Jerdona Zeres [Vuelta 2007 - beendet]

FIKTIVE Radsport-Geschichten von Usern, die sich für schreibtalentiert halten

Moderator: Grabba

Jojo
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Beitrag: # 319771Beitrag Jojo
24.11.2005 - 16:16

Der AAR ist super, mach weiter so!!! Genug Lob? Wenn nicht dann kann ich noch mehr schreiben...

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Kim Kirchen
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Beitrag: # 319772Beitrag Kim Kirchen
24.11.2005 - 16:17

Ich lese es immer wenn du postest!!!

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arkon
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Beitrag: # 319851Beitrag arkon
24.11.2005 - 22:24

27. August 2005, Granada, Spanien

"Endlich gehts los!"
Erleichtert und gespannt zugleich war Julian Gorospe einen Blick zu seinem Beifahrer, Manilo Sartorio, hinüber. Er würde mit ihm zusammen die gesamte Vuelta im Auto verbringen, nachdem er ihn auch schon während der letzten Teile der Vorbereitung begleitet hatte. Manilo war ein relativ neuer Teambetreuer, aber alleine schon die Tatsache, das er die wichtigste Landesrundfahrt zusammen mit dem Chef im Auto verbringen durfte, sprach Bände über seine Leistungen und den Respekt, den ihm die Verwantwortlichen entgegenbrachten.
Soeben war der erste Fahrer, Joan Horrach, von Liberty Seguros von der Startrampe gerollt. Alles was nun folgte gehorchte einem fest einstudierten Plan und unterlag strengen Regeln. Wer sich nicht daran hielt, lief Gefahr, vom Rennen ausgeschlossen zu werden. Nicht nur die Fahrer standen unter immens hohem Druck.

Noch 2 Stunden bis zu seinem Start. Jerdona Zeres saß im Mannschaftsbus und verfolgte das Rennen, unterhielt sich mit einigen Kollegen und Teambetreuern, aß ein wenig und genoß noch einmal die Klimaanlage. Nachdem er auf seine Uhr geschaut hatte, packte er seinen Krempel zusammen und setzte sich raus. Er musste sich an die Hitze gewöhnen. Die Rolle würde noch warten müssen.
Auch draussen saßen einige Teamkollegen rum, die ebenfalls auf ihren Einsatz warteten. Ab und zu huschte eine Fernsehkamera vorbei, einige vereinzelte Reporter baten um Interviews. Bis auf einen kleinen Fernseher, auf dem die Streckenübertragung zu sehen war, deutete nichts direkt offensichtliches auf die Anspannung vor einem Radrennen hin.

"Ich wusste es!" Ein Triumphierendes lächeln blitzte auf dem Gesicht des Reporters auf, der auf Rogers gesetzt hatte. Sein Schützling hatte soeben die Bestzeit gebrochen und dabei sogar einen Lotto-Fahrer fast überholt.
"Freu dich nicht zu früh." gab Tobias zurück. Weder Cancellara, noch Botero, Rich oder Julich waren gefahren. Auch die Zeit von Zubeldia stand noch aus.
Langsam aber kam ein wenig Bewegung in das Zeitfahren. Immer mehr bedeutende Namen tauchten auf. Bald würde Zubeldia von der Rampe gehen, der nächste Euskatel-Profi würde schon Zeres sein.
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Der Blick war stur geradeaus gerichtet. Schweiß tropfte schon in Strömen an ihm herab. Obwohl Jerdona noch auf der Rolle saß, machte ihm das Wetter schon schwer zu schaffen. Nur ja genug trinken!
Er tastete sich nichtmal in die Nähe des roten Bereichs, doch trotzdem reagierte sein Körper fatal auf die große Hitze. Und als Baske war er daran gewöhnt und hatte somit einen Vorteil. Er mochte garnicht daran denken, wie sich die Mittel- und Nordeuropäer fühlten.
Die Musik aus seinem MP3-Player trieb ihn stur weiter durch das Trainingsprogramm. Die BPM-Zahl der Stücke war exakt auf das Fortschreiten des Einfahrens abgestimmt. Er hatte die Stücke selber ausgewählt, den Einfahrplan jedoch zusammen mit der Teamleitung speziell für sich erarbeitet. Eigentlich sollte dieser Plan verhindern, das man zu schnell oder zu langsam in Schwung kam. Dazu stieg das Tempo der Stücke stetig an. Mit Rücksicht auf die Temperatur jedoch wiederholte Jerdona einfach das laufende Stück, um dann später das letzte zu überspringen. So eine Maßnahme war nicht abgesprochen, lag aber noch in dem Rahmen dessen, was er sich auch noch in dieser Situation selber an Entscheidungen zutraute.

Zubeldia rollte von der Rampe. Hinter ihn im Auto stoppte Manilo die Zeit. Der eigene Zeitmesser garantierte eine stetige und genaue Zwischenzeit, die mit den eigenen Trainingswerten verglichen werden konnte. Für jeden Fahrer gab es eine Tabelle. Die Kunst bestand natürlich darin, die Tabelle um den entsprechenden Faktor nach oben zu korrigieren. Die Zeiten basierten auf Testfahrten, die die Fahrer vor mehreren Monaten, aber auch erst vorgestern erledigt hatten. Heute waren natürlich alle in besserer Verfassung, was den Ausgleich der Zeiten schwierig machte. Letztlich musste der Fahrer zwar selber wissen, wie schnell er fuhr, aber neben dem ewigen gebrüllten "Venga, Venga" steckten die Betreuer den Athleten auch einige nützlichere Tipps zu.

Diesmal konnte Schuster breit Grinsen. Cancellara hatte soeben seine Bestzeit gefahren. Die allmählich nachlassende Hitze begünstigte natürlich seine Fahrt, aber trotzdem hatten nur wenige dem Schweizer ernsthaft ein so gutes Ergebniss zugetraut. Bisher hatte er wenig von sich gezeigt im Radsportjahr, und nach einer Tourteilnahme noch einmal alle Reserven zu mobilisieren war aller Ehren wert. Doch würde es zur einer Wiederholung seines 2004er Triumphes bei der Tour reichen?
Tobias hohlte sich schon einmal ein kühles Bier um sich ein wenig abzukühlen und mit sich selber auf den Zwischensieg anzustossen. Sein zweiter Favorit sollte noch kommen, aber er würde heute bei einem Zeitfahren wohl nicht um den Sieg mitfahren können.
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Der letzte Fahrer vor ihm rollte von der Rampe. Nun lag es an ihm. "Zeres, Jerdona" rief der Starthelfer ihn auf. Er rollte die kurze Rampe hinauf wo er von einem Offiziellen in Empfang genommen wurde. Nur zur Routine kontrollierte dieser kurz die Startnummer, dann hatte Jerdona nur noch die Strecke vor sich.
Er klickte in die Pedale ein, zurrte kurz an den Verschlüssen herum, nahm noch einen Schluck aus seiner Flasche, ließ ihn sich durch den Mund gehen. Der Offizielle zählte an, die Hand kam in sein Sichtfeld, noch 3, 2, 1... mit aller Kraft nahm er Schwung, schoß die Rampe hinunter und kam sofort in den Tritt. Das mittlerweile kühlere Wetter rettete ihn vor ersten Schweißausbrüchen. Die erste, kurze Doppelkurve, dann die breite Straße zum Fuße des Anstiegs... er kannte alles in und Auswendig.
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Emanuel im Wagen hinter sich kaute sich vor Nervosität fast die Nägel ab. Hatten sie alles richtig gemacht? Hatten sie nicht irgendetwas vergessen? Er war immer einer derer gewesen, die sich für Jerdona stark gemacht hatten, jetzt musste er beweisen, wozu er fähig war. Diese Vuelta würde auch für ihn ein schwerer Test werden.

Die enge Gasse hinauf zur Alhambra war angefüllt, angefüllt von Leuten, Geschrei, Emotionen, Hitze, einfach von Radsport. Selten hatte er sich so lebendig gefühlt wie in diesen Momenten, umgeben von Menschenmassen, die ihn irgendeinen Hügel hinaufschrien.
Obwohl er dies alles nur durch einen Schleier wahrnahm, half es ihm doch erheblich, den Weg hoch noch ein wenig schneller zu nehmen.

Gebannt blickte Schuster auf den Monitor mit der Liveübertragung. Zeres näherte sich der Zwischenzeit oben auf dem Gipfel. Was würde er fahren können? Bergauf war sein Terrain, er müsste also weiter vorne sein, wenn er in Form wäre.
Jetzt erreichte er die stationären Kameras... 6!! Aber die Zeit lief noch. Noch ein paar Meter... 18. Naja, ein wenig enttäuschend, nach dem tollen zweiten Zeitfahren bei der Dauphinee, wo er bei der Zwischenzeit nur von Lance Armstrong geschlagen worden war. Und hier büßte er schon Bergauf ein... Aber das Rennen war noch nicht gelaufen.

Den Stöpsel hatte er sich schon längst aus dem Ohr gerissen. Zwischenzeiten konnte er jetzt nicht gebrauchen. Bei einem so kurzen Parcours konnte man ohnenhin kaum noch etwas an der Zeit drehen. Hier hieß es nur: Augen zu und durch. Und genau das tat er jetzt.

Emanuell brüllte sich die Seele aus dem Leib. Selten hatte man den eher ruhigen Nachwuchsbetreuer so aus dem Häuschen gesehen. "Venga, Venga!!!" Hätte er selber treten können, er hätte es getan. Aus dem Fenster gelehnt, mit einer Hand am Steuer und das andere am Megafon, feuerte er "seinen" Fahrer an.

Die Abfahrt war schnell, verdammt schnell. Er gab, was er konnte, und schnitt die langen, weiten Kurven so gut er konnte. Zum Glück waren es keine engen Kurven, wie bei der Friedensfahrt, wo ihn ja ein Sturz auf einer Abfahrt seinen Etappensieg gekostet hatte. Aber das war schon wieder weit weg.

Die stationären Kameras schwenkten jetzt auf Jerdona Zeres. Tobias blickte erneut starr auf den Bildschirm. Die ersten Zeiten... nein, das würde nicht reichen. 18. Platz, und die Zeit lief noch. Jetzt wurde er durchgereicht...

Die letzten Meter, nocheinmal alles geben...

35. Platz. Nicht ganz das, was sich Tobias erhofft hatte, aber immer noch ein gutes Ergebniss.

35!! Es gab nur 34 Menschen, die bei seiner eigenen Landesrundfahrt schneller waren! Na gut, die Etappe war noch nicht zu Ende, aber es war schon einmal ein gutes Ergebniss.

Etwas ernüchtert blickte Gorospe zu Manilo Sartorio. "Es kommen ja noch die Berge" gab dieser in ganzer Lebensweisheit zu bedenken. "Ja, und eben das macht mir Sorgen." Grinste der Chef der Basken zurück.

Am Schluss kam noch Santiago Botero auf den zweiten Platz, aber niemand konnte Ernsthaft die Zeit von Fabian Cancellara gefährden. Das bedeutete für Tobias, das er nicht nur heute Abend wohl billig leben würde, sondern auch noch Morgen wohl wieder gegen einen Kater zu kämpfen hatte.

1 Fabian Cancellara FASSA BORTOLO 7'58
2 Santiago Botero PHONAK HEARING SYSTEMS + 14
3 Michael Rogers QUICKSTEP + 17
4 Uwe Peschel GEROLSTEINER + 25
5 Juan Carlos Dominguez SAUNIER DUVAL - PRODIR + 38
6 Michael Rich GEROLSTEINER + 39
7 Levi Leipheimer GEROLSTEINER + 41
8 George Hincapie DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM s.t.
9 Jens Voigt TEAM CSC + 42
10 Floyd Landis PHONAK HEARING SYSTEMS + 47
...
40 Jerdona Zeres EUSKALTEL - EUSKADI + 1'14
53 Francisco Mancebo ILLES BALEARS + 1'22
141 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS - WURTH + 1'46

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T-MobileFan
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Beitrag: # 319947Beitrag T-MobileFan
25.11.2005 - 14:28

Bilder funktionieren nicht :(

Aber trotzdem geiler Renn- und überhaupt AARBericht!
Ob wir siegen oder verlieren, wir stehen immer hinter dir!

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arkon
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Beitrag: # 320053Beitrag arkon
25.11.2005 - 20:57

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Tom Boonen auch bei der Vuelta nicht zu schlagen!

Massensprint bei der zweiten Etappe - Cancellara verteidigt Gold

Mit einer beeindruckenden Vorstellung des jungen Belgiers Tom Boonen ist die zweite Etappe der Vuelta zu Ende gegangen. Auch bei der Spanienrundfahrt ist der belgische Newcomer, Dominator des Frühjahrs und der Tour nicht zu schlagen. Und das obwohl mit Petacchi, O'Grady, Zabel, McEwen und Freire die Konkurrenz nicht gerade schwach besetzt ist.
Vor den Sprintern versuchten es aber dagegen eine ganze Reihe von Aussreissern. Bereits ziemlich früh formierte sich eine 9-köpfige Spitzengruppe, die auch zunächst den Rennverlauf bestimmte. Die maximal nur 3 Minuten Vorsprung zeigen, dass das Feld hart arbeitete. Besonders Fassa Bortolo wollte die Konkurrenz nicht zu weit weglassen. 100 km vor dem Ziel machte sich eine 4er Gruppe unter Backstedt und Gil an die Verfolgung, erreichte jedoch ihr Ziel nicht. Vorne versuchte es Weseman mit einer Soloflucht, wählte mit 90 km vor dem Ziel jedoch keinen besonders günstigen Moment. Er wurde ohnehin nach einigen Kilometern wieder von der Spitzengruppe geschluckt, die die Schlagzahl deutlich erhöhte.
Doch auch das sollte ihr nicht helfen. Den letzten Kategorie 3 Berg kurz vor dem Ziel sollte sie schon nicht mehr alleine erreichen. Quickstep und Fassa Bortolo bestimmten das Tempo und ließen garnicht erst die Möglichkeit zu einer Attacke entstehen. Der Sprint war folgerichtig auch sehr hart und schnell und wurde zu einer Demonstration Boonens, der von weit hinten alleine anfuhr und mit Heeswijk und Cipollini zwei fachkundige Konkurrenten an seinem Hinterrad hatte. Jedoch reichte es wieder nicht für die Konkurrenz. Als Überraschend kann man dennoch den zweiten Platz von Oscar Freire werten. Man kann für die nächsten Tage auf einen knappen Kampf der Sprinter hoffen.


Etappenergebniss
1 Tom Boonen QUICKSTEP 4h02'53
2 Oscar Freire RABOBANK s.t.
3 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO s.t.
4 Stuart O'Grady COFIDIS s.t.
5 Allan Davis LIBERTY SEGUROS - WURTH s.t.
6 Erik Zabel T-MOBILE TEAM s.t.
7 Mario Cipollini LIQUIGAS-BIANCHI s.t.
8 Robbie McEwen DAVITAMON - LOTTO s.t.
9 Max van Heeswijk DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM s.t.
10 Fred Rodriguez DAVITAMON - LOTTO s.t.

Gesamtwertung
1 Fabian Cancellara FASSA BORTOLO 4h11'32
2 Santiago Botero PHONAK HEARING SYSTEMS + 1
3 Michael Rogers QUICKSTEP + 3
4 Uwe Peschel GEROLSTEINER + 16
5 Michael Rich GEROLSTEINER + 24
6 Oscar Pereiro PHONAK HEARING SYSTEMS + 32
7 Serhiy Honchar DOMINA VACANZE + 33
8 Juan Carlos Dominguez SAUNIER DUVAL - PRODIR + 39
9 Igor G. De Galdeano LIBERTY SEGUROS - WURTH + 40
10 George Hincapie DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM s.t.

Sprintwertung
1 Tom Boonen QUICKSTEP 25
2 Fabian Cancellara FASSA BORTOLO 25
3 Oscar Freire RABOBANK 20
4 Santiago Botero PHONAK HEARING SYSTEMS 20
5 Michael Rogers QUICKSTEP 16

Bergwertung
1 Fred Rodriguez DAVITAMON - LOTTO 6
2 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO 4
3 Viatcheslav Ekimov DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM 2
4 Pavel Padrnos DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM 1[/b]

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arkon
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Beitrag: # 320278Beitrag arkon
27.11.2005 - 0:30

29. August 2005, Puertollano

Er sagte nicht mehr viel. Ausser ab und zu einem "Verdammter Mist". Damit befand er sich im Teambus in guter Gesellschaft. Die heutige Etappe war einfach ein bisschen zu viel gewesen. Nur selten hatte es eine schnellere Etappe bei der Vuelta gegeben. So jedenfalls kam es den meisten vor. Nur 153 km lang war das heutige Teilstück gewesen, und nur einige wenige bissige Anstiege standen auf dem Streckenplan. Trotzdem waren sie alle völlig ausgepowert.
Der Rennverlauf hatte natürlich einiges dazu beigetragen. Vom Start weg gab es viele Attacken. Die kurze Strecke und vor allem die Hügel auf dem Weg zum Ziel zogen alle üblichen Verdächtigen an. So bildete sich unter der Führung von Ivanov und Horner schon früh eine 14-köpfige Spitzengruppe. Fassa Bortolo, mit Blick auf das Goldene, und vor allem auch Quickstep, für Boonen, hielten das Tempo hoch und ließen die Gruppe nicht weg. Aber als diese erste Gruppe eingeholt war, ging der Zirkus erst richtig los. Alles, was Beine hatte, schien im Laufe der Etappe attackiert zu haben. Auch einige der jetzt Anwesenden hatten sich getestet. Die ewigen Attacken, vielen Spitzengruppen, Vorstösse und taktische Manöver vorne im Feld war den Verantwortlichen bei den Sprinterteams wohl zu wirr gewesen. Mit einem unglaublichen Tempo raste das Hauptfeld dem Ziel entgegen, einige Fahrer vielen sogar hinten heraus, vor allem natürlich die einstigen Angreifer.
Kurz vor dem Ziel war es dann nur noch eine große Gruppe gewesen, die an Front lag. Unter ihnen jedoch kein Euskatel-Profi. Daraufhin gab es den Freischein für alle mit Siegambitionen. Die meisten Fahrer jedoch waren schon am Ende ihrer Kräfte gewesen.
Nicht so Jerdona. Als lachender Dritter quasi hatte er selber das Heft des Handelns an sich gerissen und war nach vorne geflüchtet. In den engen Kurven der Stadt hatte er sich sogar zeitweilig vom Feld absetzen können. Ihm gellten noch jetzt die Schreie von Emanuell in den Ohren. "Venga, Venga" Doch schließlich hatte er sich dem Tempo des Feldes beugen müssen. Die Ausreisergruppe hatte er erreicht, aber der Abstand zum Hauptfeld war zu gering gewesen. Als der Sprint eingeleitet wurde, spürte er deutlich die geleistete Arbeit in den Beinen. Trotzdem hatte er vorne mitsprinten können und war erst auf den letzten Metern von, wie könnte es auch anders sein, Boonen und Petacchi, überholt worden. Die beiden fuhren dieses Jahr einfach in einer anderen Liga.
Der dritte Platz war dennoch ein riesiger Erfolg. Nur so recht freuen konnte er sich im Augenblick nicht darüber. Die Erschöpfung war bei ihm, wie auch beim Rest des Teams, einfach zu groß.

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arkon
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Beitrag: # 320333Beitrag arkon
27.11.2005 - 13:28

30. August 2005, Argamasilla de alba
4. Etappe Vuelta a Espana

Mittlerweile hatten sie sich an die Situation gewöhnt. Tag für Tag verbrachten Julian Gorospe und Manilo Sartorio nun die Etappen gemeinsam im Auto. Und während der eine zwar der Chef war, so mussten sie doch Hand in Hand arbeiten, um die anliegenden Aufgaben zu bewältigen. Vor dem Start wuselte Manilo umher, sprach mit Fahrern, Technikern, Ärzten, Organisatoren und versuchte, den Überblick über das gesamte Team zu behalten. Julian beschränkte sich eher auf die Fahrer, diskutierte mit ihnen während des Vormittags die Tagesform, mögliche Taktiken und was die Etappe wohl bereithielt. Manilo kam zwar zum Teammeeting dazu, aber das Groß der Gespräche fand doch zwischen Fahrer und Gorospe statt. Während der Chef den Kontakt pflegte, lud Manilo auch möglicherweise benötigte Sachen in das Auto. Diese Aufgabe war schwieriger, als man möglicherweise auf den ersten Blick dachte. Anhalten und einfach was dazu laden war ja unmöglich. Alles musste mitgenommen und auch noch einigermaßen verstaut werden, so dass man während der Fahrt heran kam. Es gab zwar noch andere Teamfahrzeuge, aber die Rennsituation konnte sie mit Leichtigkeit voneinander trennen, und so musste jeder für sich selbst die nötigen Vorbereitungen treffen.
Dann ging es irgendwann los. Gorospe fuhr, während Manilo sich ersteinmal langweilte. Julian bediente nämlich auch das Funkgerät, und so blieb seinem Beifahrer ersteinmal nur der Blick auf das Fernsehgerät. Das änderte sich aber meistens im Laufe des Rennens. Das zweite Funkgerät wollte auch bedient werden, und wenn die taktische Situation verzwickt wurde, so wie zum Beispiel gestern, mussten sie zu zweit 9 Fahrer und 2 weitere Autos dirigieren, was ziemlich nervenaufreibend sein konnte.
Heute war der Tag eher ruhiger. Es gab zwar eine Ausreißergruppe, doch mit 5 Fahrern aus der zweiten Reihe war sie nicht übermäßig gefährlich. Mit Iñigo Landaluze hatten sie zwar selber ein Eisen im Feuer, doch Emanuell kümmerte sich darum und fuhr vorne herum. Das Feld schien heute ebenfalls aus den gestrigen Erfahrungen gelernt zu haben und hielt die Gruppe an der langen Leine - der Vorsprung betrug im Mittel 2 Minuten. Mehr wollte man jedoch nicht riskieren. Für Quickstep ging es ja um einen fast sicheren Etappensieg und Fassa hatten immer noch das goldene zu verlieren. Und mit 232 km war die heutige Etappe auch noch endlos lang.
Aufregung kam nur auf, als Zubeldia rund 150 km vor dem Ziel einen Defekt hatte. Zwei Fahrer ließen sich zurückfallen, um den Teamkapitän wieder nach vorne zu fahren. Manilo hatte einige stressige Sekunden, als er das Rad wechselte, doch alles verlief glatt und bald waren alle Fahrer, bis auf Landaluze natürlich, wieder im Feld versammelt.
Pünktlich 15 km vor dem Ziel wurde die Gruppe dann wieder eingefangen und der Schlussprint langsam eingeleitet. Boonen war stark umkämpft, jeder wollte natürlich an sein Hinterrad. Das Gerangel wurde stärker, je näher das Ziel rückte. Jerdona Zeres bekam nach seinem 3. Platz gestern heute wieder die Jagdlizenz und beteiligte sich vorne fröhlich beim Positionskampf.
Der Sprint selbst war ziemlich klassisch, bis auf die Tatsache, das Tom Bonnen eingekeilt wurde und nicht richtig aus den Pötten kam. Petacchi konnte von dem Pech seines Konkurrenten profitieren und gewann die Etappe, womit er schließlich auch das Punktetrikot übernahm. Zeres konnte ganz vorne mitsprinten und belegte den 7. Platz und war damit besser als eine ganze Reihe hervorragender Sprinter.
Der Tag war insgesamt damit zufriedenstellend verlaufen. Keine großen Erfolge, aber trotzdem kein Ergebniss unter den Möglichkeiten. Die Stimmung im Hotel war oberflächlich entspannt, insgeheim fieberte das gesamte Team jedoch den Bergen entgegen. Sie würden sich noch bis übermorgen gedulden müssen.


Etappenstand
1 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO 5h07'07
2 Oscar Freire RABOBANK s.t.
3 Paolo Bettini QUICKSTEP s.t.
4 Mario Cipollini LIQUIGAS-BIANCHI s.t.
5 Max van Heeswijk DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM s.t.
6 Simone Cadamuro DOMINA VACANZE s.t.
7 Jerdona Zeres EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
8 Peter Van Petegem DAVITAMON - LOTTO s.t.
9 Steven De Jongh RABOBANK s.t.
10 Jimmy Casper COFIDIS s.t.

Gesamtwertung
1 Fabian Cancellara FASSA BORTOLO 12h48'30
2 Santiago Botero PHONAK HEARING SYSTEMS + 1
3 Michael Rogers QUICKSTEP + 3
4 Uwe Peschel GEROLSTEINER + 16
5 Michael Rich GEROLSTEINER + 24
6 Oscar Pereiro PHONAK HEARING SYSTEMS + 32
7 Serhiy Honchar DOMINA VACANZE + 33
8 Juan Carlos Dominguez SAUNIER DUVAL - PRODIR + 39
9 Igor G. De Galdeano LIBERTY SEGUROS - WURTH + 40
10 Levi Leipheimer GEROLSTEINER

Punktewertung
1 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO 65
2 Tom Boonen QUICKSTEP 50
3 Oscar Freire RABOBANK 45
4 Mario Cipollini LIQUIGAS-BIANCHI 29
5 Fred Rodriguez DAVITAMON - LOTTO 27
6 Jerdona Zeres EUSKALTEL - EUSKADI 25
7 Fabian Cancellara FASSA BORTOLO 25
8 Max van Heeswijk DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM 21
9 Paolo Bettini QUICKSTEP 21
10 Allan Davis LIBERTY SEGUROS - WURTH 21

Bergwertung
1 Erik Dekker RABOBANK 6
2 Fred Rodriguez DAVITAMON - LOTTO 6
3 Koldo Gil LIBERTY SEGUROS - WURTH 6
4 Gerrit Glomser LAMPRE - CAFFITIA 6
5 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO 6

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arkon
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Beitrag: # 320712Beitrag arkon
29.11.2005 - 23:53

31. August 2005, Cuenca
5 Etappe Vuelta a Espana

Die Hitze machten ihm nicht so sehr zu schaffen. Es hätte schlimmer kommen können. Auch die Hotels, die nicht an deutsche Maßstäbe heranreichten, kümmerten ihn wenig. Er war, auch aus Deutschland, an echte Bruchbuden gewöhnt. Das Wasser schmeckte zwar bei weitem nicht so gut und so klar wie zu Hause, doch auch das konnte er leicht verkraften. Wirklich zu schaffen machte ihn das Bier. Weil er mit dem Problem vertraut gewesen war, hatte er sich einen Vorrat aus Deutschland mitgenommen, den er aber weit schneller aufgebraucht hatte, als ihm lieb war. Dabei war die Menge genug gewesen, um an der Grenze wegen Schmuggel aufzufallen. Trotzdem war er nicht weit damit gekommen. Er hatten jeden Spanier mit 2 oder 3 Flaschen leicht davon überzeugen können, das sie selber nur eine müde Imitation von echten Bieren tranken. Tobias war nicht so überheblich anzunehmen, das nur deutsches Bier gutes war, aber das die Spanier soviel Wein tranken, lag nicht nur daran, das dieser hier besonders gut und billig zu haben war. Mittlerweile hatte er daher seine abendlichen Rationen anpassen müssen, was sich in großen Kopfschmerzen bemerkbar machte. Schmunzelnd musste er daran denken, das seine gestrige Eroberung wohl heute noch ärgere Probleme haben würde als er. Das alleine schon tröstete ihn.
Die heutige Etappe bot ihm wieder nicht viel, um ihn abzulenken. Er hasste zwar Flachetappen nicht, aber man brauchte immer was nebenher zum beschäftigen, um nicht einzuschlafen. Heute schrieb er nebenher an seinem Tagebuch über die Vuelta. Er wollte speziell vor der ersten Bergankunft morgen nocheinmal den Status im Feld festhalten, ein Meinungs- und Erwartungsbild schaffen. Dazu war er heute schon früh aufgestanden und den gesamten Vormittag auf der Suche nach Interviewpartnern umher gestiefelt. Die Stimmung war überall die gleiche: Heras war der große Favorit, aber er war eher die Figur des großen gejagten denn die des Dominators, die Armstrong dieses Jahr bei der Tour wieder übernommen hatte.
Was nicht fehlte war der Wille, Heras zu stürzen. Was aber sehr fehlte, war der große Herausforderer. Mancebo und Valverde waren als Spanier sicher bis in die Haarspitzen motiviert, ein Ding herauszuhauen. Aber beide waren schon die Tour gefahren. Popovych, Cunego und zahlreiche weitere traten hier nur als Favoriten aus der zweiten Reihe auf. Das war für die jeweiligen Fahrer eine angenehme Situation, weil Heras sich ja nicht nur auf einen konzentrieren musste. Für diesen dagegen war es alles andere als angenehm. Auf der anderen Seite war er auf dem Papier nunmal der hohe Favorit. Aber was bedeutete schon Papier?
Die Etappe war alles in allem durchschnittlich verlaufen. Jerdona würde das zwar anders sehen und ihn bei seinem Interview, was gleich anstand, erzählen, wie schwer das Team heute wieder gearbeitet hatte, wie sehr... für Tobias's Geschmack nahm er das alles noch ein wenig zu ernst. Aber es war auch ab und zu wieder angenehm, einen Rennfahrer vor sich zu haben, für den noch nicht alles selbstverständlich war.
Ach ja, gewonnen hatte heute Petacchi, der damit seine Revanche gegenüber Tom Boonen bekommen hatte. Zwei Etappensiege für jeden, die restlichen Sprintankünfte würden wohl zu einer echten Schlacht zwischen den beiden werden. Grün hatte Petacchi ersteinmal relativ sicher, bis einem der beiden der nächste Schnitzer unterlief. Das Bergtrikot würde Boonen wohl bald wieder abgeben müssen, genauso wie Cancellara das goldene, wobei letzterer kaum Chancen hatte, den morgigen Tag zu überleben.

Etappenstand
1 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO 4h35'53
2 Tom Boonen QUICKSTEP s.t.
3 Allan Davis LIBERTY SEGUROS - WURTH s.t.
4 Oscar Freire RABOBANK s.t.
5 Max van Heeswijk DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM s.t.
6 Simone Cadamuro DOMINA VACANZE s.t.
7 Tom Steels DAVITAMON - LOTTO s.t.
8 Mario Cipollini LIQUIGAS-BIANCHI s.t.
9 Erik Zabel T-MOBILE TEAM s.t.
10 Luciano Pagliarini LIQUIGAS-BIANCHI s.t.


Gesamtwertung
1 Fabian Cancellara FASSA BORTOLO 17h24'23
2 Santiago Botero PHONAK HEARING SYSTEMS + 1
3 Michael Rogers QUICKSTEP + 3
4 Uwe Peschel GEROLSTEINER + 16
5 Michael Rich GEROLSTEINER + 24
6 Tom Boonen QUICKSTEP + 30
7 Oscar Pereiro PHONAK HEARING SYSTEMS + 32
8 Serhiy Honchar DOMINA VACANZE + 33
9 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO + 38
10 Juan Carlos Dominguez SAUNIER DUVAL - PRODIR + 39


Punktwertung
1 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO 90
2 Tom Boonen QUICKSTEP 74
3 Oscar Freire RABOBANK 59
4 Mario Cipollini LIQUIGAS-BIANCHI 39
5 Allan Davis LIBERTY SEGUROS - WURTH 37


Bergwertung
1 Tom Boonen QUICKSTEP 18
2 Oscar Freire RABOBANK 11
3 M. A. M. Perdiguero PHONAK HEARING SYSTEMS 10
4 Fred Rodriguez DAVITAMON - LOTTO 8
5 Erik Dekker RABOBANK 6

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arkon
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Beitrag: # 320744Beitrag arkon
30.11.2005 - 13:10

1. September 2005, Valdelinares
6 Etappe Vuelta a Espana

Die Veränderung war spürbar. Die gesamte Atmosphäre war anders, jeder Handgriff der Mechaniker war ein wenig gewissenhafter, die Interviews wurden kürzer geführt, die Offiziellen gaben sich zugeknöpfter, die Presseleute standen früher auf und waren gespannter, es waren mehr Zuschauer zum Einschreiben gekommen, der Jubel war lauter als sonst. Es war unverkennbar. Die Vuelta würde heute zum ersten Mal auf einen richtigen Berg treffen, und dann noch eine Bergankunft. Obwohl der Berg wohl nicht lang und steil genug war, um für wirkliche Abstände zu sorgen, so würde man sich heute wohl nicht mehr verstecken können. Wer immer auch heute abend das goldene Trikot überreicht bekam, würde es wohl nicht mehr so schnell abgeben. Der Gesamtsieg war zwar noch weit, aber eine erste Ahnung würde man wohl bekommen.
Die Sonne ging heute hinter Bergen auf und gab damit schon einen ersten Vorgeschmack. Die Etappe heute war zwar am Anfang flach, aber schlängelte sich schoneinmal durch einige Höhen hindurch.
Jerdona fühlte an diesem Morgen auch die Spannung, die in der Luft lag. Er war gestern noch früher als sonst schlafen gegangen, um heute morgen ein wenig mehr Zeit zu haben. Er musste ersteinmal frühstücken, was sich aufgrund der rießigen Nudelmengen auch hinziehen konnte. Danach stand eine erste Teambesprechung an. Dann musste er bei seinem Mechaniker vorbeischauen, einige ersten Runden mit dem Fahrrad drehen, zur Massage, noch ein bisschen Rollen, um ein Gefühl zu kriegen, dann essen und die zweite Teambesprechung... es war ein langes Programm bis zum Start, und je mehr Zeit er hatte, desto entspannter konnte er es absolvieren.
Tobias stand heute auch früher auf. Gestern abend war auch er früh ins Bett gegangen, jedenfalls für seine Verhältnisse. Er musste nicht ganz so fitt sein wie die Sportler, doch auch für ihn würde es ein langer Tag werden. Wieder Interviews, Stimmen einfangen, Fotos schiessen... ausserdem stand er heute als Fachmann auf der Liste einer Fernseh-Talkrunde. Und da musste er nicht nur gut aussehen, sondern auch schon mehr wissen als jeder sonst im Studio. Und das hieß für ihn, das er bis zum Start wohl keine ruhige Minute finden würde.
Manilo Sartorio dagegen hatte es heute verhältnissmäßig ruhig. Klar, auch er stand heute unter erhöhtem Druck, aber er hatte sogar ein bisschen weniger zu tun als sonst, weil der Rest des Teams heute mehr machte. Er musste das Material nicht zusammen suchen, die Fahrer brachten es zum Teil sogar persönlich zum Wagen, um sicherzustellen, das alles mitgenommen wurde. Das konnte ihm nur Recht sein, senkte sich so doch das Risiko, einen Fehler zu machen, erheblich.
Und so blickte jeder mit anderen Ängsten und Erwartungen der Etappe, und vor allem dem Start, entgegen. Dieser erfolgte pünktlich um 11:42. Vor den Fahrern lag 5 bis 6 Stunden harte körperliche Arbeit, vor den anderen eher geistige.
Der Beginn des Rennens spiegelte die hohe Nervosität wieder. Schon früh lösten sich Gruppen, bis sich schließlich ein 14-Mann starkes Team formiert hatte. Unter ihnen war Iñigo Landaluze von Euskatel. Gorospe wollte heute das Team im besten Licht präsentieren. Die bisherige Vuelta war eher ruhig verlaufen, zu ruhig für den Geschmack der Basken. Der Wille, es den Spaniern zu zeigen, war da, alleine fehlte bisher die Gelegenheit. Das würde sich heute ändern.
Mit in der Gruppe waren Pelizotti und Mazolleni, also zwei italienische Kletterer, die bereits beim Giro in Aktion getreten waren. Offensichtlich trauten sie sich selber nicht mehr allzu viel zu, auf jedenfall taten es die sportlichen Leiter nicht. Sie ließen die Gruppe ziehen, an einer sehr langen Leine. Fast alle Teams waren vorne vertreten, weswegen auch der rechte Wille der meisten fehlte, vorne für Ordnung zu sorgen. Fassa Bortolo hatte heute zwar viel zu verlieren, aber sowieso keine rechte Hoffnung, Gold zu behalten. Liberty kontrollierte zwar das Tempo, aber hatte auch einen Mann vorne drin, der sich auch immer schön hinten aufhielt, um zuschlagen zu können, falls die Gruppe durchkam. Trotz einiger "Trittbrettfahrer" harmonierte man vorne aber sehr gut und kam relativ schnell auf über 5 Minuten weg.
Das war ansich noch nicht ungewöhnlich, jedoch fehlte hinter immer noch die Bereitschaft, Tempoarbeit zu leisten. Landaluze freute sich natürlich und arbeitete vorne kräftig mit. Er hatte schon beim ersten Teambriefing eine gute Tagesform zu Protokoll gegeben, und eventuell könnte er auf dem Schlussanstieg der starken italienischen Konkurrenz widerstehen...
Emanuell fuhr heran, um mit Iñigo kurz ein paar Worte zu wechseln.
"Wie fühlst du dich?"
"Wie weit sind wir weg?" kam grinsend die Antwort. Ein wenig ausser Puste, nahm er einen Schluck aus der Flasche, verstaute einige Gels in seinem Trikot, die Emanuell ihm gab.
"Mehr als 8 Minuten, hinten lässt man immer noch schleifen"
Noch ein kleiner Schluck, dann warf er die Flasche weg.
"Beim ersten Anstieg, ich glaube Alto San Rafael, werd ich mal testen. Ich glaube, es sind einige dabei, die mitgehen können. Irgendwie kommt mir das Tempo hier auch nicht allzu hoch vor."
"Ich geb das mal so weiter." Emanuell reichte noch ein Flasche hinüber und ließ sich dann zurückfallen.
"Iñigo kann vorne gut mithalten. Glaubt, das in der Gruppe noch Reserven drin sind" Manilo antwortete "Verstanden, er soll so weitermachen, aber gut Kräfte sparen" Emanuell verdrehte die Augen. Manilo hatte natürlich eins zu eins den Chef zitiert, und der hatte es sicher nicht so gemeint, aber trotzdem kam es sich ein bisschen wie das kleine Kind vor. "Ich gebs weiter" gab er zurück. Auch Iñigo würde ihn hassen, wenn er ihm so etwas extra sagen würde.

Tobias wunderte sich schon ein wenig über den großen Abstand der Angreifer und die immer noch ausstehende Reaktion des Feldes. Heras wollte seine Helfer nicht verschleifen, er hatte wohl etwas vor. Aber die anderen? 10 Minuten wurden jetzt angezeigt. Das war schon mehr als gefährlich. Wenn nicht bald das Feld gewaltig anzog, dann würde wohl Gold an einen der Ausreißer gehen. Und sowohl Pelizotti als auch Mazolleni waren nicht die Kanidaten, die sich 5 Minuten wie kleine Kinder abknöpfen ließen. Aber da war ja noch das Zeitfahren...

Auch der erste Anstieg zur Alto San Rafael verlief ereignisslos. Das Tempo in der Angreifergruppe wurde bedeutend erhöht, aber keiner griff an. Franco Pellizotti, Markus Fothen, Iñigo Landaluze, Wim Van Huffel, Serguei Ivanov, Nicki Sörensen,Eddy Mazzoleni, David Blanco, Karsten Kroon, Roberto Petito und Cristian Moreni waren noch vorne vertreten. Petito und Moreni sahen eher schlecht aus, aber der Rest würde wohl nicht so schnell aufgeben. Das Feld zog das Tempo zwar an, aber fuhr so nur die Zurückgefallenen auf. Die Spitzengruppe war immer noch 10 Minuten voraus, nachdem der Vorsprung zwischenzeitlich sogar bei 12 Minuten gelegen hatte.

Der Schlussanstieg rückte näher. Jetzt war gleich der Moment gekommen... Emanuell fuhr noch ein letztes Mal nach vorne, um die Stimmung bei seinem Fahrer zu prüfen, ihn nochmal mit Trinken zu versorgen, zum Essen war es jetzt schon zu spät. Ein paar taktische Tipps, die zwar bekannt waren, aber vielleicht unter Stress in Vergessenheit gerieten, ein bisschen festhalten, Kräfte sparen, dann war sein Teil getan. Landaluze war jetzt auf sich alleine gestellt, ausser ein bisschen brüllen konnte er jetzt nichts mehr machen.

Auch im Hauptfeld wuchs die Nervosität. Es war nicht mehr allzu weit, und auch hier wurde die Gelegenheit genutzt, um nocheinmal bei den Teamfahrzeugen vorbeizuschauen. 10 Minuten, mal mehr, mal weniger, war der Vorsprung, und obwohl das kaum mehr aufzuholen war, würde das Tempo hinauf mörderisch werden. Aitor Gonzales Jiminez war heute offiziell der Kapitän, während Zubeldia als stärkster Zeitfahrer ebenfalls hinauf geschleppt werden musste. Jerdona war dafür vorgesehen. Er ließ sich zurückfallen, um noch einige Wasserflaschen nach vorne zu bringen. Wenn es gut lief, würde er heute vielleicht sogar freie Bahn bekommen. Aber mit so einer starken Gruppe vorne hätte er auch dann kaum noch eine Chance, unter die Top 10 zu fahren. Wenn Zubeldia heute stark war, wäre vielleicht eine Top 20 Platzierung drin.

Schon die ersten Meter des Anstieges wurden genutzt, um die Gruppe zu zerpflücken. Pelizotti griff an, während Ivanov, Landaluze und Fothen versuchten, Anschluss zu finden. Mazolleni dagegen musste schon bei diesem ersten Versuch Körner lassen und konnte erst nach einigen Metern wieder aufschließen. Petito und Moreni waren die ersten Opfer der Attacken.

Auch im Hauptfeld wurde das Tempo schlagartig verschäft. Aitor Gonzales konnte folgen, Zubeldia hingegen hatte schon jetzt arge Probleme. Jerdona brauchte nur einen Blick in sein Gesicht, um zu merken, das er heute wohl jede Chance auf eine gute Gesamtplatzierung einbüßen würde. Es brauchte dann auch nur wenige Meter, bis ihn Julian dann über Funk losmachte. Das war seine Chance! Sofort fuhr er nach vorne. Die Gruppe war glücklicherweise noch zusammen, Zubeldia würde mit viel Glück heute keine Zeit verlieren. Dagegen waren Laiseka, Martinez und Camano schon zurückgefallen.

Emanuell starrte wie gebannt nach vorne. Bald erreichten sie die letzten Kilometer. Karsten Kroon war nun auch weggefallen, und David Blanco schien auch auf dem letzten Loch zu pfeifen. Die Gruppe bestand damit noch aus 7 ernsthaften Anwärtern auf den Tagessieg. Über Funk machte er nochmal Druck bei Iñigo. Er musste es einfach versuchen.
Der ließ sich das nicht zweimal sagen und stieg scheinbar mühelos davon. Die Markus Fothen legte zwar noch ein paar Kohlen drauf, schien aber nicht mehr die Kraft zu haben, hinterher zu steigen.

Auf der Reportertribüne war kaum mehr ein Wort zu verstehen. Alle brüllten wild durcheinander. Zeit zum Wetten hatte jetzt keiner mehr. Jeder, der nicht das Pech hatte, für eine Zeitung zu schreiben, hatte ein Mikrofon vor dem Mund und kommentierte lautstark das Finale der Etappe. Der Vorsprung der Ausreißer war zwar stark gesunken, doch noch immer lagen sie 7 Minuten in der Front. Und Iñigo Landaluze schien gerade eine erfolgreiche Attacke zu fahren.

Der letzte Kilometer! Und immer noch war Iñigo vorne. Emanuell hing sich nun aus dem Fenster und brüllte seinen Schützling aus nächster Nähe den Berg hoch. Die Menschenmassen machten es zwar unmöglich, das er neben ihm fuhr, wodurch man ihn auch kaum über 2 Meter würde hören können, aber ihn hielt einfach nichts mehr im Auto. Am liebsten wäre er ausgestiegen und nebenher gelaufen. Jetzt erreichten sie die Absperrungen.

Das wars gewesen. Tobias erkannte mit einem einzigen Fachmännischen Blick, das Landaluze geliefert war. Fothen und Pellizotti schossen von hinten heran, hatten den Rest hinter sich gelassen, und würden den Basken bald erreichen.

Dritter Platz für Iñigo. Etwas ernüchtert kam der Bericht von Emanuell über Funk. Pelizotti hatte ihn noch übersprintet. Gelb würde wohl an Markus Fothen gehen, ein gigantisches Ergebniss für den jungen Deutschen. Jerdona fuhr immer noch vorne in der Gruppe mit. Zubeldia war noch dran, aber mittlerweile viel zu weit weg. Er war alleine bei Aitor Gonzales, und auch er sah aus, als ob er jeden Beistand gebrauchen könnte.
Der letzte Kilometer. Und immer noch war keiner der Favoriten in Erscheinung getreten. Liberty hielt das Tempo hoch, und jetzt trat Heras vorne persönlich in die Pedale.

Attacke! Mancebo versuchte es, Heras schien nicht hinterher zu können, doch Zeres... Jerdona schoss auch davon. Tobias hielt es nicht mehr auf seinem Stuhl. Mancebo kam weg, aber Jerdona hielt sich auch tapfer.

Francisco hatte sich wohl all seine Energie für diese letzte Attacke aufgespart. Im Handumdrehen war er um die nächste Kurve verschwunden, ein unglaubliches Tempo. Aber auch er selber kam davon...

11. Platz für Mancebo, über 4 Minuten zurück, die Uhr lief jetzt auch für Heras... Christian Moreni war der nächste, er war ein Überbleibsel der Spitzengruppe, die Uhr lief weiter... Jerdona Zeres kam um die Ecke... 13. Platz und 4:43... Wann kam Heras? Die Uhr lief weiter... Da war er! Immer noch hatte er die ganze Gruppe an seinem Hinterrad, er war auf den letzten Meter nicht mehr weggekommen, 4:59 für den Titelverteidiger!

Gigantisch! Er hatte Heras erfolgreich angegriffen! Was für ein Riesentag! Der Stadionsprecher überschlug sich, selten hatte er eine so verrückte erste Bergetappe kommentieren müssen. Gold ging doch an Fothen, die nächsten Tage würden noch schwerer werden, die Minuten mussten purzeln...

Etappenstand
1 Franco Pellizotti LIQUIGAS-BIANCHI 4h41'15
2 Markus Fothen GEROLSTEINER s.t.
3 Iñigo Landaluze EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
4 Wim Van Huffel DAVITAMON - LOTTO + 23
5 Serguei Ivanov T-MOBILE TEAM s.t.
6 Nicki Sörensen TEAM CSC s.t.
7 Eddy Mazzoleni LAMPRE - CAFFITIA s.t.
8 David Blanco COMUNIDAD VALENCIANA + 51
9 Karsten Kroon RABOBANK + 2'26
10 Roberto Petito FASSA BORTOLO + 3'28
11 Francisco Mancebo ILLES BALEARS + 4'09
12 Cristian Moreni QUICKSTEP + 4'24
13 Jerdona Zeres EUSKALTEL - EUSKADI + 4'43
14 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS - WURTH + 4'59
15 Stefano Garzelli LIQUIGAS-BIANCHI s.t.
16 Damiano Cunego LAMPRE - CAFFITIA s.t.
17 Denis Menchov RABOBANK s.t.
18 Alejandro Valverde ILLES BALEARS s.t.
19 Aitor Gonzalez J. EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
20 Santiago Botero PHONAK HEARING SYSTEMS s.t.

Gesamtwertung
1 Markus Fothen GEROLSTEINER 22h06'35
2 Franco Pellizotti LIQUIGAS-BIANCHI + 8
3 Iñigo Landaluze EUSKALTEL - EUSKADI + 51
4 Serguei Ivanov T-MOBILE TEAM + 54
5 Nicki Sörensen TEAM CSC + 56
6 Wim Van Huffel DAVITAMON - LOTTO + 58
7 Eddy Mazzoleni LAMPRE - CAFFITIA + 1'04
8 David Blanco COMUNIDAD VALENCIANA + 1'39
9 Karsten Kroon RABOBANK + 2'50
10 Santiago Botero PHONAK HEARING SYSTEMS + 4'0315
...
15 Francisco Mancebo ILLES BALEARS + 4'41
...
26 Jerdona Zeres EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
...
76 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS - WURTH + 5'39

Punktwertung
1 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO 90
2 Tom Boonen QUICKSTEP 74
3 Oscar Freire RABOBANK 59
4 Mario Cipollini LIQUIGAS-BIANCHI 39
5 Allan Davis LIBERTY SEGUROS - WURTH 37
6 Max van Heeswijk DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM 33
7 Jerdona Zeres EUSKALTEL - EUSKADI 28
8 Fred Rodriguez DAVITAMON - LOTTO 27
9 Franco Pellizotti LIQUIGAS-BIANCHI 27
10 Paolo Bettini QUICKSTEP 26

Bergwertung
1 Tom Boonen QUICKSTEP 18
2 Oscar Freire RABOBANK 11
3 M. A. M. Perdiguero PHONAK HEARING SYSTEMS 10
4 Fred Rodriguez DAVITAMON - LOTTO 8
5 Markus Fothen GEROLSTEINER 8
6 Erik Dekker RABOBANK 6
7 Koldo Gil LIBERTY SEGUROS - WURTH 6
8 Gerrit Glomser LAMPRE - CAFFITIA 6
9 Serguei Ivanov T-MOBILE TEAM 6
10 Franco Pellizotti LIQUIGAS-BIANCHI 6

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arkon
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Beitrag: # 320815Beitrag arkon
30.11.2005 - 18:45

2. September 2005
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Vuelta völlig verrückt
Gold für Markus Fothen - Pelizotti gewinnt Etappe - Heras 5 Minuten zurück

In einem überraschenden Etappenverlauf hat heute Markus Fothen das goldene Trikot übernommen. Pelizotti gewann den Sprint einer Ausreißergruppe, die vom Feld überraschend viel Freilauf bekommen hatte. Am Fuße des Schlussanstieges war die 14-köpfige Spitzengruppe noch über 10 Minuten voraus gewesen. Während diese sich auf dem Weg nach oben nach und nach selber zerlegte, machte das Feld ganz gehörig Dampf. Oben kamen nur noch Pelizotti, Fothen und Landaluze gemeinsam an und gingen auch in dieser Reihenfolge über den Zielstrich.
Das Hauptfeld blieb überraschend lange zusammen und nur Mancebo und überraschen der junge Jerdona Zeres konnte erfolgreich angreifen.

[...]

Stimmen zur Etappe:

Fothen: "Wahnsinn. Ich hätte nie gedacht, das wir so weit wegkommen würden und bin, wie jeder andere auch, von mir überrascht, das ich so lange vorne mithalten konnte. Morgen heisst es ersteinmal durchschnaufen und alles realisieren, bevor wir dann ernsthaft daran denken können, ob ich das Trikot ernsthaft durch das Zeitfahren retten kann - und danach kommen ja erst die richtigen Berge. Bis dahin aber werde ich wohl die schönsten Tage im Sattel geniessen können"

Pelizotti: "Ein sehr gutes Ergebniss. Das ich heute nicht Gold bekommen habe, ist natürlich traurig, aber bei so einem dünnen Vorsprung kann alles passieren. Mit ein wenig Glück kann ich nach Andorra als Gesamtführender fahren, wobei da oder spätestens in den nächsten Tagen in den Pyrenäen mein Vorsprung dahin schmelzen wird."

Mancebo: "Das die Ausreißergruppe heute gewonnen hat, ist eigentlich nicht so schlecht. So brauche ich nicht als Gesamtführender in die Pyrenäen hinein fahren. Aber ersteinmal konzentriere ich mich auf das Zeitfahren und freue mich über meinen ersten Sieg über alle anderen Favoriten."

Heras: "Das war heute schon eine Niederlage, aber die Vuelta hat noch nicht einmal richtig angefangen. Im Zeitfahren und vor allem in den noch folgenden Bergetappen wird sich die Entscheidung abspielen. Auf Mancebo hab ich nur rund eine Minute Rückstand, und so etwas ist schnell aufzuholen."

Zeres: "Ein unglaublicher Tag. Mein erster richtiger Test bei einer großen Rundfahrt und sofort kann ich ganz nach vorne fahren und Heras am Berg schlagen. In den nächsten Tagen gilt es, die Position zu sichern. Ich will nicht als Eintagsfliege wieder abtreten, denn so groß war meine Leistung heute auch wieder nicht. Aber sie macht Mut für die kommenden Aufgabe."

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Beitrag: # 320874Beitrag arkon
30.11.2005 - 22:47

2. September 2005, Vinaros
7. Etappe Vuelta a Espana

Nach dem gestrigen Sturm war heute Ruhe angesagt. Da die Etappe nicht übermäßig anstrengend gewesen war (jedenfalls für die, die hinten mitgerollt sind) wurde vorne recht offensiv gefahren, die Sprinterteams hatten jedoch genug Reserven behalten, um das alte Spielchen des Abstandhaltens perfekt zu beherrschen. Die Gruppen, die gingen, waren also nicht annähernd in der Lage, das Kunststück von gestern zu wiederholen.
Für Euskatel war der gestrige Tag zwar recht erfolgreich gewesen, die Erfüllung blieb jedoch aus. Insofern schickte man auch heute wieder jemanden vorne mit, Iker Camano war der Auserwählte, um eine gewisse Restchance auf den Tageserfolg zu wahren.
Jerdona rollte derweil locker mit. Die Frage um die Kapitänsrolle hatte er gestern mit seiner Attacke zwar gestellt, aber vorerst blieb sie unbeantwortet und so musste er zwar nicht mehr als Wasserträger fungieren, aber wenn die Gruppe kleiner werden würde... Haimar hatte ihm gestern noch gratuliert und damit ihre Konkurrenz, so es sie denn jemals ernsthaft gegeben haben sollte, beendet. Aitor dagegen wirkte ein wenig zugeknöpft, sagte auch heute morgen auf dem Teammeeting nicht viel. Er wollte wohl auf das Zeitfahren warten, um dort sich wieder zur Nummer 1 des Teams zu machen.
Die Etappe ging ruhiger als erwartet zu Ende. Das Hauptfeld schloss 10 km vor dem Ziel wieder auf und fuhr das letzte Stück mit genug Druck um eventuelle Wagemutige Ausreißer auf andere Gedanken zu bringen. Entsprechend wurde der letzte Kilometer kompakt in Angriff genommen.
Der Fassa-Zug konnte sich heute gut formieren, aber die anderen Topsprinter hatten sich rechtzeitig in Position manövrieren können. Mit Pozatto und Moreni hatte Boonen gleich zwei Anfahrer vor sich und so formierte sich ein zweiter Zug. Die hinter ihm Fahrenden hingen dadurch natürlich etwas in der Luft, wodurch das Finale quasi geschlossen war. Petacchi übernahm dann den Sprint ein wenig zu früh, Boonen war da geduldiger. Jedoch hatte sich da schon der hinter dem Italiener lauernde McEwen zwischen die beiden vermeintlich besten Sprinter der Vuelta gesetzt. Während bei den bisherigen Etappen der Australier immer in Taktik, Endgeschwindigkeit und dem Quäntchen Glück unterlegen war, stimmte heute für ihn einfach alles. Um Haaresbreite konnte er sich schließlich durchsetzen. Damit blieb vor allem das Duell Petacchi vs. Boonen mit 2:2 offen, während Petacchi das grüne Trikot behält.

Etappenstand
1 Robbie McEwen DAVITAMON - LOTTO 5h02'06
2 Tom Boonen QUICKSTEP s.t.
3 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO s.t.
4 Stuart O'Grady COFIDIS s.t.
5 Erik Zabel T-MOBILE TEAM s.t.
6 Max van Heeswijk DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM s.t.
7 Paolo Bettini QUICKSTEP s.t.
8 Allan Davis LIBERTY SEGUROS - WURTH s.t.
9 Mario Cipollini LIQUIGAS-BIANCHI s.t.

Gesamtklassement
1 Markus Fothen GEROLSTEINER 27h08'41
2 Franco Pellizotti LIQUIGAS-BIANCHI + 8
3 Iñigo Landaluze EUSKALTEL - EUSKADI + 51
4 Serguei Ivanov T-MOBILE TEAM + 54
5 Nicki Sörensen TEAM CSC + 56
6 Wim Van Huffel DAVITAMON - LOTTO + 58
7 Eddy Mazzoleni LAMPRE - CAFFITIA + 1'04
8 David Blanco COMUNIDAD VALENCIANA + 1'39
9 Karsten Kroon RABOBANK + 2'50
10 Santiago Botero PHONAK HEARING SYSTEMS + 4'03

Punktewertung
1 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO 110
2 Tom Boonen QUICKSTEP 97
3 Oscar Freire RABOBANK 59
4 Mario Cipollini LIQUIGAS-BIANCHI 47
5 Allan Davis LIBERTY SEGUROS - WURTH 45

Bergwertung
1 Tom Boonen QUICKSTEP 18
2 Marcus Ljungqvist LIQUIGAS-BIANCHI 18
3 Oscar Freire RABOBANK 11
4 Erik Zabel T-MOBILE TEAM 10

lbanMayo
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Beitrag: # 320884Beitrag lbanMayo
30.11.2005 - 23:53

klasse AAR! die 6te Etappe war richtig hammer geschildert... hab mich gefühlt als wäre ich live am streckenrand :) weiter so bitte!!
Andreas.... du Heulsuse ... brauchsten Taschentuch? :D

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arkon
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Beitrag: # 320888Beitrag arkon
1.12.2005 - 0:21

lol, der schluss war echt gehetzt. hab ne stunde dran gesessen (ok, hab nebenher noch einiges anderes gemacht) und dann wurde die zeit knapp. schau auf die uhr, noch 10 minuten, komm langsam mal zum schluss. schau auf die uhr. WAS? ich musste vor 5 min los sein? (absolute maximalkalkulation für die mich mein tutor so schon fast umbringt). und dann musste ich eben ein bisschen abkürzen ;)

Squeezer
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Beitrag: # 320921Beitrag Squeezer
1.12.2005 - 14:25

aber echt klasse. gefällt mir natürlich immernoch super^^

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arkon
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Beitrag: # 321006Beitrag arkon
2.12.2005 - 11:59

Bild
McEwen gleicht aus
McEwen gewinnt 8. Etappe - Fothen immer noch in Gold - Heute Zeitfahren

McEwen hat mit seinem zweiten Etappensieg mit den beiden bisherigen Dominatoren Petacchi und Boonen gleichgezogen. In einem packenden Sprintfinale bewies er auch dieses mal wieder seine Cleverness und übertölpelte Petacchi. Boonen war derweil aufgrund eines Defektes nicht in der Lage, vorne mitzusprinten, verlor jedoch keine Zeit. Petacchi hat damit im Punktetrikot einen komfortablen Vorsprung, den es zu verteidigen gilt, wenn in den nächsten Tagen wieder die Bergspezialisten zum Zuge kommen.
In einer eher ruhigen Etappe gab es nur vereinzelt Angriffsversuche. Wahrscheinlich verlangte das Programm der nächsten Tage den Fahrern doch zu viel Respekt an. Nach dem Zeitfahren in Loret de Mar geht es nämlich direkt in die Pyrenäen, wo in zwei Bergetappen ersteinmal der Hunger der Fans nach Höhenmetern gestillt werden wird. Entsprechend kompakt ging das Feld denn auch auf die letzten Kilometer, bis auf Boonen, der 4 km vor dem Ziel vom einem Defekt heimgesucht wurde. Er konnte den Kontakt zum Feld wieder herstellen, versuchte aber garnicht erst, um den Sieg zu sprinten.
Vorne konnte der Fassa-Express seine ganze Stärke ausspielen und ihren Topmann in Position fahren. Sie hatten jedoch nicht mit McEwen gerechnet, der am Hinterrad lauerte und aus dieser Position erbarmungslos zuschlug. Vielleicht lag es daran, das Petacchi zu früh in den Wind ging, in Erwartung eines leichten Kampfes, jetzt, da Boonen nicht da war. Vielleicht war es aber auch nur die unglaubliche Stärke des Australiers, der nach einer gemischten Saison nun wieder ganz vorne angekommen zu sein scheint.
Markus Fothen konnte dementsprechend auch problemlos sein goldenes Trikot verteidigen. Dieses steht erst Morgen beim Zeitfahren zur Disposition. Dort wird dann das Klassement nocheinmal auf den Kopf gestellt werden. Wir dürfen gespannt sein, wie verrückt diese Vuelta noch werden wird. Die großen Favoriten Heras und Mancebo haben ja schon über 4 Minuten Rückstand, und da wird im Zeitfahren wohl nocheinmal etwas dazukommen. Zusammen mit dem Abschlusszeitfahren haben sie damit erheblich Zeit gut zu machen. Es werden wohl turbulente Tage werden.

Etappenergebniss
1 Robbie McEwen DAVITAMON - LOTTO 4h05'46
2 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO s.t.
3 Oscar Freire RABOBANK s.t.
4 Mario Cipollini LIQUIGAS-BIANCHI s.t.
5 Stuart O'Grady COFIDIS s.t.
6 Erik Zabel T-MOBILE TEAM s.t.
7 Robert Hunter PHONAK HEARING SYSTEMS s.t.
8 Allan Davis LIBERTY SEGUROS - WURTH s.t.
9 Max van Heeswijk DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM s.t.
10 Luciano Pagliarini LIQUIGAS-BIANCHI s.t.

Gesamtklassement
1 Markus Fothen GEROLSTEINER 31h14'27
2 Franco Pellizotti LIQUIGAS-BIANCHI + 8
3 Iñigo Landaluze EUSKALTEL - EUSKADI + 51
4 Serguei Ivanov T-MOBILE TEAM + 54
5 Nicki Sörensen TEAM CSC + 56
6 Wim Van Huffel DAVITAMON - LOTTO + 58
7 Eddy Mazzoleni LAMPRE - CAFFITIA + 1'04
8 David Blanco COMUNIDAD VALENCIANA + 1'39
9 Karsten Kroon RABOBANK + 2'50
10 Santiago Botero PHONAK HEARING SYSTEMS + 4'03

Punktewertung
1 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO 132
2 Tom Boonen QUICKSTEP 97
3 Robbie McEwen DAVITAMON - LOTTO 77
4 Oscar Freire RABOBANK 75
5 Mario Cipollini LIQUIGAS-BIANCHI 61
6 Allan Davis LIBERTY SEGUROS - WURTH 54
7 Max van Heeswijk DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM 50
8 Stuart O'Grady COFIDIS 49
9 Erik Zabel T-MOBILE TEAM 40

Bergwertung
1 Tom Boonen QUICKSTEP 18
2 Marcus Ljungqvist LIQUIGAS-BIANCHI 18
3 Oscar Freire RABOBANK 11
4 Erik Zabel T-MOBILE TEAM 10
5 M. A. M. Perdiguero PHONAK HEARING SYSTEMS 10

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Beitrag: # 321021Beitrag arkon
2.12.2005 - 13:08

4. September 2005, Lloret de Mar
9. Etappe Vuelta a Espana

Zeitfahren! Es war wieder soweit. Der Kampf gegen die Uhr stand an und würde das Klassement kräftig durcheinander wirbeln. Markus Fothen war heute der Gejagte. Als guter Zeitfahrer hatte er heute wohl wesentlich bessere Chancen als Pellizotti und Landaluze. Der erste ernstzunehmende Zeitfahrer war Botero, aber der hatte schon 4 Minuten Rückstand. Die Verteidigung der Führung war also gar nicht mal so weit hergeholt.
Weiter hinten im Klassement würde es auch extrem spannend werden. Mancebo, Heras, Valverde, Simoni, Cunego und alle anderen, die sich noch Chancen auf den Gesamtsieg ausrechneten, würden heute wohl einmal zeigen müssen, wie ernst sie es meinten. 4 Minuten war noch zu machen, aber mit dem Zeitfahren am vorletzten Tag konnten schnell schon einmal 8 Minuten daraus werden.
Uwe Peschel war der erste Zeitfahrer, der auf die Strecke ging – und direkt einen Klasseritt hinlegte. Tobias war als Deutscher sofort Feuer und Flamme. Es würde ein langer und spannender Tag werden, entsprechend bequem hatte man es sich auf der Pressetribüne eingerichtet. Einige Wetten waren zwar am laufen, aber das Ergebnis heute war viel unvorhersehbarer als noch im Prolog. Tobias hielt sich daher außen vor.

„Eben eine Bestzeit für Peschel, und jetzt fährt Rich bis auf 33 Sekunden heran“
„Einen Höllenritt haben die beiden Gerolsteiner-Profis da hingelegt. Vor allem Peschel. Das wird vielleicht sogar eine Top-Platzierung heute abend geben. Mit ein bisschen Glück…“
„Na, so weit wollen wir einmal nicht gehen. Die Etappe ist noch lang. Er war, neben Rich, bislang der einzige Spitzenzeitfahrer.“

Er freute sich schon auf die Rolle. Wenn er einmal darauf saß, würde er vom Rennverlauf nichts mehr mitbekommen. Im Moment schossen jede Menge Zwischenzeiten auf ihn ein, neue Favoriten, alte Bekannte… Viel zu viel Information. All das machte ihn nervös. Die Strecke rief ihn. Er setzte sich zu Ablenkung noch einmal mit Zubeldia in die Ecke und ging den Streckenverlauf durch. Anstiege, besondere Kurven, die Krafteinteilung, alles musste perfekt sitzen. Er war froh, das Haimar ihm bei der Vorbereitung half. So ein erfahrener Zeitfahrer war Gold wert. Warum hatte er nicht schon früher ein bisschen mit ihm trainiert?

Cancellara war auf der Strecke. Und der Schweizer sah so aus, als ob er seinen Prolog-Erfolg wiederholen wollen würde. Bei der Zwischenzeit lag er schon vorne, und sein Tritt wirkte noch kein bisschen müde. Tobias verfluchte sich, beim Prolog auf ihn gesetzt zu haben. Wie jeder gute Radsportkenner war er abergläubig, und vielleicht wurde durch seinen Tipp… Aber alles half nichts. Im Ziel brach Cancellara Peschels Bestzeit um mehr als eine Minute! Verdammt, das war wohl nichts gewesen.

Haimar musste auf die Rolle. Der nächste war dann Aitor und er würde als letzter seines Teams die Vorbereitung beginnen müssen. Er war nicht daran gewöhnt, dass er vor seinem Start keine Teamkameraden zum Quatschen hatte. Das machte ihn zusätzlich noch nervös. Zwar waren jede Menge Betreuer laufend um den Bus herum am wuseln, aber ihm fehlte das Verständnis, das nur ein anderer Radfahrer haben konnte. Hoffentlich musste er das beim Abschlusszeitfahren… wobei, eigentlich wäre das schön. Aber war es das jetzt? Das war halt der Preis, den man als bester seines Teams zahlen musste.

„Die Bestzeit von Cancellara hat immer noch Bestand. Viele haben schon versucht, sie zu brechen, sind aber alle gescheitert. Der Schweizer hat schon den zweiten Höllenritt bei dieser Vuelta hingelegt.“
„Jetzt kommt Haimar Zubeldia zur Zwischenzeit. Er ist als sehr guter Zeitfahrer bekannt, aber kann er diese Bestzeit brechen?“
„Es sieht nicht so aus. Schon über eine Minute Rückstand für ihn“

Aitor war auf der Strecke. Von seiner Zeit würde es abhängen, ob EuskaLtel in den nächsten Tagen für ihn oder für Jerdona fuhr. Obwohl es ein wenig asozial war, einem Teamkameraden seines Schützlings Pech zu wünschen… andererseits hatte er nicht den Eindruck gehabt, das die beiden sich besonders gut verstanden. Die erste Zwischenzeit… 10 Sekunden vor Haimar. Das würde verdammt schwer werden für Jerdona.

Als er von der Rolle stieg, war er bereit. Es war ihm relativ egal, was in den nächsten Tagen passierte, er wollte nur jetzt und hier eine gute Zeit hinlegen und Aitor schlagen. Zeitfahren war nicht seine Stärke, aber auch nicht seine Schwäche. Das Problem war nur, sein Vorsprung war mit 8 Sekunden eigentlich kaum existent. Das war ein Verbremser! Aber wenn er unter einer Minute Rückstand blieb, war das noch ein Sieg. Er würde sich töten, ohne Rücksicht auf die nächsten Etappen. Er wollte es ihm zeigen…

„Da rollt Jerdona Zeres von der Rampe“
„Ein sehr viel versprechender Jungprofi. Fuhr in diesem Jahr eine gute Dauphine und bereitete sich seitdem auf diese Vuelta vor. Auf der ersten Bergetappe gelang ihm schon der erste Coup gegen Heras. Zeitfahren ist nicht seine Kerndisziplin, aber beim langen Zeitfahren bei der Dauphine zeigte er schon seit Potential. Er ist einer der vielen Unbekannten heute.“

Aitor kam ins Ziel… Fast 2:30 Rückstand! Verdammt, Cancellara schien heute von einem anderen Stern gewesen zu sein. Der Etappensieg war schon fast fix.

Das Wetter heute war nicht so heiß wie beim Prolog, aber immer noch gut heiß, spanischer Sommer eben. Aber Jerdona war daran gewöhnt. Dieses Wetter kannte er, es war sein Land, sein Wetter, seine Sonne… stur schaute er gerade aus und drückte weiter. Es lief recht gut.

„Erste Zwischenzeit für Zeres. Er sieht gut aus, hat er vielleicht für das zweite Stück noch Reserven? Wir wollen nicht zu viel spekulieren, aber… Da kommt die Zeit. Oh, 12. Platz! Ein gutes Ergebnis, aber es reicht im Teaminternen Wettstreit nur zu Platz 3. Die Euskaltel-Fahrer heute auffälliger als sonst bisher bei der Vuelta.“

Gespannt blickte Tobias wieder auf die Leinwand. Das war zwar nicht perfekt, aber ausbaufähig. Jetzt ging Rogers auf die Strecke, auch ein guter Zeitfahrer. Hinter ihm startete Botero, und danach kamen keine echten Kandidaten mehr für den Sieg. Ausser vielleicht Fothen. Das goldene Trikot verlieh Flügel, aber würden sie groß genug sein?

Die Abfahrt war verdammt schnell, jetzt hatte er über die Hälfte geschafft, und er fühlte sich noch gut. Mal sehen, wie gut Aitor auf der zweiten Hälfte gefahren war!

„Zwischenzeit für Rogers… Olala! Neue Bestzeit, Cancellara ist geschlagen, jedenfalls nach der Hälfte. 25 Sekunden für Michael Rogers. Kann er das bis ins Ziel halten?“

Er kam langsam in den Zielbereich. Jetzt hieß es noch einmal alles geben, alle Kräfte mobilisieren und in die Wagschale werfen. Noch 2 Kilometer…

„Botero bricht auch die Zwischenzeit! Eben erst hat Rogers sie aufgestellt, und jetzt ist Botero schon schneller. Aber nur 2 Sekunden. Das wird ganz eng im Ziel.“
Zeres erschien auf den fixen Kameras. Die letzten Meter… Komm schon, Jerdona! Mach es! Tobias hielt den Atem an. Es ging vor allem um den Teaminternen Wettkampf… Da kam die Zeit…
Oh nein! Fast 3 ½ Minuten auf Cancellara, rund eine Minute auf Aitor Gonzales Jiminez. Das war es gewesen. Die nächsten Bergetappen würden ganz hart werden für ihn.

„Rogers kommt in den Zielbereich. Wir warten auf die Zeit. Stark sieht er aus, stark ist er gefahren. Er ist schneller, das sieht gut aus… 19 Sekunden auf Cancellara! Der Etappensieg geht wohl an ihn….“
„Botero steht doch noch aus.“
„Achja, richtig, den hatte ich vergessen.“

Etwas Enttäuschung machte sich schon breit. Zum ersten Mal hatte er sich bei der Vuelta richtig getestet, und was hatte es ihm gebracht? Er hatte wahrscheinlich auch noch Kräfte verschleudert, die er in den nächsten zwei Tagen brauchte. Verdammt!
Haimar kam auf ihn zu und wollte ihm zu seiner guten Zeit gratulieren. Ja, eigentlich hatte er ja Recht. Für seine Verhältnisse war er heute gut dabei gewesen. Nur wäre es besser gewesen… Nun ja, man kann eben nicht alles haben. Gorospe würde sowieso das letzte Wort haben, wie in den Bergen gefahren werden würde.

„Botero auch mit Bestzeit. Unglaublich! Schon Cancellara fuhr in einer anderen Liga, und nun bricht er auch noch seine Zeit. 8 Sekunden vor Rogers, 27 vor Cancellara. Wir warten auf Markus Fothen, der sein goldenes Trikot verteidigen will…“

Fothen kam. Und zwar recht schnell. Er fuhr das Zeitfahren seines Lebens, überholte sogar Pellizotti. Der junge Deutsche, nicht so sehr an Hitze gewöhnt wie die Spanier und Italiener, schlug sich ganz beachtlich. Womit er nicht gerechnet hatte, war, das Pellizotti heute einen ganz schlechten Tag hatte. Nach der Zwischenzeit, bei dem sich sein Untergang schon ankündigte, waren die beflügelnden Kräfte des Goldtrikots auf einmal verschwunden. Fothen sah sich als kleinen Kombattanten gegen eine zeitfahrerische Übermacht. Unmöglich, hier etwas auszurichten.
Entsprechend verlor er auch im 4:33 gegen Botero, der damit die Gesamtführung übernahm, allerdings nur 30 Sekunden vor Fothen. Das letzte Wort war noch nicht gesprochen…

Etappenergebniss
1 Santiago Botero PHONAK HEARING SYSTEMS 35'49
2 Michael Rogers QUICKSTEP + 8
3 Fabian Cancellara FASSA BORTOLO + 27
4 Uwe Peschel GEROLSTEINER + 1'29
5 Bobby Julich TEAM CSC + 1'43
6 Michael Rich GEROLSTEINER + 2'02
7 George Hincapie DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM + 2'03
8 Floyd Landis PHONAK HEARING SYSTEMS + 2'19
9 Vladimir Karpets ILLES BALEARS + 2'30
10 Serhiy Honchar DOMINA VACANZE + 2'31

Gesamtwertung
1 Santiago Botero PHONAK HEARING SYSTEMS 31h54'19
2 Michael Rogers QUICKSTEP + 10
3 Markus Fothen GEROLSTEINER + 30
4 Bobby Julich TEAM CSC + 2'23
5 Serhiy Honchar DOMINA VACANZE + 3'03
6 Oscar Pereiro PHONAK HEARING SYSTEMS + 3'06
7 Jens Voigt TEAM CSC + 3'18
8 Juan Carlos Dominguez SAUNIER DUVAL - PRODIR + 3'20
9 Vladimir Karpets ILLES BALEARS + 3'34
10 Franco Pellizotti LIQUIGAS-BIANCHI + 3'55
...
12 Aitor Gonzalez J. EUSKALTEL - EUSKADI + 4'08
...
26 Jerdona Zeres EUSKALTEL - EUSKADI + 5'03
27 Haimar Zubeldia EUSKALTEL - EUSKADI + 5'04
...
32 Francisco Mancebo ILLES BALEARS + 6'01
...
38 José Azevedo DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM + 7'03
...
41 Floyd Landis PHONAK HEARING SYSTEMS + 7'15
...
45 Cadel Evans DAVITAMON - LOTTO + 8'03
46 Georg Totschnig GEROLSTEINER + 8'04
...
53 Alejandro Valverde ILLES BALEARS + 8'25
...
92 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS - WURTH + 9'39

Punktewertung
1 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO 132
2 Tom Boonen QUICKSTEP 97
3 Robbie McEwen DAVITAMON - LOTTO 77
4 Oscar Freire RABOBANK 75
5 Mario Cipollini LIQUIGAS-BIANCHI 61
6 Allan Davis LIBERTY SEGUROS - WURTH 54
7 Max van Heeswijk DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM 50
8 Stuart O'Grady COFIDIS 49
9 Santiago Botero PHONAK HEARING SYSTEMS 45
10 Fabian Cancellara FASSA BORTOLO 41

Bergwertung
1 Tom Boonen QUICKSTEP 18
2 Marcus Ljungqvist LIQUIGAS-BIANCHI 18
3 Oscar Freire RABOBANK 11
4 Erik Zabel T-MOBILE TEAM 10
5 M. A. M. Perdiguero PHONAK HEARING SYSTEMS 10

Damiano_Cunego
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Beitrag: # 321037Beitrag Damiano_Cunego
2.12.2005 - 14:21

sehr,sehr schöner AAR!
Hab mir eben alles mal durchgelesen und freue mich auf weitere Berichte:
weiter so
Venga Cunego !

www.cyclists.de

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arkon
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Beitrag: # 321480Beitrag arkon
5.12.2005 - 18:17

5. September 2005, Lloret de Mar
10. Etappe Vuelta a Espana

Heute stand der erste echte Bergetappe auf dem Programm. Vom ersten Aufschlagen der Augen an stand Jerdona unter Strom. Heute war die übliche Lockerheit, die ihm Morgens anhaftete und im Team beliebte machte wie weggeblasen. Jeder Handgriff, jeder Schritt heute war eingeteilt und vorgegeben. Die Freiheit, die er eigentlich gehofft hatte zu haben war ihm wohl heute nicht gegeben. Nach seinem Coup beim ersten Bergtest war er heute nicht mehr ganz der Unbekannte Underdog wie noch am Anfang der Vuelta. Das war ein Nachteil, weil mehr Druck auf ihm lastete, und unter Druck fuhr er allgemein nicht so gerne. Dagegen hatte es natürlich den Vorteil, das heute das Team für Aitor und ihn fuhr, was ihm den Weg zum Schlussanstieg erleichtern würde. Er durfte gespannt sein, was der Tag alles für ihn bereithielt.

Für Tobias Schuster hielt der Tag ersteinmal nicht viel neues in den Händen. Abgesehen von einem anderen Ort, an dem er die Nacht verbracht hatte, blieb auch heute alles beim Alten. Die Sportler fuhren jeden Tag über neue Strecken, während er immer im Pressepool herumsaß. Das war wesentlich angenehmer als der heimische Fernseher, wo man viele Informationen nicht hatte, aber er hatte diesen Platz nicht zum genießen, sondern zum arbeiten für die Redaktion vom "Gegensatz" bekommen. Das hieß: Arbeiten, oder wieder nur zu Hause die Tour schauen. Seine Wahl viel auf ersteres, letzteres kannte er zu genüge.

Die Etappe began nicht übermäßig offensiv. Gemäß den Erwartungen bildete sich früh eine Spitzengruppe. Gorospe schickte Roberto Laiseka mit, der sich um die Bergpreise kümmern sollte. Den ersten musste er Marius Sabaliauskas überlassen, da er sich gerade an die Gruppe herankämpfte. Im folgenden Flachstück stellte er aber Kontakt zur Gruppe her und konnte die zweite Wertung für sich entscheiden. Im Feld machte aber langsam Liberty und Phonak Tempo, die Etappe sollte wohl kompakt entschieden werden. Noch eine Ausreißergruppe, die mit 10 Minuten in den Schlussanstieg ging, konnten die Kapitäne wohl nur noch schwerlich verkraften.
Am Fuße des Doppelanstieges nach Andorra Arcalis war die Gruppe damit bis auf 3 Minuten wieder eingeholt. Aitor Gonzales, der sich heute bärenstark fühlte, wurde als quasi Kapitän eingestuft. Das hieß für Jerdona: Einen Angriff am vorletzten Hügel.
Kein Problem. Er fühlte sich auch gut, Aitor wollte wohl mal die Konkurrenz antesten und dafür seinen ersten Edelhelfer vorschicken. Das konnte er haben. Zurückkommen würde er nicht.

Tobias fiel fast das Glas aus der Hand. Jerdona griff an! Er wollte es wohl wissen. Und das, was der junge Baske da hinlegte, sah riesig aus. Die Gruppe ließ er schnell hinter sich. Die üblichen Verdächtigen griffen mit an, einige Fluchtgesellen versuchten sich zu ihm zu gesellen.

Als er sich umdrehte, konnte er einige Trikots hinter sich ausmachen, die wohl ebenfalls ihr Glück in der Flucht versuchen wollten. Höchstwahrscheinlich waren die Hälfte von ihnen mitgeschickte Aufpasser, und die andere Hälfte bestand wohl auch zum größten Teil aus unmotivierten Mitfahrern. Die konnten alleine hochfahren. Er würde sich nicht mit jedem Trottel zusammen tun.

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arkon
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Beitrag: # 321535Beitrag arkon
6.12.2005 - 1:28

Schnell war die Lücke da, und Jerdona konnte alleine die Verfolgung seines Teamkameraden Laiseka und seiner Fluchtgefährten antreten. Im Feld selber wurde zwar weiterhin scharf gefahren, aber keiner der großen Favoriten schickte sich an, ihn wieder einzufangen. Der Moment war einfach noch zu früh, um mit wirklich wegzukommen.
Der erste Berg war sehr steil und Laiseka schickte sich als guter Bergfahrer an, die Gruppe zu sprengen. Gorospe jedoch wieß ihn an, sich zurückzuhalten und mit Jerdona gemeinsam den Berg in Angriff zu nehmen. Weil aber immer noch 2 Minuten zwischen den beiden lagen, ließ Laiseka sich nicht zurückfallen sondern hing sich einfach hinten an die Gruppe dran. Sabaliauskas, Francisco Lara Ruiz und Roberto Petito sahen das aber garnicht gern und attackierten. Laiseka konnte folgen und blieb hinten dran. Der Bergpreis oben stand ja noch aus.
Für Jerdona begann nun die Zeit des Leidens. Nach dem lockeren Antritt, der ja fast unbeantwortet blieb, musste er nun fast 2 Minuten zufahren, und das gegen eine 3er-Gruppe, die zwar schon lange vorne fuhr, aber aus erfahrenen Bergfahrern bestand, die nun das Tempo ordentlich forcierten.
Hinten im Feld merkte derweil Aitor, das er sich vielleicht doch etwas übernommen hatte. Heras & Co gingen zwar Jerdonas Attacke nicht mit, doch der junge Baske lag ja noch vor Mancebo im Klassement, was ihn Potenziell gefährlich machte. Die verbleibenden Berghelfer nahmen das gerne zum Anlass, um zur Jagd zu blasen. Aus einem eher gemütlichen Ritt in den Berg wurde eine Höllenfahrt. Jerdonas Vorsprung, der zuerst ganz locker auf über 30 Sekunden gestiegen war, schien sich nun dort einzupendeln. Aitor ließ sich ein wenig zurückfallen, um mit Julian zu sprechen.
"Wie fühlst du dich?" fragte der sportliche Leiter den auch direkt, während er eine Flasche hinüber reichte.
"Es geht" erwiderte Aitor beschönigend. Gorospe hatte lange genug mit Rennfahrern zu tun gehabt, um sofort zu erkennen, das Aitor schon ziemlich knapsen musste.
"Glaubst du, sie halten Jerdona an der Stang oder sie fahren voll?"
"So richtig hart ist das Tempo noch nicht. Da kann ruhig noch mehr kommen" grinste der Baske auf dem Rad dem im Auto an. Die Zuversicht, die er damit vermitteln wollte, kam beim sportlichen Leiter auch an.
Aber wenn bei der wichtigsten Rundfahrt des Jahres für ein spanisches, entschuldigung, baskisches Team eine wichtige Entscheidung getroffen werden muss, dann hält man sich nicht unbedingt an den vorsichtigen Optimismus eines Betroffenen. Daher war für Gorospe klar, das Jerdona da vorne gegen eine jagende Meute stand hielt.
"Jerdona soll richtig Gas geben. Und sag Emanuell, das Laiseka angreifen soll" gab er an Manilo weiter. Dieser blickte kurz verständnisslos, aber tat, wie ihm geheissen.

Jerdona blickte noch verwirrter. Am Anschlag fahren? Das tat er bereits! Aber das Feld kam nicht näher. Er sollte vielleicht noch ein wenig kräftiger in die Pedale treten...

Eine Minute! Jerdona kam weg! Tobias war völlig aus dem Häusschen. Das könnte vielleicht der erste Etappensieg werden. Und er würde es aus erster Hand miterleben...

Gorospe hatte gut kalkuliert. Jerdona kam weg und erhöhte damit den Druck auf die Kapitäne augenblicklich. Botero konnte auf 4 Minuten hoffen, Mancebo war nicht so geschützt, und Heras konnte sich keinen weiteren Zeitverlust erlauben. Wenn Jerdona weg kam, die Etappe gewann und stärker war, als alle glaubten... Das Risiko war zu hoch.

"Heras greift an. ANGRIFF VON HERAS! Unglaublich. Viel früher, als erwartet, geht der Titelverteidiger in den Wind und will es wohl wissen. Aber die anderen lassen sich nicht lumpen. Ein Sturm bricht los im Feld. Botero erkenne ich da, Sastre, Garzelli. Alle gehen sie mit. Mancebo fehlt, wir dürfen gespannt sein"

Es dauerte nur wenige Kilometer, bis Heras an ihm vorbeiflog. Dem Antritt des Superstars hatte Jerdona kaum etwas entgegen zu setzen. Ausserdem war er zu ausgezehrt. Aber kurz hinter Heras kamen Garzelli, Botero und Saste heran. Es kostete zwar erheblich Kraft, aber Jerdona blieb an ihnen dran.

"Heras fliegt jetzt förmlich an Sabaliauskas vorbei. Hier sehen wir den Geschwindigkeitsunterschied deutlich. Der Tag war lang und kräftezehrend für den Italiener. Nur noch Roberto Laiseka liegt jetzt noch vor Heras"

Heras fing Laiseka noch vor dem Gipfel ab und erleichterte ihn somit um die Bergpunkte, was ein wenig ärgerlich war. Damit würde es heute Abend wohl nicht zum Bergtrikot für Roberto reichen.
Die Abfahrt war brutal schnell. Jerdona war zwar schön öfter Abfahrten im Hochgebirge, auch unter Stress hinab gejagt, aber die Vuelta war eben etwas anderes. Einige Male versteuerte er sich etwas, aber da er am Schluss der Gruppe fuhr, konnte er in der Ideallinie der Fahrer vor ihm fahren, und das waren alles ausgebildete Bergspezialisten. So erreichte er den Fuße des finalen Anstieges nach Andorra unbeschadet.

"Heras sieht jetzt etwas angeschlagener aus. Nach dem harten Tag im Zeitfahren gestern, bei dem er ja fast seinen Vueltasieg noch vor den Bergen verlor, scheint er sich zwar deutlich besser zu fühlen, aber ob er wirklich zu alter Stärke zurück gefunden hat, sehen wir oben"

Der Schlussanstieg. Sofort wurde das Tempo drastisch erhöht. Auch in dieser kleinen Gruppe fand ein Ausscheidungsfahren statt. Sie fuhren ja nicht um den Etappensieg, sondern in erster Linie um das Gesamtklassement. Jerdona hatte sich also keine idealen Fluchtbegleiter ausgesucht. Aber attackieren konnte er sie auf keinen Fall. Er hielt sich am Ende der Gruppe und versucht, Anschluss zu halten.
Laiseka wurde eingeholt, konnte aber unmöglich mithalten. Nach einer tollen Tagesleistung ließ er sich weiter zurückfallen und trödelte dem Ziel entgegen. Jerdona war nun völlig auf sich alleine gestellt. Kein besonders aufbauender Gedanke.
Und nur Momente später verkündete Emanuell auch noch über Funk das der Krieg im Hauptfeld richtig angefangen hatte. Mancebo, Valverde, Popovych und jeder der sonst noch irgendetwas zu bieten hatte, flog den Berg hinter ihnen hinauf.

"Mancebo und Popovych schliessen zur Gruppe von Botero auf. Neben Sastre und Garzelli ist überraschend auch noch Zeres mit von der Partie. Wie lange noch, ist die Frage."
"Viel spannender ist Frage nach Heras. Der ist jetzt nämlich nur noch 40 Sekunden voraus. Auf dem Gipfel waren es noch 1:20, doch der Spanier scheint müde, und vor allem Sastre legt hier gut was vor. Wenn jetzt noch Mancebo und Popovych mithelfen, könnte der Titelverteidiger zu stellen sein."

Das Tempo wurde nochmal härter. Langsam wurde Jerdona klar, was es hieß, auf dem letzten Loch zu pfeifen. Er spürte jede Muskelfaser, die Augen brannten, die Beine widersetzten sich jeder Umdrehung. Doch er musste weiter, durfte nicht nachgeben...

Da, vor ihnen, war das nicht schon Heras? Der Hubschrauber zoomte ein bisschen heran, und ja, tatsächlich. Sie rollten ihn auf. Nur noch 2 Kilometer und 6 Mann waren noch zusammen, Garzelli hatte schon abreissen lassen.
Und da? Valverde kam von hinten heran. Und wieder waren es 7, aber noch nicht ganz.

Diesmal sah Jerdona den Angriff kommen. Mancebo stellte sich nicht sonderlich geschickt an, aber hatte dafür umso viel mehr Bumms drauf. Keine Chance, mitzugehen. Aber Sastre und Popovych standen auch auf. Er biss die Zähne zusammen und versuchte es.

"Und Zeres ist immer noch dabei. Echter Heldenmut. Aber er wird kaum etwas helfen. Mancebo ist echt gut unterwegs. Und da, Attacke Popovych!"

Das gab es doch garnicht! Popovych hatte immer noch Reserven parat! Jetzt musste Jerdona wirklich eine Lücke lassen. Mancebo griff auch an und kam auch weg, aber würde wohl nicht mehr an den Discoverymann herankommen.

"Heras ist aufgerollt. Und zu dritt geht die Gruppe in den Sprint. Sastre, Heras und Zeres sind zusammen. Vorne gewinnt Popovych, großartig, dahinter wohl Mancebo, aber wie geht der Sprint aus? Heras eröffnet, zu früh für meinen Geschmack, Sastre setzt nach..."

Jetzt in den Wind! Er gab alles, kämpfte sich nach oben, kam als erster um die Kurve...

"Die letzten Meter, Sastre ist noch dran, Sastre kommt ran, Sastre... wird dritter in einem packendem Sprint, in dem keiner keinem etwas schenkt."

4 Platz! Unglaublich! Er hatte nicht nur einmal mitgehalten, er fuhr wirklich mit den Großen mit! Und das, nach dem er gestern wirklich Federn hatte lassen müssen. Nun fehlte ihm nur noch ein Etappensieg.

Etappenstand
1 Yaroslav Popovych DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM 5h11'32
2 Francisco Mancebo ILLES BALEARS + 23
3 Carlos Sastre TEAM CSC + 32
4 Jerdona Zeres EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
5 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS - WURTH s.t.
6 Alejandro Valverde ILLES BALEARS + 44
7 Santiago Botero PHONAK HEARING SYSTEMS + 53
8 Denis Menchov RABOBANK + 1'44
9 Damiano Cunego LAMPRE - CAFFITIA + 1'52
10 David Moncoutie COFIDIS + 2'13
...
14 Aitor Gonzalez J. EUSKALTEL - EUSKADI + 2'24
15 Serhiy Honchar DOMINA VACANZE s.t.
16 Cadel Evans DAVITAMON - LOTTO s.t.
17 Floyd Landis PHONAK HEARING SYSTEMS s.t.
...
38 Gilberto Simoni LAMPRE - CAFFITIA + 3'43
39 Haimar Zubeldia EUSKALTEL - EUSKADI s.t.


Gesamtwertung
1 Santiago Botero PHONAK HEARING SYSTEMS 37h06'44
2 Yaroslav Popovych DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM + 3'46
3 Markus Fothen GEROLSTEINER s.t.
4 Serhiy Honchar DOMINA VACANZE + 4'34
5 Jerdona Zeres EUSKALTEL - EUSKADI + 4'42
6 Francisco Mancebo ILLES BALEARS + 5'19
7 Levi Leipheimer GEROLSTEINER + 5'35
8 Aitor Gonzalez J. EUSKALTEL - EUSKADI + 5'39
9 Juan Carlos Dominguez SAUNIER DUVAL - PRODIR + 5'54
10 Oscar Pereiro PHONAK HEARING SYSTEMS + 6'28
...
18 Haimar Zubeldia EUSKALTEL - EUSKADI + 7'54
19 Carlos Sastre TEAM CSC + 8'04
20 Alejandro Valverde ILLES BALEARS + 8'16
...
25 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS - WURTH + 9'18

Punktewertung
1 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO 132
2 Tom Boonen QUICKSTEP 97
3 Robbie McEwen DAVITAMON - LOTTO 77
4 Oscar Freire RABOBANK 75
5 Mario Cipollini LIQUIGAS-BIANCHI 61
6 Jerdona Zeres EUSKALTEL - EUSKADI 54
7 Santiago Botero PHONAK HEARING SYSTEMS 54
8 Allan Davis LIBERTY SEGUROS - WURTH 54
9 Max van Heeswijk DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM 50
10 Stuart O'Grady COFIDIS 49

Bergwertung
1 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS - WURTH 22
2 Jerdona Zeres EUSKALTEL - EUSKADI 20
3 Tom Boonen QUICKSTEP 18
4 Marcus Ljungqvist LIQUIGAS-BIANCHI 18
5 Marius Sabaliauskas LAMPRE - CAFFITIA 18
6 Carlos Sastre TEAM CSC 18
7 Roberto Laiseka EUSKALTEL - EUSKADI 16
8 Yaroslav Popovych DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM 16
9 Jonathan Gonzalez Rios ILLES BALEARS 15

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arkon
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Beitrag: # 321546Beitrag arkon
6.12.2005 - 9:51

6. September 2005, Interview in "Der Gegensatz"

"TS: Jerdona, wie fühlen sie sich nach diesem 4. Platz?"
Zeres: Wahnsinnig toll. Ich bin hier hochgekraxelt und dachte schon, als Sastre und die anderen zu mir aufschlossen: Das wars. Meine Beine brannten, es ging fast nix mehr. Aber eben nur fast. Irgendwie konnte ich dann die Attacken mitgehen und im Finale hatte ich noch ein paar Körner.

TS: Wie sehen sie die weitere Vuelta für sich persönlich?
Zeres: Ich hoffe natürlich auf einen Etappensieg, das wäre echt die Krönung. Das weiße Trikot ist natürlich auch ein Ziel, aber dafür müsste ich ersteinmal an Popovych vorbei, und das im Augenblick eher unwahrscheinlich. Besonders freut es mich natürlich, das ich jetzt wirklich die Nummer 1 im Team bin. Nachdem Aitor heute nicht vorne mitfahren konnte, ist die taktische Lage der nächsten Tage für mich wohl vorteilhafter.

TS: Was meinen sie mit Nummer 1? War Aitor vor ihnen gesetzt?
Zeres: Ja, das war ja überhaupt der Grund, weswegen ich so früh angegriffen habe, Aitor wollte mal sehen, wie die anderen reagieren. Aber als er dann abreissen lassen musste, hatte ich völlig freie Hand.

TS: Aber sie waren doch bei der ersten Bergankunft der deutlich stärkere Fahrer im Euskaltel-Team?
Zeres: Dafür hat er aber im Zeitfahren wieder nachgelegt. Vielleicht liegt es auch an den Streitigkeiten zwischen mir und Gorospe im Vorfeld der Vuelta...."

Gorospe senkt die Zeitung.
"Was glaubst du eigentlich, wer du bist?"
Die Frage verhallte im Raum. Nicht ungehört, aber ohne Antwort. Jerdona spürte, das es nun gefährlich werden würde.
"Nicht genug damit, das du die Teaminterna über Stallorder, Hackordnung im Team und anderes ausplauderst, du schwärzt mich auch noch vor der ganze Welt an, ich hätte aus persönlichen Motiven dir die Kapitänsrolle entrissen?"
Das Schweigen im Raum wurde noch einige Größenordnungen leiser. Gorospe hatte mit voller Absicht keinen sonst zu diesem Gespräch dazu geholt. Jerdona sollte zwar die volle Breitseite abbekommen, aber er wollte den Jungen nicht zerstören. Heute stand ja wieder eine Bergetappe auf dem Programm.
"Hör zu. Wir verstehen uns nicht besonders, und ich weiss auch, das man in der Aufregung nach einer Etappe manche Dinge sagt.. Nun ja, die man besser für sich behalten hätte. Du hast mich nicht nur persönlich beleidigt sondern auch vor der Weltpresse blosgestellt. Solche Dinge ziehen einen immensen Image-Schaden nach sich. Ok, ich übertreibe ein wenig. Aber du wirst nach dieser Vuelta nie mehr ein Rennen für mich fahren. Ich denke kaum, das es dir schwer fallen wird, ein neues Team zu finden, und auch nicht, das du mich besonders vermissen wirst."
Jerdona wollte etwas sagen, wusste aber weder was das sein sollte noch wie er es in Worte fassen konnte.
"Heute erwarte ich von dir das du fährst wie einer der Großen, mit denen du gestern Schritt gehalten hast. Ein Etappensieg wäre doch nett. Aber bitte lass dir nichts anmerken. Du hast bei mir nicht besonders viel verloren, was schon vorher nicht schon weg gewesen wäre. Ich weiss nicht, wie die Fahrer über diese Sache denken, aber das klärst du besser mit ihnen persönlich.
Und jetzt: Mach dich fertig!"

Barnetta
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Beitrag: # 321583Beitrag Barnetta
6.12.2005 - 14:42

sehr stark.
auch der streit vor der nun folgenden bergetappe ist klasse geschrieben.
Bin gespannt wie es weiter geht

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