur fünf oder sechs auf einmal, und plötzlich fühlt man die Gegenwart der ewigen Harmonie, der vollkommen erreichten. Das ist nicht irdisch; ich rede nicht davon, dass es himmlisch ist, sondern ich will nur sagen, dass ein Mensch in irdischer Gestalt das nicht aushalten kann. Man muß sich physisch verändern oder sterben. Dieses Gefühl ist klar und unbestreitbar. Als ob man plötzlich die ganze Natur empfände, und plötzlich sagt man: ja, es ist richtig. Gott hat, als er die Welt schuf, am Abend jedes Schöpfungstages gesagt: 'Ja, es ist richtig, es ist gut.'
Das ... das ist nicht ein Ergriffensein, sondern nur ... einfach Freude. Man hat auch nichts zu verzeihen, da es schon nichts mehr gibt, das zu verzeihen wäre. Man kann auch nicht sagen, man liebe, oh, - das ist etwas Höheres als Liebe!
Das Furchtbarste ist, daß es so schrecklich klar ist und eine solche Freude. Wenn das länger als fünf Sekunden dauerte ... würde die Seele es nicht aushalten und vergehen.
In diesen fünf Sekunden durchlebe ich das Leben, und ich würde sie für mein ganzes Leben hingeben, denn sie sind das wert. Um zehn Sekunden aushalten zu können, müsste man sich physisch verändern. Ich denke, der Mensch sollte aufhören, Kinder zu zeugen. Wozu noch Kinder, wozu noch Entwicklung, wenn das Ziel erreicht ist?"
Zuletzt geändert von wflo am 26.10.2005 - 19:33, insgesamt 1-mal geändert.
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ETXE
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Beitrag: # 315821Beitrag ETXE
26.10.2005 - 19:13

Alec Empire ist auf Tour
Dem Himmel ins Gesicht kotzen

Früher ging das so: "Die Chefs schützen ... Den Staat schützen ... Vor wem? ... Vor uns!" brüllte Rio Reiser in Macht kaputt, was euch kaputt macht!, dem berühmten Ton-Steine-Scherben-Song, das die Band schon bald nicht mehr spielen wollte. Heute geht das so: "Start the fight! Fuck the Power! Fight it down! You know I'm right! Confused and rud, I got violence on my mind. And I wonder, where it takes me".
Alec Empire bleibt wütend und ballert wild mit seinen Liedern rum. Wird wie Anno Tobak Ton Steine Scherben mal gerne bei linken Demos gespielt. Seit den Neunzigern ist dort ein pathetisch-parolenhaftes "Wir" dahin, es kämpft das "Ich", bei Empire im besten freudianischen Sinn gegen die berühmte strukturelle Gewalt der Gesellschaft.

Zu seiner letzten CD "Futurist" schrieb die Tageszeitung junge Welt: "Aufstehen müssen, vielleicht arbeiten müssen, Zeit totschlagen, putzen, schlecht essen und viel saufen müssen. Normale Tage gehen so. Hat man genug davon absolviert, ist man gefühllos. Der Königsweg aus dieser Sackgasse heraus ist nicht Selbsthaß, sondern Haß auf das Drumherum; Haß der nüchtern macht und Handlungen erzwingt."
Und Empire spielt brutales Zeug, ultra-plakativen Drum-&-Bass-Rock'n'Roll, "um ein letztes Mal in das Gesicht des Himmels zu kotzen", wie er in den Liner-Notes von "Futurist" schreibt. Ein bekannter früher Track seiner ersten Band Atari Teenage Riot hieß "Hetzjagd auf Nazis" mit dem Sample "Und der erste Schuß geht mitten ins Gehirn". Tatsächlich aber gestorben sind in den letzten Jahren aber Clash-Sänger Joe Strummer und BBC-Punk-Radiomann John Peel, zwei seiner Helden, denen er "Futurist" gewidmet hat.
Die Musik klingt allerdings wie The Fall auf Speed. Vermutlich gerade deshalb bleibt Alec Empire grundsätzlich nüchtern. Soll man ja auch, wenn man auf eine Demo geht. Oder auf ein Empire-Konzert.

Bild
"Fuck the Power!"

Die nächsten Konzerttermine:
28.10.-Augsburg, 29.10.-Schweinfurt, 30.10.-Dresden, 1.11.-Köln, 2.11.-Frankfurt/Main, 3.11.-Bremen
Zuletzt geändert von ETXE am 28.10.2005 - 12:30, insgesamt 1-mal geändert.
Giro 2005 + Bergtrikot
Vuelta 2009 + Punktetrikot

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Kim Kirchen
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Beitrag: # 316022Beitrag Kim Kirchen
27.10.2005 - 18:26

Rumo und die Wunder im Dunkeln - Walter Moers

Roche-Edit

Erklärung unten. Ursprünglicher Text stammt von hier


So viel zur Zusammenfassung ;). Dieses Buch ist wirklich verschlingenswert - wie alle Bücher von Moers aus Zamonien. Es befördert einen auf schnelle und berauschende Weise in die Welt der Wunderwesen und Helden, hier den Blutschinken, Haifischmaden und Wolpertingern. Man wird wie durch Magie verzaubert, in seinen Bann gerissen und folgt der abenteuerlichen Reise von Rumo, der dem silbernen Faden zu seiner Rala in die Unterwelt folgt, um sie dort aus den Klauen der Kupfernen Kerle zu befreien. Eine Liebesgeschichte, bei der einem Gänsehaut über den Rücken jagt, mit Schlachtszenen, die einen die Knöchel blutig beißen lassen.

Im ersten Teil des Buches erfährt man sehr viel über den Charakter der einzelnen Personen, und einige sehr kleine Details kommen im zweiten Buch erschreckend groß wieder! Der zweite Teil gefällt mir nicht so gut, aber ist immer noch exzellent. Exzellent geht Moers vor allem mit der atemraubenden Darstellung der Unterwelt sowie mit dem grandiosen Schluss um. Der Schluss ist einfach herzzereissend ;).

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Stephen Roche
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Beitrag: # 316069Beitrag Stephen Roche
27.10.2005 - 22:48

Kleine Anmerkung, die sicherlich auch im Sinne des Erfinders (sprich:Threaderstellers) ist:

Bitte nicht fremde Rezensionen "klauen". Das ist zum einen nicht höffentlich den Verfassern gegenüber (und urheberrechtliche bedenklich), zum anderen auch nicht Sinn des sattlereieigenen Kulturcafés.

Das soll Euch nicht davon abhalten, hier zu posten. Aber doch bitte schön in Euren eigenen Worten.
IONO1

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wflo
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Beitrag: # 316201Beitrag wflo
28.10.2005 - 20:08

Fjodor Michailowitsch Dostojewski – Der Idiot

1868, 800 Seiten

BildBild


Inhalt:
Der an Epilepsie leidende Fürst Lew Nikolajewitsch Myschkin kommt von seiner „Kur“ in der Schweiz nach Russland, genauer gesagt Petersburg, zurück da sein Pflegevater (oder Gönner) Nikolaj Andrejewitsch Pawlistschew gestorben ist. Da er in Petersburg fast niemanden kennt, besucht er seine weit entfernte Verwandte die Generalin Lisaweta Prokofjwena Jepantschina. Die Familie Jepantschin nimmt den Fürsten auch ziemlich wohlwollend auf, bei den meisten anderen Menschen, vor allem denjenigen die ihn nicht oder nur kaum kennen, gilt er allerdings schon ziemlich bald als „Idiot“. Dies nicht nur auf Grund seiner Krankheit, nein vor allem seine Güte und seine Naivität sind der Grund dafür. Doch seine richtigen Probleme beginnen erst als sich zwei Frauen, aus zwei verschiedenen Schichten und von unterschiedlichem Charakter und Alter, in ihn verlieben…


Der Idiot ist der zweite der 5 großen Romane Dostojewskis (Schuld und Sühne, Die Dämonen, Der Jüngling, Die Brüder Karamasow). Dostojewski der selbst an Epilepsie litt erzählt hier die Geschichte eines Menschen der einfach zu gut, im Sinne von freundlich und hilfsbereit, für seine Umgebung ist. Seine Naivität und sein Handeln, eigentlich sein gesamter Charakter erinnert an einen andere große Roman-Figur Cervantes Don Quixote. Allerdings kämpft Myschkin in seinem Leben nicht gegen Windmühlen-Riesen sondern einfach nur gegen ganz normale Menschen der russischen Oberschicht. Gemeinsam mit dem „Ritter von der traurigen Gestalt“, der cirka 250 Jahre älter ist, hat er allerdings das sein Kampf ein aussichtsloser ist. Gier siegt über Güte und die Wahrheit über die Lüge und wer immer das Beste tun will macht viele Fehler. Diese Themen sind auch heute, mehr als 100 Jahre nach der Veröffentlichung des Romans, noch immer aktuell. Eine Frage stellt sich nach dem Lesen: Sind gütige und hilfsbereite Menschen in unserer Welt überhaupt noch lebensfähig, bzw. waren sie es je?

Wie bei „Die Dämonen“ braucht man auch bei „Der Idiot“ einige Seiten bis man sich eingelesen hat, doch wenn man die schafft wird man mit einer großartigen Geschichte dafür belohnt, vor allem mit welcher Tiefe Dostojewski seine Figuren zeichnet ist beeindruckend, der „gute“ Fürst, die jähzornige Generalin, die aber im innersten auch ein „guter“ Mensch ist, allerdings schon zu oft enttäuscht wurde, oder aber der General der sich gegen seine Frau eigentlich nie wehren konnte und natürlich die zwei Frauen die um den Fürsten kämpfen und deren Schicksal so nah mit seinem eigenen zusammenhängen.

Zum Schluss noch ein Ausflug an eine der philosophischen Stellen:
Und weiter nichts! Ohne irgendeine sittliche Grundlage außer der Befriedigung des persönlichen Egoismus und der materiellen Notwendigkeit? Allgemeiner Frieden, allgemeines Glück – aus Notwendigkeit! Verstehe ich Sie so richtig, wenn ich fragen darf, verehrter Herr?
„Die allgemeine Notwendigkeit zu leben, zu essen und zu trinken, und die vollkommene, sagen wir ruhig wissenschaftliche Überzeugung, dass diese Notwendigkeit nicht ohne allgemeinen Zusammenschluss und Solidarität der Interessen befriedigt werden kann, ist, meine ich, eine genügend starke Idee, um als Stützpunkt und „Lebensquell“ für die künftigen Jahrhunderte der Menschheit zu dienen.“
„Die Notwendigkeit zu essen und zu trinken, also bloß der Selbsterhaltungstrieb.“
„Ist der Selbsterhaltungstrieb allein nicht genug? Der Selbsterhaltungstrieb ist das Naturgesetzt der Menschheit.“
„Wer hat ihnen das gesagt? Ein Gesetz – selbstverständlich, aber ein genauso natürliches wie das Gesetz der Zerstörung, vielleicht gar der Selbstzerstörung. Ist denn die Selbsterhaltung das einzige Naturgesetz der Menschheit?
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Beitrag: # 316213Beitrag Alejandro V.
28.10.2005 - 21:24

Hermann Hesse - Demian


1919, ca. 140 Seiten

Bild


Inhalt :
Emil Sinclair durchlebt eine paradiesische Kindheit in einer heilen Welt, bis er zehn Jahre alt ist. In diesem Alter will er plötzlich die heile Welt aus Kindheitstagen zurücklassen und macht Bekanntschaft mit dem üblen Zeitgenossen Franz Kromer, der binnen kürzester Zeit Sinclairs heile Welt zerstört und ihm die grauenhaften Seiten des Lebens aufzeigt. Verstört versucht Sinclair, wieder in seine heile Kindheitswelt zurückzukehren, was ihm aber nicht so Recht gelingen mag. Kurze Zeit, nachdem er sich von Kramer gelöst hat, kommt ein Junge Namens Max Demian auf Emils Schule und zeigt ihm eine andere Welt, die des "Frei-Seins" im eigentlichen Sinne und führt viele Gespräche mit Sinclair. Allerdings wechselt Emil bald darauf die Schule und wird in seiner neuen Klasse nicht gerade anerkannt. Als er zu verzweifeln droht, lernt er ein Mädchen kennen, dass ihm wieder Halt gibt. Emil verliebt sich in das Mädchen und versucht sie zu zeichnen, merkt aber kurz darauf, dass ihre Gesichtszüge immer mehr jenen von Demian gleichen. Kurzentschlossen schickt er ein Bild an Demian, zu dem zwischenzeitlich kein Kontakt mehr bestand. Demian schreibt auch zurück, nennt aber ein merwürdiges Wort als Lösung des Rätsels: "Abraxas". Damit nichts anfangen könnend, wandert Sinclair einmal mehr ziellos umher, bis er den Orgelspieler Pistorius kennen lernt. Pistorius führt ihn in eine mystische Welt ein und führt viele Gespräche mit Sinclair über Gott und die übrigen Menschen. Zentralthese ist dabei ein Gott, der alles in sich vereint: Sowohl Gutes, als auch Schlechtes. Jedoch werden die Geschichten Sinclair immer unheimlicher, weswegen er den Kontakt zu Pistorius abbricht und einmal mehr auf der Suche nach seinem eigenen Weg ist. Dieser Weg führt ihn zurück zu Demian und in dessen Haus. Als Demian ihm seine Mutter vorstellt, traut Sinclair seinen Augen nicht: Demians Mutter ist die Traumfrau Sinclairs, die er immer gezeichnet hatte. Nach einigen idyllischen Monaten, die an Sinclairs Kindheit erinnern, bricht der erste Weltkrieg aus, in den sowohl Sinclair als auch Demian gehen. Allerdings wird Demian schwer verwundet und erliegt später seinen Verletzungen, auch Sinclair wird verletzt, kann aber überleben. Der Kontakt zu Demians Mutter nimmt aber ein jähes Ende...

Ein Auszug aus dem Buch, es ist die Stelle, an der er das Mädchen trifft:
An jenem Frühlingstag im Park begegnete mir eine junge Dame, die mich sehr anzog. Sie war groß und schlank, elegant gekleidet und hatte ein kluges Knabengesicht. Sie gefiel mir sofort, sie gehörte dem Typ an, den ich liebte, und sie begann meine Phantasie zu beschäftigen. Sie war wohl kaum etwas älter als ich, aber viel fertiger, elegant und wohlumrissen, schon fast ganz Dame, aber mit einem Anflug von Übermut und Jungenhaftigkeit im Gesicht, den ich überaus gern hatte.

Es war mir nie geglückt, mich einem Mädchen zu nähern, in das ich verliebt war, und es glückte mir auch bei dieser nicht. Aber der Eindruck war tiefer als alle früheren, und der Einfluß dieser Verliebtheit auf mein Leben war gewaltig.


Fazit :
Mein absolutes Lieblingsbuch von meinem absoluten Lieblingsautor. Hermann hesse versteht es wie kein zweiter, in einer spannenden Handlung auf tiefgründige Fragen des Lebens einzugehen und einem selber zum Nachdenken anzuregen. In diesem Zusammenhang sind für mich die Unterredungen mit Pistorius ein absolutes Highlight der Literaturgeschichte, dass man unbedingt gelesen haben sollte. Mir ist es noch nie zuvor passiert, dass ich nach dem Lesen eines Absatzes aufhörte, mir eine halbe Stunde meine eigenen Gedanken zu dem Gesagten gemacht und danach den Absatz aus purer Freude nochmal gelesen habe. Mit gezielten Spannungsmomenten wird auch immer wieder zum Weiterlesen angeregt und das Buch wird nicht zu schwerfällig; der Inhalt nicht von den philosophisch-theologischen Fragen und Gesprächen erdrückt. Glaubt mir, spätestens, wenn Demian seine Antwort mit dem Wort Abraxas schickt, will man einfach nicht mehr aufhören, weiter zu lesen. 2002 ist eine Sonderausgabe im Suhrkamp-Verlag erschienne, die jeden Cent der 6 €uro wert ist, die diese gerade mal kostet. Meiner Meinung nach für solch ein gutes Buch ein echter Schnäppchenpreis und es lohnt sich auf jeden Fall.
Bill Simmons über den WAS-ATL-Trade: "There's only one silver lining: the chance that Bibby and Rashard Lewis will run their high screen in Washington and immediately get attacked by cadaver-sniffing dogs."

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15.11.2005 - 20:20

Christoph & Lollo – Skispringerlieder

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2 sympathische Herren, Gitarren, eine Sportart, 10 Lieder. So würde wohl eine Kurzzusammenfassung der ersten CD von Christoph & Lollo lauten. Meiner Meinung nach zu kurz, und auf alle Fälle nicht mit den Regeln aus Post 1 vereinbar.
Also was kann man mehr sagen? Warum kommen zwei Erwachsene auf die Idee über Skispringer zu singen?
HP von Christoph & Lollo hat geschrieben:
“Das war alles nur Zufall. Wir haben halt ein Lied gehabt, wo´s um einen Schispringer ging (nämlich Frantisek Jez) - und dann haben wir uns einfach nichts Neues einfallen lassen.“

Ach, wir waren betrunken.
Die Songs selbst sind dann eher auf der lustigen Seite angesiedelt. Es geht zumeist um Verlierertypen und deren Probleme. Da ist zum Beispiel Eddie „the Eagle“, der englische Skisprungclown, der sein Clown-Dasein satt hat und doch nur ernst genommen werden will. Oder Jaroslav Sakala, der seine Kindheit für den Erfolg geopfert hat, und dies nie verkraftet hat. Auch ein Deutscher ist mit von der Partie, Ronny Hornschuh, der betende von Gott Gequälte, der doch lieber Buddhist hätte werden sollen. Nicht vergessen darf man natürlich das Lied über den armen Mikka, der von seiner Frau geschlagen wird und seinen Frust ersäuft.
Ein Lied erinnert irgendwie, trotz eigener Vorsätze (siehe F.A.Q. auf ihrer HP), gewollt oder auch ungewollt (darf jeder für sich selbst entscheiden) , an Andreas Goldberger. Sätze wie „Sie nennen ihn Milchgesicht“, „Auch mit 30 Jahren sieht er aus wie 10“ oder „Wenn er skispringt, verträgt ihn oft der Wind, daran liegt es auch das er manchmal gewinnt, und dann feiert er bei Milch und Kokain“.
Zu den zahlreichen traurigen Springern gesellt sich dann auch noch der „Übermensch“ K. Funaki, der Schlaue Delphin.
Zum Schluss gibt’s noch einen Song in Gedenken an Birger Ruud, 3-facher Weltmeister und 2-facher Olympiasieger.
Insgesamt ein sehr schönes Album, von 2 Jungs denen man es anhört (auch live), dass sie gerne Musik machen, und dass auch sie Spaß daran haben. Wer die Chance hat sie live zu sehen sollte diese auch Nutzen, ich bin spätestens am 20.12 im Wiener Chelsea wieder live dabei.
Und natürlich hat man mit dieser CD auch eine perfekte Begleitung für den kommenden Ski-Sprungwinter.
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Beitrag: # 318537Beitrag wflo
15.11.2005 - 21:28

Christoph & Lollo – Mehr Skispringerlieder

, nomen est omen

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Willkommen zum Zweiten Durchgang, es starten: Mit der Nummer 1, im Tandem Jussi und Matti Hautamaeki, die Nummer 2 hat Ole Gunnar Fidjestoel, es folgen Vladimir Breitchev, Blaz Vrhovniks, Horst Bulau, Nicolas Dessum, Espen Bredesen und der große Favorit Kazuyoshi Funaki. In den Pausen erfahren sie dann alles über Talkshows, Weihnachten und Pfingsten, also es wird spannend bleiben sie dran, nach der nur einem Spot sind wir wieder für sie da… So würde sich das wohl anhören, beim Fernsehsender ihrer Wahl.
Doch erstens geht’s hier nicht um Sportübertragungen, und zweitens wird nachdem Funaki herunten ist auch kein Sieger gekürt.
Nein wir haben wieder eine CD von Christoph & Lolloeingelegt. Diesmal wird nicht nur gesprungen, nein auch Weihnachten, Viele Eltern sind gestresst, hauen ihren Kindern eine rein, denn dann wissen die soweit kann die Bescherung nicht mehr sein , und das Fernsehprogramm, 1000 Talkshows und keine Gegenwehr bekommen ihr Fett ab, während Pfingsten zu neuen Ehren kommt, und als Fest schlechthin gefeiert wird.
Die Springer selbst müssen sich diesmal mit undankbaren französischen Fans (die lieber einen Chausioner oder einen Sommelier als einen fleißigen Skispringer hätten) und dem Erfolg von Gestern (an den sich heute keiner mehr erinnern kann) beschäftigen, oder mit dem eigenen Bruder um Leben und Tod springen
Auch Sozialkritik findet man auf dem 2. Skispringeralbum. Nicht nur der Konsumwahn in der ach so „stillen Zeit“ wird besungen, auch die Einstellung das man selbst ja nie an etwas Schuld ist (Blaz Vrhovniks Schuld) und eigentlich nichts auf dieser Welt selbst verändern kann, wird aufs Korn genommen.
Wer erst jetzt zu der Erkenntnis kommt das auch er selbst etwas ändern kann, dem sagen die Christoph und Lollo: Kopf hoch,
Denn Horst Bulau, dem geht's noch viel schlechter
Dem geht's schlechter als dir und mir
Es geht niemand so schlecht wie Horst Bulau
Er ist viel depressiver als wir
Er hat zweifellos größte Probleme
Und sein Unglück ist grenzenlos
Denn Horst Bulau ist die ärmste Sau
Und für uns ist das ein Trost


Die Songs sind wieder lustig, die Skispringer werden wieder genutzt um über verschiedene Dinge im (Sportler)Leben zu singen. Hört sich nach wenig Veränderung an, aber „warum sollte man auch etwas reparieren das nicht kaputt ist“?
Zusätzlich zu den Skispringer bekommt man mit dieser CD ein Weihnachtslied mit, dass wirklich anders ist als die bisher gekannten: “Wenn das Auftreten von Weihnachtsmännern sich verdächtig häuft
und im Fernsehen nur Besinnliches und Handywerbung läuft,
wenn man nett zu seiner Oma ist, dann ist es halt soweit,
denn wenn alles immer lauter wird beginnt die stille Zeit.
Alle Straßen sind geschmückt, es riecht nach Weihnachtsbäckerei
doch in Echt geht uns der ganze Mist total am Arsch vorbei.“

, und wer könnte so etwas in dieser Zeit nicht gebrauchen?

An alle Weihnachtsgestressten noch als kleine Aufmunterung: Das nächste Mal Pfingsten ist am 4.6.2006, also durchbeißen.
"Sicher gibt das böses Blut, doch Sprache ist, dass wissen wir, das allerhöchste Gut
und ohne Klarheit in der Sprache ist der Mensch nur ein Gartenzwerg."


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Beitrag: # 318700Beitrag wflo
16.11.2005 - 20:39

Christoph & Lollo – Skispringerlieder 3

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Einmal noch die Ski anschnallen, Brille richten, ein letztes Mal ausspucken, ein letztes Gebet an den Windgott, höchste Konzentration, Absprung genau erwischen, perfekte Flughaltung,…
der geht weit, Schanzenrekord, und das mit sauberem Telemark.

Nicht 2 Durchgänge, auch nicht 4 Schanzen(tournee), nein die 3 Skispringer CD ist auch die letzte (bis dato, vielleicht gibt es ja eine Rückkehr). Und sie ist die erste ohne unseren alten Freund Kazuyoshi Funaki. Diesmal findet man Namen wie Brzuchanski, Ari-Pekka Nikkola, Jiri Parma, oder Stanislav Bobak. Die Probleme dieser Herren sind natürlich auch wieder breit gefächert, von dem toten Hund bis zum monotonen, sich täglich wiederholenden Alltag reicht das Spektrum. 2 live Songs, welche beide die Musik von einem der 2 „Feiertagslieder“ übernehmen, diese aber mit einer Skispringergeschichte versehen bilden den Abschluss des letzten Teiles der Trilogie. Endlich erfährt man warum es keine Lieder über Österreicher gibt (diese Feiglinge) und auch die Kopfhaar-Barthaar = Reisverschluss-Theorie wird hier erörtert.
Es sind auch die einzigen offiziell verkauften Livemitschnitte die ich gehört habe, in welchen die Musiker während dem Lied zum diskutieren anfangen. Christoph & Lollo sind sicher alles, nur nicht „normal“. Sie sind ziemlich sicher nicht die besten Musiker, sie schreiben vielleicht nicht die besten Texte, aber sie sind auf alle Fälle einzigartig und irgendwie verdammt sympathisch.

Besonders empfehlenswert sind diesmal Snowboarder, Borovitins Hund, Gar nichts zu lachen und Kazuki Nishishita. “Doch in echt ist das nicht spaßig sondern stock reaktionär“ trifft auf diese CD auf alle Fälle nicht zu.
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Beitrag: # 319120Beitrag wflo
19.11.2005 - 15:22

Könnte man die Sprünge der Aufmerksamkeit messen, die Leistungen der Augenmuskeln, die Pendelbewegungen der Seele und alle die Anstrengungen, die ein Mensch vollbringen muss, um sich im Fluss einer Straße aufrecht zu halten, es käme vermutlich ... eine Größe heraus, mit der verglichen die Kraft, die Atlas braucht, um die Welt zu stemmen, gering ist, und man könnte ermessen, welch ungeheure Leistung heute schon ein Mensch vollbringt, der gar nichts tut.
Mein Dank geht an Stephen Roche, der die Herkunft dieses Ausschnittes bestimmen konnte. Es stammt aus Robert Musils Mann ohne Eigenschaften.
Außerdem zu finden in einem Lehmann Song (Nur die Sache ist verloren).


Auf alle Fälle ein schöne Aussage, über die sich das Gedankenmachen lohnt.
Zuletzt geändert von wflo am 4.1.2006 - 0:37, insgesamt 2-mal geändert.
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Stephen Roche
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Beitrag: # 320625Beitrag Stephen Roche
29.11.2005 - 15:01

Alles, was wir geben mussten
Kazuo Ishiguro

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Was macht den Menschen zum Menschen? Kann es eine Vorbestimmung geben? Und wenn ja, wie lebt man mit dem Wissen um sie?

Kazuo Ishiguro, der für sein später verfilmtes Erstlingswerk "Was vom Tage übrig blieb" mit dem renommierten Booker-Preis ausgezeichnet wurde, hat mit Alles, was wir geben mussten ein literarisches Meisterwerk geschaffen, das sanft und subtil in eine Welt einführt, die Hoffnung und Ausweglosigkeit, technischen Fortschritt und emotionale Verkümmerung zugleich vereint. Die Welt der Spender und Betreuer mit ihren Internate, Tauschbasaren, Cottages und Erholungszentren. Es ist auch die Welt von Kathy, Tommy und Ruth, die in Hailsham, einem Vorzeigeinternat aufgewachsen sind, das sich von anderen Bildungseinrichtungen allerdings durch die Besonderheit Ihrer Schüler unterscheidet: Sie sind Klone. Abbilder menschlicher DNA, geschaffen nur für den Zweck, später Leben zu retten durch die Spende ihrer Organe.

Ishiguros Stimme ist Kathy, die in Rückblicken vom beinahe unbeschwerten Internatsleben und der besonderen Wertschätzung kreativer Tätigkeit, der Liebesbeziehung von Tommy und Ruth und ihrer eigenen Tätigkeit als Betreuerin erzählt und dabei mehr und mehr den Schleier der Normalität, der Harmlosigkeit anhebt. Zum Vorschein kommt ein zutiefst verstörendes Bild.

Kazuo Ishiguro widmet sich mit keiner Silbe den technischen Fragen des Klonens. Auch die moralische oder gar rechtliche Zulässigkeit der Kopie von Menschen, der künstlichen Schaffung menschlichen Lebens sind nicht sein Thema. Und das ist gut so. Er hat kein Buch geschrieben, dass dem Leser die vielschichtigen Probleme der Gentechnik in Leuchtschrift mitteilen will. Er ist kein Michel Houellebecq. Er ist weitaus besser.

Ishiguros Blickwinkel ist derjeniger Klone, die die Bahn ihres Lebens weder verlassen können noch dies tun wollen. Demgemäß kündet Alles, was wir geben mussten allenfalls am Rande von der Unmenschlichkeit der normalen Menschen, sondern von der Menschlichkeit der anderen. Haben Klone eine Seele? Können Klone lieben? Und was würde ihre Liebe verändern? Das sind die Fragen, die Ishiguro stellt. Fiktiv und doch so real.

Prädikat: uneingeschränkt empfehlenswert.
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Beitrag: # 320663Beitrag wflo
29.11.2005 - 19:33

Haruki Murakami – Mister Aufziehvogel

, 765 Seiten in 3-Tagen, oder wenn Lesen zur Sucht wird

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Der Zufall, ein guter Bekannter im täglichen Leben, der manchmal die interessantesten Dinge vollbringt. Man sucht im Internet nach „Kafka“ und was findet man? Außer den Werken des Franz auch einen Roman mit dem Titel „Kafka am Strand“ von Haruki Murakami.
Dies alles führt schlussendlich dazu dass man beim nächsten Mal in der Buchhandlung seines Vertrauens den Dostojewski doch beiseite stellt und stattdessen zu einem Autor von der Insel der Götter greift, was wiederum dazu führt dass einem 3 Tage lang ein Buch in den Händen klebt.

Das alles hat natürlich mit der Geschichte die dieses Buch erzählt relativ wenig zu tun. Obwohl Zufall, hmmm eigentlich…
Der Roman selbst handelt von Wirklichkeit und Traum, Wirklichkeit und Wirklichkeit und natürlich auch von Traum und Traum. Was ist wirklich, war das nur ein Traum, bewegen wir uns irgendwo dazwischen? Könnte man dies eine parallele zweite Wirklichkeit nennen?
„Das Reale muss nicht unbedingt wahr und die Wahrheit nicht unbedingt real sein.“
In diesem Buch taucht man in etwas ein. Eine Hauptgeschichte, Nebengeschichten, die am Anfang eigentlich nicht so recht zu Rest der Handlung zu gehören scheinen. Doch das scheint nur so. Am Ende bildet alles zusammen, eine Einheit eine Geschichte. Sie spielt zwar an verschiedenen Orten, zu verschiedenen Zeiten in verschiedenen Ebenen, aber diese verschiedenen Teile greifen ineinander, sie ergänzen sich.

Hauptfigur ist der 30 jährige Toru Okada, der sein Leben ändern möchte. Deshalb kündigt er seinen Job in einer Tokioer Anwaltskanzlei um etwas anderes zu machen. Nur was dieses andere ist das findet er nicht so leicht heraus.
Mit dem Verschwinden seines Katers beginnt der Strom vieler Ereignisse, leicht fassbarer und solcher die eher surreal anmuten.

Zweifelsohne ist dieses Buch auch eine Liebesgeschichte. Doch es ist auch soviel mehr. Die Suche Okadas nach seiner verschwundenen Frau (sie verschwindet nach dem Kater) führt in an ganz alltägliche Orte. Orte die im Zusammenhang mit ihrer „Verwendung“ oft alles andere als alltäglich anmuten.
Es werden Glatzen, oder besser Männer mit einem zurückgehenden Haaransatz, gezählt, man vereinigt sich mit einer Prostituierten des Geistes die Malta heißt und als Andenken von einem Verstorbenen bekommt man eine leere Verpackung. Menschen leben ohne zu leben und sterben ohne danach wirklich tot zu sein. Und die Antworten auf viele Fragen finden sich am Boden eines Brunnens.

Am Ende erhält man als Leser viele Antworten, manches bleibt aber auch nach dem endgültigem Zuklappen ungewiss. Ein Buch das spannend beginnt, nach 150 Seiten aber regelrecht zur Sucht wird. Zu tief ist man in der Handlung, als um wieder daraus in die Wirklichkeit fliehen zu wollen oder zu können. Vor allem die Sprünge zwischen Realität und Surrealem machen dieses Buch so lesenswert.

„Der literarische Höhepunkt von Murakamis bisherigem Oeuvre ist aber zweifellos "Mister Aufziehvogel" - ein Roman, den man einfach lesen muß. Glauben Sie mir. Wirklich.“(Der Falter)
Zuletzt geändert von wflo am 28.5.2006 - 22:56, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag: # 325164Beitrag wflo
4.1.2006 - 2:04

Haruki Murakami – Naokos Lächeln
Nur eine Liebesgeschichte

,416 Seiten mit einem halben lachenden und eineinhalb weinenden Auge(n)

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“Ich lernte, dass nicht die wahrste Wahrheit den Schmerz zu lindern vermag, den wir beim Verlust eines geliebten Menschen empfinden. Weder Erkenntnis, noch Aufrichtigkeit, noch Kraft, noch Güte können diesen Kummer heilen. Wir können ihn nur durchleiden und etwas daraus lernen. Doch das, was wir daraus lernen, hilft uns nicht beim nächsten Kummer, der uns ohne Vorankündigung überfällt. Einsam den nächtlichen Wellen und dem Rauschen des Windes lauschend, hing ich Tag um Tag meinen düsteren Gedanken nach. Ich ernährte mich von Whiskey, Wasser und Brot und wanderte mit Sand in den Haaren und meinem Rucksack auf dem Rücken immer weiter nach Westen entlang.“

Es ist die Geschichte von Tóru Watanabe, einem jungen Tokioer Studenten, der seit dem Selbstmord seines besten Freundes nicht mehr richtig l(i)eben kann. Dieses Schicksal teilt auch, die in der deutschen Version den Titel spendende, Naoko.
Was folgt sind lange Spaziergänge ohne viele Worte --- Sex mit unzähligen Mädchen --- ein neues Mädchen: Midori --- und zwei weitere Selbstmorde.

Die Verwirrungen des Erwachsenwerdens, die Suche nach Liebe und (einem Sinn im) Leben, der Tod als letzter Ausweg. Ein ziemlich trauriger Roman mit einer Hauptfigur, die die meiste Zeit eigentlich nur durchs Leben treibt, die lange überhaupt niemanden lieben kann doch sich dann in ein Mädchen verliebt, welches selbst große Probleme hat zu „leben“. Und immer wieder begegnet einem der Tod, meist selbst herbeigeführt, oft ohne von den Hinterbliebenen verstanden zu werden.
Man lernt einen Tóru Watanabe kennen, der von sich selbst behauptet ein „Durchschnittsmensch“ zu sein, gleichzeitig aber ein Mensch ist der keine „normalen“ Charaktere um sich versammelt. Angefangen von seinem Freund Kizuki der ohne Abschiedsbrief und ohne ein Wort zu sagen Selbstmord beging, über den stotternden „Sturmbannführer“ mit dem Putzfimmel der sich für (Land-)Karten interessiert und Nagasawa dem Mädchenschwarm mit den abstrusesten Gedankengängen, bis zu den zwei wichtigen Frauen in seinen Leben: der lebensunfähigen Naoko und Midori, die sich freut wenn’s beim Nachbarn brennt ,die sich zur Unterhaltung gerne Pornofilme ansieht, sich einen extra kurzen Rock anzieht um die Patienten im Krankenhaus glücklich zu machen und sich von Tóru wünscht das er beim Masturbieren mal an sie denkt..

Ich hab mich beim Lesen dabei ertappt immer wieder darauf zu hoffen, dass sich alles zum Guten wendet. Die Sympathie und zum Teil Verständnis, vor allem für Tóru, kommt schnell bei einem Buch das nicht nur die Figuren oft enttäuscht, nein auch den Leser. Es ist aber ein Enttäuschtsein von der (Buch-)Welt, nicht vom Öffnen des Buches und dem Lesen darin.
Vielleicht ist es ein Buch das uns zeigt wie man nicht leben sollte, vielleicht bloß eines das für spannende Stunden sorgt, vielleicht aber auch nur knapp über 400 Seiten voller Wörter und Sätze die man besser nicht gelesen hätte. Ich muss ehrlich sagen ich konnte diese Entscheidung für mich selbst noch nicht treffen, die letzte Alternative schließe ich allerdings aus, auch wenn „Naokos Lächeln“ nicht ganz an „Mister Aufziehvogel“ oder „Tanz mit dem Schafsmann“ heranreicht fand ich es doch spannend zu lesen.

Auf alle Fälle ist es ein umstrittener Roman eines sehr umstrittenen Autors:
Neue Zürcher Zeitung :Das Buch geizt nicht mit dem, was im «Quartett» gerne «Stellen» genannt wird, doch kann Murakamis Pralinen-Erotik nicht verhehlen, dass das einzig Skandalöse an diesem Buch seine ganz und gar unerotische Sprache ist. Erklärtermassen hatte der Autor die Absicht, eine Liebesgeschichte von der genialen Einfachheit eines Beatles-Songs zu verfassen. Es hat freilich nur zu einer Instrumentalversion für die Kaufhauskabine gereicht. Mit diesem Buch outet sich Murakami einmal mehr als der Richard Clayderman der japanischen Literatur.
Die Zeit: Weshalb der japanische Schriftsteller Haruki Murakami erfolgreich ist und sein Roman "Naokos Lächeln" schön wie ein Lied.
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Beitrag: # 325349Beitrag wflo
5.1.2006 - 0:08

Sven Regener – Herr Lehmann

, 285 Seiten, „Ich habe sehr gelacht … und ich lache nur selten unter meinem Niveau“ (Marcel Reich-Ranicki)

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"Herr Lehmann" ist eine Geschichte, die man genausowenig nacherzählen kann, wie das eigene Leben; es passiert nichts dramatisches, es gibt zwar einige Ankerpunkte, an denen man die Geschichte festmachen kann, damit hat man aber noch gar nichts darüber erzählt, was dieses Leben wirklich ausmacht.( www.die-leselust.de)
Also versuchen wir wenigstens einen sehr kleinen Grundriss zu zeichnen:
Frank, der eigentlich von allen nur Herr Lehmann genannt wird, verdient sich seinen Lebensunterhalt, im kurz vor dem Mauerfall stehenden Berlin, wie die meisten seiner Freunde in einer Kneipe. Im Gegensatz zu seinen Freunden macht der 29-jährige allerdings sonst nichts. Während alle anderen den Job in der Kneipe nur als Überbrückung sehen, als eine Möglichkeit sich über Wasser zu halten und sich der Kunst widmen oder dem Studium, ist Herr Lehmann eigentlich ganz glücklich mit seinem Job und möchte eigentlich nichts anderes machen.

Mit Herr Lehmann zeigt Sven Regener dass er nicht „nur“ Liedtexte schreiben kann (Element of Crime), nein auch über die literarische Langstrecke ist er erfolgreich. Eine klare, einfache Sprache zeichnet dieses Buch aus. Ein Roman gespickt mit Dialogen die wie frisch aus dem Leben genommen wirken. Keine Unterhaltungen über Philosophie oder höhere Mathematik, ganz normaler Alltagsquatsch füllen die knapp 300 Seiten. Und es sind lustige Seiten. Ein leicht zu lesendes Buch das zum hemmungslosen Lachen einlädt, Humor mit Niveau. Ein Buch das ich jedem empfehlen kann. Der perfekte Stimmungsheber, und wie die Liedtexte von Regeners Band Element of Crime Alltagspoesie.


Hier noch ein Auszug von Lehmanns Ausflug in die DDR:
(einen Dank an die-leselust dafür dass ich ihn nicht selbst abtippen muss)

Nach etwa fünf Minuten war der Beamte wieder zurück, und er legte gleich wieder los, so als ob er gar nicht weggewesen wäre.
"Warum haben Sie, als Sie gefragt wurden, ob Sie etwas anzugeben haben, nicht den Beamten nach den Vorschriften gefragt, das heißt, die Frage offengelassen und sich erst einmal erkundigt, bevor Sie sie verneinten?"
"Moment", sagte Herr Lehmann verwirrt, "Könnten Sie das noch einmal fragen?"
"Warum haben Sie, als Sie gefragt wurden, ob Sie etwas anzugeben haben, nicht den Beamten nach den Vorschriften gefragt, das heißt, die Frage offen gelassen und sich erst einmal erkundigt, bevor Sie sie verneinten?"
Herr Lehmann begann, den Mann zu mögen. Der hat was, dachte er.
"Ich habe die Frage in diesem Sinne ja gar nicht verneint", sagte er, "ich habe gesagt: "Nicht dass ich wüsste". Das könnte man indirekt als Frage verstehen, zumindest aber als Hinweis darauf, dass mir die Vorschriften nicht bekannt gewesen sind, so dass man auf keinen Fall von bösartiger Täuschung oder so was ausgehen kann, ich hab ja gar keinen Hehl daraus gemacht..."
"Nein!" unterbrach ihn der Beamte.
"Wie, nein?"
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Beitrag: # 326268Beitrag José Miguel
10.1.2006 - 19:07

Vielleicht werden einige von euch dieses Buch nicht würdig genug finden um in das Kulturcafé zu kommen, aber vielleicht kommen ja ein paar auf den Geschmack.

Terry Pratchett: Schweinsgalopp
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Beschreibung:

"Alles beginnt irgendwo, obwohl viele Physiker anderer Meinung sind.

Auch auf der Scheibenwelt gibt es einen dicken Mann, der mit einem Schlitten durch die Lüfte fliegt und sein alljährliches Kommen mit einem Ho, ho, ho, ankündigt. Doch dieses Mal bleibt er verschwunden. Während der Tod aushilfsweise seinen Job übernimmt, versucht seine Großtochter herauszufinden, wo er steckengeblieben ist. Daß allerdings die Zauberer der Unsichtbaren Universität in der Zwischenzeit gefährliche Experimente mit der Rechenmaschine anstellen, die von Ameisen angetrieben wird, erleichtert ihre Aufgabe nicht gerade...



Die Weihnachtszeit ist vorbei und wir glauben alle den Stress mit Geschenken hinter uns zu haben, da kommt der Roman von Erfolgsautor Terry Pratchett gerade recht. Seine Scheibenweltromane wurden in 27 Sprachen übersetzt. Die Scheibenwelt ist eine scheibenförmige Welt mit einem Umfang von ca. 30.000 Meilen, die auf den Rücken von vier Elefanten (Berilia, Tubul, Groß-T'Phon und Jerakeen) ruht. Diese wiederum stehen auf dem Rücken der Sternen-Schildkröte Groß-A'Tuin, die durch den Weltraum „schwimmt“ – ein Weltbild, das von der indischen Mythologie inspiriert ist. Die Serie fasst im Moment über 30 Bände, ebenfalls diverse Zusatzlektüren wie z.B. Landkarten und Quizbücher. In allen Romanen nimmt Pratchett viele Sachen auf die Schüppe jedoch nie direkt, nur indirekt über seine Romane. Sein Wortwitz ist unübertroffen, auch wenn vieles durch die Übersetzung verloren geht, viele Fans bevorzugen daher die englischen Romane.

Fazit:
Ein weiteres Meisterstück von Terry Pratchett, welches einen immerzu zum Schmunzeln oder Lachen einlädt. Es ist auch nicht nur ein Buch für alle die die Weihnachtszeit komisch Revue passieren lassen wollen, sondern auch für die die normalen Fantasy Romane satt haben und nicht nur tausende Schlachten erleben wollen sondern auch mal Lachen wollen. Wie immer vereint der tolle Autor Spannung mit Witz und Wortspielen. Einfach nur empfehlenswert! Hier noch ein paar Zitate aus dem Buch:
Ein Mann mochte sich über Jahrzehnte hinweg mit dem Privatleben von Elementarteilchen beschäftigen, um plötzlich herauszufinden: Er wusste entweder was er war oder wo er war - aber nicht beides zugleich.
In den meisten Bereichen versagen Regierungen, aber sie erweisen sich als geradezu verblüffend fähig, wenn es darum geht, Dinge zu vertuschen
RZ: Punktewertung Vuelta 2006 und 2008, Etappensieg TdF 2010, 2011 und Giro 2012&2014, Berg Giro 2012, 2013, 2014 / Rad-Tipp: Giro dell'Emilia, Paris-Tours 2008, Tour de Romandie 2011, Eneco-Tour 2011, WM-Zeitfahren 2011 / Frauenfussball-Weltmeisterschaft 2007 / Fussball-Bundesliga 11-12
SKI: Whitney Houston Award 10/11, 11/12, 12/13, 13/14

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Beitrag: # 326689Beitrag wflo
14.1.2006 - 0:07

Tomte - Du weißt, was ich meine

, der Beginn einer langen Freundschaft

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8 Jahre, die eigentlich nur 3 waren, Geschwafel:
1998, in Österreich wurde noch mit Schilling bezahlt und wie die meisten anderen Dinge waren damals auch die CDs noch um ein gutes Stück billiger. Außerdem kam in diesem Jahr die erste Tomte CD auf den Markt.
Dann vergingen einmal 5 Jahre, und plötzlich bezahlt man in Österreich mit Schilling, Tomte hat schon längst ihre zweite Platte draußen und der damals noch sich im Teenageralter sich befindende wflo hört die ersten Tomte Lieder im Radio (ich glaub das war damals ein FM4 Mitschnitt von irgendeinem Festival, keine Ahnung ob’s das Frequency oder eines in Wiesen war). Danach vergehen wieder ein paar Monate.
2004, wflo verliert seine Freiheit und sein Zivillistentum, andere wiederum würden sagen der Staat ruft zum Dienste. Die Waffe sollte mein Freund werden, wurde sie aber natürlich nicht. Aus heutiger Sicht die bis jetzt dümmste Entscheidung meines Lebens. Doch auch diese 8 vergeudeten Monate hatten irgendwie etwas gutes, Tomte grüßt wieder diesmal von CD. Dann waren auch schon die nächste 2 Jahre ins Land und gestern beim Konzertecheck dann die freudige Überraschung: Tomte spielt mir ein Geburtstagskonzert. Es mag jetzt natürlich sein dass das Konzert nicht speziell für mich gespielt wird und dass weder Veranstalter noch Band eine Ahnung davon haben dass dieses Konzert genau an meinem Geburtstag stattfindet, Fakt ist trotzdem dass meine Lieblingsband an meinem Geburtstag ein Konzert in Wien gibt.
Bis dahin verbleiben 2 Monate in denen ich über alle vier Tomte CDs berichten möchte, die drei bis jetzt erschienen und dazu noch über „Buchstaben über der Stadt“, welche demnächst erscheinen wird.
Beginnen möchte ich diese Serie natürlich mit der ersten Platte der Hamburger. Also hier ein mal ein paar Auszüge:

Ich unterhalte mich lieber mit fremden
als mit allen guten Freunden
Denn da kann ich sagen, was ich will
ohne dass ich Konsequenzen fürchten muss
(Pflügen)

Kann mir irgendjemand sagen
wie man alles richtig macht
davon blieb ich bisher verschont
(Reality TV)

Ich hasste schon immer alle Bademeister
Schwimmen kann jeder
und "Eintritt frei" für immer
ich lerne schwimmen
(Ich lerne schwimmen)

Ich war so betrunken, dass ich vergaß
was ich auf den Bierdeckel schrieb, den ich in der Kneipe liegen las
Was wäre nur, wenn dieser eine Satz
alles wert wär, was ich je schrieb!?
(In Köln und dann in meinem Zimmer)

Ein Freund der glaub ich Testbild hieß ist heute nacht von uns gegangen.
Ein sicheres Zeichen, daß es einsam war und spät.
Und auch die Schwarzen gegen die Weißen darf es nicht mehr geben.
(Pantera)


Auf irgendeine Art ist dieses Album ganz anders als die 2 darauf folgenden. Liedsänger Thees Uhlmann klingt teilweise zornig, die Musik wirkt im Vergleich zum darauf folgenden irgendwie unfertig. Trotzdem, oder gerade deswegen, ein Wahnsinnsalbum, welches nur vom Ausdruck her nicht an die Nachfolger erinnert. Textlich einfach, und einfach top zugleich wie auch die zwei (hoffentlich drei) nächsten. Alltagspoesie, erinnert an Element of Crime. Erstaunend wie man so über alltägliche Dinge wie z.B. das Ende des Textbildes singen.
Der Text ist ja sowieso das was Tomte auszeichnet. Musikalisch sind sie sicher nicht schlecht, aber auch nicht wirklich weltklasse, textlich allerdings spielen sie ganz oben mit. „Ich hab den ganzen Tag Tulpen angepflanzt, doch ich fühle mich als hätte ich die ganze Welt gepflügt“
Auch jetzt nach 2 Jahren intensiven Tomte Hören machen sich noch keine Abnutzungserscheinungen bemerkbar. Der Zugang zu den Songs wird immer besser und je öfter man die Alben hört, desto mehr erinnern sie an Geschehnisse aus dem eigenen Leben.
Sicher wird diese Band nicht jedermanns Sache sein, und einige werden sich an Thees Stimme stoßen, manche behaupten er klingt wie eine rostige Gieskanne, ich kann diese Band aber nur jeden ans Herz legen. Wenigstens einmal anhören und dann selbst entscheiden. Besser wäre bei der Musik aber öfter durchhören, wenn’s nach ein paar Tagen noch überhaupt nicht gefunkt hat kann man noch immer aufhören.
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Beitrag: # 328888Beitrag wflo
30.1.2006 - 19:46

Tomte – Eine sonnige Nacht

, “Eine Liebe zur Musik, eine Liebe zu den Tönen“

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Du hast gesagt: "du bist der einzige Mann,
den ich nüchtern ertragen kann"

Ich bin die Chesna und du der Rust,
der niemals schlafen geht


Ruhiger und klarer, so wirkt das zweite Album der Hamburger im Vergleich mit ihrem Erstlingswerk. Der Zorn weicht der Melancholie, statt mit energiegeladenen Liedern wie „Ich lerne schwimmen“, wird der Zuhörer diesmal mit ruhigen und sanften Songs alla „Mit dem Mofa nach England“ verführt. Verführt sich fallen zu lassen, verführt einfach die Musik wirken zu lassen, die Augen zu schließen und über das Leben nach zu denken.
Alles, was lebt, wird langsam alt
Manchmal versteckt sich das verstehen.
------------
Das Leben ist so Hart,
es sollte ein Job sein,
man sollte Geld dafür bekommen

Natürlich sind nicht nur ruhige Songs auf der Platte, der Opener „Korn und Sprite“ sind für Tomte-Verhältnisse gleich zweieinhalb laute Minuten Musik, der Großteil der Platte ist aber eher wie eine Spazierfahrt mit dem Mofa mit unter 30 irgendwo in Frankreich als in einem Cabrio mit 160 Sachen auf der Landstraße zu rasen. Dieses langsame Tempo liegt Tomte viel besser. Wer bei dieser CD zugreift bekommt sicher keine Musik für Parties, was er/sie aber bekommt ist ein Stück Musik welches nach jedem Durchlauf immer ein bisschen schöner wird. Definiert sich Qualität denn nicht so?

Eine CD vor allem für die kälteren Monate und für regnerische Sommertage, aber auch für abendliche (Strand/Wald)- Spaziergänge.
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Beitrag: # 328914Beitrag Stephen Roche
30.1.2006 - 23:32

Geschichte machen
Stephen Fry

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Wie sähe die Welt aus, wenn Hitler nie geboren worden wäre?

Michael Young, genannt Puppie oder einfach nur Pup, Promovent im Fachbereich Geschichte im englischen Cambridge, Großbritanien, hat keine gute Woche: seine Freundin Jane verlässt ihn und seinem Doktorvater - einem kimonotragender Kriegshistoriker, nur eine der skurrilen Randfiguren Frys - missfällt der prosaisch-fiktive Stil der soeben eingereichten Dissertation (Titel: "Von Braunau nach Wien - Die Wurzeln der Macht; Inhalt: die ersten Lebensjahre Adolf Hitlers; Kosename: "Das Meisterwerk"). Wäre da nicht ein gewisser Leo Zuckermann, bliebe nur der erfrischende Stil des Autors, aber keine Geschichte.

Dass die Geschichte selbst zur Geschichte wird, verdankt der Leser dem Zusammentreffen Pups mit Leo Zuckermann, einem Physiker jüdischer Herkunft, der eine Art Vergangenheitsradio entwickelt hat, mit dem er jedes beliebige Ereignis der Historie in schlichten Farben auf einem handelsüblichen Monitor betrachten kann. Skurril? Noch lange nicht. Zuckermann ist nämlich nicht Zuckermann, sondern Axel Bauer, dem die Schuld seines als Arzt in Auschwitz tätigen Vaters auf der Seele lastet und der sich deshalb für Pups Arbeit mehr interessiert als der Kimonoträger (aber das hatten wir ja schon).

Und da wo ein Wille ist, bekanntlich auch ein fiktiver Weg sein muss, ergeben eins und eins gleich zwei, die Protagonisten machen Geschichte: das Vergangenheitsempfangsgerät wird kurzerhand zum Sender umfunktioniert, ein Braunauscher Brunnen mit einem Impotenzmittel vergiftet - und Hitler nie geboren ... Zuckermann bleibt Bauer ... aus Michael wird Mikey (jetzt Philosophiestudent in Princeton, USA), der sich aber an an nichts erinnern kann, außer an Fragmente seines wahren Lebens (was ist aber dieses wahre Leben?) ... und ein gewisser Rudi Gloder wird Führer der NSDAP und des Großdeutschen Reiches - jener Rudi Gloder, der zuvor in einer der zahlreichen historischen Rückblenden im Ersten Weltkrieg wegen Hitler erschossen wurde und der sich als der weitaus gewieftere, aber nicht minder gefährliche (im Gegenteil!) Staatsmann herausstellen sollte.

Stephen Fry gelingt ein Gedankenexperiment mit verblüffendem Ausgang. Very british, very good. Er beweist, dass eine zunächst abstrus anmutende Geschichte glaubhaft sein kann - und lässt die Historie als gleichermaßen veränderbare wie unveränderbare Laune des Schicksals erscheinen. Ein Paradoxon? Ja. Aber ein sehr reizvolles.
IONO1

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