After Action Reports von Jedermannrennen

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Bettini_der_Beste
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After Action Reports von Jedermannrennen

Beitrag: # 423630Beitrag Bettini_der_Beste
3.5.2007 - 21:51

Vorwort
Entschuldigung, ich kann mich einfach nicht kurz fassen. :D Es gibt von solch einer Veranstaltung immer sehr viel Impressionen, die man dem Publikum mitteilen möchte, deswegen hoffe ich, ihr werdet mir diesen ewig langen Text verzeihen und trotzdem euren Spaß daran haben.

Ein Jahr davor
Marc – ein guter Freund von mir – und ich meldeten uns bei Rund um den Henninger Turm zum ersten Mal an, eine völlig neue Erfahrung. Mit einem guten 29er Schnitt und Platz 72 (2. Platz in meiner Altersklasse) auf der 65km-Strecke war ich sehr glücklich. Eine schöne Erfahrung, die wir da gemacht haben, denn auch Marc war, trotz eines Platzes ziemlich weit hinter mir (128. oder so), aber einem 28er Schnitt völlig glücklich. Da sind wir auf jeden Fall nächstes Jahr wieder dabei, sagten wir uns.

Die Vorbereitung
Nach einem desolaten Winter, in dem ich mir viel vorgenommen hatte, aber wenig wahr machen konnte, vielen Feiern und viel Alkohol (ja ja, man ist schließlich nur einmal jung) begann logischerweise das Frühjahr, welches sich in der ersten Hälfte als unglücklich, in der zweiten Hälfte als glücklich herausstellen sollte. Hielt mich Mitte bis Ende März noch eine schöne Bronchitis von meinem geliebten Radel fern, fühlte ich mich Anfang April wie neu geboren und startete erst einmal durch. Die Osterferien kamen mir da genau richtig. Während eines einwöchigen Allgäu-Urlaubs spulte ich soviel Kilo- und Höhenmeter ab, wie noch nie in einer Woche vorher ab. So ging der April weiter. Das Wetter war richtig geil und so konnte ich fast jeden Tag radeln. Meine Form war gut. Wäre ich zwanzig bis dreißig Jahre älter, würde ich sagen, ich war in der Form meines Lebens. Aber dem ist nicht so und wer weiß, was noch kommt? Naja, auf jeden Fall näherte sich der 1. Mai schneller, als es mir lieb war. Doch anhand meiner Trainingsleistungen und der Ergebnislisten aus dem Vorjahr konnte ich mir folgende, in meinen Augen realistische Ziele setzen: Ein 33er Schnitt und eine Top30-Platzierung dürften wohl drin sein. Doch Mitte April dann der erste Dämpfer. Bei mir traf eine Email des Veranstalters ein, mein angegebener 35er Schnitt wäre unrealistisch und sie würden mich auf meinen 29er Schnitt aus dem Vorjahr zurückstufen, doch wenn ich ihnen Hinweise auf eine höhere Leistungsfähigkeit liefern könne, könnten sie mich wieder Hochstufen. Ich antwortete mit einer leicht provokanten Email, dass es mir wohl ein schweres Ding wäre, 2000 Leute für eine Trainingsfahrt zu organisieren, damit ich ein ähnlich aussagekräftiges Ergebnis hätte. Mir antwortete ein netter Mitarbeiter des Organisationsteams, ich sollte ihnen „alles zuschicken, was uns beiden helfen würde, Sie Hochzustufen.“ Daraufhin schickte ich ihnen Profile von Trainingsfahrten, wo ich fast einen 29er Schnitt gefahren bin. Diese Email blieb unbeantwortet. Mir blieb also nix anderes übrig, als das Feld von hinten aufzurollen.

Der Tag und viel mehr die Nacht davor
Die letzten Tage vor dem Henninger nutzte ich zur Regeneration, damit ich ausgeruht an den Start gehen konnte, den das Trainingsprogramm in den letzten Wochen war ziemlich hart gewesen und ich hatte Angst ins Übertraining zu kommen. Am Sonntag vorher hatten wir gegrillt, davon übrig geblieben waren noch der Kater meines Vaters, dem es den ganzen 30. April ziemlich schlecht ging und das Versprechen meiner Schwester (die in Wiesbaden wohnt), dass sie mich mit meinen Eltern am Ruppertshainer anfeuern wollte, worauf ich mich sehr freute. Dieses Jahr wollten meine Eltern und ich mit dem Wohnmobil einen Tag früher anreisen, um dann morgens nicht so in Stress zu geraten. Wir parkten auf dem Parkplatz am MTZ, später wollten wir uns einen ruhigeren (das ist ein tolles Stichwort) Übernachtungsplatz suchen. Die Startunterlagen waren am Dorinthotel abzuholen, ein etwa 1km langer Fußmarsch (auf jeden gefühlt) vom Main-Taunus-Zentrum entfernt. Dort angekommen und uns den Weg durch Massen von Radfahrern bahnend, fanden wir dann schließlich die Nummernausgabe. Schnell bekam ich meine Unterlagen und noch einige schönen Gratisproben von Powerriegeln und –brausepulver, Radsportzeitschriften und noch so einiges mehr. Meinem Vater besorgte ich noch einen Teller Nudeln, den wir zu dritt leerten, denn ich würde es ganz bestimmt nicht mehr ohne irgendwelche Nahrungsmittel auf die anstehende Grillparty schaffen. Auf dem Rückweg schlenderten wir noch kurz durch das Main-Taunus-Zentrum, bevor wir zum Wohnmobil zurückkehrten. Ich besuchte dann noch eine Grillparty mit Mitgliedern eines anderen Radsportforums in Hattersheim von der ich etwa 22.00 Uhr zurückkam.

Abends im Restaurant angekommen, wo meine Eltern gespeist hatten, erfuhr ich, dass meine Mutter auf dem MTZ-Parkplatz neben einem großen Baum nächtigen wollte. Etwa eine halbe Stunde vor Mitternacht legte ich mich schlafen, drei Wecker, gestellt auf 6.30Uhr sollten verhindern, dass auch nur einer verschliefe. Schon da spürte ich, dass es keine angenehme Nacht für mich werden sollte. Helfer hatten schon angefangen die Werbestände für den morgigen Tag aufzubauen. Es war ein ständiges Hämmern, Klirren und Rufen. Ein wohl besonders lustiger Bursche rief „Lauf Forest, lauf!“ und kurze Zeit später „Ich bin Master Yoda“. Nicht alles war so zum Schmunzeln, denn schon häufiger hatte ich mich mit Einschlafproblemen gequält, doch ich sollte es diesmal fürs Erste schaffen. Ich schlief um etwa halb eins ein.

Geweckt wurde ich mit einem verdammt lauten Madonna-Lied. „Die machen das doch mit Absicht!“, rief ich im Halbschlaf laut aus. Als meine Mutter wieder ins Wohnmobil (Zigarette!) kam, begrüßte ich sie: „Was hast du mit denen gemacht?“ Danach wachte ich ganz auf und mir wurde klar, dass es nur ein Soundcheck der Anlage war. Mein Handy verriet mir, dass es 01.20 Uhr war. Und ich war stinksauer, denn das Einschlafen würde nicht mehr so leicht werden. Bestimmt eine halbe Stunde spielten sie die frühen Madonna-Hits in einer Lautstärke, die jegliches Einschlafen unmöglich machte. Die Musik war dann vorbei, doch ich konnte immer noch nicht einschlafen. Selbst als jegliche Geräusche draußen um etwa 3 Uhr verstummten konnte ich nicht mehr schlafen. Ich hatte schon Angst überhaupt nicht mehr schlafen zu können. Lesematerial hatte ich mit dem aktuellen Spiegel, der im Dorint erhaltenden „Radsport“ und meinem mitgebrachten Buch auf jeden Fall genug. Ich drehte und wendete mich, doch nix. Kein Einschlafen.

Der 1. Mai
So um 4 Uhr musste ich dann doch eingeschlafen sein, denn sonst hätte ich ja nicht wach werden können.
„...lass ihn noch schlafen.“
„Nein, er wollte doch spätestens um 7 Uhr frühstücken.“
„Er hat die ganze Nacht nicht geschlafen, also lass ihn noch ein bisschen.“
Dieser Dialog meiner Eltern war das Erste, was ich an diesem Morgen hören sollte. Ich teilte ihnen zwar mit, dass ich schon wach sei, döste aber bis kurz vor sieben weiter. Ich hatte einen Bärenhunger. Als die erste Schüssel Corn-Flakes zur Hälfte geleert hatte, schlurfte ein komisch aussehender Mann, der mit der Kapuze seines schwarzen Pullis seinen Kopf bedeckte, vor dem Fenster vorbei. Es war Marc. Ich machte mich mit Klopfen bemerkbar, er erblickte mich und grüßte mich mit einem Grinsen, wie ein Honigkuchenpferd. Ich bedeute ihm her zu kommen, damit wir das weitere Vorgehen besprechen konnten. Während wir das besprachen und wir uns über weitere Kleinigkeiten unterhielten, stopfte ich mich mit insgesamt 2 ½ Schüsseln Corn-Flakes und einer halben Banane voll. Dann mixte ich uns noch einen „Vitamin-Cocktail“ und er verabschiedete sich. Machte mich nun auch fertig. Über meine Rennkluft zog ich aber noch lange Sachen drüber. Dann machte ich mich auf die Suche nach Marcs Parkplatz und fand ihn auf der anderen Seite vom MTZ, gegenüber vom Start. Doch er musste noch seine Startunterlagen holen. Zusammen radelten wir zur Nummernausgabe und ich wartete mit unseren beiden Rädern, während er sich anstellte. Als er wieder kam war es 8.16 Uhr. Nicht mehr viel war von unserer im vornherein großzügig bemessenen Zeit übrig geblieben. Nachdem ich ihm geholfen hatte Startnummer und Transponder zu befestigen, drehte wir noch ein paar kleine Runden und machten zwei kleine Sprints, bevor für die letzten Startvorbereitungen zu unseren Gefährten zurückkehrten. Ich pumpte meine Reifen noch ein wenig auf und meine Beine wurden mit Startoil eingerieben, dann traf meine Schwester ein. Ich lud einen Riegel und mein Getränk für unterwegs auf und dann holte ich Marc ab, wir drehten noch eine kleine Extrarunde bevor wir uns schließlich in unserem Startblock G, also ganz hinten, anstellten. Es war schon gut voll und dabei war es noch ziemlich lange bis zum Start hin. Wir hier hinten würde sowieso lange nach den ersten Startblöcken über die Linie rollen können. Meine Familie fand uns schnell und es wurden noch einige Gespräche mit einem älteren Radler hinter uns geführt und natürlich noch Fotos geschossen.
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Damit unsere Muskeln bis zum Start nicht wieder kalt wurden, dehnten wir uns ausgiebig. Dann setzten sich auch die ersten Blöcke in Bewegung, bis wir aber an der Reihe waren, dauerte es tatsächlich noch mind. 10 Minuten. Langsam rollten wir bis zur vordersten Ecke des MTZ-Parkhauses und die Ansprache von Rudolf Scharping wurde mit lauten Gebuhe beantwortet. Wieder fand uns meine Familie schnell, zum Unterhalten war die Entfernung aber zu groß. Schließlich sahen wir auf der parallel verlaufenden B8 schon die Fahrer vorbeihuschen, nicht lange später rollten wir auch schon ganz langsam die Start- und Zielgerade hinauf.

Der Start
Meine Mutter hatte mir ein paar Tage vorher noch eingeschärft, ich solle auch ja über die Matte fahren, damit die Zeitmessung aktiviert werden konnte. „Ja, wo ist denn diese blöde Matte?“, fragte ich, als ich immer näher zum Start kam. Ich erreichte die Startlinie. „Ist das hier diese komische Matte? Ja, das war also die Matte.“ Dann ging das Gehetzte los. Auf den ersten Metern schaute ich mich immer wieder um und Marc rief, dass er noch da sei. Auf der B8 angekommen hielt ich mich ganz links und konnte mich durch einige Lücken durchdrücken. Ich sprintete förmlich mit Tempo 55 nach Unterliederbach. Die Strecke kannte ich nun, ich war sie ja gestern abgefahren. Immer noch ganz links flog ich durch das Örtchen, vorbei an einer Baustelle und ein paar parkenden Autos. Die Kurven wurden flott genommen und jetzt schon hatte ich den Marc verloren. Mir war es jetzt mehr oder weniger gleichgültig, es gab nur den Drang nach vorne fahren zu wollen. Ich flog an einigen Gruppen vorbei und als es auf die lange leichte Linkskurve um Höchst herum ging, klackerte etwas an meinen Vorderrad gefährlich. Mein neuer HAC 4 zeigte mir auch keine Geschwindigkeit mehr an. Der Sender an meiner Gabel war verrutscht. Während ich etwas verlangsamte und nach Rechts fuhr, griff ich nach unten und werkelte an ihm herum. Einziges Ergebnis davon war, dass ich einmal kurz in die Speichen gegriffen hatte und nun ganz unten rutschte. Das Klacken wurde dementsprechend lauter und ich machte mir Sorgen zu stürzen oder ihn zu verlieren. Ich zog ihn ganz oben, nun saß er wieder fest. Doch eine Geschwindigkeit wollte er mir immer noch nicht anzeigen. Ich drehte ihn ein bisschen zu dem Rad hin, doch ich traute mich nicht hin ganz nah dran zu drehen. Schließlich gab ich mich ohne Geschwindigkeitsmesser zufrieden.

Ich fuhr wieder auf die linke Seite und überholte weitere Gruppen. Immer wieder konnte ich mich in Windschatten von Gleichgesinnten erholen. Vor allem hinter einem älteren Mann in Saeco-Kluft sah ich mich häufig Gruppen überholen. Endlich ging es raus aus Frankfurt, das Überholen der Gruppen ging aber mit denselben Mitstreitern weiter. So langsam machte sich bemerkbar, dass ich heute morgen zu viel gegessen hatte und ich war mir sicher, dass ich meinen Riegel nicht brauchen würde. Doch verwunderlicher Weise verkraftete ich das Gehetze relativ gut, doch ich hatte Angst, dass ich es später mit Zinsen zurückbekommen würde. Also fuhr ich meinen Motor von 100 auf etwa 98 runter und hetzte weiter durch die Gruppen. Auf einer engen Ortseinfahrt, machte ich es mir in einer Gruppe bequem und wegen mir bekannt vorkommenden Gebäuden fragte ich, wo wir uns nun befanden. „In Eppstein“, antwortete der Fahrer neben mir und ich hatte kaum meinen Blick wieder geradeaus gerichtet, da schüttelte uns schon das gefürchtete Kopfsteinpflaster durch. In der Kurve zum Schulberg saßen einige Zuschauer begleitet von einem Mikrofonverstärktem Sprecher, der „Hallo“ zu den Fahrern sagte. Einige – und darunter auch ich – brüllten aus Spaß Hallo zurück und einige Zuschauer lachten.

Eppstein
Erstaunlich gut kam ich über den Schulberg (den ich im Gegensatz zu den meisten anderen zum Größtenteil im Sitzen nahm) und die Abfahrt runter nach Vockenhausen. Dort flog mal wieder ein roter Saeco-Mann und ein paar ebenfalls bekannte Trikots an meiner Gruppe vorbei. Ich hängte mich also wieder in seinen Windschatten und wir düsten der Gruppe davon. Einige Anführer versuchten uns noch zu folgen, aber nur den wenigsten gelang dies. Kurz vor der Steigung nach Elhalten bedankte ich mich bei dem Mann und er erzählte mir nett, dass dies sein erstes Rennen sei, aber nur als Vorbereitung auf den Triathlon am 1. Juli. Danach spannte ich mich kurz vor ihn, rief einem ziemlich langsamen Milram-Mann, der eine Gruppe anführte zu, dass wohl sein „Milram-Express“ jetzt fehlte.
In ersten Steigung vor Elhalten konnte ich das Hinterrad des Saeco-Fahrers nicht mehr halten. Trotzdem überholte ich in der Steigung noch einige Leute. In der letzten Steigung vor Idstein-Heftrich sammelte ich ein paar Kräfte in einer Gruppe, nur um dann in der Abfahrt noch mal richtig Gas zu geben und mich zwischen einigen Einzelkämpfern bei geschätzten 65km/h durchzwängte. Mit Vollgas durch den Kreisel in Heftrich in die nächste Steigung rein. In dieser Steigung nach Kröftel ging ich nicht an mein Limit, überholte aber viele Fahrer mit überraschender Leichtigkeit. Mein vermehrtes Bergtraining im Vorfeld hat sich also bezahlt gemacht. Aus Spaß forderte ich einige schreiende Zuschauer auf, mich mal anzuschieben. Niemand reagierte.

Gegen Ende dieser Steigung hatte ich mich in einer kleinen Gruppe eingefunden. Einer fragte mich, was der Tacho sagte. „Meiner funktioniert nicht“, antwortete ich. Ein anderer meinte: „Es ist noch nicht einmal die Hälfte rum.“
„Aber das Schlimmste kommt noch“, übertrieb ich ein wenig.
„Aha, was kommt denn noch?“
„Ah ja, erstmal weiter hoch nach Glashütten und dann noch der Ruppertshainer.“
„Das ist ja richtig aufbauend. Ich bin zum ersten Mal dabei.“
Ich entschuldigte mich grinsend.

Glashütten - Ruppertshainer
Kaum wurde es vor der Einfahrt auf die B8 etwas flacher, verabschiedete ich mich mit einem kleinen Sprint aus der Gruppe und ordnete mich in eine weiter vorne ein. Dort wurde ich aber schnell durchgereicht und auch von weiteren Fahrern überholt. Ich hatte Angst wieder in die Gruppe von vorhin zurückzufallen, die Schmach wollte ich mir ersparen und trat ein wenig schneller in die Pedale. Mit 14km/h, so teilte mir ein Fahrer neben mir mit, „flog“ ich nun den Hang nach Glashütten hinauf. Meine 750ml-Trinkflasche hatte ich schon fast geleert, weswegen die nun angebotenen Wasserflaschen mit Freuden angenommen wurde. Die ebenfalls angenommene Banane wurde erstmal in der Trikottasche verstaut, bevor Ortsausgang von Glashütten einmal rein gebissen und dann weggeworfen wurde. Die Abfahrt nach Schlossborn nahm ich mit Vollgas, ob ich diesmal die 80 erreichte, konnte ich leider nicht sagen. Dort wurde der kleine Gegenhang auf dem großen Kettenblatt genommen und die Abfahrt zum Ruppertshainer wieder mit Vollspeed.
Der Ruppertshainer begann relativ flach. Wieder ging ich die Steigung ziemlich langsam an, ich wollte mir noch Kräfte für den Weg zurück ins MTZ sparen. Letztes Jahr hatte ich auf der zweiten Hälfte ziemlich viel Zeit liegen gelassen, diesmal sollte das anders werden. Außerdem wartete ich auf meine Familie, die sich - wie vorher ausgemacht – auf der rechten Seite platziert hatte. Vorher überholte ich einige Fahrer ziemlich locker, ordnete mich dann ungefähr bei Hälfte des Anstieges an der rechten Seite Straße ein und unterhielt mich mit einem Radler neben mir.
„Wie lang ist der Anstieg?“, fragte er. Irgendwie erinnerte er mich an Fabian Cancellara.
„Ungefähr 1km. Sind sie zum ersten Mal dabei?“
„Ja. Ei, dann fahren wir jetzt ganz locker hier hoch, oder?“
„Jo. Hier wartet außerdem mein „Fanclub“, es soll ja so aussehen, als wäre das hier nix“, scherzte ich.
Schon kurze Zeit später knapp hinter dem 100m-Schild erblickte und hörte ich sie. Sie riefen meinen Namen, fotografierten und filmten mich. Meinen Vater forderte ich auf, mich mal anzuschieben, doch er antwortete, dass er so schnell nicht laufen könne.
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Oben angekommen, trat ich den Zuschauern zuliebe an und riss dann an der Ziellinie die Arme in die Luft. The Show must go on. Ortseingang Ruppertshain warnte ich einen Teilnehmer, der auch zum ersten Mal dabei war, vor der gefürchteten Kurve. 100m weiter kam sie auch schon. Ich bremste auf etwa 20km/h und da ich keine Gruppe um mich hatte, konnte ich sie beruhigt schön weit außen nehmen. Dann wieder auf Vollgas beschleunigt und nach Kelkheim-Fischbach runtergejagt. Irgendwo dazwischen auf einer Geraden lag ein Fahrer neben der Straße, daneben stand ein Krankenwagen und Hütchen und ein schreiender Sanitäter warnten vor dieser Gefahrenstelle.

Zum MTZ zurück
Den Anstieg in Kelkheim-Fischbach hatte ich fast vergessen gehabt. Eine eklige Rampe mit blödem, aber nicht mit Eppstein vergleichbarem Kopfsteinpflaster. Jemand neben mir wich auf dem Bürgersteig aus, ich überlegte, ob ich es ihm gleichtun sollte, entschied mich aber schließlich dagegen und nahm das Ding so. Zum Glück war es weder so lang noch so steil wie der Schulberg, so konnte ich schnell hinter mir lassen. Jetzt hieß es über breite Schnellstraßen mit einem dicken Gang zu jagen und die ganzen 35er und 75er zu überholen (Anmerkung: Es gab 4 Strecken für Jedermänner. 35 und 75km flach, 65 und 100km bergig. Die 35er und 75er wurden in Kelkheim wieder auf die Strecke der bergigen Strecken geleitet, die 65er und 35er verließen kurze Zeit später die Strecke in die Frankfurter Innenstadt, die die 75er und 100er nahmen). Ich erwischte ein glückliches Hinterrad, welches mich fast bis zur Abzweigung zum MTZ und vorbei an einigen Teilnehmern führte. Eben diese Abzweigung war aber schlechter als im letzten Jahr ausgeschildert und deswegen fragte ich einen Fahrer mit einer schwarzen Startnummer (also 100er Starter), ob das auch der richtige Weg sei.
„Wegen meiner Startnummer?“
„Ja. Nein. Nur so. Ich hab Angst, falsch gefahren zu sein.“
„Ja, das ist die 65er Strecke.“
Die letzten Kilometer waren also angebrochen. Ich fühlte noch Reserven in meinen Beinen, wollte also einen schönen Schlussspurt hinlegen. Dieses Jahr sollte ich die Möglichkeit auch bekommen. Mit dem eben angesprochenen und einem großen, dicken (das ist nicht abwertend gemeint, er war wirklich kräftig :wink: ) bog ich von der Schnellstraße ab. Es ging über die Brücke, ich hoffte, dass sie keine Reserven mehr hatten und trat volle Kanne an. Spätestens jetzt fühlte ich mich wie bei den Profis. Die beiden konnten aber wieder beim Teufelslappen den Anschluss herstellen. Ich ließ mich aus der Führung zurückfallen und befand mich nun an zweiter Position hinter dem kräftigen Fahrer. Der hatte aber noch Power. Er bolzte Vollgas durch die links-rechts Kombination, die ich wirklich scheiße nahm. Es kostete mich Kraft auf der Straße neben den Startblöcken wieder zu ihm aufzuschließen. Es war auch das Glück dabei, dass – wie er später berichtete – er im Eifer des Gefechts glaubte, dort läge das Ziel. Nach der letzten Kurve trat ich an und ließ ihn „stehen“. Doch auf der kleinen Erhebung 200m vor dem Ziel schloss der Dritte im Bunde, der sich bis jetzt raus gehalten hatte, zu mir auf und überholte mich fast. Mir blieb nix anderes übrig den Sprint über fast 300m durchzuziehen. Erst auf den letzten Metern näherte ich mich seinem Vorderrad und schaffte es doch tatsächlich mich etwa 2m vor der Ziellinie vorbei zu schieben. Ich riss die Arme in die Höhe und brüllte kurz mein Adrenalin raus. Ich erntete einen komischen Blick von einem jüngeren Fahrer an dem ich vorbeirollte. Kurze Zeit wurde mir sogar Schwarz vor Augen, weil ich mich bei dem Schlusssprint so verausgabt hatte. Im Zielbereich konnte ich erstmal nix essen. Die Corn-Flakes lagen immer noch hart im Magen. Ich musste mich aber erstmal 10 Minuten im Zielbereich ausrollen, soviel Adrenalin hatten sich auf den letzten Metern angestaut und so weh taten meine Beine. Ich konnte aber die Möglichkeit nutzen und mit dem „Dicken“ die letzten Meter noch einmal besprechen. Er gratulierte mir, berichtete mir seinen Irrtum und dass bei ihm danach nix mehr gegangen ist. 10 Minuten nach mir traf dann auch Marc ein, der ungefähr meine Zeit vom letzten Jahr gefahren war.

Fazit
1:57:00,9
32,457km/h im Schnitt
53. Platz Overall 65km Männer
4. und letzter Junioren 65km Männer

Ich muss zugeben, dass ich nicht ganz zufrieden mit dem Ergebnis bin, da ich einen 33er Schnitt angepeilt und mir eine Top30-Platzierung erhofft hatte. Aber ansonsten hat es viel Spaß gemacht, nächstes Jahr bin ich auf jeden Fall wieder dabei!

Profis
Die Profis kamen zweimal am MTZ vorbei. Dieses Jahr platzierten wir uns, wie auch letztes Jahr, auf einer Brücke (dort wie ich meine letzte Attacke fuhr) kurz vor dem MTZ. So konnten wir die Fahrer 2mal, also insgesamt 4mal vorbeihuschen sehen. Doch leider hat meine Kamera bei der ersten Durchfahrt gesponnen. Vielmehr bleibt davon wohl nicht mehr zu berichten, als die Fotos zu posten. Alles andere wären nur noch unnötige Kleinigkeiten (als ob ich euch nicht schon genug mit "unwichtigen Kleinigkeiten" zugetextet hätte, ha :D ).

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Zuletzt geändert von Bettini_der_Beste am 3.7.2007 - 15:04, insgesamt 1-mal geändert.

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BlackHackz
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Beitrag: # 423632Beitrag BlackHackz
3.5.2007 - 21:56

Sehr schön! Danke, hat Spaß gemacht.
Segui il tuo corso, e lascia dir le genti!

"Wer will, dass die Welt so bleibt, wie sie ist, will nicht, dass sie bleibt." (E. Fried)

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K.Kirchen
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Beitrag: # 423713Beitrag K.Kirchen
4.5.2007 - 14:29

Klasse Bericht!
War spannend zu lesen!

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Klaus und Tony
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Beitrag: # 423718Beitrag Klaus und Tony
4.5.2007 - 14:45

Sehr gut, Bettini!

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valverde_a
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Beitrag: # 423773Beitrag valverde_a
4.5.2007 - 20:14

:D :D sehr spannend und schön geschrieben! hat wirklich spaß gemacht es zu lesen!!!
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José Miguel
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Beitrag: # 423785Beitrag José Miguel
4.5.2007 - 21:28

Wirklich toll :D

Wann kommt das nächste Rennen? :lol:
RZ: Punktewertung Vuelta 2006 und 2008, Etappensieg TdF 2010, 2011 und Giro 2012&2014, Berg Giro 2012, 2013, 2014 / Rad-Tipp: Giro dell'Emilia, Paris-Tours 2008, Tour de Romandie 2011, Eneco-Tour 2011, WM-Zeitfahren 2011 / Frauenfussball-Weltmeisterschaft 2007 / Fussball-Bundesliga 11-12
SKI: Whitney Houston Award 10/11, 11/12, 12/13, 13/14

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Bettini_der_Beste
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Beitrag: # 423917Beitrag Bettini_der_Beste
5.5.2007 - 15:18

Erstmal vielen Dank für das ganze Lob.
Wenn du es genau wissen willst, José, morgen fahr ich eine RTF :D

EDIT: Zielankunft

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wassertraeger29
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Beitrag: # 423959Beitrag wassertraeger29
5.5.2007 - 19:37

Huch, dort bei der Zielanlunft ist aber wirklich tote Hose, da ist ja um Mitternacht in Paderborn mehr los. :lol:
In jedem Fall ein toller Bericht, danke für deine Mühen. Obwohl es dir auch Spaß zu machen scheint.
Ich plane nach GÖ, hat echt riesig Spaß gemacht, noch ein zweites Jedermann-Rennen in diesem Jahr, Hamburg wäre da schon ein Traum, Hannover aber logischer.

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Bettini_der_Beste
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Beitrag: # 423993Beitrag Bettini_der_Beste
5.5.2007 - 20:55

wassertraeger29 hat geschrieben:Huch, dort bei der Zielanlunft ist aber wirklich tote Hose, da ist ja um Mitternacht in Paderborn mehr los. :lol:
In jedem Fall ein toller Bericht, danke für deine Mühen. Obwohl es dir auch Spaß zu machen scheint.
Ich plane nach GÖ, hat echt riesig Spaß gemacht, noch ein zweites Jedermann-Rennen in diesem Jahr, Hamburg wäre da schon ein Traum, Hannover aber logischer.
Danke erstmal. Och, die Zielankunft ging eigentlich, man wurde noch gut über die Ziellinie gepeitscht (stehen alle auf der anderen Seite!). Einige Zuschauer meinten sogar, mich unbedingt anfassen zu müssen und haben ihre Arme über die Balustrade gestreckt.
Naja, Hamburg soll ja jedes Jahr der Wahnsinn sein. Das größte deutsche Jedermannrennen mit doppelt so vielen Teilnehmern wie der Henninger Turm 8O

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wassertraeger29
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Beitrag: # 424046Beitrag wassertraeger29
5.5.2007 - 22:45

Ich dachte nur wegen dem Zielfoto von dir, dort ist ja niemand zu sehen. ;)
Hamburg, ja, das reizt natürlich bei so vielen Teilnehmern, Atmosphäre, etc. Vom reinen Profil sind Henninger und Gö natürlich interessanter.

Ich schreibe jetzt auch nen kurzen Bericht über mein erstes Jedermann-Rennen, nur kurz, mache auch keinen eigenen Thread auf.
_____________________________________________________________
29.04.2007 - Jedermann-Rennen im Rahmen der Schlussetappe der Niedersachsen-Rundfahrt von Osterode nach Göttingen

Also zunächt Mal muss ich sagen, dass ich dieses Jahr eigentlich das erste Mal ernsthaft trainiere, die letzten Jahre liefen doch eher mit sporadischem Training ab (Abi etc.). In diesem Jahr habe ich mir dann mal ein Herz genommen und bis zum 29.04. (Dem Tag der Schlussetappe in Göttingen) gut 500 Kilometer outdoor, plus reichlich Grundlagenausdauer im Winter abgespult. Schließlich war die Entscheidung, in diesem Jahr am Jedermann-Rennen teilzunehmen, schnell gefallen es gab also wenig Motivationsprobleme.

Dann stand noch die Wahl zwischen der 50 und 80km Strecke an, doch eine wirkliche Wahl war es dann doch nicht, mehr als 60 Kilometer bin ich am Stück mit dem Rennrad noch nicht gefahren, da schien es wenig sinnvoll im ersten Rennen gleich 20 Kilometer draufzupacken. Zumal das Profil an sich schon mindestens Respekt einflößen konnte:

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Die Strecke bin ich dann eine Woche vorher abgefahren, zumindest die 35 "interessanten" Kilometer außerhalb der Stadt. Damals rollte es aber mal gar nicht und die Wut auf die Auswahl von "rauhem Asphalt, unwirklichen Heuschnupfen-Anstiegen und Mega-windanfälligen Geraden" stieg rasend. Schuld an diesen Empfindungen hatte aber vielmehr der 55 Kilometer Speed-Test am Vortag, was ich mir zu diesem Zeitpunkt aber nicht eingestehen wollte. ;)

Den Renntag ging ich dann recht locker an, ich hatte mir die Startnummern etc. schon am Vortag geholt (empfehlenswert!), so dass ich erst recht spät anreisen musste. In der Startaufstellung ging es dann an ca. 1700 Startern vorbei in die letzte Startgruppe der 50km Fahrer. Im Gegensatz zu Bettini habe ich eher wenig gefrühstückt (Nudeln vom Vortag), hatte aber noch einen Powerriegel und mehrere Energie-Gels in der Trikottasche.
In meinem Startblock habe ich mich ganz nach vorne gestellt, schließlich hatte ich die Startnummer 2001 und damit die Nr.1 der 50er (Kein Mensch weiß warum!?!)
Während der ersten drei neutralisierten Kilometer durch die Innenstadt fuhr ich stets sehr weit vorne, hatte ich doch die ernsthafte Absicht zunächst Mal mit den ganz Schnellen mitzufahren, was sich wenig später als großer Fehler herausstellen sollte (nicht empfehlenswert!). Denn die ständigen Antritte nach Kurven, Kreiseln etc. um in der Gruppe bleiben zu können, zermürbten mich schon nach 5, 6 Kilometern.
So ging ich dann schon recht angestrengt in den ersten langezogenen Anstieg nach Jühnde (3,5 Kilomter bei durchschnittlich 4,7% ), bergauf konnte ich aber kaum ein Hinterrad halten, bekam keinen Rhythmus.
Erst oben raus fand ich dann eine 4er Gruppe an die ich mich für die nächsten, vornehmlich flachen, Kilometer hängte. Erst kurz vor der Abfahrt hatte ich mich von zu schnellem Beginn und Anstieg erholt und überholte wieder einige Renner. Dann ging es nach der Streckentrennung runter nach Scheden und in den ersten Teil des Anstiegs zum Hohen Hagen. Zunächst geht es in Serpentinen gleichmäßig bergauf, diesen Teil nutze ich zur Verpflegung, nahm dafür etwas raus. Dann wird es sehr wellig, ich fand hier wieder einige Mitstreiter die neben ein paar oberflächlichen Gesprächen vor allem Windschatten boten.
Nach einer kurzen Abfahrt fuhr man in Dransfeld durch Straßen voller Zuschauer. Abklatschen war dort und später auch am Hohen Hagen praktisch Pflicht.
Dann kam er der Hohe Hagen, ich war ihn zwar schon gefahren aber nicht in Renntempo und mit einigen Stehversuchen, so versuchte ich mit einem 3/4 Pack Energie-Gel auch psychologisch Kraft zu tanken.
Der Hohe Hagen ist etwa drei Kilometer lang und durchschnittlich 6,5% steil. "Leider" gibt es keinen Durchschnitt an diesem Anstieg, vielmehr besteht er aus hauptsächlich drei Rampen (Campingplatz, Waldrand(>15%), Schlussrampe). Allerdings gibt es zwischendrin auch "Flachstücke" zur Erholung:
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Ich kam in Rennen dort recht ordentlich hoch, die drei abgenommenen Kilos des Vormonats machten sich bezahlt. ;) Doch oben raus konnten mich die Zuschauer nochmals richtig antreiben, wodurch ich oben am flachen Gipfel doch richtig fertig war. Jedoch wusste ich ja das es von nun an praktisch nur noch bergab ging.
Auf der Abfahrt konnte ich noch eine Menge an Fahrern überholen, bevor ich mich für die letzten rund 10 Kilometer an einen Fahrer im T-Mobile Trikot hängte, der einfach nur brutal aufs Pedal drückte. Ich fuhr bis ca. 300m vor dem Ziel auch nicht mehr aus seinen Windschatten (so überholten wir noch viele Radler), erst im Schlussspurt sprintete ich noch vorbei und riss die Arme Zuschauer- und Familienwirksam in die Höhe. Der Typ musste mich für ein ziemliches A-Loch gehalten haben, ich könnte ihn verstehen (Ich habe ihm bestimmt 2-3 Minuten zu verdanken), aber der Schlussspurt musste einfach sein. ;)
Am Ende wurde ich 137. von 250 Startern, mit einer Zeit von 1:46 was einem Schnitt von 26,4 km/h entspricht. Damit bin ich zufrieden, so schnell war ich noch nie annähernd auf einer vergleichbaren Strecke gefahren.

Wie gesagt während des Rennens und auch im Rückblick ein Riesenspaß, der die 40€ völlig Wert ist (empfehlenswert! ;)). Hier noch einige Eindrücke:
Gesammelte Fotos

P.S.: @Bettini_der_Beste: Du hast von Sanitätern berichtet, wie gehts dem Unglücklichen? Wir hatten leider eine Gehirnerschütterung ("nur", dank dem völlig zerstörten Helm (empfehlenswert!)) und einen Oberschenkelhalsbruch. Beides in den Abfahrten passiert.

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Bettini_der_Beste
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Beitrag: # 424051Beitrag Bettini_der_Beste
5.5.2007 - 23:19

Schöner Bericht :D

Ich kann leider nicht sagen, welche Verletzungen der Betroffene davongetragen hat, hab nachher keine Informationen dazu gekriegt. Aber so echt übel aus. Beim Henninger soll's auch einige böse Massenstürze gegeben haben, ich hab (zum Glück) von keinem was mitbekommen. Aber Oberschenkelhalsbruch ist echt böse. Man darf es auch trotz der großen Motivation eines Wettkampfes nicht übertreiben.[/quote]

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zabelchen
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Beitrag: # 424111Beitrag zabelchen
6.5.2007 - 12:25

Hmm...Hamburg hat das Problem das ich da ja letztes Jahr mitmachen wollte und mich im Juni anmelden wollte und rund 6 Monate zu spät war...ich glaube da sollte man sehr früh planen...wie es dieses Jahr aussieht weiß ich aber noch nicht, vllt schaff ich es dieses Jahr mal mich für das nächste Jahr anzumelden :)
Reifezeit Erfolge:
------------------------------
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Tour 2010: Sieger des Bergtrikots
9 facher Etappensieger

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Bettini_der_Beste
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Beitrag: # 434628Beitrag Bettini_der_Beste
13.6.2007 - 20:40

So, jetzt ist es definitv fest: 30. Juni Jedermannrennen "Rund um Wiesbaden" im Rahmen der Straßen-DM! Übernachten werde ich das ganze Wochenende auf der Couch meiner Schwester (wohnhaft in WI) und so, kann ich mir auch am nächsten Tag in aller Ruhe das Rennen der Profis ansehen. Am nächsten Sonntag werde ich erstmal die Strecke besichtigen. Auf Wunsch gibt es einen weiteren Bericht.

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valverde_a
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Beitrag: # 434630Beitrag valverde_a
13.6.2007 - 20:42

JA!!!!! der erste Bericht war extrem gut....!!!
da könntest du noch einen schreiben :lol: .. ja, das wäre wirklich sehr gut!!
Ski Alpin Racing Simulation (derzeit alle Teams besetzt)

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Bettini_der_Beste
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Beitrag: # 439921Beitrag Bettini_der_Beste
3.7.2007 - 15:03

Jedermannrennen „Rund um Wiesbaden“ im Rahmen der DM

Vorbereitung
Diesmal hatte ich nicht einen Monat wie den April als Vorbereitung, sowie vor dem Henninger Turm. Kaum 1000km hatte ich in den letzten beiden Monaten abgespult, aber es gibt ein schönes Sprichwort – Qualität vor Quantität – auf das ich diesmal alle Hoffnungen setzte. Doch der Termin lag ungünstig, eine Woche vorher hatte ich meinen Abschluss der Realschule gemacht, was soviel heißt wie frühere Ferien, Saufen und Partys. Naja, irgendwie werde ich die angegebenen 57km (jede Runde war mit 19km angegeben, allerdings waren wohl die Kilometerzähler der meisten Teilnehmer defekt, denn die meisten, um nicht zu sagen alle, zeigte eine Runde von etwa 17,5km an – das ergibt die Gesamtdistanz von 53,5km) überstehen. 2 Wochen vorher besichtigte ich die Runde mit Ulli und mumpitz aus einem Nachbarforum (vielen Dank von dieser Stelle für die Tour).

Die Strecke
Kurz vor dem Start wurde durchgesagt, dass eine Startaufstellung am Dorinthotel erfolgen würde. Leider wusste niemand (auf jeden Fall von den Leuten, die ich befragte), wo sich ebendieses Hotel befinden sollte. Ein Offizieller schickte mich durch ein Labyrinth von Kreuzungen in irgendeine Straße, allerdings folgte ich nur den ersten 200m des beschriebenen Weges, der sich natürlich als falsch herausstellen sollte. Erst später wurde mir klar, dass es ganz einfach am Teufelslappen liegen sollte. Na ja. Von dort aus den ersten Kilometer bis zum Start/Ziel der Profis am Ende der Wilhelmstraße „neutralisiert“, dann sollten wir aber nicht wie die Profis links, sondern rechts Richtung Sonnenberg abbiegen. Schon hier begann es langsam anzusteigen, allerdings wurde die Steigung erst Ausgang WI-Rambachs steiler. Die Ortsdurchfahrten waren zum Teil eng und winklig, zudem der Asphalt in der Regel mäßig bis schlecht. Die Straße führte dann Richtung Erbsenacker, allerdings markierte die Strecke kurz vorher den Wendepunkt, als es auf eine gutbefahrbare Bundesstraße ging. Nun galt es also die erklommenen Höhenmeter wieder wett zu machen, leider mit ein paar Wellen, die man aber allesamt mit dem großen Ritzel „übersprinten“ kann (natürlich vom Idealfall ausgegangen, natürlich sah die Realität anders aus). Mit Vollgas geht es aber weiter bergab wieder nach Wiesbaden rein über die New Yorker Straße und mit einer 90° Kurve zurück auf die Friedrich-Ebert-Allee, die in die Wilhelmstraße übergeht.

Bild

Der Start und die erste Runde
Das vorher angesprochene Chaos vor der Startaufstellung stellte im ersten Augenblick ein Problem dar, hatten sich schon eine halbe Stunde vor Start die meisten Fahrer eingefunden. Trotzdem konnte ich über einen Parkplatz abkürzen, mich einfach ins Getümmel quetschen und so noch eine Startposition im vorderen Drittel erobern. Zwar war der erste KM als neutralisiert gekennzeichnet, doch hieß das nicht, dass man diesen KM auch in langsamen Tempo nehmen musste!

Hier noch ziemlich weit vorne im Feld

So konnte ich ganz links viele Positionen gut machen, die ich aber wenige hundert Meter, hinter der ersten Kurve in der beginnenden Steigung wieder einbüßte, denn mein Gabelmagnet (siehe Henningerbericht) hatte sich schon wieder etwas gelöst. Diesmal war das Problemkind schneller als vor 2 Monaten beseitigt, trotzdem bleibt es ein waghalsiges Unterfangen bei Tempo 45, Puls von über 200 Schlägen und einer holprigen Straße mit jeder Menge Baustellen nicht in die Speichen zu greifen. Weiter preschte ich mit immer noch gefühlten 250 Herzschlägen pro Minute über den Asphalt, spürte ich doch schon etwa 3km, dass ich wohl gleich schwarz werden würde. So nahm ich etwas raus, konnte mich aber noch lange nicht erholen – ich mag diese Rollerberge einfach nicht. Immer wieder schaute ich mich ängstlich nach hinten um, die Gruppen wurden immer kleiner – ich würde wohl nicht ganz ans Ende zurückfallen? Ängstlich wie ich war, fragte ich natürlich bei von Hinten kommende Fahrer nach, die Aussage, dass ich soweit hinten noch gar nicht war, konnte mich dann doch etwas ermuntern. So fand ich zu Beginn der Abfahrt eine prächtige Gruppe, wollte in meinem Übermut eine Einlage a la Savoldelli hinlegen und die nächste Gruppe erreichen. Nix da! Der Puls schoss zwar wieder gewaltig in die Höhe, doch ich landete dann doch wieder in der Ausgangsposition. Übrigens schoss in der Mitte der Abfahrt ein Gerolsteinerfahrzeug mit offener Heckklappe und einem Fahrer im Schlepptau an unserer Gruppe vorbei (wir hatte dort ungefähr ein Stundenmittel von 70km), wenn ich aber „schoss“, dann meine ich das auch. Da war nicht fiel mit hinten dranhängen. Die Krönung kommt aber noch: angesprochener Gerolsteinerprofi (der kein anderer als Fabian Wegmann hätte sein können), hatte natürlich keinen Helm auf! Naja, auf jeden Fall erreichte ich irgendwo am Ende der Gruppe die Ziellinie.

Die zweite Runde – das Leiden geht weiter

Hier schon etwas weiter hinten und schon deutlich gezeichnet von den ersten 17km.

Gut, ich bin viel zu schnell angegangen. Aber es war doch nicht schon alles verloren? Hinter der ersten Kurve warteten etwa 3 Helfer, die Wasserflaschen reichen sollten, allerdings zu blöd oder zu unaufmerksam waren einfach einen Schritt nach vorne zu meiner augestreckten Hand zu machen und die Flasche zum Zielpunkt zu befördern. So bekam ich langsam Durst, doch hatte ich Angst, mit meinen 750ml nicht über die Distanz zu kommen. Die Gruppe zerbrach in der Steigung nun wieder und ich verabschiedete mich nach hinten. Immer wieder versuchte ich kleinen Gruppen zu folgen, doch meine Kraft reichte nie mich irgendwo einzuklinken. Doch traf ich einen schnaufenden Einzelkämpfer, der schon sichtlich mehr litt als ich, obwohl meine Beine schon angefangen hatten richtig weh zu tun. Zusammen erreichten wir den Gipfel und schnell hatte sich auch wieder eine Gruppe gefunden, in der der die Abfahrt problemlos überstanden werden konnte. Trotzdem hatte ich immer wieder Angst um meinen Gabelmagnet, denn trotz oder wegen der Gruppe konnte ich nicht allen Gullideckeln ausweichen, die hier sehr weit aus dem Asphalt guckten.

Die dritte Runde – das Leiden hat (k)ein Ende?
Man lernt eigentlich grundsätzlich in jedem Augenblick dazu. So macht man normalerweise selten dieselben Fehler wie vorher. Das Tempo war in bei Passieren der Zielgerade zwar hoch, aber noch lange nicht am Anschlag. So arbeitete ich mich an die Spitze, führte die Gruppe über die spätere Ziellinie und konnte nach der ersten Kurve schnell eine Flasche ergattern. Die nächsten 500m fuhr ich dann von vorne um in Ruhe trinken zu können, ließ mich danach aber schnell wieder ins Getümmel zurückfallen. Nicht viele Kilometer später war dann auch der Schwanz dieser Gruppe erreicht und ich verabschiedete mich ins Nichts. Denn es folgte erstmal keine Gruppe. Ich konnte also die nächsten Kilometer alleine zurücklegen. Im Wald nach Rambach, wo die Steigung moderater wird (dort etwa 4-5%) überholten mich dann schwatzend zwei Profis. Sie düsten förmlich an mir vorbei, sodass ich ihnen gerade noch hinterher rufen konnte, dass sie mal nicht so schnell machen sollten. Natürlich hielt der Windschatten der beiden für mich nicht lange, da sie viel zu schnell für unterwegs waren, doch fanden sich kurze Zeit später einige nützliche Hinterräder. Zusammen mit zwei anderen passierten wir den Wendepunkt sowohl in horizontaler, als auch in vertikaler Sicht. Ich schoss die Abfahrt hinunter als ob es kein Morgen geben würde, wollte ich doch die größere Gruppe erreichen, die noch nicht ganz aus meinem Sichtfeld verschwunden war. Jetzt kam einem jeder kleine Hubbel wie ein ewig langer Alpenpass vor. Optimistisch nimmt man sie auf dem großen Blatt und hinten auf dem kleinsten (14 Zähne), muss man doch schnell erkennen, dass die Beine die geforderte Kraft trotz des Schwungs nicht mehr auf die Pedale bringen wollen. Allem zum Trotz glaubt man zu wissen, dass man noch irgendwo Körner gespeichert hätte um die letzten 5km in diesem Tempo auch noch überstehen zu können. Oder man hat einfach Glück und man wird von einem älteren Mann überholt, der einen auffordert sich dranzuhängen und mitzuarbeiten. Das Hinterrad brachte zwar keine Erholung, man kann aber wenigstens ein wenig Kraft sparen. Trotzdem fuhr ich irgendwie immer noch voll auf dem Zahnfleisch, erstaunlicherweise konnte ich aber mein eigenes Tempo noch erhöhen, als ich die Führung übernahm. Ein paar Mal durchgewechselt, haben wir das Glück wieder von einer größeren Gruppe aufgefahren zu werden. Etwa 2km machte sich allgemeine Verwirrung breit, weil wohl niemand mehr 2 Runden dranhängen wollte, aber auch niemand wusste, ob und wo die 3 Ründler abzubiegen hatten. Irgendwoher hatte man es doch kurz hinter dem Teufelslappen erfahren (man sollte nämlich gar nicht abbiegen, einfach nur nach der Ziellinie ohne Behinderung der anderen von der Straße fahren), konnte man anfangen, noch die letzten Sekunden rauszuholen. So setzte ich mich an die Spitze der Gruppe und machte die letzten 300-400m ordentlich Dampf, bei etwa 200m vor dem Ziel ging ich aus dem Sattel um anzutreten, beschleunigte und fuhr über ein Stück Klebeband, welches auf meinem Mantel kleben blieb und somit einen bremsenden Effekt hatte. Natürlich fluchte ich laut, fuhr dann aber trotzdem mit erhobenen Armen über die Ziellinie. Froh, dass die elenden Muskelschmerzen endlich ein Ende haben sollten.

Ergebnis-Auswertung
165. mit einer Zeit von 01:34:16.739 ergibt laut meinem Tacho einen Schnitt von 33,33km/h.
Die Rundenzeiten (1. 28:10 – 35,85km/h; 2. 31:20 – 32,99km/h; 3. 35:35 – 31,33km/h) beweisen meine Gefühlslage während des Rennens, dass ich viel zu schnell angegangen bin und mir somit (fast) hinten raus die Puste ausging.

Der Rahmen
Natürlich stand an einem Wochenende Wiesbaden mehr auf dem Programm als nur selber Radrennen fahren. So hatte ich am Samstag morgen die steil ansteigende Idsteiner Straße mit fans-gegen-doping.de-Schriftzügen beschmiert (natürlich konnte ich es mir nicht verkneifen noch einen billigen Spruch, wie „Doper raus“ da drüber zu hauen ;-) ) und schon einige interessante Reaktionen von Profis, die die morgige Strecke erkundeten, bekommen: die Frauen sagten eigentlich alle, dass das eine gute Sache sei und es „recht so“ sei, kamen doch auch einige Beschwerden von Lamontafahrern („Nicht schon wieder so was!“), ein Grinsen und ein Gruß von Linus Gerdemann und den Galgenhumor von Stefan Schreck, der auch ziemlich genervt klang („Na, stehen die EPO-Ampullen schon bereit?“ „Ja, alles fertig für morgen.“ „Dann kann für den Titel nix mehr schief gehen!?“).
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Am nächsten Tag hatte sich das ZDF angekündigt, zwar wollten sie die Initiative irgendwie im Fernsehen präsentieren, heraussprang aber nur ein kurzes Bild vom Banner innerhalb eines Dopingberichts.
Später musste ich natürlich im Rennen der Männer Elite noch unseren Lokalmatadoren Florian Salzinger anfeuern, als Gag kritzelte ich seinen Namen auch noch irgendwo weiter unten auf die Straße. Hier noch weitere Bilder von den Profis.
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