Vuelta 2006

Alles, was mit reellem Radsport zu tun hat

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Fabian
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Beitrag: # 384667Beitrag Fabian
15.9.2006 - 19:06

Das war heute wieder mal eine Etappe zum Vergessen... Eine Ausreissergruppe, die schnell mal 10 Minuten Vorsprung hat und den Etappensieg unter sich ausmacht - das haben wir dieses Jahr doch schon zur Genüge gesehen. Wo bleiben da die hungrigen Sprinter? Sind die alle schon satt? Ich finde es viel interessanter, wenn sich auf den letzten 40 Kilometern eine Verfolgungsjagd zwischen Ausreissern und Feld ergibt und dann entweder die Ausreisser knapp durchkommen, oder es wenigstens einen vernünftigen Massensprint gibt. Aber so was wie heute, das ist wirklich keine Werbung für den Radsport. Aus dieser Vuelta ist die Luft draussen. Wenigstens hat der komische Part auch heute nicht gefehlt; kann mal einer erklären, was die Aktion von CEI und CSC sollte?
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demuelli
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Beitrag: # 384677Beitrag demuelli
15.9.2006 - 19:39

@Fabian:

Ich glaube auch wie die anderen, es hat einfach an der Stärke des Duos und insgesamt der taktischen Stärke von Astana gelegen. Dazu kam noch, dass Vino wenig Rennen in den Beinen hatte. Außerdem hat man bei der D-Tour schon gesehen, dass Vino ein paar Rennen braucht, bis er in Topform ist. Er hatte glaube ich bei der ersten Bergetappe D-Tour über fünf Minuten verloren und ist danach konstant geblieben.
Caisse ist für mich definitiv nicht das stärkste Team in den Bergen. Insgesamt ist CSC am stärksten besetzt. Bei der Vuelta fehlt Caisse einfach ein Edelhelfer.
Welcher Spanier sollten denn so stark wie Vino oder Valverde sein ? Gomez Marchante hat sicherlich eine starke Saison gefahren, aber ihn als Konkurrenz für die beiden zu sehen ist schon gewagt. Seine Platzierung ist trotzdem Spitze. Genauso Beltran, der war doch letztes Jahr noch nicht mal unter den Top 10. Dann doch eher Danielson. Und wer sonst noch von den Spaniern ? Mayo ? :lol:
Und Sastre war einfach platt und hatte auch bis auf Cuesta keine echten Berghelfer dabei.
Astana hatten z.B. bei den Bergetappen immer einen Fahrer in der Spitzengruppe, das war schon geschickt gemacht. Dann noch zwei Fahrer aufs Gesamtklassement. Wenn Karpets stärker gewesen wäre, dann hätten Caisse sicherlich die selben Möglichkeiten gehabt, aber so hat Valverde leider verloren und das hatte viele Gründe.

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Fabian
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Beitrag: # 384734Beitrag Fabian
16.9.2006 - 0:46

Ich kann deine Sichtweise sicherlich verstehen, teile sie aber, wie schon betont, nicht in allen Belangen. Ich kann dich nicht von meiner Meinung überzeugen, du mich nicht von deiner - lassen wir die Diskussion über subjektive Fragen damit am besten. Nur noch etwas dazu: Ich meine auch nicht alles, was ich schreibe, ernst, ich mag es einfach, ab und zu ein wenig zu provozieren und die Reaktionen abzuwarten ;)
Nun doch noch zu dem, was du geschrieben hast: Caisse ist nicht das stärkste Team in den Bergen - da bin ich absolut deiner Meinung. Allerdings finde ich nicht, dass CSC insgesamt am stärksten besetzt ist; in den Bergen haben sie Sastre, dann folgt etwas weiter hinten Bak (und O'Grady :lol: ), allerdings auch Bak schon mit deutlichen Abstrichen, ebenso wie Cuesta. Und Sastre ist verständlicherweise nicht mehr so toll in Form, wer kann's ihm verdenken... Aber auch sonst ist CSC meiner Meinung nach nicht am besten besetzt; am meisten Präsenz markieren konnte mit Abstand Discovery, das praktisch in jeder Ausreissergruppe einen mit dabei hatte und als Lohn auch mit deutlichem Abstand die Mannschafts- sowie mit Martinez die Bergwertung gewinnt. Auch in den Zeitfahren dürfte Discovery CSC ebenbürtig sein - nach dem Ausstieg von Cancellara wohlgemerkt. Der hatte massgeblichen Anteil am MZF-Sieg, deshalb war er am Ende auch so ausgepumpt.
Auch am Berg war Discovery enorm ausgeglichen, mit Danielson, Martinez, Beltran und dem überraschend starken Devolder fuhren meist gleich vier Fahrer in die Top15-20, einzig der Topfahrer fehlte. Brajkovic zweimal mit sehr starker Leistung am Berg, danach wurde ihm wohl seine Unerfahrenheit zum Verhängnis und am Ende wirkte er auch lustlos - verständlicherweise.
Am Berg konnte Astana meist einige Sekunden auf DSC gut machen, natürlich vor allem dank der zwei absoluten Topleute Vino und Kashechkin. Paulinho als drittbester Astana-Mann meist schon ausserhalb der Top20, dahinter folgte bis zu Redondo oder Yakovlev meist eine recht grosse Lücke. Astana also in der Spitze wohl am stärksten besetzt, in der Breite aber, und damit in der Ausgeglichenheit des Kaders, haben sie keine Chance gegen Discovery. Soweit meine Argumentation, weshalb ich DSC das stärkste Team dieser Vuelta finde.

Noch zu deiner Bemerkung, dass Caisse ein Edelhelfer fehlt: Karpets und Rodriguez wären, wenn sie auf eigene Kappe hätten fahren können, im GK wohl auch sehr gut klassiert; ich weiss nicht, ob Rodriguez nicht beinahe noch mit Valverde hätte mithalten können, zumindest am Berg. Insofern fehlte es de facto nicht an Edelhelfern, Valverde war einfach in den entscheidenden Momenten zu schwach, dass muss man so anerkennen und akzeptieren.

Zu den Spaniern: Es ist schade, dass Euskaltel mit Sanchez und Anton erst jetzt ganz zum Ende hin stark aufgekommen ist; vor allem Sanchez hätte Vino in Topform durchaus auch am Berg gefährden können. Luis Pérez habe ich ebenfalls schon stärker gesehen, er ist für mich auch einer der absolut besten Bergfahrer. Matinez lasse ich mal weg, der ist nur durch seine Flucht noch etwas nach vorne gerutscht, Mayo braucht man (leider) gar nicht zu erwähnen. Für Arroyo gilt ziemlich das Gleiche wie für Rodriguez, auch ein sehr starker Helfer, der aber nicht auf eigene Kappe fahren durfte. Bliebe noch Marchante, den ich zwar nicht als Konkurrenz für Vino sehe, aber stärker als Kashechkin hätte ich ihn doch eingeschätzt. Sei's drum, es wird eine nächste Vuelta geben, bei der sie uns alle eines Besseren belehren können - zumindest für ein Jahr ;) In diesem Sinne - Die in Anbetracht der knappen Abstände im GK wohl spannendste GT des Jahres geht zu Ende, wir haben teils grossartigen Sport, teils auch nur langweiliges Kilometer-Abspulen gesehen, trotzdem lohnte es sich, die Vuelta aufmerksam zu verfolgen, insbesondere natürlich auch wegen der Reifezeit, aber für einen Radsportfan ist die Vuelta, auch mit verhältnismässig nicht allzu anspruchsvollem Programm, immer ein Muss.
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demuelli
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Beitrag: # 384811Beitrag demuelli
16.9.2006 - 14:35

CSC meinte ich generell und nicht bei der Vuelta speziell. DSC hatte ich wohl verdrängt, da hast du vollkommen recht.
Ansonsten hast du sicher Recht, es ist ziemlich subjektiv, also belassen wirs dabei. ;)

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Fabian
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Beitrag: # 384821Beitrag Fabian
16.9.2006 - 14:49

Schade, dass das Zeitfahren heute nicht doppelt so lang war, dann wäre zumindest ein wenig Spannung da gewesen, so war ja eigentlich schon vorher alles klar. Allerdings weiss ich nicht so recht, was ich von dem Ergebnis halten soll; Vino vorne, das konnte man erwarten, Valverde angesichts des technisch doch recht anspruchsvollen Kurses auch, Samu profitierte wohl auch von seinen technischen Fähigkeiten. Überraschend für mich sind die guten Platzierungen von Sastre und Gusev; Sastre ist ja nicht unbedingt als Top-Zeitfahrer bekannt, und Gusev war gestern lange in der Spitzengruppe unterwegs. Allerdings fallen solche Sachen auf so kurzen Zeitfahrkursen wohl nicht allzu sehr ins Gewicht. Enttäuschend für mich ist eindeutig die Leistung von Millar, aber auch Gomez Marchante, Arvesen oder Devolder konnten ihre Leistung in der ersten Prüfung nicht bestätigen.
Alles in allem kann man dieses Zeitfahren wohl nicht unbedingt für eine Prognose hinsichtlich der WM verwenden; erstens kam es ganz am Ende einer dreiwöchigen Landesrundfahrt, und zweitens war es gerade mal halb so lang. Dennoch haben vor allem Vino und Bodrogi gezeigt, dass die Form zweifellos stimmt.
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4resistance
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Beitrag: # 384871Beitrag 4resistance
16.9.2006 - 17:38

Die Vuelta ist auf alle Fälle hochklassiger besetzt als der Giro! Wino und Valverde hätten bei der Tour sicher mit Klöden uns Sastre mithalten können. Ob das aber ein Simoni in Giro-Form gekonnt hätte, möchte ich bezweifeln!
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Beitrag: # 384873Beitrag Toursieger Ullrich
16.9.2006 - 17:43

Ich denke ja. Basso fuhr die Berge mit Watt zahlen hoch wie Lance in seinen besten Zeiten, beispielsweise 2001. Damals hatte auch keiner eine Chance gegen Armstrong. Simoni und Cunego sind alles keine schlechten, letzterer hat am Ende der Tour noch gezeigt was er kann. Aber das übertragen kann man eh nicht, es ist schwierig die ganzen GTs zu verglechen. Meines Erachtens war das jetzt die GT mit dem miserablsten Starterfeld von Klassement und Bergfahrer dieses Jahr, wenn man nur sieht wo O'Grady bei den Bergetappen ankommt, aber wie gesagt, dass lässt sich nicht gut feststellen.
Danke Jan!

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Snake
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Beitrag: # 384917Beitrag Snake
16.9.2006 - 22:10

O´grady war auch bei der letzten bergankunft der tour mit platz 37 auch ziemlich weit vorn und in die reihen der bergfahrer reingefahren.

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Beitrag: # 384945Beitrag Toursieger Ullrich
17.9.2006 - 1:14

O'Grady ist sicherlich für einen Sprinter ein hervorragender Bergfahrer, aber beileibe kein Top 25 Fahrer. Bei der Tour war er damals aber auch in einer Spitzengruppe und wurde dort frühestens am Colombière eingeholt und war dann glaub noch im flachen dabei als Tempofahrer. Was das angeht weiß ich es aber nimmer 100% genau.
Danke Jan!

CaptainKaos
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Beitrag: # 385210Beitrag CaptainKaos
17.9.2006 - 22:11

Ich möchte die 3 GTs in diesem Jahr gar nicht vergleichen. Der Giro hat im Gegensatz zu Tour und Vuelta in seinen Schwierigkeiten nicht einen Gang zurückgeschaltet.

Aber noch viel wichtiger, der Giro hat in einer ganz anderen Radsportwelt stattgefunden als Tour und vor allem Vuelta. Erst nach dem Giro sind Fahrer wie Basso, Ullrich, Mancebo etc. kein Thema mehr, Vinokurov hatte aufs falsche Saiz-Doping-Pferd gesetzt, Landis ist offensichtlich an seinem eigenen Anspruch und einer fast armstongschen Siegesverbissenheit gescheitert.

Ich bin der Meinung, dass die Radsportwelt zur Ruhe kommen muss. Erst wenn Operation Puerto, Landis, der Abschied von Armstrong, der dopingbegründete Abscheid von Basso, Ullrich, Mancebo etc. verarbeitet sind, finden wieder Ereignisse statt, die im Wesentlichen vom sportlichen Wert getrieben sind und bei denen man nicht bei einer Leistungssteigerung Verrat und Doping wittert.

Unter diesen Gesichtspunkten ist es eben ziemlich schwierig an eine ungedopte Vuelta zu glauben, auch wenn ich es keinem Fahrer unterstellen möchte. Es ist halt die Ungewissheit, ob sauberer Sport zu den Ergebnis geführt hat, das uns nun mit Abschluß der Vuelta präsentiert wird. Ich möchte es hoffen, aber der Glaube wird von Zweifeln erschüttert.

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Beitrag: # 385212Beitrag Toursieger Ullrich
17.9.2006 - 22:21

CaptainKaos hat geschrieben:Ich bin der Meinung, dass die Radsportwelt zur Ruhe kommen muss. Erst wenn Operation Puerto, Landis, der Abschied von Armstrong, der dopingbegründete Abscheid von Basso, Ullrich, Mancebo etc. verarbeitet sind, finden wieder Ereignisse statt, die im Wesentlichen vom sportlichen Wert getrieben sind und bei denen man nicht bei einer Leistungssteigerung Verrat und Doping wittert.
Bisher kehrte nach dem neuen Dopingfall immer wieder eine Normalisierung ein. Aber momentan ist der Glaube an den unsauberen Radsport so hoch, dass es dieses mal wohl um einiges länger dauern wird, bis viele wieder an einen sauberen glauben wird. Vorrausetzung dafür sind aber nicht wieder neue Dopingmeldungen. Wenn man sich da aber die letzten 2 Jahre ansieht, dann glaube ich nicht, dass es länger als 6 Monate geht, bis es den nächsten Prominenten erwischt. Und seien wir mal ehrlich, durch die neusten Fälle in Österreich und das Fahrer wie Paulinho weiter so begehrt sind und Valverde sogar weiter fahren darf kehrt doch keine Verdrängung ein. Die neue Vorwürfe gegen Armstrong, die eh nur das längst bekannte bestätigen, tun ihr letzteres. Ich glaube es gibt bisher keinen, der aufgrund der Operation Puerto von dem ganzen Ausmaß schockiert war und mit einem sauberen Radsport abgeschlossen hatte, der jetzt bereits wieder teilweise dran glaubt. Jetzt ist der Radsport mal wirklich gefraht Glaubwürdigkeit herzustellen und ich sehe bisher keinen wirklichen Anhaltspunkt woran man sieht, dass dies versucht wird. Vielleicht bei T-Mobile, aber auch da muss man abwarten. Da wäre es eigentlich auch nur konsequent gewesen den Ex Ferrari Patienten Rogers und Sinkewitz keinen Vertrag mehr anzubieten. Und auch so eine Heuchelei wie es Riis jetzt veranstaltet, glaubt doch keiner, der auch nur ein bischen über Riis und die Geschehnisse im Team CSC bescheid weiß.
Danke Jan!

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Escartin
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Beitrag: # 385414Beitrag Escartin
18.9.2006 - 20:56

Elf Seiten sind für eine GT doch arg wenig, zumal der Rennverlauf ja durchaus attraktiv war. Auch das ist ein Indiz für ein gewisses Problem der Vuelta momentan. Eigentlich sollte bei einem Podium mit zwei der höchstdekorierten aktiven Rennfahrern doch eitel Sonnenschein in Spanien herrschen, von einer nationalen Meisterschaft mit internationalen Gästen war man in diesem Jahr weit weg. Sollte das kein Zeichen für die gestiegene Bedeutung der Vuelta sein? Immerhin 10 Ausländer in den Top20. Aber da bleibt doch dieses Gefühl des absteigenden Astes. Hatte die Vuelta ihre besten Jahre nicht um die Jahrtausendwende? Doch. Was also hat sich seitdem verändert?

Zunächst ist die Schwäche der Vuelta auch eine des spanischen Radsports. Und die vielen Ausländer in der Gesamtwertung erklären sich nicht durch deren Stärke, die Dichte der starken Spanier hat abgenommen. Zur Jahrtausendwende waren mit Escartin, Beloki, Olano, Jimenez, Heras, Casero, IGG und Beltran fast 10 Spitzenrundfahrer von internationalem Niveau vorhanden, die sich auch bei der Tour oder dem Giro behaupteten. Nach dem unfreiwilligen Abgang von Heras und Mancebo trifft diese Bezeichnung heute nur noch auf Sastre und Valverde zu, Fahrer wie Nozal, Mayo oder Sevilla sind Einrunfahrthelden geblieben, Pereiro oder Zubeldia gehören allenfalls zur zweiten Reihe. Es ist ein wenig wie bei Fußballnationalmannschaften. Sind die eigenen Sportler im Ausland stark färbt das auch auf das nationale Rennen bzw. Team ab.

Banaler ist der Grund, der möglicherweise die Aufmerksamkeit der Zuschauer ablenkt. Die Vuelta ist im Kalender um zwei Wochen nach vorn gerückt, näher an die Tour, das schwarze Loch der medialen Aufmerksamkeit. Da erlahmt das Interesse selbst bei eingefleischten Fans ein wenig. Ob ein Termintausch mit der WM hier Abhilfe schaffen würde? Zweifelhaft. Schließlich profitiert die Vuelta auch von der Teilnahme von WM-Aspiranten wie Bettini oder Di Luca.

Im letzten Jahr war die Rede von einem Wechsel des TV-Partners in 2007, davon habe ich in diesem Jahr nichts gehört. Mit diesem wurden im Vorjahr die späten Übertragungsbeginne erklärt. Die dürfte sich dann ja 2007 wieder ändern. Auch durch die kurzen Übertragungen von Flachetappen mit Bergsprint haben der Vuelta zuletzt etwas das GT-Flair genommen. Man fühlte sich wie bei drei Wochen Katalonien-Rundfahrt. Große Bergetappen mit mehrstündiger Aktion gehören eben zu einer GT, die Andorraetappen der Jahre 99 und 01 waren ja auch wirklich schöne Bergetappen. Dies ist eine Baustelle, auf die man bei der Vueltadirektion Einfluss nehmen kann, Mehrpassetappen mit Übertragungen ab 14:30 sollten sicher möglich sein.

Ein wirklicher Fheler der Organisation ist aber wohl wirklich die Verlängerung der Etappen. Kurze Etappen von 140-160km Länge waren doch wirklich zu einem positiv besetzten Markenzeichen der Vuelta geworden, mir absolut unklar, wieso man darauf wieder verzichtet. Ausreißeretappen mit einer Viertelstunde Vorsprung der Ausreißer garantieren selten für spannenden Radsport. Nicht umsonst gab es in diesem Jahr keine Windkantensituationen.

Meine Wunschvorstellung wäre ein Stärkung des Doubles Giro-Vuelta, das von Heras, Tonkov oder Casagrande ja schon ganz erfolgreich bestritten wurde. Aitor Gonzalez hat es sogar mit einem Vueltasieg gekrönt. Dieses Double erscheint mir die wesentlich aussichtsreichere Möglichkeit, zwei starke GTs in einem Jahr zu fahren. Wie man es Teams und Fahrern schmackhaft machen könnte? Da fehlen mir auch konkrete Ideen, eine gemeinsame Geldprämie von Giro und Vuelta würde kaum lukrativ genug sein können.
"Wittgenstein pondered what time it could be on the sun (it was a nonsensical question, he concluded)." - The Economist

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Klaus und Tony
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Beitrag: # 385416Beitrag Klaus und Tony
18.9.2006 - 21:10

Wenn es eine wie auch immer geartete Kombi-Wertung von Giro und Vuelta gäbe, würden beide Rundfahrten indirekt die Überlegenheit der Tour anerkennen - und das ist wohl kaum vorstellbar.

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Alejandro V.
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Beitrag: # 385457Beitrag Alejandro V.
19.9.2006 - 1:26

Das die Vuelta nach der Renaissance des Giro die wohl "schwächste" der drei großen Landesrundfahrten ist, darüber wird man sich wohl kaum streiten müssen. Ich finde auch, dass früher die kürzeren Etappen wesentlich spannender waren als die jetzt wieder anderen Rennen angepassten Etappenlängen, da sich einfach mehr Fahrer eine Chance auf einen Tagessieg ausrechnen konnten. Der Rennverlauf ist dadurch nicht gerade attraktiver geworden, es entstehen, wie von Escartin schon bemerkt, Fluchtgruppen, die mit einem sehr großen Vorsprung vor dem Feld ankommen - solche Etappen bringen ja nicht einmal bei der Tour hohe Einschaltquoten.

Das geringe Zuschauerinteresse ist mir dennoch unerklärlich, da der Radsport in Spanien ja keinen geringen Stellenwert hat. Der frühere Termin ist vielleicht eine Begründung, da Ende August in Spanien auch die Primera Division ihren Betrieb aufnimmt und in diesem Jahr die Basketball-WM noch erschwerend hinzu kam; die Temperaturen in Spanien sind zusätzlich Ende August auch noch sehr hoch - wer hat schon Lust, bei über dreizig Grad am Straßenrand zu stehen und das über ein paar Stunden? Vielleicht trägt man einfach nur der Tatsache Rechnung, dass die Medien immer spektakulärere Rundfahrten wollen. Hier hat der Giro für mich ab 2004 richtig gepunktet - erst die kurzen, dafür sehr spannenden Bergetappen, im folgenden Jahr die sehr attraktiven Hügeletappen am Anfang und schwere Bergetappen über Giganten wie den Stelvio oder Finestre. Die Vuelta ist hier eindeutig ins Hintertreffen geraten, da man nur noch vereinzelt Spannungselemente vor dem Etappenende einbaut und die Bergetappen teilweise wenig attraktiv für den normalen Zuschauer sind. 1999 war die Vuelta in aller Munde, als man erstmals den Angliru befuhr (den ich übrigens gerne mal wieder integriert sehen würde), seitdem hat man für die Medien wenig klangvolles gemacht.

Eigentlich wäre aber für die Organisatoren nach den jüngsten Enthüllungen doch gerade der Sprung zurück zu den kurzen Etappen möglich, da sie ja schon damals damit begründet wurden, dass kurze Etappen weniger zu Doping verleiten, die Regeneration der Fahrer ebenfalls besser ist. Damit würde man zunächst einmal ein wichtiges Signal senden, was die Vuelta nach den Vorfällen 2004 und 2005 (ich hoffe nicht auch 2006) bitter nötig hätte. Andererseits frage ich mich, wie man überhaupt noch einer Rundfahrt helfen kann, wenn selbst der kicker, ansonsten immer bei der Stange, wenn es um deutsche Etappenerfolge geht, den Sprinterfolg Zabels nur in einem kleinen Nebensatz erwähnt in einem Artikel, in dem es wieder mal um Doping geht.
Bill Simmons über den WAS-ATL-Trade: "There's only one silver lining: the chance that Bibby and Rashard Lewis will run their high screen in Washington and immediately get attacked by cadaver-sniffing dogs."

CaptainKaos
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Beitrag: # 385524Beitrag CaptainKaos
19.9.2006 - 13:52

Ich würde die Popularität der Vuelta durch einen einfachen Satz beschreiben:

Die Vuelta hat für Spanien einfach nicht die Bedeutung des Giro für Italien oder der Tour für Frankreich.

Da helfen auch keine irgendwie gearteten Konstruktionen und um Gottes Willen keine Verknüpfungen Giro und Vuelta. Wir sehen doch in Zusammenhang mit der ProTour, dass über Rennen / Rundfahrten hinausgehende Ergebnislisten und Konstruktionen so gut wie keine Aufmerksamkeit erregen. Ich muss da z.B. ganz offen gestehen: Ich stelle mir zu Saisonbeginn nicht die Frage, wer die ProTour-Wertung gewinnt.

Vielleicht ist die Vuelta mit drei Wochen einfach nur überbewertet, weil Spanien neben Italien und Frankreich in der Vergangenheit eine Großzahl von guten Radfahrern hervorgebracht hat.

Aber damit sind wir wieder bei der guten alten Rennkalender-Diskussion angekommen ...

Eine Steigerung des Interesses durch Etappen wie auf den Angliru ist vielleicht eine Möglichkeit, aber eine Steigerung der Schwierigkeit dürfte auch sofort wieder eine Steigerung des Gebrauchs unerlaubter Mittel zur Folge haben.

Ich bin der Meinung, dass sich die Spannung vor allem durch den Verlauf von Etappen und Rundfahrten ergibt und halte darum auch den Vorschlag von Escartin für richtig, kurze und knackige Etappen zu fahren. Denn was bringt mir eine Bergetappe von 200 Kilometern Länge, wenn doch erst wieder am letzten Gipfel attackiert wird.

Toursieger Ullrich
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Beitrag: # 385561Beitrag Toursieger Ullrich
19.9.2006 - 16:08

Wurde in anderen Foren schon hinreichend diskutiert. Nicht der Schwierigkeit der Rundfahrten führen zu Doping, sondern der Wettbewerb untereinander. Gedopt wird um den Gegner zu besiegen und nur in vielleicht allerseltensten Fällen um eine Rundfahrt durchzustehen. Jan Schur hat ja sogar das Gegenteil gefordert, nämlich die Etappen wieder zu verlängern, damit der Radsport nicht mehr so anfällig auf anabole Steroide ist.

Was aber klar ist, die vielen Ausreiseretappen führen zu keiner Spannung, das war einfach Langeweile pur. Da ist ein schöner Massensprint um ein zigfaches besser. Am besten noch vielleicht mit Hügel am Schluss. Auch schwere Bergetappen fördern nicht zwangsläufig das Interesse. Das kommt auch immer auf die Konstellation an. Aber ich denke doch, dass eine Rundfahrt einfach ein paar Höhepunkte mit Namen und auch Tradition braucht. Alpe d'Huez und der Galibier verbindet man einfach mit der Tour, der Giro ist mit immer wieder neuen Höhepunkte gespickt, auf die der Fan einfach wartet. Dieses Jahr mit dem Kronplatz und Mortirolo, letztes Jahr mit dem Finestre und Stelvio, 2004 mit dem Gavia und Mortirolo. Nicht zu vergessen andere Berge wie der Monte Zoncolan, von dem immer wieder gesprochen wird.

Der Angliru wäre da so einer gewesen. Oder eben solche Königsetappen, wie sie der Giro, aber auch die Tour alle Jahre bieten. Gavia+Mortirolo und Galibier und Glandon während einer Etappe sind eben schon etwas. Da geb es mehr oder weniger nur die über den Alto San Lorenzo.

Aber letztendlich muss man zuegeben, gibt es eben nur wenige Berge mit dem "Reiz", ungleich beim Giro und der Tour und es fehlt eben die Tradition. Aber die muss man versuchen aufzubauen.

Dann muss es natürlich auch die große "Duelle" geben. Die Vuelta ist imho nicht fähig Stars zu schaffen, anders die Tour. Vielleicht hätte es da aus internationaler Sicht noch die gefallenen Stars Basso und Ullrich bedurft, aber aus nationaler Sicht war eigentlich alles dabei.

Und das Renngeschehen war zumindest teils, zum Beispiel am Alto de Monarchil, die beste Werbung für den Radsport. Man muss ja ehrlich sein. Am Anfang und am Ende war die Rundfahrt wirklichnett anzuschauen, zwischendrin war langeweile, aber bis auf den Monarchil und die Siege Etes^^ hatte ich nie "Radsport Fieber".
Danke Jan!

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Denis_Mentschow
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Beitrag: # 385588Beitrag Denis_Mentschow
19.9.2006 - 16:53

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Dieses Jahr mit dem Kronplatz und Mortirolo
der kronplatz wurde doch gar nicht gefahren :)

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Davide
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Beitrag: # 385590Beitrag Davide
19.9.2006 - 16:59

Er wurde schon gefahren, aber halt nicht bis nach ganz oben. ;)
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José Miguel
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Beitrag: # 385591Beitrag José Miguel
19.9.2006 - 17:08

Und das Renngeschehen war zumindest teils, zum Beispiel am Alto de Monarchil, die beste Werbung für den Radsport. Man muss ja ehrlich sein. Am Anfang und am Ende war die Rundfahrt wirklichnett anzuschauen, zwischendrin war langeweile, aber bis auf den Monarchil und die Siege Etes^^ hatte ich nie "Radsport Fieber".
Mag ja sein, aber die Tour war auch nicht spannender, von Testo-Landis Attacke mal abgesehen, fand ich die ersten schwierigen Etappen der Vuelta z.B. mit dem Beinahe-Sieg von Vino viel besser. Die Massensprints waren allerdings recht hochklassig besetzt und waren auch immer sehr spannend, die typischen Überführungsetappen hingegen weniger. Eine Rundfahrt, die den Giro 2005 an Spannung übertrifft, wird aber wohl noch auf sich warten lassen.
RZ: Punktewertung Vuelta 2006 und 2008, Etappensieg TdF 2010, 2011 und Giro 2012&2014, Berg Giro 2012, 2013, 2014 / Rad-Tipp: Giro dell'Emilia, Paris-Tours 2008, Tour de Romandie 2011, Eneco-Tour 2011, WM-Zeitfahren 2011 / Frauenfussball-Weltmeisterschaft 2007 / Fussball-Bundesliga 11-12
SKI: Whitney Houston Award 10/11, 11/12, 12/13, 13/14

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ETXE
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Beitrag: # 385601Beitrag ETXE
19.9.2006 - 17:22

CaptainKaos hat geschrieben:... Was bringt mir eine Bergetappe von 200 Kilometern Länge, wenn doch erst wieder am letzten Gipfel attackiert wird?
Ich würde mal sagen, eine solche Etappe bringt genauso viel wie eine 130 km lange Etappe mit einer autobahnähnlichen Bergankunft!

Bergetappen, und ich meine "echte" Bergetappen, brauchen einfach mindestens 3 schwere Bergwertungen, egal, ob sie im tal oder auf dem Berg enden. Und eine Selektion tritt eher auf, wenn die Etappe 200 km lang ist.

Auf der anderen Seite braucht es eventuell eine mutige Fahrweise. Wenn sich kein GK-Fahrer traut, vor dem letzten Anstieg zu attackieren, weil er entweder ein schwaches Team hat oder einfach Angst vor einem Einbruch hat, so kommt es einfach nicht vorher zu größerer Spannung.

Im übrigen gab es bei der Vuelta zwei echte Bergetappen in diesem Jahr mit mehr als 2 Kategorie-1-Bergen vor dem Ziel. Ich finde auch nicht, daß die Vuelta krankt. Wenig Publikum gab es schon immer. Habt ihr eigentlich auch mal daran gedacht, daß man in Spanien genau 7 bezahlte Urlaubstage im Jahr hat und daß die Arbeitszeiten von 8:00 bis 12:00 und von 16:00 bis 20:00 Uhr liegen??
Okay, in Italien ist das nicht viel anders, aber die Tradition des Radsport-Tiffoso ist eben eine andere als in Spanien.

Der Punkt ist mE ein anderer, nämlich daß der Spätsommer-/Herbsttermin der unglücklichste aller 3 GTs ist und außerdem, daß spanische Spitzenfahrer (von denen es tatsächlich nicht mehr so sehr viele gibt) teilweise sehr viel Körner im internationalen Einsatz verbrauchen. Somit haben etliche im August/September schon viel mehr Kraft gelassen als italienische Stars im Mai.

Ob sich daran etwas ändern lässt, wage ich zwar zu bezweifeln, jedoch für mich hat die Vuelta immer noch ihren Reiz. In diesem Jahr ganz besonders, da erstens die beinahe komplette Sprinterelite dabei war, zweitens durch den Astana-Tour-Ausschluß (und Valverdes frühes Tour-Ende) einige hochmotivierte Fahrer dabei waren und drittens die Streckenführung durchaus mit einer Tour de France konkurrieren konnte.

Und zu guter Letzt, langweilige Ausreißeretappen habe ich bei anderen GTs in den letzten Jahren wesentlich häufiger gesehen als bei der Vuelta. Das ist doch vollkommen normal, damit muß man eben leben. Schade, daß es in diesem Jahr keine Windkanten-Attacken gab, aber vermutlich gab es einfach zu wenig Kantenwind!?

Und, ein Rennen mit dem Giro 2005 zu vergleichen, führt immer dazu, daß das Rennen verliert. Eine Konstellation wie die beim Giro '05 mit dem doppelten Parra und Rujano gibt es eben so schnell nicht wieder!
Giro 2005 + Bergtrikot
Vuelta 2009 + Punktetrikot

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