18. Mai 2006 - 11. Etappe Giro
Waren wir am Start?
Mit dem Giro d`Italia, der Katalonien Rundfahrt und der Friedensfahrt laufen momentan drei Rundfahrten, bei denen wir am Start stehen. Heute war allerdings so ein Tag, wo man sich fragen musste: Sind wir wirklich dabei?
Beim Giro stand heute die elfte Etappe auf dem Programm. Bei dem 54 Kilometer langen Einzelzeitfahren rund um Pontadera gehörten wir mit Sicherheit nicht zu den Favoriten. Allerdings waren unsere Ergebnisse heute auch dementsprechend gewesen. Bester Fahrer war bezeichnenderweise Torsten Schmidt - und das obwohl er in den letzten Tagen fast jeden Tag in einer Fluchtgruppe saß. Hätte er sich heute doch etwas geschohnt. Für ihn sprang immerhin Rang 26 mit 1`44 Rückstand auf den Tagessieger heraus. Auch Laurens schlug sich noch einigermaßen passabel und belegte mit 2`42 Rückstand den 39. Rang. In der Gesamtwertung bleibt er damit weiterhin auf Rang 23.
Über unsere eigentlichen Kapitäne Jörg und Berni braucht man eigentlich gar nicht sprechen. Die Plätze 78 und 103 sprechen schon für sich.
Ganz anders war heute Paolo Savoldelli unterwegs. Der Discovery Channel Profi gewann das Zeitfahren und schob sich damit in der Gesamtwertung auf Rang 2 nach vorne. Führender bleibt immer noch Ivan Basso. Der Landsmann von Savoldelli war heute nur 10 Sekunden langsamer als der Falke und belegte dadurch Rang 2.
Den größten Rückschlag erlitt heute Mirko Celestino. Der Milram Fahrer, vor dem Zeitfahren dritter der Gesamtwertung, kassierte heute über 4 Minuten und rutschte auf den sechsten Rang zurück. Seinen Podiumsplatz nahm Marzio Bruseghin von Lamopre ein.
Eine sehr schwere Etappe stand heute bei der Katalonien Rundfahrt an. Das Teilstück war mit 237 Kilometer nicht nur sehr lang, sondern mit 2 schweren Anstiegen auf den letzten Kilometern, inklusive einer mörderischen Bergankunft auch noch sehr schwer.
Da die Etappe so schwer erschien, sollten sich meine Teamkollegen heute erst einmal zurückhalten. Wie ich im Nachhinein erfuhr, hatte unser sportlicher Leiter Piet Hoekstra ein absolutes Angriffsverbot erteilt.
Andere Teams hatten eine andere Rennphilosophie und attackierten von Beginn an. So formte sich eine siebenköpfige Spitzengruppe, in der jedoch keine echte Bergziege vertreten war.
Zunächst einmal ließ man die Gruppe ziehen - 10 Minuten Vorsprung gönnte man ihr. Bis zum Fuße des ersten schweren Anstieges konnte die Spitze ihrem Namen gerecht werden, doch nach den ersten steilen Metern war der Fluchtversuch beendet.
Im Anstieg fuhr Gerolsteiner für Levi Leipheimer ein sehr hohes Tempo. Meine Teamkollegen Paco Lara und Daniel Atienza, die sich für heute viel vorgenommen hatten, fuhren direkt am Hinterrad des Amerikaners, um ja nicht die entscheidende Attacke zu verpassen.
Diese kam dann auch gut vier Kilometer vor der Bergwertung. Leipheimer attackierte gemeinsam mit Francisco Mancebo (Ag2r) - doch von unseren Spaniern war nichts zu sehen.
Durch diese Attacke flog das Feld komplett auseinander. Viele Fahrer wollten dem Duo folgen - doch keiner hatte die Beine. In einigem Abstand folgten die drei Spanier Roberto Laiseka (Euskaltel), Josep Jufre (Davitamon) und der Gesamtführender Manuel Beltran (Discovery). Ihr Rückstand an der Bergwertung betrug 35 Sekunden. Auf der Abfahrt konnte theoretisch wieder vieles zusammenlaufen.
Während Jufre eine waghalsige Abfahrt hinlegte und tatsächlich zum Spitzenduo aufschließen konnte, wurden Beltran und Laiseka von nachfolgenden Fahrern geschluckt.
So gingen Mancebo, Leipheimer und Jufre gemeinsam in den 8 Kilometer langen Schlussanstieg hinauf zum Coll de Pal.
Knapp eine Minute dahinter folgte dann eine sechsköpfige Verfolgergruppe, zu der neben Beltran und Laiseka noch Andreas Klöden (T-Mobile), Alberto Contador (Liberty Seguros), Luis Perez (Cofidis) und Gilberto Simoni (Saunier Duval) gehörten.
Von Lara und Atienza war weit und breit nichts zu sehen - schade. Atienza konnte den Schaden als 26. wenigstens noch halbwegs in Grenzen halten. Allerdings verlor er heute auf die Besten über sieben Minuten.
Auch wenn die Verfolgergruppe in zahlenmäßiger Überlegenheit war, so kam sie doch nicht an die drei Spitzenreiter heran. Drei Kilometer vor dem Ziel betrug der Abstand zwischen den beiden Gruppen 1`25. Da war klar, dass der Sieg unter den Führenden ausgemacht werden würde.
Zunächst setzte Mancebo eine Attacke und konnte gut 10 Sekunden an Vorsprung herausfahren. Allerdings hatte sich der Ag2r-Fahrer damit komplett übernommen und musste diesem Angriff Tribut zollen. Bis zum Ziel wurde er nicht nur von Jufre von Leipheimer eingeholt, sondern auch noch um 22 Sekunden distanziert.
Den Etappensieg sicherte sich Jufre, wahrscheinlich auch weil Leipheimer - im sicheren Besitz des Leadetrikots - auf einen Sprint verzichtete.
Somit führt Leipheimer in der Gesamtwertung nun vor Jufre und Mancebo, Manuel Beltran fiel auf Rang vier zurück. Morgen könnte die Gesamtwertung jedoch noch einmal durcheinander gebracht werden, da ein Bergzeitfahren hinauf nach Andorra auf dem Programm steht.
Nicht ganz so schwer ging es heute bei der Friedensfahrt zu. Auf dem 172 Kilometer sechsten Teilstück von Dippoldiswalde nach Meerana ging es hauptsächlich über flaches Terrain - Dazu wurde die Steile Wand umfahren. Somit sollte die Etappe eigentlich kein Problem gewesen sein.
Allerdings machten die Fahrer die Etappe brutal schwer. Vor allem der Gesamtführender Ghisalberti hatten vom Siegen wohl noch nicht genug und attackierte kurz vor dem Ziel. Ihm konnten nur Eddy Ratti (Naturino) und Björn Papstein (Lamonta) folgen.
Das Trio kam auch tatsächlich bis ins Ziel durch. Dort zeigte sich allerdings, dass Ghisalberti keine Geschenke machen wollte. Der Italiener zog trotz zweier Etappensiege und großer Führung in der Gesamtwertung voll durch und sicherte sich seinen dritten Tagessieg in Folge.
Beste Capitolfahrer, wenn man das überhaupt sagen kann, war Schumi auf Rang 24, mit 2`40 Rückstand. Ob die Friedensfahrt bei uns im Team für viel friedliche Stimmung sorgt, ist zweifelhaft. Aber noch stehen ja zwei Etappen an. Ein Etappensieg ist da eigentlich schon Pflicht. Da hilft es auch wenig, dass Rene Weissinger das Bergtrikot schon so gut wie sicher hat.
Ergebnisse:
11. Etappe Giro d`Italia Einzelzeitfahren:
1. Paolo Savoldelli (Discovery Channel)
2. Ivan Basso (CSC) +10
3. Laszlo Bodrogi (Credit Agricole) +21
4. Marzio Bruseghin (Lampre) +32
5. Sergej Gonchar (T-Mobile) +34
Gesamtwertung:
1. Ivan Basso (CSC)
2. Paolo Savoldelli (Discovery Channel) +50
3. Marzio Bruseghin (Lampre) +2`11
4. Franco Pellizotti (Liquigas) +2`27
5. Iban Mayo (Euskaltel) +3`32
6. Mirko Celestino (Milram) +4`12
7. Jose Angel Gomez Marchante (Saunier Duval) +5`20
8. David Moncoutie (Cofidis) +5`42
9. Steve Zampieri (Phonak) +6`03
10. Pietro Caucchioli (Credit Agricole) +6`06
...
23. Laurens Ten Dam (Capitol) +13`15
4. Etappe Katalonien Rundfahrt:
1. Josep Jufre (Davitamon-Lotto)
2. Levi Leipheimer (Gerolsteiner)
3. Francisco Mancebo (Ag2r) +22
4. Manuel Beltran (Discovery Channel) +1`43
5. Alberto Contador (Liberty Seguros) +1`55
Gesamtwertung:
1. Levi Leipheimer (Gerolsteiner)
2. Josep Jufre (Davitamon-Lotto) +15
3. Francisco Mancebo (Ag2r) +50
4. Manuel Beltran (Discovery Channel) +1`37
5. Alberto Contador (Liberty Seguros) +2`01
...
34. Daniel Atienza (Capitol) +8`39
6. Etape Friedensfahrt:
1. Sergio Ghisalberti (Milram)
2. Eddy Ratti (Naturino)
3. Björn Papstein (Lamonta)
4. Roman Kilun (Health Net) +57
5. Gerrit Glomser (Volksbank)
Gesamtwertung:
1. Sergio Ghisalberti (Milram)
2. Roman Kilun (Health Net) +4`02
3. Eddy Ratti (Naturino) +5`00
4. Gerrit Glomser (Volksbank) +6`07
5. Frederic Gabriel (Unibet) +9`19
...
18. Stefan Schumacher (Capitol) +15`46