Beitrag: # 6726674Beitrag
bayerchecker06
30.7.2008 - 16:48
08.12.2007
Früh stand Pietro auf, lange konnte er nicht schlafen, zu sehr war er wegen des U23-Weltcups aufgeregt. Einer der Ersten war er auf jeden Fall an der Rennstrecke, aber dabei fuhr er erst am dritten und letzten Rennen des Tages. Um es in Uhrzeiten auszudrücken: Um 10 Uhr war er an der Rennstrecke, aber sein Rennen war erst um 15 Uhr. Fünf Stunden Zeit um sich die anderen Rennen anzuschauen, die Schwierigkeiten des Tages anzuschauen und die Teamkameraden ein wenig kennen zu lernen, schließlich war er noch nie mit diesen Fahrern zusammen in einem Team gefahren. Aufgeregt lief er zur Startliste, sie hing direkt neben der Nummern-Ausgabe. Natürlich schaute er noch nicht, wer seine Gegner sind, sondern wer seine Teamkollegen sind. Dabei las er Namen, die er noch nie zuvor hörte. Und überraschenderweise fand er nur zwei Fahrer des Teams „Italy B“ über oder unter sich stehen. Die Nummer 38 war Roberto de Patre, die Nummer 39 war die von Pietro und eins darüber war Michele Straccia. Danach kamen mit den Nummern 41 und 42 noch zwei Fahrer der Slowakei, bevor die Liste zu Ende war. Warum nur 42 Fahrer?, dachte sich Pietro und dieser Gedanke war nicht zu Unrecht. Also fragte er gleich mal bei einem Offiziellen vorbei, dieser hatte gerade genug Zeit und konnte es ihm erklären. Es gebe strenge Regularien, Italien darf zwei Teams mit maximal fünf Fahrern stellen. Deutschland, Schweiz, Frankreich und Belgien dürfen als aktuelle Nationen unter den Top-5 (neben Italien) der Nationenrangliste U23 Cross der UCI bis zu fünf Fahrer stellen. Danach kommt die Niederlande mit vier Fahrern und es folgen noch die Slowakei und Luxemburg, die zwei Fahrer stellen dürfen. So werden unnötig viele Fahrer vermieden und das Rennen soll so übersichtlicher bleiben. Pietro war zwar überrascht, aber nicht minder glücklich. Für ihn kann das ja nicht schlecht sein, wenn nicht gerade 100 Fahrer am Start sind.
Pietro schaute erneut auf die Tour, 11 Uhr war es. Noch vier Stunden. Trotzdem zog er sich schon mal Rennkleidung an und schnappte sich sein Cross-Rad. Dann fuhr er kurz vor dem Start des Frauen-Rennens noch die Strecke ab, schaute sich die schwierigen Stellen an. Dann musste er von der Strecke runter, das Frauen-Rennen war gestartet. Am Anstieg stellte er sich hinter die Absperrungen und sah sich das Rennen der weiblichen Klasse an. Für ihn war es nicht besonders spannend, für die Frauen interessierte er sich nicht sonderlich. Nach drei Runden fuhr er dann auch langsam Richtung Start/Ziel, schaute sich das Ende des Rennens an. Danach fuhr er erneut die Runde ab, es war schon 12:20 Uhr. Immer noch 2:40 Stunden bis zum Rennen, dennoch schaute sich Pietro nach weiteren Fahrern aus Italien um. Doch er fand noch nichts. Also fuhr er noch mal kurz, aber nur locker. Auf seinem Tacho hatte er nun 12km, nicht viel. Aber vor dem Rennen sollte er auch nicht 30km oder mehr fahren, das wäre tödlich. Auch das Rennen der Junioren schaute er sich kurz an, aber dann sah er schon einen italienischen Mannschaftsbus. Sofort fuhr er hin und er sah sofort, dass es der für die unter 23-jährigen Italiener ist. Freundlich wurde er begrüßt und bekam auch sofort sein Trikot, seine Hose, seine Handschuhe und seinen Helm. Dann sah er noch die Ersatzräder im Bus, er könnte sich so eines schnappen, falls sein jetziges Rad einen schwereren Defekt hätte. Dies kommt wirklich nur selten vor, aber wenn, dann ist es nicht wirklich spaßig. [...]
Mittlerweile ist 14:40 Uhr. Noch 20 Minuten bis zum Start. Pietro hatte eben noch eine kurze Tempoeinheit hingelegt, dann kam er zum Teamwagen, die Teambesprechung stand an. Die Schwierigkeiten wurden noch mal deutlich erklärt und weitere Sachen wurden geklärt. Dann, 10 Minuten vor dem Start, begaben sich die 42 Fahrer Richtung Startlinie. Die Fahrer wurden ihren Plätzen zugewiesen und Pietro startete logischerweise an einem der letzten Plätze. Dank seines vierten Platzes in der vorigen Woche war er allerdings nicht der Letzte, sondern stand nur in der letzten Reihe, was für ein Trost...
Dann ging es los, der Startschuss war erfolgt, das letzte Rennen des Tages wurde gestartet. Sofort ging vorne eine kleine Gruppe mit den Topfavoriten, während Pietro sich nur kaum nach Vorne arbeiten konnte und in der letzten Gruppe gemeinsam mit etwa 10 weiteren Fahrern fuhr. Pietro merkte schnell, dass hier anders gefahren wird, das Tempo ist von Anfang an hoch, auch wenn es noch nachlassen wird, so war es dennoch ein schwieriger Start. Als es dann zum ersten Mal den Anstieg hoch ging, war es natürlich Pietros Ziel, das Tempo hoch zu halten. So konnte er sich zusammen mit einem Schweizer und einem Tschechen aus der Gruppe lösen und schloss in der Laufpassage dann zu den nächsten Fahrern vorne auf. Die anschließende Abfahrt war nicht besonders technisch anspruchsvoll, es regnete nicht, die Strecke war trocken und es gab keine sonderlich schwierigen Kurven. So verlor Pietro, der an letzter Position der kleinen Gruppe fuhr, keinen Boden auf die Anderen und konnte seine Kräfte so für den flachen Teil und den Anstieg sparen. Noch vier Mal musste er den Anstieg hoch, das braucht viel Kraft. Im Ziel stand diesmal nicht Francesco, sondern der Teambetreuer der italienischen Mannschaft. Das war neu für Pietro, er hatte diese Leute noch nie gesehen, aber das sollte jetzt egal sein. Jetzt war Radfahren angesagt, er konzentrierte sich nur auf die Leute in seiner Gruppe und schaute ab und zu nach hinten, ob die letzte Gruppe noch weit weg ist. Er sah sie dauerhaft nicht, sie waren wohl schon zu weit hinten. Dann kam Pietro wieder zum Anstieg, er war wieder an der Spitze und zog das Tempo an, alle konnten diesmal noch mithalten, auch wenn schon einige Probleme hatten. War Pietro heute so stark? Auf jeden Fall hatte er gute Beine und in diesem Winter scheint er auch gut dabei zu sein mit dem vierten Platz in Turin und einem bisher guten Rennen in Mailand. Doch viele Gedanken machte er sich jetzt, während dem Rennen, nicht. Erst ging es wieder über die Hürden, dann auf die Abfahrt, einige Probleme hatte er jetzt schon, weil vorne ein Schweizer sehr viel riskierte. Das lag Pietro natürlich nicht, dafür ist er am Berg/Anstieg umso besser. Das wollte er noch unbedingt unter Beweis stellen. Wieder kam er im Ziel durch, zu seinem italienischen Betreuer rief er schon, dass er in der nächsten Runde eine Trinkflasche bereit halten sollte. So wird das bei den U23ern geregelt, das kannte Pietro von den Straßenrennen natürlich schon. Seine Beine schmerzten nun nicht mehr so arg, der Anstieg konnte kommen, sagte er sich. Dann kam er auch, eine Attacke setzte er und die saß so richtig. Drei Fahrer mussten hinten reißen lassen, im Flachen auf dem Hügel oben, dem Laufbereich, hielt er weiter das Tempo hoch und die Folge war, dass niemand von den Dreien hinten wieder aufschließen konnte. Dann ließ er sich langsam aber sicher wieder fallen und zählte, wie viele Fahrer noch in der Gruppe waren. Er zählte acht Fahrer. Viel sind das nicht, unter den ersten 30 dürfte er sein. Ziele hatte er sich nicht gesetzt, Top-30 wäre natürlich stark. In der Abfahrt machte er sich darüber aber eher weniger Gedanken, zu gefährlich wäre es, mit den Gedanken woanders zu sein und dann zu stürzen. Im flachen Teil erholte sich Pietro am Ende der Gruppe wieder ein wenig, dann holte er sich zwei Runden vor Schluss die Trinkflasche vom Betreuer. Die Strecke war nicht sonderlich schwer, für Pietro war sie sogar zu leicht. Nur noch zwei Runden, wenig. Schnell war die neue Trinkflasche nur noch zur Hälfte gefüllt, dann steckte er sie wieder zurück in den Flaschenhalter und fuhr weiter konzentriert am Ende der Gruppe, bevor es in den Anstieg ging. Von letzter Position an attackierte er, eine kraftvolle und überraschende Attacke, mit der er wieder Erfolg hatte. Vier Fahrer waren ihm nun auf den Fersen, im Laufbereich änderte sich nichts daran. In der Abfahrt setzte er sich wieder ans Ende der Gruppe. Die lang gezogenen Kurven begannen ihm zu gefallen, aber nur noch einmal musste er da runter, denn schon war er im Flachen angekommen. Noch 6km, als Straßenfahrer macht man sich so auch immer wieder Motivation, als Crossfahrer dann doch eher mit den Runden. Aber Pietro konzentriert sich grundsätzlich auf die Straße und daher überlegt er eher mit Kilometern als mit Runden oder Minuten. Als Pietro dann wieder am Zielbereich durchkam, zeigte er seinem Betreuer den Daumen nach oben und signalisierte damit, dass er noch nicht ganz am Limit ist und gleich abreißen lassen müsste. So war es auch, am Ende der Gruppe regenerierte er sich wieder, musste dann aber an erster Stelle in den Anstieg fahren. Oft schaute er sich um, hielt das Tempo aber so hoch, dass keiner ihn mit einer Attacke überraschen konnte, dann versuchte es sein Kollege Matteo Trentin, aus taktischen Gründen fuhr er natürlich nicht hinterher, das machten aber die anderen drei der Gruppe, nämlich Marcel Meisen, Ole Quast (beide Deutschland) und der Schweizer Nathanael Rother. Bei der Laufpassage waren dann alle wieder zusammen, in der Abfahrt ging dann aber kein sonderlich hohes Tempo mehr. Es waren nur noch 1,5km bis ins Ziel, die Ersten waren schon im Ziel, das hörte man so über den Lautsprecher aus dem Ziel und die Menge, die schon jubelte. Doch Pietro war nun nur auf seine Mitstreiter konzentriert, an letzter Position schaute er sich die Rennsituation an und ließ es nicht auf einen Sprint ankommen. Etwa 600m vor dem Ziel, drei Kurven vor dem Ziel, attackierte er und setzte sich leicht ab, Ole Quast konnte das Tempo nicht halten, die anderen waren allerdings wieder am Hinterrad. Dann entschloss sich Pietro, für Matteo Trentin den Sprint anzuziehen. Ein erfolgreiches Vorhaben, denn Trentin gewann den Sprint von den Vieren, danach kamen Rother und Meisen ins Ziel, Pietro hatte bereits zwei Sekunden Rückstand, er ließ die letzten Meter eher locker angehen und freute sich. Drei Sekunden nach ihm kam auch Ole Quast ins Ziel. Im Ziel informierte sich Pietro natürlich sofort über die ersten drei und seine Platzierung. Gewonnen hatte Philipp Walsleben vor Paul Voss und Jonathan Lopez. Deutscher Doppelsieg und dann ein Franzose. Pietro war am Ende 24., eine sehr starke Platzierung für ihn, mit dem hätte er auf keinen Fall gerechnet. So konnte er als drittbester Italiener sich nun noch Hoffnungen auf eine Teilnahme an der U23-WM machen, so unwahrscheinlich war das nun gar nicht mehr.
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