Die Sattlerei

Tolle Bergankunft heute. So viele verschiedene Rennsituationen auf lediglich 3,5 Kilometern habe ich selten gesehen. Erst sind die stark aufgelegten Quintana und Chaves in Front, die am Ende doch ganz schön federn lassen müssen, während Froome eigentlich schon fast distanziert ist und zum Schluss sogar fast noch gewinnt. Der Tom Dumoulin ist aber im Moment faszinierend. Wie er mit seiner Statur heute die Konkurrenz mit solchen Leuten wie Rodriguez stehen gelassen hat, war extrem beeindruckend. Ich glaube, den werden Fromme und Co bis zum Ende der Vuelta nicht mehr völlig los.

Gesamtwertung nach dem Zeitfahren:
1 Tom Dumoulin (Ned) Team Giant - Alpecin 68:40:36
2 Fabio Aru (Ita) Astana Pro Team 0:00:03
3 Joaquin Rodriguez Oliver (Esp) Team Katusha 0:01:15
4 Rafal Majka (Pol) Tinkoff - Saxo 0:02:22
5 Nairo Alexander Quintana Rojas (Col) Movistar Team 0:02:53
6 Alejandro Valverde Belmonte (Esp) Movistar Team 0:03:15
7 Johan Esteban Chaves Rubio (Col) Orica - GreenEDGE 0:03:30

Wahnsinn, was das jetzt für ein Sekundenkrimi in den nächsten Tagen werden kann. Movistar mit Quintana/Valverde, Saxo-Tinkoff mit Majka und Katusha mit Rodriguez müssen viel riskieren, während Aru auf den richtigen Moment warten kann. Giant-Alpecin steht dagegen vor einer Herkules-Aufgabe, nicht völlig auseinander gefahren zu werden.

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Hab leider nur die letzten 25 Km sehen können, aber auch die hatten es ja noch in sich. Plaza vorne mit einem super Solo, aber auch wenn er ich ihn irgendwie mag, bei ihm schwingt auch immer ein bisschen mit, dass er früher bei Kelme bzw Comunidad Valenciana unterwegs war...

Dahinter schafft es Dumoulin zum einen leider, zum anderen doch etwas erwartungsgemäß nicht, das Trikot über die letzte Bergetappe zu bringen, auch wenn ich es ihm wirklich gegönnt hätte. Auf der anderen Seite natürlich eine tolle Teamaktion von Astana, die dann auch mit dem Gesamtsieg belohnt wird.
Insgesamt einfach eine klasse Etappe

in der Abfahrt vom vorletzten Berg is Dumoulin ja bis auf ca. 10 Sekunden rangekommen. Wenn ihm da der Anschluss gelungen wär, dann wär er jetzt noch vorn sag ich. Der letzte Anstieg war je nicht mehr so schwer. Schade für ihn, aber Astana hat genau zum richtigen Zeitpunkt angegriffen und dann in der Abfahrt und danach alles richtig gemacht mit Zeits und Sanchez. Starke Teamleistung von denen. Das Solo von Plaza war natürlich richtig stark. Lampre nutzt diese Taktik mit den Angriffen weiter vom Ziel einfach sehr gut aus, zu diesem Zeitpunkt herrscht dann beim Nachführen immer erstmal Uneinigkeit.

Das GC sieht schon krass aus. Von Platz 2 bis 9 immer nur 1 Sek. Abstand zwischen den Fahrern...

Extrem bitter für Dumoulin auf der letzten Etappe noch so weit zurück zufallen. Trotzdem muss man den 6. Platz als Riesen-Erfolg für ihn und Giant werten mit dem wohl niemand gerechnet hat.
Ich glaube aber nicht dass er zum großen GT-Fahrer wird, das kann er nicht immer in langen Zeitfahren aufholen.

reblaus hat geschrieben:Ich glaube aber nicht dass er zum großen GT-Fahrer wird, das kann er nicht immer in langen Zeitfahren aufholen.

Langes Zeitfahren? Nur ein Zeitfahren? Und zwei Minuten? Naja. Das war nun wirklich nicht extrem relevant für das Ergebnis. Klar, die mehrbergigen und zugleich anspruchsvollen Etappen fehlten weitestgehend, aber mit etwas weniger Gewicht, Wiggins lässt bspw. grüßen, kann sich Dumoulin schon da vorne etablieren, denke ich.

Ich könnte mir auch etwas in der Richtung vorstellen. Ein bisschen weniger Gewicht, um auch an den ganz schweren Bergen noch mithalten zu können, und natürlich ein paar Teamkollegen, die ihn auch im Hochgebirge noch unterstützen können. Ob er letztere bei Giant in den nächsten Jahren finden wird, wage ich mal zu bezweifeln, da man mit Kittel und Degenkolb zwei absolute Topsprinter dabei hat und da ja auch noch ein paar vielversprechende hinterherkommen. Barguil wäre vllt einer, aber der hat ja selber noch Potential nach oben und wird sich wohl kaum regelmäßig für Dumoulin opfern.

Insgesamt aber sicherlich eine interessante Erfahrung für den Niederländer. Er kann Grand Tours (auch wenn Giro oder Tour sicherlich nochmal was anderes sein dürfte), nun muss er sich langsam entscheiden: Passt er sein Training an, um in Zukunft bei den ganz großen Rundfahrten ein Siegkandidat zu werden, oder bleibt er bei seinem bisherigen Programm und setzt auf Zeitfahren und einwöchige Rundfahrten? Letzteres scheint mir der sicherere Weg, da ist er ja jetzt schon ein Kandidat für Top-Ergebnisse. Zudem wird es sicherlich mal wieder ein Jahr geben, wo die Vuelta (oder auch die Tour) zeitfahrlastiger sein wird.
Erinnert insgesamt ein bisschen an Tony Martin vor einigen Jahren, wobei der in den Bergen ja noch nie so kontinuierlich auf Top-Niveau unterwegs war.

Ich vermute, er wird jetzt, da er an so einem Erfolg geschnuppert hat, schon ein echter Rundfahrer werden wollen - und deshalb bald das Team wechseln. Offerten wird er nun einige bekommen, nehme ich an.

Wäre aus Sicht von Giant-Alpecin allerdings wenig nachvollziehbar ihn ziehen zu lassen. Schließlich hat man trotz der deutschen Lizenz noch eine Starke Fokussierung auf die Niederlande und die würde man dann ein wenig verlieren. Dafür wird man allerdings Dumoulin ein entsprechendes Umfeld bieten müssen. Wobei zwei etwas stärkere Bergfahrer eigentlich ausreichen würden. Fahrer, wie sie Movistar und Astana in ihren Reihen haben, gibt der Markt aktuell nicht her. Außerdem wird man wohl nicht so oft in die Lage kommen, wirklich ein Feld bei einer Grand Tour über mehrere Etappen oder Wochen hinweg kontrollieren zu müssen. Das werden auch in Zukunft Saxo-Tinkoff, Astana, Movistar und Sky übernehmen.

Gestern hätte es doch schon gereicht wenn man einen guten, soliden Mann in der Gruppe gehabt hätte, den man hätte zurückrufen können. Degenkolb vorne und Dumoulin wäre (zusammen mit ihm) wieder reingefahren.

Wenn du einen Fahrer willst, der in dieser Phase noch bei seinem Kapitän bleiben kann musst du tief in die Tasche greifen. Und Fahrer, die dann nicht auch selbst Kapitän sein wollen gibts nicht wie Sand am Meer. So Leute wie ein Moreno, der alles für Purito getan hat, obwohl sein Vertrag nicht verlängert wurde. Landa hingegen hat sich kaum überarbeitet für Aru.

Im Allgemeinen finde ich die Vuelta (hier und anderswo) eigentlich unterschätzt. Nicht jedes, aber doch in sehr vielen Austragungen seit der Verlegung in den September ist es doch ein schönes Schaulaufen der Restsubstanzen nach einer langen Saison. Ich freue mich jedenfalls schon immer wieder, diesen nach Sekunden jagenden Bergsprints zuzusehen und auch über die mitunter überraschenden Protagonisten in den Top Ten. Hat natürlich eine andere Charakteristik als die beiden großen Schleifen davor, ist aber damit nicht wesentlich uncharmanter. Pro Vuelta.