Doping im Radsport

Alles, was mit reellem Radsport zu tun hat

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marcoko
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Beitrag: # 427577Beitrag marcoko
18.5.2007 - 17:39

Klaus und Tony hat geschrieben:
dpa hat geschrieben:Der spanische Radprofi Oscar Pereiro hat eine Klage gegen die italienische Zeitung «Il Giornale» aus Mailand angekündigt, die ihm eine Verbindung zu dem mutmaßlichen Doping-Arzt Eufemiano Fuentes nachgesagt hat. Pereiro, hinter dem gedopten Floyd Landis Zweiter der vergangenen Tour de France, bestritt erbost jede Verwicklung: "Ich kenne Fuentes nicht und habe ihn noch nie gesehen."

Zudem erklärte er sich zu einer DNA-Probe bereit. Wenn es soweit käme, will er aber aus Protest mit dem Radsport aufhören: «Wenn ich eine DNA-Probe abgeben muss, um meine Unschuld zu beweisen, höre ich auf. So hat der Radsport keinen Sinn», sagte Pereiro spanischen Zeitungen.
Ich finde keinen Grund, Pereiro mehr oder weniger zu trauen als anderen Leuten, die sagen, sie hätten Fuentes nie im Leben gesehen, aber das wäre meine Lieblingsvariante: Ein Rennfahrer, der per DNA seine Unschuld beweist und dann ebenso reingewaschen wie angeekelt aufhört.
Es wäre die korrekte Antwort an alle, die der Meinung sind, die Abgabe von DNA-Proben sei eine ethisch locker vertretbare Sache.
Das ist für mich schon eher eine Schuldbekenntnis ;)

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ETXE
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Beitrag: # 427582Beitrag ETXE
18.5.2007 - 17:48

Ein Schuldbekenntnis, wenn schon, und genau ein solches ist es nicht. Ich sehe das eher als Vorverurteilung deinerseits an. Es ist doch mittlerweile vollkommen schnuppe, was ein Radsportler sagt oder tut, es wird in der ungeheuer "objektiven" Radsportöffentlichkeit (zu der ich dich jetzt auch mal zähle) eh als Schuldeingeständnis eingestuft.
Und deswegen könnte man sich solche Kommentare auch schlichtweg sparen, denn sie sind ungefähr so niedrig anzuordnen wie Bild-Zeitung-Journalismus.
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Kyle
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Beitrag: # 427696Beitrag Kyle
18.5.2007 - 21:39

Na ja, ich gebe mich keinen Illusionen hin, aber bei Pereiro hatte ich bisher noch nicht den Eindruck das er leistungsorientiert gedopt hat. Ich meine, er ist ein klasse Bergfahrer, aber kein Übermensch. Den 2. Tour-Platz hat er ja auch nur einer Panne im Feld zur verdanken, weil irgendwie keiner mehr dran gedacht hat, das man ihm im Zeitfahren wohl keine halbe Stunde abnehmen könnte und er in den Bergen mithalten kann.
Es kann schon sein das er irgendwann mal was genommen hat, aber zum Glück hat sich das nicht wirklich auf evtl. Erfolgserlebnisse ausgewirkt. Selbst wenn er dopt, ist er zu schlecht um zu gewinnen ... und ich denke, wenn er das begreift, dann kann er es genauso gut auch sein lassen und sein Geld woanders investieren.

Das Landis nicht gedopt hat, glaubt ja wohl eh nur der fanatischste Anhänger. Bei US. Postal erwährt sich doch der Eindruck das so ziemlich jeder dort irgendwie mit solcher Medizin zugedröhnt wurde. Armstrong, Heras, Hamilton, Landis und Hincapie sind ja alle schon mal auffällig gefahren oder wurden erwischt - solche Zufälle gibt es wohl zu selten als das man da noch naiv glauben kann das schon alles fair dort abgeht.

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Hijo Rudicio
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Beitrag: # 427713Beitrag Hijo Rudicio
18.5.2007 - 22:29

ETXE hat geschrieben:
Und zuletzt: Wenn ich die Wahl habe zwischen einem "unsauberen" aber schönen Sport und einem "sauberen", also nicht existenten, Sport, so weiß ich ganz genau, wofür ich mich als Zuschauer entscheide.
Die größte Gefahr für den Radsport ist augenblicklich, dass er WEGEN Doping bald nicht mehr (im TV) existent sein könnte.

Kleiner Zusatz. "Gutmensch" ist ein Neonazi-Wort. Damit will ich keinen hier beleidigen oder anschuldigen, man sollte das nur wissen wenn mans benutzt. Schaut doch mal ins NPD-Forum, da bekommt ihr bei der "Gutmensch"-Wortsuche locker so 586 Treffer.
Ich kann das Wort "Gutmensch" nicht mehr hören in Zusammenhang mit jemandem, der moralische Standpunkte vertritt, aber realistisch betrachtet sich für eine hoffnungslose Sache einsetzt.
Man kann keinen Sport sauber halten, glaub ich auch, aber man kann es zumindest mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln versuchen.

Um zum Thema zurückzukommen.
Landis-LeMond und die Äusserungen des Offiziellen über Basso, der Angst habe zu sprechen, das ganze Verhalten der Fahrer, diese Omerta, alles weist auf verbrecherische Strukturen hin. Will irgendwer einen Sport, in dem der reumütige, geständige Doper Angst haben muss, im Sprint in die Seitenplanke gedrängt zu werden? Oder wo man dem nicht-Doper mal was in die Flasche mixt (deHond-Buch)? Oder wo ein Manager jemanden damit erpresst, publik zu machen, derjenige sei in der Kindheit sexuell belästigt worden? Vielleicht fährt auch nur der Führende der Tour persönlich jedem Ausreissversuch des Geständigen hinterher...
Ist es hoffnungslos dagegen zu kämpfen? Wohl ja. Aber genau das bringt jenen meinen höchsten Respekt, die es dennoch versuchen.

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ETXE
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Beitrag: # 427716Beitrag ETXE
18.5.2007 - 22:50

Ich schaue nicht ins NPD-Forum, mir war das mit dem Gutmenschen als Nazi-Wort auch nicht geläufig. Danke für den Hinweis. Nebenbei: Der Nazi-Esoterik entnommen ist übrigens auch der Begriff Lichtgestalt, welcher ja beinahe allgegenwärtig für einen ehemaligen Fußballer von FC Bayern, Cosmos New York und dem HSV verwendet wird.

Das Dilemma, welches du beschrieben hast, wird hier im Forum schließlich auch deutlich. Es drückt sich entweder in Hilflosigkeit aus oder eben in Moralapostelei (schickes Wort oder?).
Was mir persönlich zumeist fehlt, ist ein Diskurs, der nicht ins dualistische Schwarz-Weiß-Schema abdriftet. Solange dieses dualistische Gequatsche keinerlei Dialektik zeigt, könnte man eben auch den Rand halten, von daher finde ich deinen Beitrag erfrischend gut.
Die Rolle des Fahrers als potentielles Opfer wird offenbar ungern oder besser gar nicht gesehen. Aber mafiöse Strukturen, wie sie zweifelsfrei vorhanden sind, führen eben u.a. genau dazu. Ein Verräter, einer der singt, wird eben mundtot gemacht. Ich sehe immer noch nicht, daß an diesen Strukturen großartig gekratzt wird. Es wird gerne nur gejammert und gejammert und durch Pauschal-Holzhammerargumente eine differenzierte Einschätzung unmöglich gemacht.

Was bleibt? Kronzeugenregelung? Allgemeine Ächtung des Radsports? Ich weiß es momentan auch nicht ...
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echterborusse
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Beitrag: # 427717Beitrag echterborusse
18.5.2007 - 22:56

Es müsste in dem ganzen Radsportzirkus dochmal einen geben,der seinen Sport wirklich liebt und sich dafürr opfern könnte oder sehe ich das so falsch und naiv?
Wenn Jens Voigt den Sport doch so liebt,dann könnte er doch einfach mal auspacken,wo er sowieso bald am Ende seiner Karriere ist und seinem Ruf würde es doch sich nicht schaden oder?

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Hijo Rudicio
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Beitrag: # 427724Beitrag Hijo Rudicio
18.5.2007 - 23:23

Lieber ETXE: Ich wollte auch wirklich niemanden und dich schon gar nicht, der dieses Wort benutzt, in irgendeine Ecke drängen. Ich kanns nur nicht mehr hören, ich hörs so oft in letzter Zeit. Und zwar negativ besetzt. Mit dem Wort Lichtgestalt beleidigt man wenigstens niemanden. Auch wenn die letzte Lichtgestalt, die ich gesehen habe, jemand war, der unter der einzigen Straßenlaterne stand.

Ich glaube, wie bei so vielen Dingen, die sich eingeschliffen haben (im Fall Doping im Radsport über Jahrzehnte), helfen nur härteste Strafen weiter. Für die Sportler lange Sperren, für die Hintermänner wie Ärzte, Teammanager usw. zivilrechtliche Anklagen mit hohen Haftstrefen, keine Bewährung. Es darf sich einfach im Verhältnis zur unwahrscheinlichen, aber dafür um so härteren Strafe nicht mehr lohnen zu dopen. Blutproben aufheben, die Leute im Nachhinein enttarnen, Siege aberkennen, Schadensersatzforderungen, was auch immer.
Wenn Godefrot wirklich angewiesen hat jemandem, der nicht dopt, etwas in die Flasche zu tun, dann müsste er ins Gefängnis. Ich bin kein Jurist, aber ich weiß, je schwieriger es ist, jemanden zu überführen (z.B. bei Telefonterror), desto härter können die Strafen ausfallen. Ist aber wohl schon verjährt. Leider. Aber hinterhältiger gehts kaum. Naja, obwohl, wer weiß...

Hier möchte ich den Kölner Stadtanzeiger zitieren:

"Der Stand vom Freitag: Ein Kantonsgericht in der Schweiz gibt Ullrich-Akten für deutsche Fahnder frei; Italiens oberster Dopingjäger forderte Ivan Basso auf, endlich Hintermänner zu nennen; in Malibu berichtet Ex-Toursieger Greg LeMond bei der Anhörung zum Dopingfall Floyd Landis von einer versuchten Erpressung. Der Landis-Manager habe ihn davor gewarnt, in den Zeugenstand zu treten, mit der Drohung, seinen sexuellen Missbrauch publik zu machen. Um Irrtümern vorzubeugen: LeMond war, als sechsjähriges Kind, Opfer, nicht Täter.

Auf solch steil abschüssigem Niveau befindet sich inzwischen die Verteidigungslinie organisierten Sportbetrugs. Wohin das noch führen wird? Da geht uns die Fantasie aus." OLAF BACHMANN, 18.05.07 (aus: http://www.ksta.de/html/artikel/1179501380370.shtml)

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Stephen Roche
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Beitrag: # 427799Beitrag Stephen Roche
19.5.2007 - 12:04

Anknüpfend an ethische (Un-)Vertretbarkeit von DNA-Analysen (KuTs Post):

Ich sehe den Unterschied zu Urin-Proben nicht, solange die Informationen nur abgeglichen werden. Verstehe die scheinheilige Brüskiertheit der Fahrer nicht. Also: Wo ist das Problem?


(Und am Rande: das Wort Gutmenschentum lasse ich mir gewiss nicht verbieten. ;-)
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BlackHackz
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Beitrag: # 427806Beitrag BlackHackz
19.5.2007 - 12:29

Ich sehe das genauso wie Roche. Niemand speichert die genetischen Daten, insofern halten ich das nicht wirklich für bedenklich. Aber ganz abgesehen davon sind wir uns glaube ich alle einig, dass DNS-Abgleiche nur zur Beruhigung der breiten Öffentlichkeit dienen. Doper identifiziert man dadurch kaum (höchstens eben die von Fuentes).
Zur interessanten Diskussion von ETXe und Rudis Sohn: Die Forderung nach härteren Strafen mag ja vielleicht abschreckend wirken (obwohl ich das kaum glaube), aber das Problem ist doch, dass man kaum einem Fahrer Doping nachgewiesen hat. Meiner Meinung liegt das erste Problem bie den Kontrollen, wenn man das gelöst hat, kann man sich mit den Strafen beschäftigen. Ich meine, wurde Ullrich bei einer Dopingprobe positiv getestet? Basso? Landis? Pereirro? Da sind mindestens 50, vllt sogar 100 Blutbeutel von Fahrern, keinem einzigen konnte man Doping in einer regulären Kontrolle nachweisen. Wir müssen uns damit abfinden, dass der Sport allgemein dopingverseucht ist. Ich meine dagegen kämpfen gut und schön, aber was willst du dagegen machen? Ja klar, keine Rennen mehr gucken, dadurch gehen Sponsoren weg, dadurch verdienen die Fahrer weniger Geld und werden vllt wach. Aber dann siehst du eben auch keine Rennen mehr.
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Beitrag: # 427813Beitrag Toursieger Ullrich
19.5.2007 - 13:01

Niemand speichert die genetischen Daten, insofern halten ich das nicht wirklich für bedenklich.
Doch, wurde von vielen Teams gefordert. Sie sollen laut vielen sehr wohl gespeichert werden. Das war auch das was Bettini so entzürnt hat.
Aber ganz abgesehen davon sind wir uns glaube ich alle einig, dass DNS-Abgleiche nur zur Beruhigung der breiten Öffentlichkeit dienen. Doper identifiziert man dadurch kaum (höchstens eben die von Fuentes).
Was haben sie dann für einen Sinn?
Ja klar, keine Rennen mehr gucken, dadurch gehen Sponsoren weg, dadurch verdienen die Fahrer weniger Geld und werden vllt wach.
Wer's glaubt.

DNA Datenbanken beinhalten eine Vorverurteilung und sind nebenbei rechtlich zum Glück höchst zweifelhaft. Bringen tun sie meist ohnehin nichts. Ich bin dagegen.

Ansonsten hat Etxe viele Sachen sehr gut angesprochen.
Danke Jan!

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Stephen Roche
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Beitrag: # 427815Beitrag Stephen Roche
19.5.2007 - 13:06

Wieso stellt das Anlegen von Datenbanken eine Vorverurteilung dar?
Wieso ist das Speichern um Zwecke des späteren Abgleichs ein Grund, erzürnt zu sein?
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Beitrag: # 427829Beitrag BlackHackz
19.5.2007 - 15:03

Ich verstehe viele Fahrer nicht. Die haben doch auch soetwas wie eine Sportlerehre und wenn in der Öffentlichkeit der Sachverhalt so dargestellt wird, dass wenn ich einen DNS-Test mache, ich mich von allen Vorwürfen reinwaschen kann, dann mache ich das doch sofort. Das ist doch kein Eingriff in die Privatsphäre, wenn jemand meine DNS mit denen aus den Blutbeuteln abgleicht. Wenn in der Umgebung von Oldenstett ein Vergewaltiger gesucht wird, dann bittet man die Bevölkerung doch auch um Mithilfe und die Abgabe von DNS. Meistens ist die Beteiligung bei solchen Sachen weit über 95%, was eindeutig zeigt, dass der Mensch sehr gerne bestrebt ist, sich von allen falschen Anschuldigungen reinzuwaschen. Ich verstehe die generelle Abwehrhaltung der Fahrer nicht. Trotzdem muss man daran denken, dass der DNS-Spaß eigentlich vollkommener Schwachsinn in Hinblick auf die Säuberung des Radsports ist. Schließlich hilft das nur im Fuentes-Fall, ansonsten überhaupt nicht. Das zeigt aber nochmal, dass der Radsport so tut, als wäre Fuentes die Wurzel allen Doping-Übels und das einzige Problem des Radsports...Das ist schade. Man sollte sich lieber Gedanken machen, warum man Ullrich, Basso usw nie positiv getestet hat.

@Toursieger Ullrich: Deine 2. Frage ergibt sich quasi aus dem Zitat!
Bei deiner 3. Aussage "Wers glaubt" verstehe ich jetzt den Zusammenhang nicht. Das ist durchaus eine logische Kausalkette, kann aber nicht das Ziel sein.
Naja zu Bettini: Vielleicht hat er ja Angst, dass bei einer Speicherung seines Erbgutes ein positiver Vergleich zu den Daten von Blutbeuteln aus der Blutbank aus Valencia, die wahrscheinlich bald ausgehoben wird, erzielt wird :lol:
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Beitrag: # 427846Beitrag Lance Armstrong Fan
19.5.2007 - 16:39

Der große Unterschied bei solchen Aktionen ist doch, dass die Daten NICHT gespeichert werden. Was die Teams fordern ist eine DNA-Datenbank. Gegen so etwas haben sich doch schon viele Leute beschwert. Dass Daten gespeichert werden und jemand darauf jederzeit zugreifen kann, denke ich schon, dass das eine Einschränkung der persönlichen Freiheit ist.

Stellt euch doch mal die Frage, wie ihr darüber denken würdet, wenn die Polizei zu euch kommt und sagt: "Zur zukünftigen Verbrechensaufklärung legen wir eine DNA-Datenbank an. Geben sie ihre DNA ab."
Gruß LAF

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Beitrag: # 427863Beitrag BlackHackz
19.5.2007 - 16:56

Ich verstehe nicht, wo der Unterschied zwischen einem Fingerabdruck und der DNS sein soll. Wenn Fingerabdrücke gespeichert werden, sogar in Pässen, dann kann man das doch auch mit DNS machen.
Mein Vergleich mit der Aufklärung eines Sexualverbrechens hatte ich eher im Kontext zu Pereiro gesehen. Der meinte ja, er wolle eine DNA-Probe abgeben, aber wenn es soweit käme, höre er auf. Von Speicherung keine Rede.
Trotzdem: Die Fahrer haben es sich selbst zuzuschreiben, dass man sie unter Generalverdacht stellt! Wenn Herr Bettini in einem Interview in der Gazetta sagt, dass einige Fahrer nun Angst haben, dass sie genauso wie Ullrich und Basso auffliegen, dann weiß er offensichtlich bescheid. Wenn er das tut, dann soll er die Namen auch nennen. Ich bin nicht für Hexenverfolgung oder McCarthyismus, aber das ist Behinderung der Justiz. Die Fahrer könnten sehr wohl etwas dagegen tun, dass sie andauernd unter Dopingverdacht stehen, aber eine Krähe hackt der anderen wohl kein Auge aus....
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ETXE
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Beitrag: # 427890Beitrag ETXE
19.5.2007 - 17:34

BlackHackz hat geschrieben:Ich verstehe nicht, wo der Unterschied zwischen einem Fingerabdruck und der DNS sein soll. Wenn Fingerabdrücke gespeichert werden, sogar in Pässen, dann kann man das doch auch mit DNS machen.
Ich möchte das z.B. nicht! Ich empfinde das als Einschränkung meiner persönlichen Freiheit. Und dieses Recht haben Radprofis doch wohl auch.

Ich frage mich im Ernst, wieso man Big-Brother-Zustände in einer sogenannten "Demokratie", die soviel Wert auf individuelle Freiheit legt, gutheißen sollte? Und zur nahezu perfekten Überwachung gehören neben biometrischen Daten, Überwachungskameras allenthalben und Telefonabhörung eben auch DNA-Datenbanken und Fingerabdruck-Karteien.
Das mag bei dringendem Verdacht im Falle eines Schwerverbrechens (Sexualstraftat, Mord etc.), eventuell auch bei Wiederholungstätern, okay sein, in anderen Fällen ist es mir einfach zuwider!
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Klaus und Tony
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Beitrag: # 427919Beitrag Klaus und Tony
19.5.2007 - 19:03

Danke, ETXE.
Ich bin jedem dankbar, dessen Freiheitsverständnis über die Freiheit der unausgegorenen Meinungsäußerung hinausgeht.

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Beitrag: # 427924Beitrag BlackHackz
19.5.2007 - 19:07

Ich halte den Zustand, dass man DNS speichern will, auch nicht unbedingt für eine Errungenschaft der menschlichen Freiheit. Aber wenn ich die Chance habe, meinen Job zu retten und meine Ehre und was mir sonst noch so alles lieb ist, dann versuche ich doch mit allen Mitteln gegen eine Vorverurteilung oder gegen eine Anklage vorzugehen. Ich kann Leute, wie Bettini verstehen, die sagen, dass wenn man sie nun in einer DNS-Kartei führt, dass das so aussähe, als ob sie stark verbrechensgefährdet wären. Dass das nicht in Ordnung ist, da stimme ich absolut zu. Allerdings bleibe ich bei meiner Meinung, dass auch ein Bettini durch die Nennung von Namen, die er kennt, Abhilfe schaffen könnte. Schließlich sind seiner Auffassung nach die Kollegen Schuld, dass man nun die Menschenrechte von ihm verletzt. Dann kann er was dagegen tun. OK, dass das nicht so wirklich klug wäre, weil er dann als Verräter dastehen würde, sehe ich auch ein, aber dann soll er doch wenigstens anonym etwas machen oder so. Nun weiß man natürlich nicht, inwieweit die UCI an dem Dopingring mitverdient, aber das zu erörtern, wäre Spekulation.
Vielleicht bin ich in der ganzen DNS-Sache vielleicht auch etwas voreingenommen gegenüber Pereiro und Bettini, weil sie die gleichen Argumente wie ein gewisser Herr Ullrich benutzen, der nicht etwa seine Menschenrechte in Gefahr sah, sondern seinen Ruf oder was auch immer.Es ist sicherlich nicht vernünftig Radprofis wie potenzielle Verbrecher zu behandeln, nur leider tun sie nicht viel dafür, dass man sie nicht für solche hält...

Ganz davon abgesehen frage ich mich seit Wochen, warum die Freiburger Ärzte Heinrich und Schmidt so schnell wie möglich aus dem Verkehr gezogen wurden und Leute wie Godefroot fröhlich weiter ein Team betreuen dürfen. Nicht, dass ich was gegen Godefroot gehabt hätte, aber nach dem d'Hondt Buch glaube ich, dass man auch bei den sportlichen Leitern die ein oder andere Untersuchung tätigen sollte. Die werden nämlich wenn es um Dopingverbrechen geht selten genannt, die Schuld wird meistens den Fahrern angelastet.
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Beitrag: # 427934Beitrag wassertraeger29
19.5.2007 - 19:34

Meiner Meinung nach wird hier in den meisten Fällen das Freiheitsargument zur Verdeckung niederster Betrugsfälle missbraucht.

Wenn sich die Radsportler(szene) immer wieder neue Syteme des systematischen Betrugs (mit zum Teil höchster krimineller Energie) ausdenken und dann deren eh schon schwierige Aufklärung auch noch mit scheinheiligen Hinweisen auf irgendwelche Entfaltungsrechte verschleiern, dann ist das unterstes Niveau. Oder entspricht es irgendeiner Menschenwürde sich Fremdurin in die Blase spritzen zu lassen?

Sicherlich muss man mit dem Thema seriös und zurückhaltend umgehen, aber das hat auch nie jemand anders machen wollen.

Man muss doch auch sehen, was zuerst da war. Keine Dopingbehörde sagt: "Wir wollen eure DNS, evtl können wir die irgendwann mal brauchen." Nein, die Fahrer benutzen neue Methoden, die man nur mit DNS-Vergleichen nachweisen kann.

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Stephen Roche
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Beitrag: # 427951Beitrag Stephen Roche
19.5.2007 - 20:28

Genau das ist der Punkt. Scheinheiligkeit.

"Wir sind sauber! Nichts ist bewiesen!" Ethikkodizes und die Tradition des Schweigens. Und dann die Proklamation von Freiheitsrechten - "in dubio pro reo."

Es geht hier eben nicht darum, dass Herr Schäuble die Computeronlineüberwachung ausbauen will, öffentliche Plätze gefilmt werden oder die biometrischen Pässe unter dem Motto "1984" stehen.

Es geht um den Radsport. Eine höchst freiwillige Angelegenheit, zu der kein Fahrer gezwungen wird.

Und es geht darum, dass der Radsport ein Problem hat. Jedenfalls bekunden des doch alle. Wozu sonst die Ethikkodizes etc., etc.? Und man kann diesem Problem auf zwei Wegen versuchen (!) zu begegnen:

1. Man versucht Doping weiterhin aufzudecken. Und wenn Blutdoping sich nur mittels DNA-Abgleichs aufdecken lässt, dann wäre ein Verzicht auf die DNA-Probe Kapitulation, die zwingend zu Weg 2 führen muss.

2. Man erlaubt es. Gelebte Freiheit.
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arkon
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Beitrag: # 427969Beitrag arkon
19.5.2007 - 21:17

danke stephe, genau meine meinung. ich kann datenschutz ohnehin nicht viel abgewinnen, aber den standpunkt der fahrer halt ich endgültig für völlig abstrus. jeder kann jederzeit gehen. natürlich hänge viele mit ihrem leben da drin und haben dem radsport eine menge gegeben. aber fahrerrechte sind mir eher kaum verständlich. giro 2001: warum diese proteste? es war doch, ganz offensichtlich, nötig! ich kann da echt nur den kopf schütteln. klar doch, ich würde es auch nicht mögen, wenn mitten in der nacht jemand mein zimmer durchsuchen würde, aber wenn ich dope, oder zumindest unter großem verdacht stehe (was jeder radsportler meiner meinung nach tut), dann muss ich das nunmal in kauf nehmen. liebst du den sport? willst du, das er dopingfrei wird? das sind die wege! friss oder stirb!
wer keine ahnung hat - einfach mal die fresse halten

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Kobelix
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Beitrag: # 427970Beitrag Kobelix
19.5.2007 - 21:20

Ich kann Roche da gut verstehen. Zwar regt sich in mir intuitiv auch schnell Widerstand bei so einer Forderung, aber unter Umständen liegt das nur an dem sensiblen Thema der Überwachung, die in anderen Teilen der Gesellschaft ein großes Problem ist.

Im Sport dagegen ist mir der Schritt hin zu einer DNA-Probe fast zu klein, um bei mir wirklich Angst um die Freiheit aufkommen zu lassen. Wir reden ja doch schon von Sportlern, die freiwillig eine bezahlte Sportart betreiben, in der Doping nunmal ein fundamentales Problem darstellt. Sowohl in der Außendarstellung für Fans und Sponsoren, als auch natürlich für den sportlichen Wert der Wetkämpfe. Wenn dann diese Sportler aber so gut wie alle die von Roche angesprochene Scheinheiligkeit an den Tag legen, frage ich mich schon, ob da wirklich eine Verletzung der Freiheitsrechte gegeben wäre. Und wenn man das doch so sieht, muss man dann nicht auch anderweitige Blutuntersuchungen, nächtliche Razzien und ähnliche gängige Maßnahmen der Dopingbehörden verdammen? Der fundamentale Unterschied ist mir nicht ganz klar.

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