Noch klein, aber bald vielleicht ganz groß?

FIKTIVE Radsport-Geschichten von Usern, die sich für schreibtalentiert halten

Moderator: Grabba

Benutzeravatar
Henrik
Beiträge: 3808
Registriert: 19.4.2005 - 19:35
Wohnort: Frankfurt a. M.

Beitrag: # 414064Beitrag Henrik
6.3.2007 - 9:29

Bild

Benutzeravatar
Henrik
Beiträge: 3808
Registriert: 19.4.2005 - 19:35
Wohnort: Frankfurt a. M.

Beitrag: # 414066Beitrag Henrik
6.3.2007 - 9:33

Während Roberto Laiseka das Team in der Schweiz beim ersten Ausrufezeichen des Siegers Carlos Sastre als zwölfter quasi im Alleingang vertrat, konnte ich endlich Samuel persönlich zu seinen Triumphen beglückwünschen. Da für uns beide bis zur Dauphiné eine relativ lange Rennpause anstand, entschlossen wir uns, ein bisschen gemeinsam zu trainieren – unter anderem holten wir dabei meinen abgebrochenen Versuch der Tour nach Luz-Ardiden nach. Aber viel wichtiger war wohl, dass wir beide viel Spaß dabei hatten und uns gut verstanden. So kam es dann wohl auch, dass ich mich an einem Abend in einem kleinen Lokal mit Samuel wiederfand – und neben uns zwei junge Damen, zwei Jahre jünger als ich. Mit den beiden, Lucia und Evita, verstanden wir uns prächtig, und mir hat es speziell erstgenanntere besonders angetan. Die beiden wussten zwar relativ wenig über den Radsport, schienen aber relativ interessiert an uns. Samuel entschloss sich kurzfristig, den beiden ein Ticket zur Tour zur organisieren – ob er wohl etwas mitbekommen hatte? Meine Nachfrage quittierte er nur mit einem schelmischen Lächeln. Es war schwierig für mich, zu sagen, ob ich für Lucia mehr empfand. Viele Freundinnen hatte ich in meinem Leben nicht gehabt. Meine letzte Beziehung war vor fast zwei Jahren zu Ende gegangen, und seitdem lebte ich alleine. Im Grunde genommen fühlte ich mich wieder bereit für etwas Neues. Doch ich wollte nichts überstürzen, und mir blieb ja auch noch genug Zeit.

Die Zeit bis zum Giro verlief wie im Flug. Kaum Zeit schien seit den Ardennen vergangen, und schon war die erste Bergankunft am Passo Lanciano Vergangenheit. Aber der Reihe nach: Zuerst feierten wir einen schönen Erfolg bei der Clasica International a Alcobendas, als Iñigo Landaluze die erste Etappe vor seinen beiden Begleitern Sergio Paulinho (Astana) und Roberto Laiseka gewann. Im Einzelzeitfahren verloren zwar beide noch je zwei Positionen, aber meines Erachtens kann man mit Fug und Recht behaupten, dass wir wesentlich besser dastanden, als zum selben Zeitpunkt 2005. Denn neben den sechs Siegen standen weitere acht Podestplatzierungen und viele gute Leistungen zu Buche – das hatte uns auch der Sponsor in einer e-Mail vor dem Giro bescheinigt. Wir sollten alles dafür tun, die Erfolgsschiene weiterzufahren. Das tat meiner Einstellung zu den Sponsoren nach den Geschehnissen bei der Baskenland-Vuelta zwar gut, aber noch immer fühlte ich mich nicht wohl bei dem Gedanken an diese Männer. Aber das war jetzt nicht wichtig, denn jetzt musste ich Radfahren. Über Veränderungen könnte ich mir später noch genug Gedanken machen.

Der Giro begann dann auch relativ gut für uns. Auf der ersten Etappe belegte Haimar Zubeldia, unser Kapitän in Italien, einen guten neunten Rang und verlor nur 12 Sekunden auf das ukrainische Zeitfahr-Ass Serhiy Honchar. Allerdings sollten sich ihm noch viele andere Fahrer in den Weg stellen: Bei einem relativ stark besetzten Rennen hieß der Topfavorit zwar Damiano Cunego, aber mit Gilberto Simoni, Paolo Savoldelli, Michael Rasmussen, Danilo di Luca, Michael Rogers, Alberto Contador und Jose Rujano waren nur einige der Sieganwärter genannt. Während sich Alessandro Petacchi einmal mehr als Sprinter Nummer eins präsentierte, führte die dritte Etappe nach Namur schon die ersten Abstände herbei. Viereinhalb Minuten hagelte es, ein sehr schlechter Tag für ihn. Im Mannschaftszeitfahren kamen noch einmal 150 Sekunden dazu, was die Situation schon relativ aussichtslos machte, worin ich durch die zusätzlichen drei Minuten auf dem anschließenden Teilstück noch bestärkt wurde. Nach dem achten Abschnitt war die Geschichte für mich endgültig gelaufen – Danilo Di Luca eine Minute vor Cunego deutete momentan auf ein spannendes Duell hin, aber Haimar lag als 19. zwölf Minuten zurück. Nicht gerade das, was man als gute Ausgangsposition ansehen würde…

_____________________________________________________

Anmerkung(en):

Sorry, ich weiß nicht, ob es jemandem aufgefallen ist - aber ich hatte den Flèche Wallonne und L-B-L zu posten vergessen. Ist jetzt nachgeholt, der Flèche findet sich am Ende der letzten Seite.

Den Giro werde ich recht schnell abhandeln, wohl in einem Zeitungs-Bericht, und dann geht es mit der Dauphiné los, bei der José wieder ins Renngeschehen eingreift.

Kommentare sind immer noch erwünscht, ich würde mich über den ersten seit der Fortsetzung freuen ;).

Benutzeravatar
Henrik
Beiträge: 3808
Registriert: 19.4.2005 - 19:35
Wohnort: Frankfurt a. M.

Beitrag: # 414409Beitrag Henrik
9.3.2007 - 11:56

Bild

Benutzeravatar
Henrik
Beiträge: 3808
Registriert: 19.4.2005 - 19:35
Wohnort: Frankfurt a. M.

Beitrag: # 414710Beitrag Henrik
11.3.2007 - 8:37

Die erste Saisonhälfte war passé. Zeit für mich, ein kleines Fazit zu ziehen. Mein Programm war bisher recht beschränkt gewesen, nur die Semana a Castilla y Leon und die Vuelta al Pais Vasco war ich gefahren. Elf Renntage mit Höhen und Tiefen. Natürlich mit dem bisherigen Höhepunkt des zweiten Etappenplatzes bei in Kastilien und dem damit verbundenen vierten Gesamtrang. Dagegen fiel das Resümee unseres Heimatrennens schlechter aus. Nicht wegen des 15. Platzes als Endergebnis. Sondern wegen des Drucks, der vom Sponsor gemacht worden war. Eine unsinnige Aktion, die mich noch lange bedrückte. Samuel konnte mit seinen bisherigen Resultaten mehr als zufrieden sein, denn vor der Saison hätte er nie die Siege beim Amstel Gold Race und dem Flèche Wallonne erwartet. Während der ansonsten düster verlaufenen Baskenland-Vuelta hatte es auf der vierten Etappe seinen dritten Sieg gegeben, dazu kamen zwei dritte Plätze (einer bei Lüttich-Bastogne-Lüttich) und sechs übrige Top-Ten-Resultate, speziell zu erwähnen wohl der fünfte Rang bei Mailand – San Remo. Eine Bilanz, die sich durchaus sehen lassen konnte. Dazu kam noch die Führung in der ProTour, die er seit dem Flèche Wallonne innehatte und noch immer vor Damiano Cunego behielt. Aber noch könnte viel passieren, die Rückstände waren nicht gering und mein Geheimtipp auf den Gesamtsieg hieß Carlos Sastre:

ProTour: Gesamtstand
1. Samuel Sanchez (EUS) 144
2. Damiano Cunego (LAM) 131
3. Paolo Bettini (QSI) 123
4. Bobby Julich (CSC) 121
5. Miguel Angel M. Perdiguero (PHO) 115
6. Danilo di Luca (LIQ) 105
7. Carlos Sastre (CSC) 105
8. Davide Rebellin (GST) 104
9. Michael Boogerd (RAB) 98
10. Andreas Klier (TMO) 90

67. Igor Anton Hernandez (EUS) 10
94. Iñigo Landaluze (EUS) 3
107. Roberto Laiseka (EUS) 2
117. David Herrero Llorente (EUS) 1


ProTour: Teamwertung
1. T-Mobile Team 374
2. Team CSC 353
3. Rabobank 321
4. Quickstep 299
5. Liquigas 271
6. Gerolsteiner 236
7. Discovery Channel 222
8. Lampre 204
9. Davitamon – Lotto 178
10. Phonak 178
11. Euskaltel – Euskadi 160


Also ist auch in der Teamwertung noch alles drin – auch für uns, denn unsere Rennen sollten ja eigentlich noch kommen. Aber ich malte mir lieber nicht aus, wie wir ohne Samuel dagestanden hätten…

Außerdem wollten wir uns heute noch einmal mit Lucia und Evita treffen, mit denen wir in den letzten Tagen neben dem Training her öfter mal etwas unternommen hatten. Wir besuchten die beiden in ihrem Heimatort Ainsa, von Salinas de Sin als keine 25 Kilometer entfernt. Zusammen beobachteten wir einen wunderschönen Sonnenuntergang hinter den östlichen Gebirgsketten und hatten viel Spaß miteinander. Langsam beschlich mich übrigens der Verdacht, dass ich etwas mehr Interesse an Lucia hatte, immer stärker, und ich glaubte, dass auch sie nicht abgeneigt von mir war… Aber jetzt würde es zur Dauphiné nach Frankreich und anschließend in die finale Tourvorbereitung gehen. Aber in Frankreich würden wir uns dann durch Samuels Initiative in den Pyrenäen wiedersehen.

Benutzeravatar
Henrik
Beiträge: 3808
Registriert: 19.4.2005 - 19:35
Wohnort: Frankfurt a. M.

Beitrag: # 415083Beitrag Henrik
14.3.2007 - 14:42

Während bei der Euskal Bizikleta meine Teamkameraden David Herrero Llorente und David Lopez Garcia das Feld aufmischten und die Etappen zwei und drei für sich entscheiden konnten (David Lopez Garcia übernahm damit die Gesamtführung), ging es für mich zum letzten der wenigen Vorbereitungsrennen auf die Tour – damit auch das wichtigste, die Dauphiné Libéré. Zwar stand nur ein kurzes, sieben Kilometer langes, Einzelzeitfahren auf dem Tagesprogramm, aber es war ein gutes Gefühl, wieder in einem Rennen zu fahren. Also stand ich schon morgens enthusiastisch auf, nach der langen Pause voll motiviert. Ich wusste zwar, dass ich am Ende nicht im vorderen Bereich landen würde – aber im Zeitfahren war das kein so großes Problem. Somit war ich über den 56. Platz mit 28 Sekunden Rückstand nicht wirklich enttäuscht, Iban platzierte sich vier Sekunden vor mir. Den Sieg holte Denis Menchov vor Zabriskie und Danielson. Eine tolle und etwas überraschende Leistung lieferte Iker Camaño ab – Rang acht für einen baskischen Kletterer im Zeitfahren, ein nicht alltägliches Ereignis. Übrigens verlor ich auf Alexandre Vinokurov nur acht Sekunden. Da schien jemand entweder noch nicht in Top-Form zu sein oder er war mit angezogener Handbremse ins Rennen gegangen. Die nächsten Tage würden wohl Aufschluss über vieles bringen – auch meine Form, die ich im harten Training erworben oder eben nicht erworben hatte. Aber für heute war ich zufrieden und gut gelaunt, was auch für Samuel galt, mit dem ich mir erneut ein Zimmer teilte. Morgen wäre wohl wieder ruhig gehen lassen angesagt, ein flaches Teilstück wartete. Selbiges galt für den folgenden Tag vorm Zeitfahren, bevor es auf Etappe fünf richtig losginge, wenn der Mont Ventoux sich vor uns auftürmen würde. Im Zeitfahren bei der Euskal Bizikleta verlor David in Gelb übrigens mehr als zwei Minuten und damit auch die Gesamtführung. Vor dem abschließenden Teilstück lag jetzt unser zweiter David auf Rang zwei, 14 Sekunden zurück. Ob da noch etwas gehen sollte?

--------------------------------------------------------------------------------
Nebenbei gefragt: Gibt es noch Leute, die hier interessiert lesen? Denn ich würde mich über ein paar Kommentare schon mal freuen...

Benutzeravatar
José Miguel
Beiträge: 5881
Registriert: 3.11.2004 - 18:53
Kontaktdaten:

Beitrag: # 415085Beitrag José Miguel
14.3.2007 - 15:00

Nebenbei gefragt: Gibt es noch Leute, die hier interessiert lesen? Denn ich würde mich über ein paar Kommentare schon mal freuen...
Aber na klar! Mach weiter so!
RZ: Punktewertung Vuelta 2006 und 2008, Etappensieg TdF 2010, 2011 und Giro 2012&2014, Berg Giro 2012, 2013, 2014 / Rad-Tipp: Giro dell'Emilia, Paris-Tours 2008, Tour de Romandie 2011, Eneco-Tour 2011, WM-Zeitfahren 2011 / Frauenfussball-Weltmeisterschaft 2007 / Fussball-Bundesliga 11-12
SKI: Whitney Houston Award 10/11, 11/12, 12/13, 13/14

Benutzeravatar
Henrik
Beiträge: 3808
Registriert: 19.4.2005 - 19:35
Wohnort: Frankfurt a. M.

Beitrag: # 415350Beitrag Henrik
16.3.2007 - 16:25

Gut, dann würde ich mich ab und zu über den einen oder anderen Kommentar mehr freuen - wie Arkon das so treffend gesagt hat, jede Kritik, ob positiv oder negativ, ist motivierend ;) Aber hier erst einmal der nächste Post, ab dem Mont Ventoux geht es dann hoffentlich mit tollen Rennen richtig los.

-------------------------------------------------------------------------------------

Zwei schnell erzählte Etappen

Die ersten beiden Teilstücke der Dauphiné Libéré waren größtenteils klassische Anfangs-Etappen für eine einwöchige Rundfahrt. Auf dem ersten Tagesabschnitt bildeten Uros Murn (PHO), Guennedi Mikhailov (DSC) und Lokalmatador Thomas Voeckler (BTL) ein lange Zeit erfolgreiches Ausreißertrio. Im Feld bot sich so die Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen und alte zu pflegen. Eine Tätigkeit, der ich mit großem Elan nachging – machte sich doch eine gewisse Euphorie breit in Anbetracht der Tatsache, dass ich zum ersten Mal seit langem wieder in einem großen Peloton fuhr. Erst gegen Ende des Rennens wurde es noch einmal spannend, als die drei Angreifer erst 700 Meter vor dem Ziel gestellt, dann aber durchgereicht wurden. Schade für das tapfer kämpfende Trio, gut für Allan Davis, der im Sprint alle anderen hinter sich ließ.

Auch am folgenden Tag konnte er den Sprint des Hauptfeldes vor der Konkurrenz gewinnen – es reichte aber nur zu Rang drei, denn die Sprintermannschaften hatten sich für die größtenteils abschüssigen letzten 30 Kilometer verrechnet. Giovanni Lombardi (CSC) und Eric Leblacher (FDJ) konnten knapp mehr als eine Minute bis nach Saint-Galmier retten, wo im Zweiersprint die Erfahrung triumphierte: Lombardi holte trotz der schlechteren Position im Spurt von vorne den Etappensieg und übernahm die Gesamtführung. Meinen Beinen ging es wieder relativ gut, allerdings stand das Zeitfahren vor der Tür, in dem ich wohl viel Zeit verlieren würde. Schadensbegrenzung müsste das Motto des Tages sein.

In dieses Zeitfahren startete ich als momentan Gesamt-57. etwa nach zwei dritteln aller Fahrer, und ich wusste, dass es heute nicht um vordere Platzierungen, sondern um eine gute Vorstellung und die Ausgangsposition für die nächsten drei Etappen auf den Ventoux, über den Izoard und nach La Toussuire gehen würde. Dort könnte ich mich zeigen. Doch heute galt es nur, möglichst wenig Zeit zu verlieren und alles aus mir herauszuholen. Schnell fand ich einen Rhythmus, der mir einigermaßen zusagte, doch in der hügeligen Startphase musste ich diesen relativ oft wechseln. Dann allerdings ging es zu dem einzigen längeren Anstieg, mein kleines Plus in diesem verzweifelten Kampf gegen die Uhr. Viele Zuschauer waren gekommen, zwar fand das Rennen nicht in den Pyrenäen statt, doch trotzdem wurde ich von beiden Straßenseiten den Berg hinaufgeschrien.

Bild

Zur Zwischenzeit hieß es dann leicht überraschend Bestzeit, doch die Beine spürten den Anstieg leider schon etwas. Allerdings waren hier auch noch keine wirklichen Top-Leute durchgegangen, und erst am Ende würde sich der wirkliche Wert der Zeit zeigen. Und es waren noch 26 Kilometer bis ins Ziel, die ich bewältigen musste. Ein verdammt schwerer Weg, wie ich dabei feststellte. Die Beine brannten, das Atmen fiel immer schwerer und kleine Gegenhänge waren wie Gift für mich. Doch irgendwann sah ich das Ziel, wiederum mit Bestzeit. Ich übergab mich der Obhut eines Betreuers, der mir noch mitteilte, dass ich dem nach mir gestarteten Sandy Casar knappe zwanzig Sekunden abgenommen hatte. Ein akzeptables Ergebnis bis hierhin.

Während viele andere noch auf der Strecke waren, konnte ich mich langsam erholen und eine Dusche nehmen. Als Iban über die Linie eintrudelte, war ich schon auf Platz vier zurückgefallen. Mein Teamkamerad hatte drei Sekunden Rückstand auf mich – den teaminternen Wettkampf hatte ich also gewonnen. Bis zum Schluss wurde ich noch bis auf Position 28 durchgereicht, etwas über drei Minuten hinter Oscar Pereiro, der auch das gelbe Trikot übernahm. Nun ja, es hätte schlimmer kommen können. Aber meine Spezialität wartete erst am nächsten Tag: Die Bergankunft am Mont Ventoux, einer der wohl härtesten Schlussanstiege, die es im Radsport-Zirkus gab. Im letzten Jahr hatte Alejandro hier gewonnen, mein Ziel war es, bei der ersten «Besichtigung» nicht unterzugehen. Aber einige Tour-Favoriten würden morgen vielleicht offenbaren, wo sie zu diesem Zeitpunkt standen?

Benutzeravatar
Henrik
Beiträge: 3808
Registriert: 19.4.2005 - 19:35
Wohnort: Frankfurt a. M.

Beitrag: # 415544Beitrag Henrik
18.3.2007 - 9:57

Das Kribbeln war wieder da, die Vorfreude auf eine Bergankunft. Schon beim Aufstehen merkte ich es, jede tausendfach geprobte Handlung führte ich mit genauestem Bedacht durch. Auch Samuel war leichte Nervosität anzuspüren. Dem Mont Ventoux eilte sein Ruf voraus – und was ich bisher gehört hatte, war dieser Ruf des extrem harten und unbarmherzigen Schlussanstieges ohne Schatten vollkommen gerechtfertigt. Das übliche Frühstück stand an, zum Start fahren, im Bus umziehen, das Rad noch einmal kontrollieren, warmrollen und ins Peloton. Aus meiner Rückentasche zog ich ein Profil des Rennveranstalters. 160 Kilometer Anlauf auf diesen Brocken, an dem dann die Minuten purzeln würden. Es würde hart werden, da waren sich alle einig.

Bild

In der Startphase fielen wieder einige Gespräche an. Mit Alejandro plauderte ich heute vergnügt und Patrick Sinkewitz bot mir eine Wette über den Sieger der Etappe an – ich setzte einen Kasten Wasser auf eben jenen Alejandro, er war von einem Sieg seines Ex-Teamkameraden Vinokurov überzeugt. Meine Hoffnung war allerdings, dass Iban diesen Plan durcheinanderwirbeln könnte… Der erste Schritt auf diesem Weg war, in der Ausreißergruppe des Tages vertreten zu sein: Iker Camaño sprang mit van Hecke (DVL) und Stalder (PHO) mit. Während das von Caisse und T-Mobile kontrollierte Feld die drei ziehen ließ, zog eine vierköpfige Verfolgergruppe um den Italiener Spezialetti (LIQ) heran, doch auch diese schien niemanden wirklich zu beunruhigen. Denn bis zur ersten kleinen Bergwertung belief sich der Vorsprung auf zehn Minuten und erst jetzt setzte man an, um diesen langsam zu verringern. Speziell AG2R unterstützte die Mannen des Gesamtführenden Oscar Pereiro. Allerdings blieb auch das eher halbherzig, sodass bei der Sprintwertung des Tages, etwa 40 Kilometer vom Ziel entfernt, noch immer sechseinhalb Minuten auf der Habenseite der weiter gut zusammenarbeitenden Ausreißer standen.

Hier begann das Gelände allerdings, leicht anzusteigen, sodass schnell nur noch fünf Spitzenreiter übrig waren. Spezialetti schien sich allerdings nicht an das langsame Tempo gewöhnen zu wollen und attackierte erneut, während auch im Feld die ersten Fahrer herausfielen. Meine Beine gaben noch keine negativen Signale, und noch immer währte die Vorfreude auf das kommende. Inzwischen hatte sich aber auch etwas Sorge in die Gefühlswelt eingeschlichen. Sorge, dass ich die letzte Saison nicht bestätigen könnte und nicht in Form war. Die nächsten Kilometer würden einen Fingerzeig geben – aber bis zur Vuelta wäre noch viel Zeit. Zur Tour allerdings sollte es bereits jetzt einigermaßen stimmen… Jetzt machte sich auch Rabobank in der Arbeit vorne bemerkbar, und der Schlussanstieg kam rasend näher. Mit fünf Minuten Rückstand auf den italienischen Solisten kamen wir schließlich an den Fuß des Anstieges.

23 Kilometer mit 7,6 Prozent, größtenteils ohne Bäume. Aber die große Hitze war es nicht, am Himmel fanden sich doch einige Wolken wieder. Auf den ersten Kilometern sollten wir uns möglichst ruhig verhalten, Kraft sparen und aufpassen. Sollte es uns gut gehen, könnten wir dann ein Feuerwerk zünden. Rabobank zog vorne zwar, allerdings merkte ich noch keine zu großen Belastungs-Schmerzen. Dies deutete ich als gutes Zeichen, und auch nach sechs Kilometern ging es mir im inzwischen auf knapp 70 Mann verkleinerten Peloton noch recht gut. 14 Kilometer vor dem Ziel war die Gruppe dann eingeholt, und ich schien mich am stärksten zu fühlen von allen Euskaltel-Leuten. Von hinten aus dem Auto kam jetzt jedenfalls eine erste Angriffs-Anweisung: Iban sollte den Gegnern einmal auf den Zahn fühlen – allerdings brach er den scheinbar sinnlosen Angriff direkt wieder ab.

Dagegen machte eine sehr starke siebenköpfige Gruppe jetzt offenbar ernst: Vladimir Karpets zog das Tempo an, Alejandro Valverde an seinem Hinterrad. Leipheimer, Gadret, Klöden, Eltink und Kashechkin zogen mit und setzten sich vom Peloton ab, in dem Iban jetzt in Probleme geriet. Igor Anton war scheinbar der einzige, der mir hier noch beistehen konnte. Leipheimer attackierte vorne, seine Mitstreiter wurden wieder eingefangen, noch 9000 Meter bis zum Ziel und meine Beine begannen jetzt langsam, nicht mehr so ganz mitzuspielen. An der Spitze der Gruppe nutzten einige diese unübersichtliche Situation, um anzugreifen – Moreau war neuer Spitzenreiter vor Leipheimer und Ghisalberti, dann meine Gruppe. Aber ich bekam jetzt richtige Schwierigkeiten, denn Denis Menchov drückte vorne aufs Tempo. Eine kleine Lücke war gerissen, jetzt müsste ich alles geben.

Bild

Mit aller Kraft versuchte ich, das Hinterrad des Kasachen vor mir zu halten. Dies gelang mir zwar, aber am Ende der Gruppe blieb ich damit trotzdem nicht. Denn mit Kashechkin, gerade noch vorne attackierend, schien ich einen Leidensgenossen gefunden zu haben. Vorne fielen die nächsten zurück, doch das interessierte mich momentan herzlich wenig. Ich war auf mein Rennen fokussiert und musste meine ganze Kraft dafür aufwenden. Im Auto hinter mir fuhr mein sportlicher Leiter und feuerte mich an. Doch das wollte ich jetzt, vier Kilometer vor dem Ziel, nicht mehr. Ich wollte mit mir, dem Berg und meinen Gegnern allein sein, riss den Ohrstöpsel heraus und sah wieder nach oben. Jetzt fühlte ich wieder eine kleine Chance, ging an die Spitze der Gruppe, überholte Karpets und Gadret, die sich an den Zug anhängten.

Mit jedem Meter schien die Gruppe wieder näher zu kommen, von hinten hörte ich Igor auftauchen. Der junge schien auch massenhaft Kraft überzuhaben… Vorne setzte Christophe Moreau mit seinem Solosieg ein Zeichen, für uns begann der letzte Kilometer, der letzte Antritt. Jetzt brannte jeder Zentimeter meines Körpers, an diesem 11 % steilen Schlussabschnitt. Letztendlich reichte es zu Platz 17, direkt hinter Andreas Klöden und direkt vor Igor.

Bild

Nachdem ich langsam wieder zu Kräften gekommen war, konnte ich ein kleines Fazit dieser Etappe ziehen: Es war kein Top-Ergebnis, aber es hatte einigermaßen gut funktioniert. Moreau war natürlich bärenstark gefahren, aber mir fehlte nur eine halbe Minute auf die Top-Ten. Ohne meine kleine Schwächephase wäre das sicher drin gewesen, also konnte ich mich auf einem guten Weg zur Top-Form wähnen. Morgen würde es über den Col d’Izoard nach Briançon gehen – sicherlich wieder eine Chance, mich in der Gesamtwertung, wohl jetzt als Dauphiné-Kapitän, nach vorne zu schieben. Aber erst einmal wollte ich meine Massage genießen.


4.Etappe: Tain l’Hermitage – Mont Ventoux:

1 Christophe Moreau AG2R PREVOYANCE 5h21'54
2 Sergio Ghisalberti TEAM MILRAM + 51
3 Denis Menchov RABOBANK + 1'34
4 Koldo Gil SAUNIER DUVAL - PRODIR s.t.
5 David Moncoutié COFIDIS, LE CREDIT PAR TELEPHONE s.t.
6 Oscar Pereiro Sio CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS s.t.
7 Levi Leipheimer GEROLSTEINER + 2'31
8 Janez Brajkovic DISCOVERY CHANNEL + 2'40
9 José Azevedo DISCOVERY CHANNEL s.t.
10 Giuseppe Guerini T-MOBILE TEAM + 2'51

11 Alejandro Valverde CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS s.t.
12 Juan Manuel Gárate QUICKSTEP - INNERGETIC + 3'02
13 Andrey Kashechkin ASTANA s.t.
14 Theo Eltink RABOBANK s.t.
15 John Gadret AG2R PREVOYANCE s.t.
16 Andreas Klöden T-MOBILE TEAM + 3'25
17 José Romero EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
18 Igor Anton H. EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
19 Tom Danielson DISCOVERY CHANNEL + 3'57
20 Vladimir Karpets CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS + 4'39

26 Roberto Laiseka EUSKALTEL - EUSKADI + 6'30
30 Iñigo Landaluze EUSKALTEL - EUSKADI + 7'29
32 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI + 7'45
40 Samuel Sánchez G. EUSKALTEL - EUSKADI + 10'09
45 Alexandre Vinokourov ASTANA + 10'41

Gesamtwertung:

1 Christophe Moreau AG2R PREVOYANCE 16h25'15
2 Oscar Pereiro Sio CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS + 38
3 Denis Menchov RABOBANK + 58
4 Levi Leipheimer GEROLSTEINER + 3'11
5 Andreas Klöden T-MOBILE TEAM + 3'37
6 Andrey Kashechkin ASTANA + 3'49
7 David Moncoutié COFIDIS, LE CREDIT PAR TELEPHONE + 3'52
8 Alejandro Valverde CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS + 3'53
9 Janez Brajkovic DISCOVERY CHANNEL + 4'15
10 Sergio Ghisalberti TEAM MILRAM + 4'38

11 Tom Danielson DISCOVERY CHANNEL + 4'49
12 José Azevedo DISCOVERY CHANNEL s.t.
13 Koldo Gil SAUNIER DUVAL - PRODIR + 5'19
14 Vladimir Karpets CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS + 5'37
15 José Romero EUSKALTEL - EUSKADI + 5'51
16 Theo Eltink RABOBANK + 6'19
17 Juan Manuel Gárate QUICKSTEP - INNERGETIC + 6'56
18 John Gadret AG2R PREVOYANCE + 7'21
19 Jurgen Van den Broeck DISCOVERY CHANNEL + 7'34
20 Giuseppe Guerini T-MOBILE TEAM + 7'55

22 Igor Anton H. EUSKALTEL - EUSKADI + 8'52
28 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI + 10'10
35 Roberto Laiseka EUSKALTEL - EUSKADI + 12'29
36 Iñigo Landaluze EUSKALTEL - EUSKADI + 12'33
40 Alexandre Vinokourov ASTANA + 13'36
41 Samuel Sánchez G. EUSKALTEL - EUSKADI + 13'46

Benutzeravatar
Henrik
Beiträge: 3808
Registriert: 19.4.2005 - 19:35
Wohnort: Frankfurt a. M.

Beitrag: # 416566Beitrag Henrik
23.3.2007 - 21:12

Gestern war ich zum ersten Mal in meiner Karriere auf den Mont Ventoux geklettert, einen wahren Mythos hatte ich erklommen. Auch heute sollte ein Berg mit traditionsreicher Geschichte anstehen – der Col d’Izoard stand auf dem Weg nach Briançon im Weg, vom Gipfel waren es noch knappe 20 Kilometer bis ins Ziel an der typischen kleinen Schlusssteigung in diesem französischen Ort. Hier hatte letztes Jahr auch eine Etappe der Tour de France geendet, Cadel Evans hatte aus einer Ausreißergruppe heraus diesen Anstieg zur finalen und entscheidenden Attacke genutzt, wenig später war Alejandro im gelben Trikot hier angekommen. Heute würde es allerdings aus einer anderen Richtung nach Briançon gehen: Nicht über den Galibier, sondern über den Izoard würde das Feld kommen, und vielleicht wäre die Abfahrt ja lang genug, um mit einer Attacke durchzukommen? Vielleicht sollte ich mich sogar im Anstieg zeigen und eine kleine Lücke herausfahren – mit knapp sechs Minuten Rückstand in der Gesamtwertung müsste ich diese Chance eigentlich haben. Wenn dann noch die Beine mitspielten, wäre auf dieser Etappe alles möglich:

Bild

Während ich mich in der Startphase mit meinem alten Freund Alejandro unterhalten konnte, mussten andere aus unserer Mannschaft aufpassen, denn wir wollten heute in der Gruppe des Tages vertreten sein. Beim ersten Ausreißversuch waren wir dann unter den 12 Mutigen auch gleich doppelt vertreten, Samuel und Iñigo hatten gut aufgepasst. Allerdings schien den Mannschaften im Feld diese Gruppe, unter anderem noch mit Leuten wie Zabel und Cancellara, doch etwas zu stark. Letztendlich absetzen konnte sich nur der Gerolsteiner Andrea Moletta als Solist, eine vorläufig offenbar stabile Situation, mit der auch wir uns letztendlich zufrieden geben konnten. Moletta räumte also die Punkte bei den ersten beiden Bergwertungen ab, für mich ging es hauptsächlich um mein Gefühl in den Beinen. An den leichten Anstiegen mit keinen Steigungsprozenten über sechs merkte ich zumindest noch nichts, was auf schlechte Beine hätte hindeuten können. So ging es also geruhsam weiter nach Nord-Osten in einem von T-Mobile, AG2R, Lampre und auch Phonak angeführten Feld. Der Abstand des Solisten wuchs nur langsam, und niemand sah in ihm eine wirkliche Gefahr, sodass kein Team wirklich hart nachführte.

Erst, als der Abstand sich auf sechs Minuten belief, machte das Team des Gesamtführenden gemeinsam mit Rabobank langsam ernst. An dem kleinen Anstieg hinauf zur zweiten Sprintwertung initiierte Giuseppe Guerini dann einen Angriff, und Samuel ging instinktiv mit. Insgesamt 10 Fahrer hatten sich abgesetzt, von denen die Stärksten wohl Tadej Valjavec, Sandy Casar und Vladimir Karpets hießen. Letzterer war als Gesamt-Vierzehnter auch die größte Gefahr für das Führungs-Trikot, der Russe lag also einen Platz vor mir klassiert. Die Sprintwertung flog nun vorüber, und pünktlich zur ersten kleinen Rampe des Izoard war Moletta gestellt. Die 11 Spitzenreiter fuhren nun anderthalb Minuten vor dem Feld und stellten so noch keine wirkliche Bedrohung dar. Neun Kilometer vor dem Gipfel gingen dann die Attacken los. Sergio Ghisalberti warf als erster den Federhandschuh, Christophe Moreau ließ nicht lange mit einem Konter auf sich warten. Viele Favoriten zeigten sich jetzt, unter anderem Andreas Klöden, Janez Brajkovic und Andrej Kashechkin. Und auch wir regten uns. Gleich zu dritt setzten wir der Attacke nach: Igor und Iban zogen an, da konnte auch ich mich nicht lumpen lassen. Da die Beine sich bislang gut gefühlt hatten, sprang auch ich an ein Hinterrad und versuchte, mich aus dem Feld zu verabschieden. Langsam kam ich weg, allerdings zogen viele andere Fahrer mit. Christophe Moreau schien erneut stärker als alle anderen und setzte sich alleine an die Spitze, eine halbe Minute vor einer 23-köpfigen Verfolgergruppe, in der neben mir auch Samuel, Iban und Igor fuhren.

Bild

Jetzt ging es aber auch bei uns an die Grenzen des machbaren. Für Samuel war Ende, fünf Kilometer vor der Bergwertung reichten die Körner einfach nicht mehr. Aber auch wir fühlten uns momentan nicht stark genug, um eine Attacke zu ziehen, bei mir Begann wieder das altbekannte Brennen in den Beinen, in der Lunge. Jetzt ging es in die kleine Abfahrt, und danach merkte ich es: Die Beine machten völlig zu. Der Mann mit dem Hammer schlug voll drauf, ich schien praktisch stehen zu bleiben. Über Funk nahm ich halbwegs wahr, dass Moreau die Bergwertung vorne gewann, dass Denis Menchov mit 54 Sekunden Rückstand die erste Gruppe über die Bergwertung führte, in der sich außerdem noch Ghisalberti, Klöden und Moncoutié befanden. Iban und Igor hatten leider wenige Meter vor der Kuppe reißen lassen müssen, sodass sie gemeinsam etwa eine halbe Minute weiter hinten lagen. Mein Rückstand belief sich auf drei Minuten, und davon würde ich alleine wohl nicht viel aufholen können. Doch von hinten kündigte sich bereits eine Gruppe an, auf die ich allerdings hier oben im leichten Dunst nicht zu warten vorhatte. Nun ging es also in die lange Abfahrt, in der ich einigermaßen regenerieren konnte, allerdings die Konzentration aufrechterhalten musste. Auf der glücklicherweise weitestgehend trockenen Straße riskierte ich nicht alles, um den Tour-Start nicht zu gefährden, doch ich wollte auch keine unnötigen Sekunden liegen lassen, sodass ich doch mit einem kontrollierten Risiko in die Kurven ging.

Erfolg dieser Fahrweise war, dass ich am Ende der Abfahrt den vor mir fahrenden Vladimir Karpets eingeholt hatte. Moreau hatte allerdings seinen Vorsprung weiter ausgebaut, fast uneinholbar ging er in den letzten Anstieg, ich hatte bereits dreieinhalb Minuten Rückstand. Der Franzose feierte erneut einen Sieg, bei dem er seine ganze Stärke demonstriert hatte – würde er auf seine alten Tage doch noch einmal bei seinem großen Heimrennen angreifen können? Den Sprint um Rang zwei gewann Andreas Klöden knapp gegen Sergio Ghisalberti, Iban und Igor wurden immerhin siebter und achter. Ich musste dagegen für die aggressive Fahrweise der letzten Kilometer doch noch einmal ein wenig bezahlen und verlor wieder den Anschluss zu Karpets, und auch Alejandro, am Izoard noch hinter mir, spurtete wieder an mir vorbei. Platz 20 wurde es letztendlich mit mehr als fünf Minuten Rückstand. Meine Top-Form war das hoffentlich noch nicht…

Für morgen wurde mir eine andere Rolle zugeteilt: Julian Gorospe, der uns hier in der Tourvorbereitung betreute, wollte mich wohl schon am Galibier in eine Gruppe schicken, aus der ich dann später attackieren sollte – wenn man mich weglassen würde, vielleicht kein schlechter Plan. Aber zur Tour sollte die Form dann stimmen, und dann wollte ich mit einer starken Vorstellung in La Toussuire ankommen. Dieses Ziel zu erreichen, war mir wichtiger als die Bergankunft morgen, aber eine gute Besichtigung würde es mit Sicherheit sein…

6.Etappe: Sisteron – Briançon
1. Moreau (A2R)
2. Klöden (TMO) +2’06
3. Ghisalberti (MRM)
4. Moncoutié (COF)
5. Menchov (RAB)
6. Pereiro Sio (CEI)
7. Mayo (EUS) +3’01
8. Anton H. (EUS)
20. Romero (EUS) +5’17

Gesamtwertung
1. Moreau (A2R)
2. Pereiro Sio (CEI) +2’44
3. Menchov (RAB) +3’04
4. Klöden (TMO) +5’43
5. Moncoutié (COF) +5’58
17. Romero (EUS) +11’08
19. Anton H. (EUS) +11’53
22. Mayo (EUS) +13’11



___________________________________________________
Das Ergebnis habe ich leider nicht editiert. Sollte aber so halbwegs in Ordnung sein, hoffe ich. In La Toussuiere gibt es dann wieder den üblichen Umfang.

Außerdem: Kommentare immer noch erwünscht!

Benutzeravatar
Henrik
Beiträge: 3808
Registriert: 19.4.2005 - 19:35
Wohnort: Frankfurt a. M.

Beitrag: # 417860Beitrag Henrik
2.4.2007 - 11:09

Der siebte Tag der Dauphiné Libéré, eine Generalprobe für die vorletzte Bergetappe der Tour de France 2006. Col du Galibier, Col de la Croix de Fer, Col du Mollard und La Toussuire waren die Namen der Anstiege, die ich meiner kleinen Streckenkarte entnehmen konnte. Ein harter Berg nach dem anderen, und heute hatten wir eine offensive Taktik geplant: einen unserer beiden Kapitäne, so hatte Julian Gorospe es uns aufgetragen, sollten wir in einer frühen Gruppe platzieren – das bedeutete für mich, in der Startphase aufzupassen. Ich war nicht oft in kleinen Gruppen unterwegs gewesen, an eine Etappe der Tour de Romandie 2005 konnte ich mich noch gut erinnern, als ich am Schlussanstieg erst im Finale nach einem grandiosen Kampf gestellt worden war. Vermutlich würde es mir heute wieder so ergehen – außer das Feld würde mich weit genug weglassen. Aber es würde ein harter Tag werden. In einer Gruppe oder im Feld, ganz egal.

Bild

Bereits im ersten kleinen Teilstück gingen erste Attacken, und Iban war dabei. Ich konnte im Feld bleiben, das nun zu reagieren schien. Offenbar wollte man die Gruppe so noch nicht weglassen, auch wenn neben unserem Leader keine weiteren wirklichen Kletterspezialisten dabei waren. Nach kurzer Zeit mit unruhiger Fahrweise waren nur noch zwei Fahrer an der Spitze: Iban hatte Begleitung in Form von Alessandro Spezialetti bekommen. Am Berg sicher keine große Hilfe, würde ihm der Italiener aber auf dem langen Flachstück eine Unterstützung bieten. Wenig später konnte der Franzose Rémy di Gregorio aufschließen, sodass jetzt ein Trio an der Spitze unterwegs war, mit dem sich die kontrollierenden Teams zufrieden gaben. Bis zum Gipfel des Galibier gewährten sie drei Minuten Vorsprung, allerdings verkleinerte sich die Spitzengruppe schnell um eine Person: Alessandro Spezialetti stürzte und ließ sich eine kleine Verfolgergruppe mit Guerini, Gil und Vandenbroeck zurückfallen. Meine Beine gaben bis jetzt positive Signale, aber das war oft so. Erst in der Schlussphase würde ich wirklich merken, wie es mir heute ging…

Während die beiden Ausreißergruppen vorne am Col du Télégraphe zusammenschlossen, hielt das Feld den Abstand konsequent klein – zwei Minuten wurden hier gemeldet. Bis zum nächsten Anstieg hielt die Zusammenarbeit halbwegs, dann sortierte Guerini mit einem kurzen Antritt die beiden schwächsten Gruppenmitglieder aus. Jetzt mussten wir hoffen, dass der Abstand weiter wachsen könnte, dass die Gruppe sich eine realistische Chance erarbeiten würde. Auch dieser Anstieg verlief zu Beginn relativ ereignislos, doch auf den letzten fünf Kilometern kamen mehrere interessante Meldungen: Vandenbroeck konnte vorne den Anschluss nicht mehr halten, hinten versteuerte sich Andreas Klöden und rutschte am Fahrbahnrand weg und verlor den Anschluss an das Feld, aber auch andere Top-Fahrer wie Vinokurov, Sinkewitz, Kessler und leider auch Samuel Sanchez zeigten unterschiedlich große Probleme. Am Gipfel wurde für das noch knapp 40 Mann umfassende Feld ein Rückstand von etwa fünf Minuten gemessen. Langsam musste man reagieren, wenn man noch etwas nach vorne tun wollte…

Am Col du Mollard verschlechterte sich unsere Situation aber plötzlich radikal: Iban konnte den Anschluss nicht mehr halten, hinten waren wir nur noch zu dritt. Sollte unsere Taktik nicht aufgehen? Es sah ganz danach aus. Mit unverändertem Rückstand ging das Feld in die Abfahrt, aber die Anzahl der Fahrer hatte sich beinahe halbiert: Noch 22 Radprofis befanden sich auf der von Caisse d’Epargne, Rabobank und AG2R organisierten Verfolgung. Also hatte dieser kurze knackige Anstieg für ein ordentliches Ausscheidungsfahren gesorgt. Auch in der Abfahrt änderte sich wenig, und so ging es in den Schlussanstieg. Doch jetzt interessierte es mich relativ wenig, was die Spitzenreiter taten, denn hinten wurde gnadenlos angegriffen. Und ich gehörte leider zu denen, die nicht folgen konnten. Das war wieder ein Tag, an dem es ums Überleben ging, sagte mir mein Gefühl schon zu diesem frühen Zeitpunkt im Schlussanstieg. Zum Glück hatte ich Igor, der sich vor die Gruppe spannte und ein relativ gleichmäßiges Tempo anschlug, bei dem ich halbwegs gut einen Rhythmus finden konnte. Und der schien nicht zu schlecht zu sein: Immerhin verloren Leute wie Karpets oder Kashechkin den Kontakt zur Gruppe.

Während Koldo Gil vorne ein einsames Rennen fuhr, ging es für mich auf den letzten Kilometern tatsächlich noch einmal an die Schmerzensgrenze, denn jetzt hatte auch ich zu beißen. Letztendlich erreichte ich das Ziel aber halbwegs souverän mit meinen Begleitern an der Seite von Igor, 4:44 Minuten hinter Gil. Auf Platz zwei und drei holten sich zwei französische Lokalmatadoren, Moreau baute als dritter seinen Vorsprung in der Gesamtwertung weiter aus und sein Sieg würde morgen auf der hügeligen, aber nicht sehr anspruchsvollen und schon gar nicht gefährlichen Schlussetappe nur noch Formsache sein. Der Altmeister überraschte mich immer wieder – war ihm in einem Monat etwa doch etwas zuzutrauen? Anders verhielt es sich bei Alexandre Vinokurov, der erneut unterging. Aber ich glaubte nicht, dass das alles war, was der Kasache konnte. Bei der Tour würde er zuschlagen.

6.Etappe:
1 Koldo Gil SAUNIER DUVAL - PRODIR 6h12'35
2 David Moncoutié COFIDIS, LE CREDIT PAR TELEPHONE + 2'13
3 Christophe Moreau AG2R PREVOYANCE + 2'20
4 Levi Leipheimer GEROLSTEINER + 2'32
5 Giuseppe Guerini T-MOBILE TEAM s.t.
6 Sergio Ghisalberti TEAM MILRAM + 3'22
7 Theo Eltink RABOBANK s.t.
8 Denis Menchov RABOBANK + 3'39
9 José Azevedo DISCOVERY CHANNEL s.t.
10 Oscar Pereiro Sio CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS + 4'12

11 Tom Danielson DISCOVERY CHANNEL + 4'44
12 Janez Brajkovic DISCOVERY CHANNEL s.t.
13 Alejandro Valverde CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS s.t.
14 Sandy Casar FRANÇAISE DES JEUX s.t.
15 José Romero EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
16 Igor Anton H. EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
17 John Gadret AG2R PREVOYANCE s.t.
18 Juan Manuel Gárate QUICKSTEP - INNERGETIC s.t.
19 Andrey Kashechkin ASTANA + 5'25
22 Andreas Klöden T-MOBILE TEAM + 6'55
23 Vladimir Karpets CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS + 7'03
24 Jurgen Van den Broeck DISCOVERY CHANNEL s.t.
25 David Cañada SAUNIER DUVAL - PRODIR + 7'11
26 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
27 Guido Trentin SAUNIER DUVAL - PRODIR + 7'51
28 Roberto Laiseka EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
33 Samuel Sánchez G. EUSKALTEL - EUSKADI + 10'23
36 Iñigo Landaluze EUSKALTEL - EUSKADI + 11'51
38 Iker Camaño EUSKALTEL - EUSKADI + 12'15
40 Patrik Sinkewitz T-MOBILE TEAM + 12'47
41 Alexandre Vinokourov ASTANA + 12'55


Gesamtwertung:
1 Christophe Moreau AG2R PREVOYANCE 27h10'58
2 Denis Menchov RABOBANK + 4'23
3 Oscar Pereiro Sio CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS + 4'36
4 David Moncoutié COFIDIS, LE CREDIT PAR TELEPHONE + 5'51
5 Koldo Gil SAUNIER DUVAL - PRODIR + 6'00
6 Levi Leipheimer GEROLSTEINER + 6'24
7 Sergio Ghisalberti TEAM MILRAM + 7'46
8 Janez Brajkovic DISCOVERY CHANNEL + 9'40
9 Andrey Kashechkin ASTANA + 9'55
10 Andreas Klöden T-MOBILE TEAM + 10'18

11 Giuseppe Guerini T-MOBILE TEAM + 11'04
12 Alejandro Valverde CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS + 11'12
13 José Azevedo DISCOVERY CHANNEL + 11'25
14 Juan Manuel Gárate QUICKSTEP - INNERGETIC + 12'21
15 Tom Danielson DISCOVERY CHANNEL + 12'30
16 Theo Eltink RABOBANK + 12'38
17 José Romero EUSKALTEL - EUSKADI + 13'32
18 Igor Anton H. EUSKALTEL - EUSKADI + 14'17
19 John Gadret AG2R PREVOYANCE + 15'02
20 Vladimir Karpets CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS + 15'15
24 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI + 17'56
29 Roberto Laiseka EUSKALTEL - EUSKADI + 23'17
33 Samuel Sánchez G. EUSKALTEL - EUSKADI + 27'04
36 Iñigo Landaluze EUSKALTEL - EUSKADI + 28'51
38 Alexandre Vinokourov ASTANA + 32'25
42 Patrik Sinkewitz T-MOBILE TEAM + 35'51

Benutzeravatar
José Miguel
Beiträge: 5881
Registriert: 3.11.2004 - 18:53
Kontaktdaten:

Beitrag: # 417873Beitrag José Miguel
2.4.2007 - 12:49

Sehr schöner Bericht, mach weiter so!
RZ: Punktewertung Vuelta 2006 und 2008, Etappensieg TdF 2010, 2011 und Giro 2012&2014, Berg Giro 2012, 2013, 2014 / Rad-Tipp: Giro dell'Emilia, Paris-Tours 2008, Tour de Romandie 2011, Eneco-Tour 2011, WM-Zeitfahren 2011 / Frauenfussball-Weltmeisterschaft 2007 / Fussball-Bundesliga 11-12
SKI: Whitney Houston Award 10/11, 11/12, 12/13, 13/14

Benutzeravatar
Henrik
Beiträge: 3808
Registriert: 19.4.2005 - 19:35
Wohnort: Frankfurt a. M.

Beitrag: # 418295Beitrag Henrik
4.4.2007 - 20:36

Danke für das Lob! Eine kleine Ankündigung von mir: Morgen gibt es wohl noch einen Post (die Überleitung zur Tour), bevor ich dann im Urlaub bin. Danach kann ich aber hoffentlich gut erholt weiterschreiben!
_____________________________________________________________________

Die letzte Dauphiné-Etappe führte über 138 Kilometer mit vier kleineren Bergwertungen nach Grenoble. Ein Profil, durch das sich wohl nicht mehr viel ändern würde im Gesamtklassement, aber wir wollten uns noch einmal offensiv präsentieren und vielleicht mit Samuel in die Entscheidung um den Sieg eingreifen. In der Startphase war es allerdings alles andere als ein ruhiges Rennen, eine Attacke folgte auf die andere, und erst zur ersten Sprintwertung nach 30 Kilometern kristallisierte sich eine halbwegs stabile Gruppe heraus. 12 als ungefährlich eingeordnete Fahrer, in der Gesamtwertung allesamt mindestens eine Dreiviertelstunde zurück, konnten sich vom Feld absetzen. Man ließ sie fahren und der Abstand betrug zur zweiten Sprintwertung, die gleichzeitig den Beginn der hügeligen Rennphase bedeutete, knappe fünf Minuten. Doch hier griff ein Quartett um Michael Boogerd und Matthias Kessler an, sodass AG2R jetzt mit dem Tempobolzen begann.

Infolgedessen wurde der Abstand nicht besonders groß, und schnell waren nur noch Laurent Brochard und Kessler übrig geblieben. Doch jetzt ging es in den ersten Anstieg, und wir wollten uns ja offensiv präsentieren – also bekam ich einen Angriffs-Befehl, rund sieben Kilometer vor der Bergwertung. Ich ging aus dem Sattel, riss eine kleine Lücke, Vladimir Karpets erkannte ich an der Spitze des Feldes. Ein starker Mann, der mich jetzt seine Bergfähigkeiten spüren ließ. Doch trotzdem konnte ich eine kleine Lücke reißen, die es jetzt bis oben zu vergrößern galt. Kehre um Kehre arbeitete ich mich den steilen Hang des Col du Barrioz hinauf, und mein Vorsprung wuchs schleppend. Oben hieß es dann: «40 Sekunden aufs Peloton, 32 Sekunden zur Spitze.» Die Spitzengruppe hatte vier Minuten auf acht Kilometern verloren, da könnte ich wohl nicht mit großer Hilfe rechnen. Aber in der Abfahrt würde ich jede Unterstützung brauchen, die sich mir anbot.

Bis zum zweiten Anstieg, dem Col des Ayes, 4 Kilometer lang und 8% steil, schlossen die beiden Ausreißergruppen zusammen und konnten den Vorsprung zu meinem Erstaunen erneut vergrößern. Eine Minute wurde uns von den Motorradfahrern angezeigt. Aber nichtsdestotrotz musste ich aufs Tempo drücken und setzte mich an die Spitze der Gruppe. Jeder der mitkommen konnte, war ein Gewinn für mich, aber warten durfte ich in dieser Phase nicht. Schnell zeigte sich, dass maximal ein Gegner halbwegs mithalten konnte: Der Quickstep-Fahrer van de Walle hielt mein Hinterrad lange, musste dann aber auch reißen lassen. Bis oben hin waren nur der Belgier und ich noch vor dem Feld – mein Abstand betrug 1:10 min auf das Peloton und 30 Sekunden auf van de Walle. Das war nicht viel, ich musste Tempo machen während der nächsten Kilometer, an den kurzen, giftigen Anstiegen. Das schien mir einigermaßen zu gelingen, denn ich konnte nochmals eine halbe Minute gutmachen, auch wenn ich jeden Meter spürte. Und laut Funk drückten hinten nicht mehr nur AG2R und Rabobank, sondern auch Discovery, Caisse d’Epargne und T-Mobile die Geschwindigkeit in die Höhe. Doch die permanenten Durchsagen des Abstandes machten mir nicht wirklich Hoffnungen, 23 Kilometer vor dem Ziel hieß es: «1:10 min auf Ghisalberti, hat sich 20 Sekunden vom Feld abgesetzt.» Also anderthalb Minuten für 23 Kilometer – das würde wohl nicht reichen, sagten mir sowohl mein Gefühl als auch meine Beine. Aber bei dieser Dauphiné hatte ich bisher nicht viel geglänzt, da konnte ich nicht einfach so aufstecken.

Aber als es 12 Kilometer vor dem Ziel in das letzte Flachstück ging, erreichte mich eine hocherfreuliche Nachricht: Es hatte sich zum Feld nichts geändert, immer noch etwa 90 Sekunden! War da doch noch eine Chance? Meine Beine brannten, ich war schon relativ fertig, aber das könnte mein erster Saisonsieg werden, um den würde ich kämpfen und alles geben! Doch es wurde weniger, weniger und weniger. Eine Minute, drei Kilometer vor dem Ziel noch 24 Sekunden, ich gab mein letztes. Doch es reichte nicht – erst dreihundert Meter vor dem Ziel kam Alejandro an mir vorbeigerauscht. Samuel wurde in seinem Windschatten zweiter, doch in mir machte sich Enttäuschung breit. Es war meine stärkste Saisonleistung gewesen, und trotzdem, das Rennen war 300 Meter zu lang. Ein 13. Platz als Folge der besten Leistung des Jahres… das konnte mich nicht wirklich zufrieden stellen. Samuel schien das zu merken und versuchte mir klar zu machen, dass ich nicht das Ergebnis, sondern das Wie sehen sollte. Und eigentlich hatte er Recht: Ich war mehr 60 Kilometer größtenteils alleine gefahren und hatte das Feld beinahe auf Distanz halten können. Das war eigentlich gar nicht so schlecht. Zur Tour müsste ich dann nur einmal durchkommen…

7.Etappe: StJean de Maurienne – Grenoble:
1 Alejandro Valverde CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS 3h26'38
2 Samuel Sánchez G. EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
3 John Gadret AG2R PREVOYANCE s.t.
4 Laurent Brochard BOUYGUES TELECOM s.t.
5 Pierrick Fédrigo BOUYGUES TELECOM s.t.
6 Johan Vansummeren DAVITAMON - LOTTO s.t.
7 Didier Rous BOUYGUES TELECOM s.t.
8 Giuliano Figueras LAMPRE s.t.
9 Patrice Halgand CREDIT AGRICOLE s.t.
10 Jérôme Pineau BOUYGUES TELECOM s.t.

12 Andrey Kashechkin ASTANA s.t.
13 José Romero EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
16 Michael Boogerd RABOBANK s.t.
21 Christophe Moreau AG2R PREVOYANCE s.t.
23 Alexandre Vinokourov ASTANA s.t.
25 Oscar Pereiro Sio CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS s.t.
28 Denis Menchov RABOBANK s.t.
56 Igor Anton H. EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
58 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
60 Roberto Laiseka EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
63 Iker Camaño EUSKALTEL - EUSKADI s.t. Player

Gesamtwertung:
1 Christophe Moreau AG2R PREVOYANCE 30h37'36
2 Denis Menchov RABOBANK + 4'23
3 Oscar Pereiro Sio CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS + 4'36
4 David Moncoutié COFIDIS, LE CREDIT PAR TELEPHONE + 5'51
5 Koldo Gil SAUNIER DUVAL - PRODIR + 6'00
6 Levi Leipheimer GEROLSTEINER + 6'24
7 Sergio Ghisalberti TEAM MILRAM + 7'46
8 Janez Brajkovic DISCOVERY CHANNEL + 9'40
9 Andrey Kashechkin ASTANA + 9'55
10 Andreas Klöden T-MOBILE TEAM + 10'18

11 Giuseppe Guerini T-MOBILE TEAM + 11'04
12 Alejandro Valverde CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS + 11'12
13 José Azevedo DISCOVERY CHANNEL + 11'25
14 Juan Manuel Gárate QUICKSTEP - INNERGETIC + 12'21
15 Tom Danielson DISCOVERY CHANNEL + 12'30
16 Theo Eltink RABOBANK + 12'38
17 José Romero EUSKALTEL - EUSKADI + 13'32
18 Igor Anton H. EUSKALTEL - EUSKADI + 14'17
19 John Gadret AG2R PREVOYANCE + 15'02
20 Vladimir Karpets CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS + 15'15

24 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI + 17'56
29 Roberto Laiseka EUSKALTEL - EUSKADI + 23'17
31 Samuel Sánchez G. EUSKALTEL - EUSKADI + 27'04
33 Michael Boogerd RABOBANK + 27'37
35 Iñigo Landaluze EUSKALTEL - EUSKADI + 28'51
38 Alexandre Vinokourov ASTANA + 32'25
42 Patrik Sinkewitz T-MOBILE TEAM + 35'51
60 Iker Camaño EUSKALTEL - EUSKADI + 44'53

Benutzeravatar
Henrik
Beiträge: 3808
Registriert: 19.4.2005 - 19:35
Wohnort: Frankfurt a. M.

Beitrag: # 418353Beitrag Henrik
5.4.2007 - 11:27

Während wir die wichtigsten Etappen der Tour de France inspizierten, lief in der Schweiz das zweite wichtige Vorbereitungsrennen auf die große Schleife, bei dem Unai Etxebarria erfolgreich mitfahren konnte. Nach einem Etappensieg auf dem zweiten Teilstück übernahm er für vier Tage das gelbe Trikot und hielt sich bis zum Zeitfahren auf einem starken fünften Platz. Hier büßte er allerdings gut fünf Minuten ein und fiel dadurch auf Rang sieben zurück. Cadel Evans und Carlos Sastre zeigten auf den ersten beiden Plätzen, dass man in Frankreich mit ihnen rechnen müsste, ein Großteil der absoluten Stars blieb dem Rennen aber fern. Das Teamzeitfahren wurde ebenfalls vorwiegend ignoriert, sodass wir als eher zeitfahrschwaches Team einen fünften Rang einfahren konnten, anderthalb Minuten hinter dem Sieger CSC.

Vor den Straßenrennen standen noch die Zeitfahr-Meisterschaften an, bei denen Haimar Zubeldia als einziger Euskaltel-Starter ins Rennen ging, jedoch mit den vorderen Platzierungen nichts zu tun hatte. Diese machten Oscar Pereiro, Alejandro Valverde und Isidro Nozal unter sich aus, Pereiro gewann letztendlich in einer Sekundenentscheidung. Auch in den übrigen Ländern gab es keine großen Überraschungen: Die Titel sicherten sich Zeitfahrspezialisten wie Michael Rich oder David Zabriskie. Für unser Straßenrennen rechneten wir uns ebenfalls keine großen Chancen aus, denn die Top-Fahrer des Teams weilten hier in Frankreich, anstatt sich auf den hügeligen Kurs zu begeben. Einzig Samuel reiste extra für das Rennen ab und wurde mit einem starken Ergebnis belohnt: In der Schlussphase attackierte er aus einer Vierer-Gruppe heraus und erzeugte Uneinigkeit unter seinen Verfolgern, sodass er letztendlich genug Vorsprung für den Sprint mitbrachte und das Rennen für sich entscheiden konnte. Somit dürfte er im spanischen Meistertrikot auftreten, wenn das ProTour-Führungs-Maillot weg sein sollte – Carlos Sastre hatte als erster Verfolger nur noch einen Punkt Rückstand. Bei der Tour würde er also das weiße Trikot wohl ausziehen müssen, aber wir würden andere Ziele verfolgen: Der Sponsor wünschte einen Etappensieg und einen Top-Ten-Platz – sicherlich nicht ganz leicht.

Wenig später ging es dann auch schon nach Strasbourg, zu meinem ersten Start beim größten Radrennen der Welt. Medizinischer Check, Teampräsentation und die üblichen kleinen Vorbereitungsrunden standen für unsere Mannschaft an. Neben mir würden morgen Iñaki Isasi, Iban Mayo, Haimar Zubeldia, Roberto Laiseka, Igor Anton, Samuel Sanchez, Iñigo Landaluze und David Herrero Llorente in den Prolog starten, für den ich mir eine vordere Platzierung in der teaminternen Rangliste als Ziel gesetzt hatte, um meine Stellung in der Mannschaft als einer der Kapitäne zu festigen. Zwar sah man mich vorerst nur als Edelhelfer an – aber ich wollte meine Fähigkeiten bei dieser Tour zeigen, zumal in den nächsten Monaten Vertragsverhandlungen für mich angesagt waren…

Benutzeravatar
Henrik
Beiträge: 3808
Registriert: 19.4.2005 - 19:35
Wohnort: Frankfurt a. M.

Beitrag: # 432599Beitrag Henrik
3.6.2007 - 11:50

Nach knapp zwei Monaten Pause hoffe ich, bis zu den Sommerferien hier in NRW noch einiges zu schaffen, bis es dann voraussichtlich erst einmal wieder eine kleine Pause gibt. Aber bis dahin kann ich hoffentlich noch den einen oder anderen Post schreiben!
_______________________________________________

Mein erster Tag bei dem Radsportrennen. Für viele der absolute Höhepunkt des Jahres. Ich hatte in meiner rein baskischen Equipe ja bei der Vuelta schon ein besonderes Klima festgestellt, doch das war noch einmal etwas anderes. Vor dem Prolog, einem ersten kleinen Kräftemessen, achtete jeder noch ein bisschen mehr auf seine Ernährung, überprüfte jeden Handgriff an seinem Rad doppelt und dreifach und zog das Aufwärmprogramm noch einmal konzentrierter durch. Ich war von dieser Atmosphäre schon etwas beeindruckt, doch auch für mich stand der Auftakt zur Tour an. Ich würde spät an der Reihe sein, als eine der letzten 30 Fahrer, sodass ich meine Teamkollegen nach und nach austrudeln sah, bevor ich selbst meine Sachen packte und mich auf die Rolle begab. Noch trug ich ein lockeres Euskaltel-Shirt, doch als mein Start immer näher rückte, zog ich mir den Zeitfahr-Anzug mit der Nummer 41 – mein Team hatte mir doch tatsächlich die Startnummer des Kapitäns gegeben – über, in dem ich mich auch noch etwas einfuhr. Doch dann war es soweit: Jens Voigt startete, Pierrick Fédrigo rollte von der Rampe, Jannick Talabardon ging ins Rennen. Die Rampe war frei für mich. Ich stellte mich auf, warf noch einen kurzen Blick auf die Anzeigetafel (Zabriskie führte im Ziel ganze neun Sekunden vor Leipheimer und Lövkvist, Haimar belegte Rang sieben), bevor ich versuchte, eins mit meinem Rad zu werden. «Dix», hörte ich neben mir. Es wurde ernst. Die Hand tauchte auf, sie würde gleich herunterzählen. «Cinq, Quatre, Trois, Deux…», ich hörte nichts mehr, machte mich endgültig bereit, die Hand verschwand und ich fuhr los.

Ich trat schnell an, machte Geschwindigkeit, aber ich musste daran denken: Auch sieben Kilometer waren eine Distanz, die man nicht in einem Sprint bewältigen konnte. Also durfte ich nicht überziehen, auch nicht in einem Prolog. Denn für mich ging es nicht darum, Sekunden zu gewinnen, sondern den Schaden zu begrenzen und die Chancen für die Berge aufrecht zu erhalten. Die Zwischenzeit stand nach der Hälfte des Parcours an, und noch fühlten sich die Beine an, als könnten sie zusetzen. Allerdings, die Ansage aus dem Auto war eine kleine Ernüchterung: «22 Sekunden, Platz 69, alles im Rahmen. Mach weiter so!» Ende der Durchsage, aber wirklich zufrieden konnte ich damit nicht sein. Ich hatte mir mehr erhofft als einen Platz um die siebzig. Doch jetzt musste ich das Rennen zu Ende fahren, noch einmal alles aus mir herausholen. Die letzte Kurve, noch einmal alles auf diese Zielgerade bringen. Jetzt brannten die Beine, als hätte ich einen Gang durch die Hölle hinter mir, aber die Ziellinie nahte.

Ein Blick auf die Anzeigetafel, «58 José Romero EUS +38», stand da. Nun ja, ich hatte noch etwas gutgemacht, und so schlecht war das für den Anfang sicher nicht. Meine Tage würden hier hoffentlich noch kommen. Die erstbeste Mauer wurde zum Sitz- und Ausruhplatz für mich, die sieben Kilometer mit Vollgas hatten mich ganz schön geschlaucht. Jetzt kamen doch noch einige Fahrer, die im Zeitfahren mehr Gewicht mitbrachten als ich, sodass ich noch zehn Plätze verlor – aber Iban hatte ich um zwei Positionen und drei Sekunden geschlagen, Haimar hatte einen tollen neunten Rang erreicht – das ließ mich ein zufriedenes Schlussfazit ziehen. Und frühestens auf dem Weg nach Valkenburg auf der dritten Etappe würden wir Klassement-Fahrer wieder eingreifen müssen. Alexandre Vinokurov und Cadel Evans mussten übrigens einen etwas enttäuschenden Start hinnehmen – ihre Ansprüche sind höher, wollen sie doch um den Toursieg mitfahren. Ob da die Form stimmt?

Prolog: Strasbourg und Gesamtwertung
1 David Zabriskie TEAM CSC 9'01
2 Levi Leipheimer GEROLSTEINER + 9
3 Jens Voigt TEAM CSC s.t.
4 Yaroslav Popovych DISCOVERY CHANNEL s.t.
5 Thomas Lövkvist FRANÇAISE DES JEUX + 10
6 Michael Rogers T-MOBILE TEAM s.t.
7 Tom Danielson DISCOVERY CHANNEL s.t.
8 Andreas Klöden T-MOBILE TEAM + 11
9 Haimar Zubeldia EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
10 Nicolas Portal CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS + 12

11 Markus Fothen GEROLSTEINER + 13
12 Alejandro Valverde CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS + 14
13 Carlos Sastre TEAM CSC s.t.
14 Christophe Moreau AG2R PREVOYANCE + 15
15 Denis Menchov RABOBANK s.t.
19 Andrey Kashechkin ASTANA s.t
21 Vladimir Karpets CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS + 19
27 Alexandre Vinokourov ASTANA + 23
42 Cadel Evans DAVITAMON - LOTTO + 27
49 David Herrero Llorente EUSKALTEL - EUSKADI + 32
60 Georg Totschnig GEROLSTEINER + 35
68 José Romero EUSKALTEL - EUSKADI + 38
70 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI + 41
78 Jose Rujano QUICKSTEP - INNERGETIC + 43
109 Michael Rasmussen RABOBANK + 50

Benutzeravatar
José Miguel
Beiträge: 5881
Registriert: 3.11.2004 - 18:53
Kontaktdaten:

Beitrag: # 432603Beitrag José Miguel
3.6.2007 - 12:01

Tolle Fortsetzung, hoffentlich geht es bald weiter :D
RZ: Punktewertung Vuelta 2006 und 2008, Etappensieg TdF 2010, 2011 und Giro 2012&2014, Berg Giro 2012, 2013, 2014 / Rad-Tipp: Giro dell'Emilia, Paris-Tours 2008, Tour de Romandie 2011, Eneco-Tour 2011, WM-Zeitfahren 2011 / Frauenfussball-Weltmeisterschaft 2007 / Fussball-Bundesliga 11-12
SKI: Whitney Houston Award 10/11, 11/12, 12/13, 13/14

Benutzeravatar
Henrik
Beiträge: 3808
Registriert: 19.4.2005 - 19:35
Wohnort: Frankfurt a. M.

Beitrag: # 433042Beitrag Henrik
4.6.2007 - 21:15

Knappe Entscheidung auf erstem Teilstück

Bild

Nachdem gestern der Prolog stattgefunden hatte, blieben Start und Ziel für heute noch in Strasbourg. Zwischenzeitlich würde ein kurzer Abstecher nach Deutschland anstehen, wo dieses Jahr aber kein Etappenziel lag. Das Rennen fand heute bei 30° und wolkenlosem Himmel statt, aber wenigstens das Profil versprach keine Schwierigkeiten. Alle waren sich sicher, dass es zu einem Massensprint kommen würde, woran auch die erste wirklich funktionierende Gruppe, ein Quartett um Juan Antonio Flecha (RAB), nichts ändern konnte. Auf der Abfahrt von der ersten kleinen Bergwertung der großen Schleife (Flecha holte sich das erste gepunktete Trikot) gab es den ersten Sturz: Michael Boogerd versteuerte sich, riss aber zum Glück keine anderen Fahrer mit ins Unheil und konnte weiterfahren. Allerdings konnte er den Anschluss nicht wiederherstellen, da angesichts des inzwischen neunminütigen Vorsprungs eine Allianz aus unterschiedlichen Mannschaften, vor allem CSC und Quickstep, vorne für die Tempoarbeit sorgte. Aber diese Allianz verkalkulierte sich: Die Ausreißer wurden nicht erst im Finale, sondern bereits 25 Kilometer vor dem Ziel gestellt, sodass sie ihr Tempo unvermindert hoch halten mussten. Den letzten Zwischensprint gewann Tom Boonen vor Iñaki Isasi, der heute auch im Zielsprint voll reinhalten sollte, um ein Top-Ten-Resultat anzupeilen. In diesem hatte er zwar weniger Glück, doch auch hier sprang ein gutes Resultat heraus. Isaac Galvez sah kurz vor dem Ziel schon wie der sichere Sieger aus, doch er hatte offenbar zu lange im Wind gestanden, sodass der Weltmeister mit einem Wahnsinns-Antritt noch vorbeiziehen konnte. Iñaki belegte einen tollen siebten Platz – vielleicht würde er in den nächsten Tagen einige weitere gute Ergebnisse einfahren können. Wichtiger aber für mich: Durch einen Riss und eine Unachtsamkeit verloren ca. 20 Fahrer drei Minuten auf das Feld – darunter Christophe Moreau und Tom Danielson. Sie hatten sich damit schon jetzt ein ordentliches Handicap eingefangen, das sie sicher noch einige Plätze kosten würde. Morgen war erneut keine Entscheidung für die Gesamtwertung zu erwarten – vielmehr erwarteten alle erneut eine Sprintankunft.

1.Etappe: Strasbourg – Strasbourg
1 Tom Boonen QUICKSTEP - INNERGETIC 4h11'50
2 Isaac Gálvez CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS s.t.
3 Eric Baumann T-MOBILE TEAM s.t.
4 Daniele Bennati LAMPRE s.t.
5 Thor Hushovd CREDIT AGRICOLE s.t.
6 Erik Zabel TEAM MILRAM s.t.
7 Iñaki Isasi EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
8 Bernhard Eisel FRANÇAISE DES JEUX s.t.
9 Jimmy Casper COFIDIS, LE CREDIT PAR TELEPHONE s.t.
10 Fabio Sacchi TEAM MILRAM s.t.

Gesamtwertung
1 David Zabriskie TEAM CSC 4h20'51
2 Tom Boonen QUICKSTEP - INNERGETIC + 8
3 Jens Voigt TEAM CSC + 9
4 Levi Leipheimer GEROLSTEINER s.t.
5 Yaroslav Popovych DISCOVERY CHANNEL s.t.
6 Thomas Lövkvist FRANÇAISE DES JEUX + 10
7 Michael Rogers T-MOBILE TEAM s.t.
8 Andreas Klöden T-MOBILE TEAM + 11
9 Haimar Zubeldia EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
10 Nicolas Portal CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS + 12

60 José Romero EUSKALTEL - EUSKADI + 38

Punktwertung
1 Tom Boonen QUICKSTEP - INNERGETIC 41
2 Isaac Gálvez CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS 30
3 Daniele Bennati LAMPRE 26
4 Eric Baumann T-MOBILE TEAM 26
5 Iñaki Isasi EUSKALTEL - EUSKADI 23

Bergwertung
1 Juan Antonio Flecha RABOBANK 5
2 Johan Vansummeren DAVITAMON - LOTTO 3
3 Rodney Green BARLOWORLD 1

Benutzeravatar
Henrik
Beiträge: 3808
Registriert: 19.4.2005 - 19:35
Wohnort: Frankfurt a. M.

Beitrag: # 434053Beitrag Henrik
10.6.2007 - 17:09

Außenseitersieg in Esch-sur-Alzette

Eine relativ lange Etappe erwartete das Feld heute – 227 Kilometer durch Westfrankreich in Richtung Luxemburg, doch die wenigen Hügel, die heute anstanden, würden wohl nicht ausreichen, um einen Massensprint zu verhindern, zumal die Schlussphase durch relativ flaches Terrain verlief. Nach dem Start wartete direkt der härteste Brocken, der Col des Pandours. Doch auch hier bekamen die wenigsten Fahrer ernsthafte Probleme, während sich die erste Gruppe herauskristallisierte: Nicolas Jalabert (PHO), Assan Bazayev (AST) und Marc Wauters (RAB) verabschiedeten sich nach vorne. Während dieses Trio seinen Vorsprung vergrößerte, konnten wir hinten im Feld Kontakte knüpfen und pflegen – unter anderem hatte ich eine schöne Unterhaltung mit Heinrich Haussler, mit dem ich auch über meine Zukunft redete. Doch viel konnte ich ihm da nicht sagen, Euskaltel war noch nicht an mich herangetreten, und auch ich war mir noch nicht über meine eigenen Wünsche im Klaren. Nach der Tour wollte ich aber die Planungssicherheit für das nächste Jahr schaffen, um beruhigt in die Vuelta gehen zu können, doch jetzt standen erst einmal noch 19 Tage in Frankreich an. Unterdessen betrug der Vorsprung des Trios maximal elf Minuten, doch dann brach die Gruppe in ihre Bestandteile auseinander und es wurde zu einer Frage der Zeit, wann der Zusammenschluss erfolgen sollte. Die Top-Teams stellten diesen bereits unmittelbar nach dem zweiten Zwischensprint her, also bereits 50 Kilometer vor dem Ziel, sodass eine hektische und angespannte letzte Rennstunde zu erwarten war. Diese gab es dann auch, mit einigen erfolglosen Attacken, doch letztendlich kam es dann zum erwarteten Sprint Royal, den ich wieder mal aus gebührendem Sicherheitsabstand betrachtete. Das ganze endete mit einem etwas überraschenden Sieger: Gerd Steegmans suchte sich den richtigen Zug aus, der mit den Top-Sprintern taktierte zu viel und somit setzte sich die so gefährliche „zweite Speerspitze“ durch. Ebenfalls aus diesem Zug kam der Zweitplatzierte, der Australier Brown, erst dann folgte Tom Boonen, an dem sich viele orientiert hatten (Trotzdem konnte er das gelbe Trikot durch mehrere Zeitgutschriften übernehmen). Von seinem Hinterrad aus kam Iñaki auf einen guten fünften Platz, der uns alle zufrieden stellte. Nicht zufriedenstellend war dagegen das Abschneiden einiger anderer Teammitglieder: Igor Anton konnte nur mit Mühe den Anschluss ans Hauptfeld halten, anders dagegen Haimar und Roberto. Sie verloren knapp drei Minuten – ein unnötiger Verlust, der mich aber vielleicht in die zweite Position in der Teamhierarchie verschieben könnte. Aber auch andere Hochkaräter wie Rujano, Hincapie, Totschnig oder Arroyo mussten viel Verlust in Kauf nehmen. Morgen würde es dagegen vielleicht auch unter den Topfavoriten erste Abstände geben, da sich das Ziel in Valkenburg am Cauberg befinden würde. Für diese Etappe hatte ich mir vorgenommen, bei guten Beinen etwas zu zeigen…

2. Etappe: Obernai – Esch-sur-Alzette
1 Gert Steegmans DAVITAMON - LOTTO 5h47'02
2 Graeme Brown RABOBANK s.t.
3 Tom Boonen QUICKSTEP - INNERGETIC s.t.
4 Robert Hunter PHONAK HEARING SYSTEMS s.t.
5 Iñaki Isasi EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
6 Daniele Bennati LAMPRE s.t.
7 Thor Hushovd CREDIT AGRICOLE s.t.
8 Gerben Löwik RABOBANK s.t.
9 Bernhard Eisel FRANÇAISE DES JEUX s.t.
10 Maxim Iglinskiy TEAM MILRAM s.t.

Gesamtwertung
1 Tom Boonen QUICKSTEP - INNERGETIC 10h07'53
2 David Zabriskie TEAM CSC s.t.
3 Jens Voigt TEAM CSC + 9
4 Levi Leipheimer GEROLSTEINER s.t.
5 Yaroslav Popovych DISCOVERY CHANNEL s.t.
6 Thomas Lövkvist FRANÇAISE DES JEUX + 10
7 Michael Rogers T-MOBILE TEAM s.t.
8 Andreas Klöden T-MOBILE TEAM + 11
9 Nicolas Portal CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS + 12
10 Markus Fothen GEROLSTEINER + 13

49 José Romero EUSKALTEL - EUSKADI + 38

Punktwertung
1 Tom Boonen QUICKSTEP - INNERGETIC 67
2 Daniele Bennati LAMPRE 48
3 Thor Hushovd CREDIT AGRICOLE 45
4 Iñaki Isasi EUSKALTEL - EUSKADI 45
5 Graeme Brown RABOBANK 42

Bergwertung
1 Nicolas Jalabert PHONAK HEARING SYSTEMS 26
2 Marc Wauters RABOBANK 22
3 Assan Bazayev ASTANA 9
4 Eric Leblacher FRANÇAISE DES JEUX 6
5 Juan Antonio Flecha RABOBANK 5

Benutzeravatar
Henrik
Beiträge: 3808
Registriert: 19.4.2005 - 19:35
Wohnort: Frankfurt a. M.

Beitrag: # 434407Beitrag Henrik
12.6.2007 - 21:16

Nach dem Prolog stand heute der erste wirklich wichtige Tag an, denn es ging in die Ardennen. Sechs Anstiege warteten auf das Peloton, und sie waren von der Tourleitung so auf die Schlussphase verteilt worden, dass kleinere Zeitgewinne, aber auch das ankommen einer großen Gruppe möglich wären – immerhin war heute ein Großteil der angetretenen Radfahrer in Topform. Doch auch so musste man das Ziel erst einmal vorne erreichen, denn mit dem Cauberg wartete der letzte »Scharfrichter« erst wenige hundert Meter vor dem Ziel. Heute wollte und sollte auch ich auf den letzten Kilometern Akzente setzen, bei der dritten Etappe meiner ersten Tour de France. Aber auch Samuel und Iban brannten darauf, der beste Fahrer unseres Teams am heutigen Tage zu werden…

Bild

Doch erst einmal ging es ganz unspektakulär los – nach einigen Attacken fand sich eine Gruppe, die man ziehen ließ. Acht Fahrer um den starken Fabian Wegmann wurden offenbar als ungefährlich eingeschätzt, was sich hoffentlich nicht als Fehler herausstellen sollte. Bei uns im Feld herrschte noch Ruhe, was sich lange Zeit nicht änderte: Erst nach 100 Kilometern begann Quickstep im Alleingang mit der Tempoarbeit. Der erste Hügel kam näher, die von Lüttich – Bastogne – Lüttich vielen Fahrern bekannte Côte de la Haute Levée. Ich war hier noch nie hinaufgefahren, und auch jetzt sollte es nicht mehr werden, als ein erstes Gefühl für die Beine zu bekommen. Dieser erste Eindruck fiel relativ positiv aus, vielleicht könnte ich heute ja wirklich etwas zeigen!? Oben verlautete dann von einer Anzeigetafel, dass die inzwischen dezimierten Spitzenreiter vor sieben Minuten hier durchgekommen waren, also lief scheinbar alles nach Plan. Quickstep bekam jetzt von Caisse d’Epargne Unterstützung, offenbar fühlte sich auch Alejandro sehr gut…

An der Côte d’Oneux gab es dann auch im Feld erste Attacken, doch weder Frank Schleck noch Michael Rogers konnten sich absetzen. Doch durch die Tempoverschärfung verkleinerte sich das Feld, und der Eindruck von gestern wurde bestätigt: Neben unserem Sprinter Iñaki Isasi verloren auch Haimar Zubeldia, Igor Anton und Roberto Laiseka schon hier den Anschluss – kein gutes Zeichen für die Form. Die Côte de Petit Rechain verlief dagegen relativ ereignislos, und langsam begann die ganz heiße Phase des Rennens. Während T-Mobile die Kontrolle ergriff, wurde der Rückstand auf die einzigen verbliebenen Ausreißer, Marten den Bakker (MRM) und Johan Vansummeren (DVL), bis zur Côte de Loorberg auf zweieinhalb Minuten verkürzt. Jetzt sahen wir den Punkt gekommen, zu Handeln, sodass Samuel einen ersten Nadelstich setzte und sich zum Alleingang davonmachte. Im vorletzten Berg wurden die dreißig Sekunden, die er hatte herausfahren können, aber wieder neutralisiert – und jetzt ging Alejandro. Ich schaute mich nicht groß um, sondern ergriff die Chance und sicherte mir sein Hinterrad, an dem ich mich vom Feld absetzte.

Gemeinsam fuhren wir einen kleinen Abstand heraus, den wir in den Cauberg mitnehmen konnten. Sollte sich etwa tatsächlich die Chance zu einem Etappensieg bieten? Die beiden Ausreißer schienen platt, sie würden den Cauberg nicht überleben. Aber Alejandro war in Topform, sah gut aus und war im Sprint eine Nummer zu groß. Wenn ich siegen wollte, musste ich hier meine Chance suchen, ich würde sie hier suchen. Ich ging unten im Berg vorbei, doch er hing an meinem Rad. Oben heraus versuchte ich es erneut, doch wieder war kein Kraut gegen meinen Freund gewachsen. Also würde es doch auf den Schlussspurt ankommen – hoffentlich kein hoffnungsloses Unterfangen…

Bild

Wenigstens konnte ich mir an seinem Hinterrad die bessere Position sichern, war da vielleicht doch eine Möglichkeit? Ich würde versuchen, sie zu nutzen, wäre sie auch noch so klein… Der rote Teufelslappen, ein Kilometer. Alejandro schaute mich an, blickte nach vorne und erhöhte die Schlagzahl. Das war der entscheidende Moment, konnte er mich abhängen? Eine kleine Lücke riss, doch noch war ich nicht verloren, noch konnte ich kämpfen… Ich schaffte es, nicht aus dem Windschatten zu fallen, dann sah ich ein Schild mit der Aufschrift »150«. 150 Meter – jetzt oder nie. Ich trat an, wechselte auf die Linke Straßenseite, spürte den Wind. Doch Alejandro spürte ihn auch – ich hatte die höhere Geschwindigkeit, schob mich heran, schob mich vorbei… Das Ziel, mit rasendem Tempo, brennenden Beinen und Atemnot in der Lunge passierte ich die Linie und reckte die Arme in die Höhe, jubelnd und glücklich über einen meiner größten Erfolge!

Die Lücke zum Hauptfeld war groß, da kam lange Zeit nichts… Doch ich wurde schon von unserem Teammanager Miguel Madariaga beglückwünscht, all die Differenzen, die es seit der Baskenland-Rundfahrt gegeben hatte, waren in diesem Moment vergessen, ich hatte einen Tour-Etappensieg gefeiert! Das würde einer der größten Siege meiner Karriere bleiben, da war ich mir sicher! Die anderen Teammitglieder kamen, beglückwünschten mich, Alejandro umarmte mich, jeder schien mir zu gratulieren. Dann stand das Siegerinterview an, dann die Siegerehrung. Einmal auf diesem Podest stehen, die Hymne der Tour zu hören, das war ein Kindheitstraum gewesen, der jetzt wahr wurde. Völlig überwältigt nahm ich den Pokal für den Sieg entgegen und wechselte einige Worte mit den prominenten Gratulanten, bevor Alejandro für das Gelbe Trikot auf die Bühne gerufen wurde. Doch auch ich wurde heute in ein Führungstrikot gesteckt: Das weiße Trikot dürfte ich in den nächsten Tagen tragen, und freiwillig würde ich es nicht so schnell abgeben! Angesichts der drei folgenden Flachetappen bestand auch nicht wirklich Grund zu Sorge, erst im Einzelzeitfahren müsste ich erneut einen harten Kampf abliefern. Aber bis dahin konnte ich den Glanz dieses Trikots genießen…

3.Etappe: Esch-sur-Alzette – Valkenburg
1 José Romero EUSKALTEL - EUSKADI 5h03'30
2 Alejandro Valverde CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS s.t.
3 Lorenzo Bernucci T-MOBILE TEAM + 1'17
4 Jens Voigt TEAM CSC s.t.
5 Matthias Kessler T-MOBILE TEAM s.t.
6 Christophe Moreau AG2R PREVOYANCE s.t.
7 Alexandre Vinokourov ASTANA s.t.
8 Eric Leblacher FRANÇAISE DES JEUX s.t.
9 Karsten Kroon TEAM CSC s.t.
10 Patrik Sinkewitz T-MOBILE TEAM s.t.

11 Sylvain Chavanel COFIDIS, LE CREDIT PAR TELEPHONE s.t.
12 Pieter Weening RABOBANK s.t.
13 Theo Eltink RABOBANK s.t.
14 Michael Boogerd RABOBANK s.t.
15 Andreas Klöden T-MOBILE TEAM s.t.
16 Thomas Voeckler BOUYGUES TELECOM s.t.
17 Samuel Sánchez G. EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
18 Laurent Brochard BOUYGUES TELECOM s.t.
19 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
20 Frank Schleck TEAM CSC s.t.

Gesamtwertung
1 Alejandro Valverde CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS 15h11'25
2 José Romero EUSKALTEL - EUSKADI + 16
3 Tom Boonen QUICKSTEP - INNERGETIC + 1'15
4 David Zabriskie TEAM CSC s.t.
5 Jens Voigt TEAM CSC + 1'24
6 Levi Leipheimer GEROLSTEINER s.t.
7 Yaroslav Popovych DISCOVERY CHANNEL s.t.
8 Thomas Lövkvist FRANÇAISE DES JEUX + 1'25
9 Michael Rogers T-MOBILE TEAM s.t.
10 Andreas Klöden T-MOBILE TEAM + 1'26

11 Carlos Sastre TEAM CSC + 1'29
12 Denis Menchov RABOBANK + 1'30
13 Andrey Kashechkin ASTANA + 1'33
19 Alexandre Vinokourov ASTANA + 1'38
20 Thor Hushovd CREDIT AGRICOLE s.t.
23 Patrik Sinkewitz T-MOBILE TEAM + 1'41
25 Cadel Evans DAVITAMON - LOTTO + 1'42
26 José Azevedo DISCOVERY CHANNEL + 1'43
35 Matthias Kessler T-MOBILE TEAM + 1'56
36 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
43 Samuel Sánchez G. EUSKALTEL - EUSKADI + 2'04
45 Michael Rasmussen RABOBANK + 2'05

Punktwertung
1 Tom Boonen QUICKSTEP - INNERGETIC 67
2 Daniele Bennati LAMPRE 48
3 Thor Hushovd CREDIT AGRICOLE 45
4 Iñaki Isasi EUSKALTEL - EUSKADI 45
5 Graeme Brown RABOBANK 42

16 José Romero EUSKALTEL - EUSKADI 25

Bergwertung
1 Maarten Den Bakker TEAM MILRAM 33
2 Johan Vansummeren DAVITAMON - LOTTO 28
3 Nicolas Jalabert PHONAK HEARING SYSTEMS 26
4 Marc Wauters RABOBANK 22
5 Fabian Wegmann GEROLSTEINER 11

8 José Romero EUSKALTEL - EUSKADI 7

Benutzeravatar
Henrik
Beiträge: 3808
Registriert: 19.4.2005 - 19:35
Wohnort: Frankfurt a. M.

Beitrag: # 435107Beitrag Henrik
15.6.2007 - 17:19

Im Schnelldurchlauf in die Berge

Die nächsten Etappen sind schnell erzählt und liefen größtenteils gleich ab. Während ich mich im weißen Glanz meines Wertungstrikots sonnte, gingen kleinere Gruppen, die später vom Feld zum Massensprint gestellt wurden. In Saint Quentin, am Tag nach meinem Triumph, ging dieser an Thor Hushovd, knapp vor Bernhard Eisel – wir belegten durch Iñaki erneut einen guten zehnten Platz. Tags darauf reichte es sogar zu Rang 5, der Sieger hieß heute Stuart O’Grady, bevor dann auf dem letzten Teilstück vor dem Zeitfahren Tom Boonen den Sieg davontrug.

Jetzt stand aber das Zeitfahren auf dem Programm – meine Wackeldisziplin. Minuten-Rückstände waren vorprogrammiert, ich musste Schadensbegrenzung betreiben. Um es kurz zu machen: Den Sieg holte sich David Zabriskie, der 17 Sekunden auf den T-Mobile-Kapitän Andreas Klöden herausfuhr. Viele Top-Favoriten verloren hier Zeit – sicherlich herauszuheben ist Alexandre Vinokurov, dem drei Minuten aufgebrummt wurden. Es würde mich stark überraschen, wenn er in den Bergen angreifen könnte. Ich konnte mit meinem Tag dagegen einigermaßen zufrieden sein: Platz 33, zeitgleich mit Iban, aber viel wichtiger: Nur zwei Minuten und acht Sekunden hinter dem Sieger. Damit war für uns in den Bergen noch alles drin. Nur anderthalb beziehungsweise etwas über drei Minuten auf Alejandro, der sein gelbes Trikot verteidigen konnte, hatten wir Rückstand. Der einzige Wehrmutstropfen war, dass ich mein weißes Trikot abgeben musste – an Thomas Lövkvist. Aber mein Terrain würde in den nächsten Tagen kommen…

Allerdings folgten erst noch zwei Sprinteretappen und dazwischen der Ruhetag. In Lorient gab es einen Sprint um den Sieg, allerdings reduzierte dieser sich auf drei Fahrer: George Hincapie holte sich den Etappensieg gegen Guido Trentin und José Antonio Garrido. Der 10. Juli war für uns ein Ruhetag, in dem ich mit einigen Kollegen erst eine kleine Runde auf dem Rad drehte, um nicht aus dem Rhythmus zu kommen – ich wusste nicht wirklich, wie mein Körper auf die Pause reagieren würde, bevor wir die Stadt Bordeaux besichtigten. Ein schönes Erlebnis, mit den Jungs mal neben dem Radsport etwas zu unternehmen! Aber unser Beruf holte uns dann doch wieder ein – es ging nach Dax, wo wieder einmal ein Massensprint ausgetragen wurde. Iñaki hatte sich das starke Hinterrad von Erik Zabel gesucht, was sich letztendlich als vollkommen richtig herausstellte: Der deutsche wurde Etappenzweiter, Iñaki feierte seinen größten Tour-Erfolg und holte Rang drei. Den Sieg aber sicherte sich mit Daniele Bennati ein weiterer Fahrer, der in diesem Jahr bei der Tour noch keinen Sieg geholt hatte.

Vor den Bergen übernahm der Italiener damit das grüne Trikot, allerdings war bei 23 Punkten Vorsprung auf Thor Hushovd noch keine Vorentscheidung gefallen. Die Führung im Bergklassement blieb seit Valkenburg bei Marten den Bakker, doch auch hier würden die Berge sicherlich Veränderungen bringen. Im Kampf um Weiß lag ich 24 Sekunden hinter Lövkvist zurück, doch das interessanteste war sicherlich die Gesamtwertung. Alejandro führte das Klassement zwar an, doch noch war nichts entschieden: der zehn Sekunden zurückliegende Zabriskie würde bald rausfallen, aber danach folgten Hochkaräter, die ihm das Leben schwer machen würden. Andreas Klöden war der erste Verfolger (3. +46), Michael Rogers (5. +1’15) würde wohl nicht die große Rolle spielen. Da traute man mir (8. +1’39) in den Medien schon mehr zu – hoffentlich erwartete man keine Wunderdinge von mir. Denn an meinen Fersen drängelte sich die Elite: Levi Leipheimer (9. +1’47), Denis Menchov (11. +1’58), Cadel Evans (12. +2’09), Yaroslav Popovych (13. +2’09), Carlos Sastre (17. +2’26) und Iban Mayo (22. +3’19) waren die Fahrer, die voraussichtlich um das Podest kämpfen würden. Dass man mir solche Dinge zutraute, hatte ich mir zwei Wochen zuvor noch nicht erträumt, doch nun wusste ich nicht, wie ich damit umgehen sollte: Einerseits war die Anerkennung schön, andererseits machte mir die Erwartungshaltung meiner Landsleute Druck. Denn ich wollte sie nicht enttäuschen – ich würde alles versuchen, einen harten Kampf abzuliefern.

Benutzeravatar
Henrik
Beiträge: 3808
Registriert: 19.4.2005 - 19:35
Wohnort: Frankfurt a. M.

Beitrag: # 435473Beitrag Henrik
17.6.2007 - 13:50

Es ging in die Berge – und doch, das Feuerwerk würde heute zumindest unter den Favoriten noch nicht losgehen. Zwar standen mit dem Col de Soudet und dem Col de Marie-Blanque zwei ganz schwere Berge auf dem Programm, doch vom letzten Gipfel fehlten eben noch 45 Kilometer bis zum Ziel. Für einen Favoriten zuviel, um gegen eine Allianz der gegnerischen Teams zu bestehen. Aber Pyrenäen, das hieß auch Orange in Aktion. Wir wollten den vielen Fans, die sicherlich wieder den Straßenrand säumen würden, eine ordentliche Show bieten und in den Gruppen auf jeden Fall vertreten sein. Vielleicht würde sich ja sogar in Richtung Bergtrikot etwas machen lassen…

Bild

Nach dem Start fand sich für eine Etappe der Tour de France erstaunlich schnell eine funktionierende Ausreißergruppe: bei Kilometer vier attackierte Fabian Wegmann, José Antonio Redondo und Guido Trentin begleiteten ihn. Unser Vorhaben wurde von Igor Anton Hernandez umgesetzt, der das erste Ausreißer-Quartett komplettierte. Da Igor als Bestplatzierter der Gruppe schon fast eine Viertelstunde Rückstand aufwies, ließ das von Caisse d’Epargne kontrollierte Feld die vier Fahrer gewähren. Für die Spanier würde sich heute vielleicht die Chance zum ersten Tagessieg bieten, denn Alejandro war bei einem Sprint einer größeren bergfesten Kopfgruppe natürlich ein Erfolg zuzutrauen. Bis zur Bergwertung ersten kleinen Bergwertung wurde ein hohes Tempo vorgelegt, sodass hier schon über sechs Minuten zubuche standen. Doch die Arbeit hatte bereits ein erstes Opfer gefunden: Am Col d’Osquich, einem sieben Kilometer langen Vorgeschmack, der in die Kategorie 3 eingeordnet worden war, verlor Fabian Wegmann den Anschluss – der junge Deutsche hatte vielleicht nicht seinen besten Tag erwischt. Einerseits natürlich schade für ihn, andererseits schlecht für die Gruppe. Denn zu dritt fährt es sich natürlich nicht so leicht wie im Quartett. Vorne gewann jedenfalls Igor recht locker die Bergwertung und räumte somit die ersten vier Punkte ab, deren 35 bei den anderen beiden Bergwertungen noch abzugreifen währen.

Bild

Hinten gab dieser kleine Anstieg Zeit, einen ersten Eindruck von den Beinen zu gewinnen. Ich konnte nur sagen, dass ich mich auf die Berge freute, und bis jetzt schien mir meine Tagesform keinen Strich durch die Rechnung zu machen. Aber noch war das Tempo zu gering, um Aussagen über eine Fahrt an der Belastungsgrenze zu treffen, denn wir ließen das Rennen weiter so vor sich hinplätschern, sodass der Abstand nach vorne natürlich weiter wuchs. Wegmann schaffte es mit einer Energieleistung, sich noch einmal heranzukämpfen, und bei der zweiten Sprintwertung des Tages nach 70 Kilometern wurden uns schon acht Minuten als Rückstand genannt. Doch hier kündigte sich der Col de Soudet bereits mit stetig ansteigendem Terrain an. Bis zum offiziellen Beginn des Anstieges war es allerdings noch ein ganzes Stück, auf dem sich der Rückstand des Feldes noch einmal um drei Minuten erhöhte. Jetzt hieß es aber Klettern, 16 Kilometer mit über sieben Prozent Durchschnittssteigung. Und da Caisse d’Epargne jetzt nervös zu werden schien, hatten wir unser Bummeltempo der letzten zweieinhalb Stunden abgelegt. Einigen Fahrern würde dieser Anstieg schnell das Fürchten lehren…

Vorne verlor neben Wegmann dieses Mal auch Redondo den Anschluss, doch wir fuhren ein anderes Rennen. Kilometer für Kilometer zogen uns die schwarzen Trikots den Berg hinauf, und ein Fahrer nach dem anderen fiel aus dem Peloton zurück. Wirklich prominente Opfer gab es aber bis zur Drei-Kilometer-Marke vor der Bergwertung nicht, doch dann meldeten Fahrer wie Hincapie, Sinkewitz oder Voigt Probleme an und auch Samuel konnte den Anschluss nicht mehr halten. Das Hauptfeld war vorläufig auf eine 37 Mann starke Gruppe zusammengeschrumpft, in der wir noch immer zu viert waren. Neben mir fuhren Haimar und Roberto an Ibans Seite, dazu kam Igor vorne in der Spitzengruppe – bis hierher hatten wir keine schlechte Leistung abgeliefert. Caisse d’Epargne hatte sogar noch sechs Helfer für Alejandro dabei und an der Tempoarbeit beteiligte sich nun auch Alexandre Vinokurov. Da schien die Kapitänsrolle bei Astana inzwischen endgültig gewechselt zu haben. Der Rückstand zur Spitze hatte sich übrigens fast halbiert: Nur noch 6 Minuten lagen wir hinter Igor und Trentin zurück.

Bild

Ein Wert, der in der Abfahrt aufgrund des ordentlichen Tempodiktats weiterhin geringer wurde. Abgesehen davon, dass wir nur noch fünf Minuten Rückstand hatten, verhinderte diese Tempoarbeit auch, dass von hinten andere Fahrer wieder aufschließen konnten. Doch trotz der hohen Geschwindigkeit traute sich der bisher relativ unbekannte Franzose Cyril Dessel aus der Favoritengruppe eine Attacke zu setzen, die ihn auch einige Sekunden wegbrachte. Viel länger als fünf Kilometer dauerte sein Angriff aber nicht, dann musste er die Aussichtslosigkeit akzeptieren. Doch sobald er eingeholt war, gingen die nächsten Angriffe: Fünf Fahrer versuchten es, Casar, Raisin, Danielson, Schleck und Moncoutié. Auch sie konnten kleine Lücken herausfahren, doch dieses Unterfangen hielt ich ebenfalls für relativ hoffnungslos. Die einzige Möglichkeit bestand wohl darin, am jetzt folgenden Col de Marie-Blanque ordentlich Abstand herauszufahren. Zehn Kilometer mit acht Prozent und besonders zum Schluss ekelhaften Rampen standen auf dem Papier – hier im Rennen war ein Tempodiktat von Caisse d’Epargne angesagt, das den Ausreißern das Leben schwer machte.

Und es kam, wie es kommen musste: nach Dessels vergeblicher Attacke wurden auch die fünf anderen wieder gestellt, jetzt war nur noch das Spitzenduo knappe zwei Minuten vor dem Feld. Der Anstieg wurde zwar hinten heraus steiler, aber Caisse d’Epargne fuhr weiterhin ein kontrollierendes Tempo, dass Attacken verhinderte. Die Teamstärke der Mannschaft des Gelben Trikots verpasste dieser Etappe leider einen noch größeren Hauch von Langeweile, als man durch das Profil ohnehin erwartet hätte. Es gab also bis zum Gipfel keine Attacken, einzig das Spitzenduo kämpfte weiter tapfer seinen aussichtslosen Kampf.

Bild

Am Ende der Abfahrt, 30 Kilometer vor dem Ziel, erfolgte dann der große Zusammenschluss – elf Minuten Vorsprung hatten sich leider aufgelöst. Auch an dem kleinen Gegenhang ergab sich kein anderes Bild als an den vorherigen Anstiegen: jegliche Attackier-Versuche wurden im Keim erstickt. Aber es gab auf der kurzen folgenden Abfahrt doch noch ein Ereignis: Leider stürzte der aussichtsreich auf Platz 13 liegende Jaroslav Popovych. Zwar konnte er ohne größere Verletzungen zum Glück weiterfahren, aber die Tour war wohl trotzdem gelaufen. Vielleicht würde er sich aber ja noch durch einen Etappensieg entschädigen können... Neben Alejandros Helfern Nicolas Portal und Antonio Colom musste jetzt auch Igor die Quittung für die Arbeit des Tages bezahlen.

Bis in die Schlussphase hinein gab es allerdings keine Attacken mehr – doch drei Kilometer vor dem Ziel trat Andrei Kashechkin an, mit Vinokurov im Schlepptau. Dieser Angriff erwischte viele auf dem falschen Fuß, sodass die beiden Kasachen in der Reihenfolge Vinokurov – Kashechkin die ersten beiden Plätze belegten. Stimmt die Form da vielleicht doch besser, als es bisher den Anschein gehabt hatte? Cadel Evans holte sich als dritter die letzten acht Sekunden Zeitgutschrift, während die etatmäßig favorisierten Fahrer am Podest vorbeifuhren. Aber die morgige Etappe würde wichtiger sein, das war allen klar. Denn auf dem Weg nach Luz-Ardiden würden Minutenabstände nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich sein. Und nach der heutigen Vorstellung von Caisse d’Epargne müssten die Valverde-Herausforderer sich etwas ganz spezielles überlegen, um ihn von seiner Mannschaft zu isolieren und angreifbar zu machen. Das würde auch unser Ziel sein, denn wir wollten uns morgen erneut stark präsentieren – Freundschaft hin oder her. Ich wollte zeigen, dass ich für die Top-Ten einer großen Rundfahrt wirklich bereit war, was sich erst in Luz-Ardiden herausstellen würde. Wer die Tour de France vorne beenden wollte, musste hier ganz vorne mit dabei sein…

Außerdem würden Samuel und ich morgen unsere Freundinnen aus unserem Heimatort wiedertreffen – das war mir bei der Tour de France sogar fast in den Hintergrund geraten. Aber jetzt freute ich mich auf den morgigen Tag. Aus mehreren Gründen…

10. Etappe: Cambo-les-Bains – Pau
1 Alexandre Vinokourov ASTANA 5h29'37
2 Andrey Kashechkin ASTANA s.t.
3 Cadel Evans DAVITAMON - LOTTO s.t.
4 Sandy Casar FRANÇAISE DES JEUX s.t.
5 John Gadret AG2R PREVOYANCE s.t.
6 Frank Schleck TEAM CSC s.t.
7 Pieter Weening RABOBANK s.t.
8 Sylvain Chavanel COFIDIS, LE CREDIT PAR TELEPHONE s.t.
9 Cyril Dessel AG2R PREVOYANCE s.t.
10 Andreas Klöden T-MOBILE TEAM s.t.

14 José Romero EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
17 Carlos Sastre TEAM CSC s.t.
18 Christophe Moreau AG2R PREVOYANCE s.t.
21 Alejandro Valverde CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS s.t.
24 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
32 Denis Menchov RABOBANK s.t.
33 Roberto Laiseka EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
37 Haimar Zubeldia EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
40 Yaroslav Popovych DISCOVERY CHANNEL + 1’44
60 Igor Anton H. EUSKALTEL - EUSKADI + 7'03

Gesamtwertung
1 Alejandro Valverde CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS 45h47'43
2 Andreas Klöden T-MOBILE TEAM + 46
3 Sylvain Chavanel COFIDIS, LE CREDIT PAR TELEPHONE + 1'13
4 Thomas Lövkvist FRANÇAISE DES JEUX + 1'15
5 Michael Rogers T-MOBILE TEAM s.t.
6 José Romero EUSKALTEL - EUSKADI + 1'39
7 Levi Leipheimer GEROLSTEINER + 1'47
8 Denis Menchov RABOBANK + 1'58
9 Cadel Evans DAVITAMON - LOTTO + 2'01
10 Markus Fothen GEROLSTEINER + 2'15

11 Carlos Sastre TEAM CSC + 2'26
16 Andrey Kashechkin ASTANA + 3'17
17 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI + 3'19
20 Alexandre Vinokourov ASTANA + 3'53
21 Yaroslav Popovych DISCOVERY CHANNEL s.t.
24 Christophe Moreau AG2R PREVOYANCE + 4'51
29 Michael Rasmussen RABOBANK + 6'34
36 Haimar Zubeldia EUSKALTEL - EUSKADI + 9'53
38 John Gadret AG2R PREVOYANCE + 10'19

Punktwertung
1 Daniele Bennati LAMPRE 176
2 Thor Hushovd CREDIT AGRICOLE 153
3 Stuart O'Grady TEAM CSC 140

Bergwertung
1 Guido Trentin SAUNIER DUVAL - PRODIR 48
2 Igor Anton H. EUSKALTEL - EUSKADI 37
3 Maarten Den Bakker TEAM MILRAM 33

Antworten