Im siebten Himmel

FIKTIVE Radsport-Geschichten von Usern, die sich für schreibtalentiert halten

Moderator: Grabba

Andy92
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Beitrag: # 6744195Beitrag Andy92
7.11.2008 - 17:46

Der Kommentar hat wohl auch "Wow" verdient. Das ist die Arbeit von einem halben Nachmittag - ach ja, das entschädigt die Zeit doch. Danke für so viel Lob. :D
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Andy92
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Beitrag: # 6744661Beitrag Andy92
9.11.2008 - 17:38

13.Kapitel - Das Rennen zur Sonne

„Mensch, Sven! Ich bin fünfter geworden – in meinem ersten Rennen fünfter!“, rief ich meinem Vereinskameraden zu. Wir umarmten uns freundschaftlich und klopften uns gegenseitig auf die Schulter.
„Das war echt ganz große klasse von dir. Den Angriff hätte man nicht besser vorbereiten können“, lachte er und strahlte wie ein Honigkuchenpferd.
„Ja, hast du gewonnen?!“
„Nein, leider nicht. Und das obwohl ich mein Ziel vor den Immenstädtern anzukommen erreicht hab. So ein scheiß – Mann!“ Er biss sich auf die Unterlippe. Am liebsten hätte er wohl laut geschrieen.
„Hm. Mist. Und warum nicht?“
„Weil ich Vollidiot die letzte Attacke nicht mit bin. Die zwei Jungs da, die ich nicht kenne. Zuerst ist der eine gegangen – den haben wir wieder gestellt. Dann sind Michael und der andere gegangen. Es waren glaub ich noch so 500 Meter. Ich hab abgewartet. Hab dabei aber vergessen, dass ich mit einem ausgelaugten Angreifer unterwegs bin – war kein Problem den im Sprint zu schlagen. Aber in den Arsch beißen könnt ich mich schon.“
„Und wer hat gewonnen?“
„Na zum Glück Michael. Er hat’s auch am meisten verdient – bei der Aufholjagd.“
Ich nickte anerkennend. Doch von Svens altem Kumpel war nichts zu sehen. Stattdessen stieß Hans jetzt zu uns und gratulierte herzzerreißend – mit so einem spannenden Rennen und so einer tollen Leistung seiner Jungs hatte er wohl nicht gerechnet.
„Also, Sven, an deinen taktischen Fähigkeiten müssen wir aber noch arbeiten“, lachte er in Anspielung auf Svens Fehler auf den letzten Metern.
„Können wir über was anderes reden?“
„Ja, über die Siegerehrung – komm mit.“
Fünf Minuten später standen die drei ersten auf dem Siegerpodest. Michael, Svens Kumpel, erhielt einen Pokal und eine Medaille – die anderen beiden nur letzteres. Die Zuschauer schienen von dem Rennen begeistert zu sein. Ich glaubte unter den Leuten sogar den Hobbyradler wieder zu erkennen, der sich über Svens Angriff so gefreut hatte. Nicht das er noch „Ja, genau so muss das sein“, gerufen hätte, als Sven in meinem Rücken beschleunigte. Ich erinnerte mich an diesen entscheidenden Moment noch ganz genau.

Von den Immenstädtern sah ich an diesem Tag so gut wie gar nichts mehr. Gut – das U23 Rennen dominierten sie, wie keine andere Mannschaft. Am Ende sprang ein Doppelsieger heraus, aber von unseren Gegnern fiel jede Spur. Wahrscheinlich hatten sie sich für heute deutlich mehr vor genommen und verkrümelten sich jetzt in irgendwelchen Krafträumen, um den Frust rauszustrampeln.
Als das U23 Rennen zu Ende war, fuhr wir wieder nach Hause. Hans blieb dann doch nicht in Immenstadt, sondern spielte für uns den Chauffeur.
Wieder daheim, telefonierte ich sofort mit Jörg. Es war gegen sieben Uhr. Zuerst berichtete ich von meinem Renntag, dann er von seinem. Schon über meine Leistungen war er total begeistert. Doch als er auspackte, was der Gerolsteiner Equipe heute geschehen war, da hätte ich vor Freude an die Decke springen können: Nicht nur, dass Schumacher den Prolog in Paris für sich entschieden hatte, nein, auch Jörg hatte mit einem 10.Platz Grund zum Feiern.

Am Sonntag nutzte ich das schöne Wetter aus. Das hieß also: Training. So verpasste ich leider auch die Live-Übertragung der ersten Etappe. Aus dem Internet erfuhr ich, dass Tom Boonen einmal mehr triumphierte. Von Jörg erfuhr ich, dass sonst nicht viel erwähnenswertes geschehen sei. Doch die zweite Etappe mit mehreren Anstiegen kurz vor dem Ziel konnte ich mir nicht entgehen lassen.
Während ich am Montag Nachmittag meine Hausaufgaben erledigte, verfolgte ich das Rennen zunächst im Liveticker. Gegen viertel nach vier machte ich mich auf den Weg ins Wohnzimmer und pflanzte mich aufs Sofa, um das Finale der Etappe mit Bildern und den Stimmen von Carsten Migels und Uli Jansch zu verfolgen.
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Andy92
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Beitrag: # 6744765Beitrag Andy92
9.11.2008 - 21:47

Ich schaltete den Fernseher ein. Das Bild zeigte eine Gruppe aus der Helikopterperspektive bei strahlendem Sonnenschein. Es waren elf Fahrer. Ihre Namen hatte ich schon wieder vergessen – es waren keine nennenswerten dabei, doch als in diesem Moment der Vorsprung eingeblendet wurde, stockte mir der Atem: 5’23“! Ein kleiner grüner Punkt zeigte an, dass die elf Mann bei noch 45 verbleibenden Kilometern das Ziel wohl vor dem Hauptfeld erreichen würden.

„Ahh, schauen Sie, jetzt sagt uns der Computer, dass die Gruppe durchkommt.“
„Oh, Oh. Das ist natürlich bitter für Stefan Schumacher. Jetzt verliert er wahrscheinlich schon heute sein gelbes Trikot.“
„Na, na, Janschi. Überleg doch mal, vielleicht wollen sie es ja auch gar nicht mehr haben.“
„Ja, ja.“
„Sollen sie die Arbeit doch ruhig jemand anders machen lassen, um dann im richtigen Moment in Form von Davide Rebellin oder eben Stefan Schumacher zuschlagen.“
„Trotzdem finde ich es ein wenig schade.“

Das Bild wurde die Motorradkamera vor dem Hauptfeld umgeschnitten. CSC und Gerolsteiner fuhren an der Spitze – die Fahrer schienen um jeden Zentimeter, den sie auf die Spitzengruppe gut machen könnten, zu kämpfen.

„Aha, jetzt schalten sich also doch ein paar Gerolsteiner Fahrer vorne mit ein. Scheint mir jetzt aber doch etwas zu spät zu sein. Vielleicht wollen sie das Hauptfeld aber auch nur kontrollieren.“

Das genügte mir als ersten Eindruck der Rennsituation. Wenige Kilometer später gingen die Gerolsteiner komplett aus der Nachführarbeit raus. Janschi und Migels diskutierten minutenlang über die Beweggründe und vierzig Kilometer vor dem Ziel stand fest, dass die Gruppe wohl tatsächlich durchkommen würde. Sie hatten immer noch einen Vorsprung von über fünf Minuten. Die Gruppe passierte den Gipfel des ersten „Finalanstieges“ – zwei standen noch aus – und Augé (Cofidis) attackierte. Der Franzose konnte zwischenzeitlich rund eine Minute zwischen sich und seine Verfolger legen, doch scheinbar hatte er sich nur die Punkte für die Bergwertung sichern wollen und wurde in der Abfahrt wieder gestellt.
Am zweiten Berg attackierten Fédrigo (Bouygues Telecom) und Gilbert (Francaise des Jeux) aus dem Hauptfeld heraus, doch dieses Harakiriunternehmen war zu einem kläglichen Scheitern verurteilt. Als schließlich Valverde attackierte, reagierten die Gerolsteiner Profis und stellten ihren wohl härtesten Konkurrenten während dieser Rundfahrt wieder.
Das Fahrerfeld steuerte nun unweigerlich auf den schweren letzten Anstieg des Tages zu. Dort probierten es Quinziato (Liguigas), Vaugrenard (Francaise des Jeux) und abermals Augé (Cofidis) sich von ihren Fluchtbegleitern zu lösen, was auch gelingen sollte. Das goldene Trio des Tages war gefunden.

Auch im Hauptfeld ging jetzt die Post ab:
„Und Valverde! Ja, Valverde attackiert. Mensch Schumi – da musste mit! Wo...“
„Wegmann reagiert.“
„Also – der Deutsche Meister – Fabian Wegmann wurde von Hans-Michael Holczer hier als Aufpasser mit nach vorne geschickt.“
„Wowho! Schau dir das an!“
„Ja, das ist der Alejandro Valverde, wie wir ihn kennen. Auf und davon! Aber wo bleiben die Gerolsteiner?“
„Na, kommt, wäre jetzt nicht schlecht, wenn man das Bild aufziehen würde, und...ja!“
„Na, also! Da kommt Frank Schleck, wer ist das?“
„Kirchen.“
„Kim Kirchen aus Luxembourg. Hier haben wir Stjin Devolder – Wegmann – Fedrigo – und da kommt Davide Rebellin – jawohl!“
„Schau, der bringt Schumacher nach vorne!“
„Na ja, ich würde nicht sagen, dass er ihn nach vorne bringt, der zieht ja gleich vorbei. Auf und davon! Der Italiener ist auf und davon!“
„Herrlicher Angriff.“

Das Bild schnitt ans Ende der Verfolgergruppe um.

Oh, Mensch, Leute! Zeigt uns doch den...“
„Jetzt wieder Rebellin – im Bild.“
„Hui, du, der lässt’s hier aber ordentlich krachen!“
„Ich glaub er merkt, dass er heute eine Chance hat, Zeit gut zu machen – auf seine Konkurrenten im Gesamtklassement – der Etappensieg ist sowieso schon vergeben.“
„Und da haben wir sie wieder im Bild: Benoit Vaugrenard, Manuel Quinziato, Stephane Augé – einer von ihnen wird’s heute werden.“
„Jetzt geht Vaugrenard.“
„Benoit Vaugrenard aus Frankreich! Noch fünf Kilometer für ihn!“
„Das ist aber schon ein ganz schönes Loch. Mein lieber Mann.“
„Mal sehen, ob er das durchhält Janschi. Wir haben es in der Vergangenheit ja schon so oft erlebt, dass es Fahrer – gerade bei einer solchen Distanz bis ins Ziel – gegeben hat, die es immer wieder probierten – und am Ende sprang wenig bis gar nichts dabei heraus.“
„Ja, ja. Konzentrieren wir uns lieber hier um den Kampf im Gesamtklassement.“
„Jetzt gibt es erneute Attacken aus dem Hauptfeld – wieder Stjin Devolder, der Belgier.“
„Und wieder Valverde – Schumacher geht mit – Wegmann.“
„Jaaa, da gehen jetzt wieder einige nach vorne!“
„Und die letzten 1000 Meter für Vaugrenard.“
„Das ist der letzte Kilometer für Benoit Vaugrenard! Seit wir ihn kennen fährt er für das Team Francaise des Jeux – und das wäre doch ein toller Erfolg, wenn er hier diese Etappe gewinnen würde. Es wäre glaube ich sein erster Erfolg überhaupt in der Pro Tour.“
„Mir fällt gerade auch kein ähnlicher seiner Erfolge ein, der mit dem heutigen vergleichbar wäre – zumindest, was seinen Sponsor angeht. Die Fahrer müssen ihre Interessen ja fast schon zu oft hinten anstellen, um die Wünsche des Geldgebers zu befriedigen.“
„Na, aber schau, Janschi, sie kriegen ja auch Geld dafür.“
„Jaaaa.“
„Na ja, ist jetzt sowieso der falsche Augenblick das jetzt auszudiskutieren, denn jetzt sind es nur noch 500 Meter für den Franzosen an der Spitze und es sieht nicht so aus, als könne er heute noch geschlagen werden.“
„Schau, hat ich doch wieder Recht.“
„Na ja, Janschi, jetzt brauchen wir uns nicht darüber zu streiten, wer hier Recht hatte und wer nicht. Auf jeden Fall heißt der heutige Sieger Benoit Vaugrenard vom Team Francaise des Jeux!“
„Qiunziato wird zweiter – Augé verliert den Sprint. Jetzt sind 18 Sekunden verstrichen und damit steht auch fest, dass Vaugrenard – ab heute – in gelb fährt.“
„Ja, großartiger Erfolg für ihn, während hier die einstige Verfolgergruppe das Ziel erreicht. Wynants führt diese Gruppe an – Sokolov, Gerrans...Marco Velo war auch in dieser Gruppe...Hier kommt Megias Leal vom Team Scott ins Ziel. Schau mal, der ist fertig.“
„Ja, hat sich ausgepowert – hat am Ende aber nichts mehr gebracht.“
„Auch abgeschlagen sind hier Tire und Walker – Auber 93 und Rabobank. So. Und jetzt warten wir auf die Favoriten dieser Rundfahrt!“
„Wir können nur so viel sagen, liebe Zuschauer, keiner von ihnen wird heute Gelb übernehmen können – aber wir können sagen, wer heute der stärkste von ihnen war oder besser gesagt ist.“
„Und da kommen sie auch schon auf die Zielgerade! Davide Rebellin vom Team Gerolsteiner wurde von dieser Gruppe wieder gestellt.“
„Oh, aber schau...“
„Was?“
„Ja, wie klein die Gruppe ist. Scheint auf den letzten Kilometern ja doch noch viele Attacken gegeben zu haben, die man uns leider nicht gezeigt hat, aber das ist beim französischen Fernsehen so eine Sache, wenn ein Franzose gewinnt – oder gewinnen könnte.“
„Schumacher führt diese Gruppe an.“
„Verteidigt damit sein gelbes Trikot...“
„Janschi?“
„Ach, klar! Geht ja nicht mehr! Sorry, zurück.“

Beide lachten für einen kurzen Augenblick.

„Rebellin, Moreau, Valverde, Devolder...“
„Popovych und Fedrigo. Von dem einen haben wir noch gar nichts gesehen heute und von letzterem sehr viel – schön, dass seine unermüdlichen Attacken sich dann doch noch ausgezahlt haben.“
„Christophe Moreau ist auch noch in dieser Gruppe. Ardila und Cobo ebenfalls – ja und das war’s schon. Schumacher fährt übers Ziel und ist sein Trikot erst mal los.“
„Ach, ne.“
„Was ist jetzt schon wieder, Janschi?“
„Na, die Luxemburger. Ham’s nicht geschafft. Kirchen und Schleck nicht in dieser Gruppe.“
„Viel Zeit dürfte es nicht sein, die sie heute verloren haben, aber das ist natürlich schon ärgerlich für die beiden.“

Es verstrich rund eine Minute.

„Tom Boonen führt das Hauptfeld ins Ziel.“
„Schau, da sind sie.“
„Wer?“
„Na, deine Luxemburger.“
„Ja – haben damit rund 40 Sekunden verloren – heute. Man weis ja nicht wie’s in den nächsten Tagen aussieht. Es kommen ja noch ein paar schwere Etappen, auf denen man viel Zeit rausholen kann.“
„Ja, also Janschi, damit werden wir uns jetzt auch relativ schnell verabschieden – geben uns die Kollegen aus Paris gerade bescheit. Also, morgen wartet dann ein 15 Kilometer langer Anstieg kurz vor dem Ziel auf die Fahrer – da dürfte es dann noch etwas härter zugehen als heute, während wir hier eine weitere Gruppe ins Ziel rollen sehen.“
„Gut, tschüss und bis morgen, sagen Carsten Migels und Uli Jansch.“
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Rene75
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Beitrag: # 6744824Beitrag Rene75
10.11.2008 - 14:18

Schön, sehr schön, aber mache nicht den gleichen Fehler wie ich bei meinem ersten AAR, dass du die Rennen zu lange umschreibst. Irgendwann wirds dann nämlich sehr schwer was neues zu bringen.

Andy92
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Beitrag: # 6744853Beitrag Andy92
10.11.2008 - 17:35

Also, ich bin mit meinen Kommentatoren noch nicht ganz zufrieden. An einigen Stellen kommen sie ihren realen Vorbildern zwar schon sehr nahe, aber ingesamt fehlt mir da selbst noch was.
Zum Umschreiben: Ja, das hab ich mir auch gedacht. Wahrscheinlich wird Andreas ein paar Etappen und Rennen verpassen - wegem Training, Schule oder was auch immer... :wink:
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Andy92
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Beitrag: # 6745332Beitrag Andy92
13.11.2008 - 18:35

Doch während im Fernsehen die Etappe nach Saint Etienne übertragen wurde, war ich auf einer weiteren Trainingsausfahrt unterwegs. Obwohl es mit unter zehn Grad wieder richtig kalt geworden war, hatte ich einen richtig guten Tag erwischt und verlängerte das Workout um eine Stunde, anstelle zuhause vor dem Fernseher zu sitzen und die Etappe der Profis zu verfolgen. Wie sich herausstellen sollte, war das die richtige Lösung, denn die Gerolsteiner verloren an diesem Tag Zeit. Rebellin zwar nur 21 Sekunden, doch irgendwie wurmte mich das doch sehr, zumal Jörg überhaupt nicht vorne mit reinhalten konnte, und Valverde, den ich nicht so richtig leiden kann, jetzt einige Sekunden gut gemacht hatte.

Ich beschloss also die Etappen doch lieber zu verfolgen – vielleicht würde mein Lieblingsteam ja dann mehr Glück haben. Doch es kam anders.
Nachdem Valverde am Mont Ventoux das gelbe Trikot eroberte und Schumacher und Rebellin zwar noch in den Top 10 zu finden waren, aber jetzt fast zwei Minuten Rückstand hatten, begriff ich, dass die Gerolsteiner nur dann gut waren, wenn ich nicht zuschaute. Beim Prologsieg war ich nicht „dabei“. Bei der ersten Etappe war ich nicht „dabei“, wo noch alles glatt lief. Auf der zweiten Etappe, als sich Vaugrenard das gelbe Trikot erkämpfte und bei den Gerolsteinern nicht alles so gut lief, war ich „dabei“. Einen Tag später, als Rebellin „bloß“ 21 Sekunden verlor, war ich wiederum nicht „dabei“ und beim „Debakel“ in der Provence, wo Fabian Wegmann, der deutsche Meister, durch einen Ausreißversuch noch das beste Resultat des Tages einfuhr – nämlich Platz acht – war ich dagegen wieder live „dabei“. Das hieß wohl oder übel, dass ich mein Glück stattdessen lieber in Italien bei der Fernfahrt Tirreno-Adriatico versuchen sollte, die ich über einen Livestream im Internet verfolgen konnte – leider nur mit italienischen Kommentatoren.
Gleich auf der zweiten Etappe, von Civitavecchia nach Gubbio, sollte es durch einen Anstieg kurz vor dem Ziel und einen kleinen Schlussanstieg richtig spannend werden. Allerdings könnten dort nur Markus Fothen und vielleicht noch Markus Zberg in der Gesamtwertung etwas ausrichten. Über einen Top 10 Platz würde ich mich ja schon freuen.
50 Kilometer vor dem Ziel startete die Übertragung im Internet. Der Italiener Paolo Bossoni vom Team Lampre lag mit knapp zwei Minuten Vorsprung als Solist an der Spitze des Rennens. Das Feld würde ihn an der „langen Leine“ verhungern lassen – das wusste ich auch ohne Kommentatoren, die ich verstand. Und so sollte es auch kommen. Der Vorsprung des Ausreißers schmolz langsam und qualvoll dahin, bis er sein unmögliches Unterfangen aufgab und schon 35 Kilometer vor dem Ziel gestellt wurde. Es war kurz vor dem Anstieg zur Bergwertung, die wenige Kilometer vor dem Ziel abgenommen werden sollte.
Im vorderen Teil des Feldes, dass von Quickstep angeführt wurde, konnte ich sofort die Trikots von drei Gerolsteinern erkennen – zudem ein rotes Trikot mit dem Schweizer Kreuz – das musste Markus Zberg sein. Auch ein weiteres Meistertrikot – das australische von Cadel Evans fuhr durchs Bild. Es knisterte im Feld. Die Spannung war förmlich spürbar, denn alle Favoriten hatten sich vor dem Finale dieser Etappe vorne eingefunden, um ja keine Attacke zu verpassen.
Ricardo Ricco brach das Eis. Der Shootingstar der italienischen Radsportszene, der genau vor einem Jahr seinen großen Durchbruch bei eben diesem Etappenrennen gefeiert hatte, setzte einen seiner typischen Angriffe, die gegen jegliches System sprachen. Und doch war es genial, dass er als Kapitän seines Teams schon so früh attackierte – denn wer würde jetzt mitgehen?
Die Antwort war genauso überraschend wie der Angriff selbst: Cancellara, Gasparotto und Hincapie – kurze Zeit später wurde Zberg nach vorne geschickt. Sofort hatte er meine Sympathien, als er damit Cunego, Petrov, Hushovd, Astarloza, Nocentini und einen gewissen Ivan Basso mitriss, die ihn aber leider einfach stehen ließen und versuchten zur Spitze aufzuschließen. Der Schweizer schien keinen guten Tag erwischt zu haben – ganz im Gegensatz zu seinem Landsmann vom Team CSC – und wurde vom Feld wieder geschluckt. Das wurde jetzt von LPR angeführt, die mit Di Luca und Savoldelli zwei große Favoriten im Team hatten und dem armen jetzt schon fast separierten Markus Fothen die Arbeit abnahmen.
Dann attackierte „Der Killer“ selbst. Fothen reagierte – auch einige andere – doch die Regie kam nicht mehr hinterher und so verlor sich das Rennen in mehreren Angriffen und einem kleinen Tohuwabohu.
In der Abfahrt entstand eine 17-köpfige Spitzengruppe, in der Fothen anscheinend dabei war. Bettini fehlte. Das war das einzigste, was mir noch auffiel, denn das Renen war einfach zu schnell, als dass ich alle Namen erfassen konnte – selbst für die Regie war es zu schnell und die Spitzengruppe war einfach zu groß.
Es ging in den kurzen Schlussanstieg. Doch es probierte keiner mehr etwas – alle schienen sich auf den Sprint zu verlassen. Schließlich realisierte das der einzige Deutsche in dieser Gruppe und ergriff einfach mal die Initiative. Doch der Angriff kam zu spät. Fothen hatte dadurch lediglich eine gute Ausgangsposition für den Sprint geschaffen – doch am Ende setzte sich der Favorit Thor Hushovd aus Norwegen vor Pozzato und Di Luca ganz knapp durch. Fothen erreichte einen beachtlichen sechsten Rank und sein Angriff konnte für die kommenden Tage eigentlich nur gutes verheißen. Das Team Gerolsteiner macht diese Saison wirklich Lust auf mehr!
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Andy92
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Beitrag: # 6745884Beitrag Andy92
18.11.2008 - 22:06

Eigentlich wollte ich mich ja jetzt auf Tirreno-Adriatico konzentrieren. Am Donnerstag klappte das ja auch noch wunderbar. In Sisteron siegte Koen De Kort (Astana) vor Florent Brard (Cofidis) – die beiden hatten sich gegen das Feld durchsetzen können – und in Italien erreichte Markus Fothen erneut einen hervorragenden neunten Platz und verlor auf einem extrem schweren und steilen Schlussanstieg nur 27 Sekunden auf Danilo Di Luca, der mit seinem Etappensieg der neue Führende der Rundfahrt war. Fothen hat mit nur 45 Sekunden Rückstand noch alle Chancen im Einzelzeitfahren am Samstag aufs Podium zu fahren, zumal er jetzt auch den Weltmeister Fabian Cancellara deutlich distanziert hat.
Um auch am Freitag blieb ich meinem Motto, Paris-Nizza nicht live im Fernsehen zu verfolgen, treu und verfolgte die Etappe über hügliges Terrain nach Cannes nur im Liveticker, während die italienische Fernfahrt auch mein Auge beglücken durfte. Doch die Etappe war stink langweilig. Am Ende siegte Gasparotto im Massensprint, wobei zehn Italiener die ersten zehn Plätze belegten – von dieser Dominanz war ich nicht wirklich begeistert, doch das konnte mir an diesem Tag überhaupt nichts ab.
Stattdessen war es eine wahre Freude Paris-Nizza im Liveticker zu verfolgen. Jörg war in der Ausreißergruppe und sicherte sich eine Bergwertung nach der anderen! Scheinbar hatte er umdisponiert und seine Ziele nicht mehr auf die Gesamtwertung gerichtet – ganz zur Freude meinerseits und natürlich der deutschen Fans, die von Rebellin und Schumacher in den letzten Tagen eher enttäuscht wurden. Man munkelte sogar, dass sich die beiden Kapitäne gegenseitig behinderten. Doch auch dieses Gerücht wurde heute aus der Welt geschaffen, als sich Rebellin kurz vor dem Ziel in Cannes löste und sich hinter Kolobnev (CSC) Platz zwei sicherte, schnappte Schumi der Konkurrenz und damit vor allem Valverde den dritten Platz weg. Dabei hatte Schumacher sogar noch auf einen zeitlichen Abstand des Hauptfeldes und Rebellin gehofft, denn am Ende bremste er sogar noch über die Ziellinie – die Rennleitung kümmerte das wenig. Aber immerhin hatten sie durch dieses gute Ergebnis schon ein paar Sekunden durch die Zeitgutschriften wett gemacht.
Ich musste grinsen, als ich auf der Internetseite von Eurosport den Artikel zur Etappe las: „Gerolsteiner Festspiele in Cannes“ – ein mehr als passender Titel, der für morgen mehr als nur Hoffnung gibt.

Es war Samstag Nachmittag. Ich verfolgte das Zeitfahren in Italien am PC und parallel dazu die finale Etappe in Nizza im Liveticker. Doch schon wieder ging es in Südfrankreich interessanter zu als in Italien.
Jörg befand sich abermals in der Ausreißergruppe – und das, obwohl er in der Bergwertung 23 Punkte Vorsprung auf Stéphane Augé (Cofidis) hatte. Doch für das Bergtrikot ist es natürlich traditionell eine Pflicht, sich auf der letzten Etappe noch einmal vorne zu zeigen. Zudem schien Jörg die Gruppe nach belieben kontrollieren zu können – so schlecht schien seine Form nun doch wieder nicht zu sein, wie ich noch vor zwei Tagen gedacht hatte. Er sicherte sich die erste Bergwertung und damit sieben Punkte – das Trikot war ihm bei noch 30 ausstehenden Punkten so gut wie nicht mehr zu nehmen. Als er sich auch am Col de la Porte ein paar Punkte holte, war es amtlich – Jörg Jaksche gewinnt das Bergtrikot! Ich freute mich riesig für ihn!
Für mich war die Etappe dann auch schon gelaufen und ich verfolgte die Geschehnisse nur noch zweitrangig. Allerdings enttäuschte Fothen in Italien – zumindest hatte er meine Erwartungen und meine in ihn gelegte Hoffnung nicht ganz erfüllen können. Er hatte seinen siebten Gesamtrank zwar verteidigt, doch Cancellara konnte sich durch einen ganz überlegenen Tagessieg wieder auf Platz 2 nach vorne schieben – neuer Gesamtführender war jetzt Pozzato. Immerhin fehlten dem Deutschen jetzt nur noch 43 Sekunden zur Spitze und morgen sollte es auf leicht hügligem Terrain noch einmal spannend werden.
Dagegen hatte sich das Rennen in Nizza zu einem echten Feuerwerk der Emotionen entwickelt! Leider war es auch schon fast zu Ende, sodass es sich nicht mehr wirklich gelohnt hätte, den Fernseher einzuschalten.
Am Col d’Eze hatten sich Christophe Le Mével (Credit Agricole) und Jörg von ihren Fluchtbegleitern absetzen können. Doch der Franzose entpuppte sich heute als unheimlich stark und lies auch den Mann im Bergtrikot stehen – der Vorsprung sollte am Ende sogar für den Tagessieg reichen. Le Mével hatte bei der Zieldurchfahrt noch zwölf Sekunden auf Rebellin verteidigen können, der sich mit einem gewagten Angriff auf der Abfahrt hinunter nach Nizza den dritten Platz in der Gesamtwertung sichern konnte. In der direkten Verfolgergruppe des Italieners befand sich unter anderem der Namensvetter von Le Mével – Moreau, der sich dadurch still und heimlich auf Rank zwei nach vorne schob. Am Ende wusste eigentlich keiner so genau, wie der Routinier das geschafft hatte – keiner hatte ihn im Verlauf der Rundfahrt wirklich Beachtung geschenkt und am Ende stand ein zweiter Platz – Respekt.
Schumacher, Valverde, Devolder und Co. verloren dagegen 58 Sekunden auf den Sieger und damit 46 auf Rebellin. Doch für Valverde sollte das am Ende genügen. Ein gelungener Saisonauftakt für den Spanier. Übrigens: Schumacher erreichte in der Endabrechnung immerhin Rank acht. Somit führt das Team Gerolsteiner sogar die UCI-ProTour-Mannschaftswertung mit fünf Punkten Vorsprung auf Quick Step an. Ausgerechnet die letzte Saison könnte für das deutsche Team die erfolgreichste werden, aber noch ist die Hoffnung nicht dahin – vielleicht findet sich ja doch noch ein neuer Sponsor.

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Diesen Blick haben sich die Fahrer nach einer einwöchigen Kältetortour durch Frankreich redlich verdient.
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Beitrag: # 6746309Beitrag Andy92
23.11.2008 - 16:35

14.Kapitel - Der Ächerlipass

Am Sonntag Nachmittag telefonierte ich noch mit Jörg. Unser letztes Gespräch war schon wieder länger her, denn in den letzten Tagen konnte ich ihn leider nicht erreichen. Ich beglückwünschte ihn zu seinem großartigen Erfolg. Er schien mit seiner Leistung auch ganz zufrieden zu sein. Doch über seine Platzierung im Gesamtklassement war er sichtlich enttäuscht. Immerhin fühlte er sich jetzt wieder als Profi und er war froh, dass er immer noch auf seine alte Leistungsfähigkeit zurückgreifen konnte.
Es war jetzt noch eine Woche bis zu den Osterferien. Auf die freute ich mich ganz besonders, denn in der zweiten Woche wollten wir vom Verein aus ins Trainingslager in die Schweiz fahren. Am Samstag, also am ersten „Ferientag“ stand noch einmal eine gemeinsame Ausfahrt an, an der wir die letzten Einzelheiten besprechen wollten.
Diese letzte Schulwoche verlief richtig öde. Nicht nur, dass sich bei Tirreno-Adriatico nichts mehr änderte, nein, auch die Beziehung zwischen mir und Christine verlief weiterhin nur auf freundschaftlicher Basis. Ich würde sogar sagen, dass wir uns etwas voneinander entfernt haben. Aber vielleicht kommt es mir auch nur so vor. Noch immer sehne ich mich so sehr nach ihrer Gesellschaft...aber sie erhört meine Rufe einfach nicht.

Endlich war diese letzte Woche ausgestanden und ich konnte die Ferien in vollen Zügen genießen. Am Samstag radelte ich frohen Mutes zum Parkplatz vor der Sporthalle – unserem üblichen Treffpunkt. Heute war ich wohl der letzte.
„Grüß dich Andreas“, rief mir Hans sofort zu.
Nach dem üblichen „Hallo“ gingen wir auch ganz schnell zur Tagesordnung über.
„Wie besprochen fahren wir also vom 29. März bis zum 5. oder 6. April an den Vierwaldstättersee. Ferienwohnung ist gebucht. Bis auf René und Sebastian fahren ja alle mit.“ Hans zerrte einen zusammengefalteten Zettel aus seiner Trikotasche und breitete ihn auf dem Lenker seines Rennrads aus. „Also. Nach meiner Rechnung müssten wir zu zwölft sein. Ich les einfach mal vor: Andreas, Sven mit Schwester und Eltern, Walter, Peter mit Freundin, Wolfgang mit Frau und ich mit meiner Frau. Ich hoff ich hab niemanden vergessen.“
Er blickte kurz in die Runde und erhielt als Antwort ein allgemeines Kopfschütteln.
„Gut. Dann kommen wir zum Programm: Wir fahren am Samstag Vormittag los und kommen dann so gegen zwei bis drei Uhr in Altdorf an. Vergesst bitte nicht die Vignette für Österreich und die Schweiz – sonst ist euer Urlaubsgeld schon am ersten Tag futsch. Da wir ja in eine Ferienwohnung ziehen, müsst ihr Verpflegung, Bettwäsche und so weiter auch selbst mitbringen. Hotelstandard und Komfort könnt ihr nicht erwarten. Ums finanzielle kümmern wir uns sowieso erst danach.“
„Auch Kissen und Decken?“, warf Sven ein. Sofort kicherten die älteren.
„Natürlich nicht. Nur die Bezüge und das Bettlaken musst du selbst mitbringen. Warst du noch nie in einer Ferienwohnung?“
„Doch, aber damals war ich noch nicht in dem Alter, wo man sich um so was kümmern muss.“
„Na, deine Eltern werden schon wissen, was zu tun ist“, lachte Peter.
Sven blickte drein, als hätte er lieber erst gar nicht gefragt.
„Dann ist das ja geklärt...Wie gesagt, wir kommen am Nachmittag an. Bis Montag morgen ist dann für alle inklusive Radler Freizeit.“
„Na, das hört sich ja schon mal nicht schlecht an“, rief Peter erneut in die Runde.
Da scheint heute ja jemand aber gute Laune zu haben, dachte ich. Wir schmunzelten kurz – auch Hans musste grinsen.
„Tja, Peter, ab Montag wird’s dann aber hart für dich. Tägliches Training und am Samstag finden dann die angesprochenen Rennen statt. Wie die genau aussehen werden, verrate ich euch noch nicht. Ich denke, einige werden sich über das Profil freuen – andere eher nicht. Interessant wird’s auf jeden Fall. Vor allem für unsre beiden Jungs, die in Immenstadt echt eine klasse Leistung gezeigt haben. Von euch erwarte ich in der Schweiz und vor allem in der restlichen Saison noch viel. Eine Motivation kann ich euch schon mal geben: Beim Rennen sind Scouts anwesend. Aber von wem oder was sage ich natürlich nicht. Ich für meinen Teil, bin mal gespannt, wie ihr alle mit der Unwissenheit umgeht und aus meinem Trainingsprogramm schließen könnt, was für ein Rennen ihr am Samstag bestreiten werdet. Natürlich kann man sich in einer Woche nicht auf ein Rennen vorbereiten, aber das ist auch nicht Sinn und Zweck des „Trainingslagers“, sondern, dass wir uns, vor allem die noch jüngeren Fahrer, weiterentwickeln und als Gruppe gemeinsam Spaß haben. Das Rennen am Samstag ist zwar interessant, wie leistungsfähig ihr insgesamt seid, aber das Ziel dieser einen Woche ist es auf keinen Fall...da kann ich euch beruhigen.“


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Nein - das ist kein Fjord in Norwegen, sondern der Blick auf Altdorf am Vierwaldstättersee. Im Vordergrund ein Teil der alten Landstraße - heute ein Radweg.
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Andy92
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Beitrag: # 6746686Beitrag Andy92
27.11.2008 - 21:23

Nach einer anstrengenden, aber nicht allzu langen Ausfahrt – das Grundlagenausdauertraining hatten wir schon so gut wie abgeschlossen – kehrte ich schon gegen halb fünf am Nachmittag nach Hause zurück. Ich berichtete meiner Mutter, was aus dieser letzten Besprechung hervorgegangen war.
Wie durch ein Wunder hatte sich unser Gespräch noch nicht in eine wilde mit Wortgefechten bestückte Diskussion verwandelt. Das war in den letzten Monaten leider schon so oft passiert. Eigentlich wollte ich mich mit meiner Mutter gar nicht streiten, doch anscheinend war sie über den Tod meines Vaters innerlich so zerrissen worden, dass sie gar nicht mehr wusste wo oben und unten war. Nach außen wirke sie zwar immer sehr gefasst, doch in genau diesen Diskussionen zeigte sie mir ihr zerrütteltes und verletztes Inneres.
Ihr zerbrochenes Herz hatte seine Splitter tief in jeden Teil ihres Körpers und vor allem in ihre Seele gestoßen. Ich hatte es schon die ganze Zeit geahnt und seit ungefähr einer Woche geht sie in psychische Behandlung. Schließlich hatte sie selbst begriffen, dass mit ihr etwas nicht stimmt.
Seit September hat sie sich sehr verändert. Sie wirkt zurückgezogen, gespielt beherrscht und dann ist sie im nächsten Moment verletzend und aggressiv, als verstehe sie alles, was man ihr sagt, als persönlichen Angriff. Dann versteckt sie sich wie ein verängstigter Einsiedlerkrebs in seinem kleinen Muschelhäuschen und fährt mit ihren kleinen scharfen Scheren als Verteidigungswaffe immer wieder heraus, um den Angreifer in die Flucht zu schlagen. Nur wollte ihr der Angreifer, der meistens ich war, nichts tun, sondern ihr bloß helfen. Mittlerweile kann ich sie einfach nicht mehr verstehen. Andererseits kann ich sie aber voll und ganz verstehen.

„Warum willst du eigentlich nicht mit?“ Diese Frage musste ich ihr einfach stellen. „Die Woche kostet doch nur 120 Euro – gut Verpflegung selbst, ja, aber...“
„Andreas – du kannst mich nicht dazu drängen“, entgegnete sie mit einem mahnenden Tonfall, der mich wohl beruhigen sollte – doch er erreichte bei mir genau das Gegenteil.
„Was soll das jetzt wieder heißen? Eine Woche Urlaub würden dir doch sicher mal wieder ganz gut tun.“
„Urlaub? Urlaub?! Weißt du noch, was in unserem letzten Urlaub passiert ist?!“, schrei sie durch die Küche.
„Entschuldige, das war der falsche Begriff – schau mal: Sogar deine Ärztin sagt, dass du dich mit der Konditorei viel zu sehr verrennst – du brauchst eine Auszeit.“
Ich nickte ihr aufmunternd zu, doch sie blickte flüchtend zu Boden. Völlig verunsichert, fast wie ein kleines Schulmädchen, lehnte sie sich gegen den Hochschrank. „So, ich glaub, jetzt ist der beste Zeitpunkt gekommen, dir etwas zu sagen.“
Sie legte eine kurze Pause ein. Anscheinend war sie völlig aufgelöst, und so versuchte ich die ganze Sache behutsam zu beschleunigen.
„Ja?“
„Also...ich...ich habe einen anderen Mann kennen gelernt.“
Sie blickte mich nach Verständnis suchend in die Augen, sie flehte fast darum. Doch das hatte tief gesessen. Mein Magen setzte zu einem Sturzflug an. Zunächst wusste ich nicht was ich sagen sollte. Es entstand eine kurze, aber betretene Pause.
„Wie lange schon?“, fragte ich schließlich mit ruhiger, aber belegter Stimme zum Küchentisch. Für die nächsten Minuten konnte ich ihr vorerst nicht mehr in die Augen schauen.
„Erst seit ein paar Tagen“, antwortete sie wie aus der Pistole geschossen. Sie war tatsächlich erleichtert über meine Frage. Anscheinend hatte sie erwartet, dass ich wie wild anfangen würde zu schreien – aber so ein Typ war ich nicht.
Ich nickte – langsam.
„Du wirst es vielleicht nicht glauben, aber ich kann es verstehen“, sagte ich und schaute sie dabei unwillkürlich an. Von mir selbst überrascht lies ich meinen Blick sofort wieder sinken und sprach lieber weiter zum Küchentisch, auf dessen Ecke ich mich mit dem rechten Arm abstützte.
„Ich denke, wir sollten unser Leben weiterführen. Ewig in Trauer oder Schuldgefühlen zu versinken bringt uns nichts und zurückholen tut das Papa schon gar nicht. Ich bin mir ganz sicher, dass er von uns nur verlangt, ihn respektvoll in Erinnerung zu behalten – und unser Leben weiter zu leben.“
Ich schaute wieder zu ihr auf. Ein Lächeln huschte über ihr blasses, vor permanenter Aufregung in den vergangenen Monaten mit Falten und Furchen bestücktes Gesicht.
„Das war die reifste Aussage, die ich je von dir gehört habe.“
Ich musste ganz automatisch grinsen. Das geht wohl jedem Kind so, dass von seinen Eltern gelobt wird. Und das Lob von einer Mutter zu ihrem Sohn ist doch etwas ganz besonderes.
„Mich beruhigt das, was du eben gesagt hast ungemein. Ich war mir nie sicher, ob du so denkst wie ich. Seit Monaten schon habe ich das immer wieder verdrängt – möglicherweise löst sich jetzt endlich der Knoten bei mir....Weist du eigentlich, dass dein Vater in jungen Jahren selbst begeisterter Hobbyradler war?“
„Nein.“ Log ich wissentlich.
„Nein? Ich dachte, du hättest aus Überzeugung an seinem Vorbild damit angefangen.“
„Sagen wir mal so, ich habe es geahnt, aber eigentlich bin ich selber auf diesen herrlichen Sport gestoßen.“
„Freut mich, dass dir das Radfahren Spaß macht.“ Sie schluckte. Unbehagen und Misstrauen regten sich in mir. Ich spürte es genau, wenn sie wieder in ihren Trott des Vorspielens falscher Tatsachen zurückfiel.
„Und da du dir wohl so sehr wünscht, dass ich eine Auszeit von allem Trubel nehme, fahre ich zusammen mit Georg übernächste Woche in ein Wellnesshotel nach Luzern. Wir kommen vielleicht ab und zu mal vorbei und am Samstag werden wir an der Strecke stehen – da werde ich ihn dir dann vorstellen“, sagte sie voller Vorfreude. Zum ersten Mal seit Wochen hatte sie wieder einen nach Glück ähnelnden Gesichtsausdruck aufgesetzt und strahlte mich an. Diesen Moment wollte und konnte ich ihr jetzt einfach nicht verderben. Obwohl ich diesem Vorschlag überhaupt keine Begeisterung entgegen bringen konnte, sagte ich: „Klar. Das freut mich“, und lächelte dabei zurück.
In was für einen Zwiespalt war ich da bloß geraten? Sven, Christine, deren Eltern, meine Mutter und ihr Georg und dann auch noch das Radfahren in einer Woche auf einmal? Sollte ich mir diesen Stress wirklich antun? Das wird nicht nur eine anstrengende physische, sondern auch eine harte psychische Belastung für mich werden. Doch die Freude gegen Fahrer aus einem anderen Land Rennen fahren zu dürfen und dabei auch noch an einem der schönsten Orte der Welt mit der besten Truppe dieser Erde radeln zu können, überwiegte zu sehr. Dieses einmalige Erlebnis wollte ich mir nicht nehmen lassen!


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Ein weiterer Vorgeschmack auf den Vierwaldstättersee.
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Beitrag: # 6746687Beitrag Time2Play
27.11.2008 - 21:24

Schöne Bilder und weiterhin schöne Story.
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Andy92
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Beitrag: # 6746837Beitrag Andy92
29.11.2008 - 13:32

Dieser Sommer sollte wohl alle Rekorde der vergangen Jahre brechen. Es war jetzt Ende März und das Thermometer zeigte schon seit Tagen Werte um die zwanzig Grad. Die kommende Woche sollte laut Wetterbericht die bisher wärmste werden mit bis zu 25 Grad! Doch für den April waren die Aussichten nicht ganz so rosig. Es ist sogar von Schnee die Rede – doch das sind bisher alles nur Spekulationen – hoffe ich zumindest.
Bei guter Musik und herrlichem Sonnenschein glitten wir über die Autobahn zum Bodensee. In der Ferne verschmolzen die langsam auftauchenden Berge mit dem blassen Horizont. Die noch relativ tief stehende Mittagssonne lies mich unter meiner Jeans schwitzen – wenigsten hatte ich ein kurzärmliges T-Shirt angezogen, sonst hätte ich es nicht ausgehalten. Auch Hans vorne am Steuer und seine äußerst nette und sympathische Frau, mit der ich mich gerade in ein längeres Gespräch über meine berufliche Zukunft verstrickt hatte, waren schon „leicht bekleidet“ unterwegs.
Einige Meter vor der Windschutzscheibe rauschte das Auto von Svens Eltern über den glänzenden Asphalt – wir fuhren der Sonne entgegen. Sofort dachte an Paris-Nizza, Jörg und an das Team Gerolsteiner, das auch am letzten Sonntag beim Klassiker von Mailand nach San Remo überzeugen konnte.
Davide Rebellin konnte sich aus einer vierköpfigen Spitzengruppe heraus den dritten Platz hinter Ballan und Pozzato sichern – Cancellara wurde vierter. Das Rennen war schon sehr früh durch einen rauen Wind vom Meer und einem nahe am Ziel gelegenen Anstieg zum Poggio di San Remo entschieden worden. Zunächst war das Feld durch etliche Windkanten in seine Einzelteile zerfallen – anschließend fielen sämtliche Topsprinter durch die zusätzlichen Anstrengungen an den kleinen Anstiegen entlang der Mittelmeerküste zurück und schließlich attackierte Rebellin am letzten Hügel. Lange sah es auch so aus, als könne er einen Solosieg nach Hause fahren – doch auf den letzten Metern verließen ihn, einen der erfahrensten Fahrer im Feld, die Kräfte. Schade eigentlich. Für Ballan und Cancellara war der letzte Sonntag wohl eine gelungene Generalprobe für die Kopfsteinpflasterklassiker in der übernächsten Woche.

Jetzt erreichten wir den Grenzübergang bei Bregenz nach Österreich. Wie immer konnte man nur einen kleinen Fetzen während weniger Sekundenbruchteilen des „Schwäbischen Meeres“ erhaschen. Der Bodensee versteckte sich hinter den Hopfen-„Plantagen“, Villen, Städten und sanften Hügeln. Und da wir jetzt die Abkürzung durchs Pfändertunnel nehmen würden, blieb uns weiterhin jeglicher Blick auf die glitzernde Wasseroberfläche des Sees verwehrt.
In Diepoldsau überquerten wir dann auch schon die Grenze in die Schweiz und am Rhein entlang ging es auf der A13 ins „Heidiland“. Zur linken erhob sich das Gebirgsmassiv in dem letztes Jahr eine Bergankunft der Tour de Suisse endete – in Triesenberg-Malbun, also in Lichtenstein. Auch an diesem kleinen Steuerparadies rasten wir vorbei. Auf Schweizer Autobahnen fährt es sich auch bei hoher Verkehrsdichte wirklich äußerst entspannend und trotz der Geschwindigkeitsbegrenzung von 120 Stundenkilometern kommt man viel schneller voran, als auf den deutschen Autobahnen. Der Kontrast war in diesem Augenblick schon sehr extrem.
Hier teilte sich das großräumige Rheintal nach Chur und in Richtung Zürich. Auf typischer alpiner Autobahnarchitektur ging es am Walensee vorbei, der direkt unterhalb der Gipfel der Churfürsten lag – ein Höhenunterschied von 1700 Metern. Mit meinem Vater war ich vor ein paar Jahren schon mal dort oben gewesen. Ich versuchte die damit verbundenen schmerzhaften Erinnerungen zu verdrängen und dachte lieber an den berauschenden Blick auf die direkt unter mir liegende Stadt und den tiefblauen See. Jetzt lagen oben auf den Gipfeln noch puderzuckerartige Schneereste. Ein bisschen Neuschnee war wahrscheinlich auch noch dabei.

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Insgesamt sah aber alles noch recht Kalt aus – obwohl die Temperatur im Tal absolut dagegen sprach. Die Bäume trieben ja bereits Knospen und die frische hellgrüne Farbe hatte sich schon wie ein Flickenteppich auf den Wäldern ausgebreitet.
Dennoch war der Klausenpass noch gesperrt. Er öffnete erst Anfang Mai oder doch schon Ende April, falls sich die Wetterlage nicht großartig ändern sollte. Somit mussten wir wieder ins flachere Alpenvorland hinausfahren und vom Zürichsee aus über die A4 nach Luzern. So sehr wie in dieser Region kann man den Bogen der Alpen wohl kaum mit bloßem Auge erkennen.
Angekommen in der Zentralschweiz, die von unzähligen kleinen und großen von der letzten Eiszeit übriggebliebenen Seen gespickt ist, fuhren wir auch schon weiter auf der Gotthardautobahn in die Grobe Richtung Italien. Nach Luzern erheben sich die Berge wieder urplötzlich vor einem aus der flachen Landschaft und schon in der „zweiten Reihe“ türmen sie sich zu solchen vergletscherten Riesen wie dem Titlis oder dem Tödi auf.
Doch das ist bei weitem nicht das, was diese Landschaft zu einem der schönsten Orte der Schweiz oder sogar der Welt macht. Die im Sonnenlicht funkelnde Wasseroberfläche des Vierwaldsättersees erstreckt sich in alle Himmelsrichtungen, umfließt die steilen Hänge der Berge, die im tiefblauen Wasser einfach zu versinken scheinen und lässt das eingeschnittene Trogtal durch einen feinen Dunstschleier stets in einer gespenstischen Stimmung auf den Besucher einwirken. Noch nie hatte mich eine Landschaft so sehr fasziniert wie diese. Ich war zum ersten Mal hier und schon hatte ich mich in sie verliebt. Selbst das Berner Oberland oder das Wallis konnte da richtig mithalten. Schade nur, dass das Wetter nicht immer so traumhaft ist, wie in diesen Tagen – vor allem ist es hier sehr wechselhaft und wirklich schöne Tage reihen sich selten lange aneinander. Trotzdem – die hohe Anzahl der Hobbyradler, oder sogar einiger Profis, als wir bei Altdorf die Autobahn verließen und, dass wir extra hierher ins Trainingslager fuhren, spielten einen maßgeblichen Anteil daran, dass ich mir gerade in den Kopf setzte, sobald ich Berufsradfahrer werden sollte hier ein Haus kaufen oder mir eine Wohnung mieten werde...

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Andy92
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Beitrag: # 6746988Beitrag Andy92
30.11.2008 - 18:17

Ein kleiner Kommentar meinerseits: Dieser Teil ist zwar verdammt lang, aber doch sehr richtungsweisend für die gesamte Geschichte - zum ersten Mal präsentieren sich alle Charaktere in ihrer wahren Gestalt. Ich hoffe, dass wer und wie könnt ihr aus dem Text erschließen. Natürlich vertieft sich alles in den nächsten Kapiteln weiter und die Geschichte schreitet auch endlich mit großen Schritten voran. Also nicht verzagen, wenn ihr diesen trockenen Text vor euch seht - ich hoffe selbst, dass es der letzte in dieser ganz extremen Form sein wird.

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Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr. 19:30 Uhr.
Die Sonne war schon lange hinter dem Niederbauen verschwunden. Trotz der nun einsetzenden Dämmerung war die Luft noch angenehm warm. Ich stand alleine auf dem Balkon der Ferienwohnung und stütze mich auf das von der Nachmittagssonne aufgeheizte Fichtenholzgeländer. Von hier hatte man einen herrlichen Blick über den Ort und eines Stücks des Sees. Am anderen Ufer lag der kleine Ort Bauen. Dort endete die schmale Straße auf der anderen Seite des Sees. Die kleine aufragende Turmspitze der Dorfkapelle machte nicht einmal die Winzigkeit eines Bruchteils des gewaltigen Bergstocks direkt dahinter aus. Der Hang fiel hier ohne groß zu zögern beinahe senkrecht in den See hinein. Auf einen ungefähr zwanzig Meter breitem Uferstreifen hatte man noch ein paar Häuser gequetscht, bevor eine Schlucht jegliches Weiterkommen am Ufer unmöglich machte, denn zur linken türmte sich der bedrohlich wirkende Hang des Niederbauens auf. Mittlerweile wusste ich, dass diese „Ostwand“ gerade einmal hundert Meter niedriger war, als die berühmt berüchtigte Eigernordwand. Auf jeden Fall wirkte sie genauso bedrohlich und dominierend. Vor allem dann, wenn man direkt darunter stand. Ich konnte mich vor lauter Glücksgefühlen kaum noch an die heutige Ausfahrt erinnern. Die letzte vor dem großen Renntag morgen. Es wirkte fast alles wie ein Traum.
Am Montag hatten wir noch mit einer Eingewöhnungsrunde um den See, also nach Luzern und wieder zurück begonnen. Am Dienstag wurde es dann schon heftiger. Wir fuhren wieder bis nach Luzern, aber von dort aus noch hinauf nach Engelberg auf rund eintausend Metern Höhe. Der Ort liegt am Ende eines schneckenförmigen Tals direkt hinter dem Bergstock, den ich immer noch betrachtete. Ich atmete die kühler gewordene Abendluft ein und genoss den Augenblick der wohl eher kurzweiligen Einsamkeit.. Dann schweiften meine Gedanken zurück zum Dienstag und der langen Busfahrt von Luzern in die Ferienwohnung. Immerhin hatte ich als erstes das Ortsschild von Engelberg passiert. Zwar nur mit einem ganz geringfügigem Vorsprung, da der Anstieg insgesamt einfach zu flach und am Ende zu kurz ist um große Abstände rauszuholen, aber Sven hatte an diesem Tag zum ersten Mal am Berg mein Hinterrad nicht halten können. Auf längeren Anstiegen schein ich einfach die besseren Beine zu haben als er. Trotzdem hatte ich mich am Ende gegen den gerade mal 1,62 Meter großen Peter im Sprint durchsetzen müssen. So hatte am Berg meine Körpergröße doch noch etwas gutes.
Am Mittwoch waren wir dann bis nach Andermatt gefahren, wo die Straßen von Furka-, Oberalp-, und Gotthardpass im Tal aufeinandertreffen. Ohne größere Anstrengungen an diesem Tag rollten wir am Nachmittag wieder zurück ins Tal. Ach ja, auch hier kurz vor Andermatt hatte ich mich zusammen mit Peter abgesetzt, doch diesmal hüpfte mir der kleine Bergfloh einfach davon. Mittlerweile sind auch wir ganz gute Kumpels geworden. Mit ihm macht es wirklich einen Heidenspaß über die abgehängten Vereinskameraden zu lästern. Vor allem über Hans, der stets als letztes das Ortsschild passiert und den wir auf seinen letzten Metern frenetisch anfeuern, als wäre er der scheiternde Träger des „malliot jaune“.
Gestern hatten wir zwei uns dann einen Jux daraus gemacht, die anderen durch ständige Attacken und Tempoverschleppung von Gersau hinauf zu einer Seilbahnstation, die einen auf das Massiv des Rigis – der „Aussichtsberg der Schweiz“ – bringt, zu ärgern. Das gefiel einigen aber überhaupt nicht und so flüchteten wir lieber nach vorne. Doch an diesem Tag konnte Sven zum ersten Mal mit uns mithalten und besiegte uns im Endspurt natürlich ohne große Mühe. Ich war überrascht, wie schnell der Trainingserfolg bei ihm eingesetzt hatte. Die vergangenen Tage schienen ihre erhoffte Wirkung erzielt zu haben.
Auch bei mir. Mein durchschnittlicher Puls war von Montag auf heute immerhin um sieben Schläge pro Minute gesunken. Der Effekt erinnerte mich an eine Art Höhentrainingslager, doch Hans meinte, dass sich mein Körper auf langen gleichmäßigen Steigungen immer wohler fühle. Ich gewöhne mich also immer mehr an diese Belastung und die passenden Gene brächte ich darüber hinaus auch noch mit.
Hans hatte die heutige ruhige Ausfahrt am Seeufer entlang genutzt, um mit jedem einzelnen zu sprechen. Das Ergebnis war, dass er plötzlich meinte, ich könnte mal einen grandiosen Rundfahrer abgeben. Sofort hatten alle anderen nickend und bejahend zugestimmt. Doch dann passierte etwas, mit dem ich überhaupt nicht gerechnet hätte. Vor allem nicht von dem, dessen größter Traum es war, sich ebenfalls in die Geschichtsbücher der mehrtägigen Rundfahrten einzuschreiben.
„Könnte?! Wenn du in deiner „möglichen“ Profikarriere bei einer Tour de France nicht unter die Top 10 fährst, dann fress ich mein Rad, ehrlich.“
Es war Sven. Und er lachte dabei, als hätte Hans maßlos untertrieben. Ich spürte ganz genau, dass er das ernst meinte. War es tatsächlich so, dass er begriffen hatte, eher der Mann für die Ardennenklassiker zu sein, als für die großen Rundfahrten des Radsports?
Ich war mir da ziemlich sicher, denn als uns Hans endlich preisgab, wo denn nun die morgigen Rennen statt finden würden, richtete Sven unsere Zwei-Mann-Taktik etwas anders aus, als noch in Immenstadt...

„Die Veranstalter haben den Termin echt sehr optimistisch gelegt. Normalerweise wird der Ächerlipass jetzt erst eröffnet, weil die Straße so eng ist und zum Teil so halsbrecherisch im Hang hängt, dass eine vernünftige Schneeräumung praktisch unmöglich ist. Der Startort ist Dallenwil, wo wir auf dem Weg nach Engelberg schon einmal durchgefahren sind und das Ziel liegt auf der Passhöhe in ungefähr 1400 Metern Höhe.“ Hans schien sich für das Rennen wirklich zu begeistern, zumal er nicht teilnahm, denn sein verschmitzter Gesichtsausdruck und die Art und Weise wie die Informationen nur so aus ihm heraussprudelten, war noch eine ganz andere, als damals auf dem Weg nach Immenstadt.
„Also ne reine Bergankunft?“, rief Peter vollauf begeistert, der in dieser Woche zum ersten Mal so richtig Freude an der harten Trainingsarbeit gefunden hatte.
„Ja. Es geht eigentlich die ganze Zeit bergauf. Natürlich geht’s auf der schwereren Seite hinauf, die kürzer ist und mehr Höhenmeter überwindet. Um genau zu sein – 972 auf 10 Kilometer.“ Hans musste grinsen.
„Woha! Nein! Das ist ja ne Steigung von 9,7 Prozent!“, rief Walter und fuhr vor Schreck mit einer Hand über sein Gesicht.
„Keine Angst Leute. Unsre Gegner haben das gleiche Profil vor sich“, warf Sven ein.
„Ganz genau, Sven. Bevor ich es vergesse – unser Ziel ist es nicht letzter zu werden und nach Möglichkeit auch nicht im letzten Drittel zu landen. Das gilt für jede Altersklasse. Auch für euch.“ Hans nickte mir und Sven zu. „Glaubt ja nicht, die Gegner hier wären auch von dem Kaliber wie in Immenstadt. Ihr habt euch zwar weiterentwickelt, aber hier sind auch einige talentierte Italiener und Franzosen am Start – neben den Schweizern. Ihr seid die einzigen aus Deutschland. Ich hoffe mal, dass ich euch damit etwas ansporne, aber keinen unnötigen Druck auferlege.“
„Mich brauchst du jetzt nicht weiter zu motivieren“, lachte ich. Sven musste grinsen.
„Tja, für mich ist es auch das erste Mal, dass ich ein Rennen im Ausland fahre, Andreas. Nur ist es nicht mein zweites überhaupt.“ Er zwinkerte mir zu.
Unser Rennen sollte am Vormittag stattfinden. Sven überlegte nicht lange und gab mir eine eigentlich ganz unkomplizierte Renntaktik vor: Ich sollte gleich bei der ersten Attacke mitgehen oder selbst gleich unten rein einen Angriff starten. Sven wollte bei den direkten Verfolgern bleiben.

Wenn ich jetzt so darüber nachdachte, war ich mir ziemlich sicher, dass diese Taktik wohl überhaupt nicht aufgehen sollte. Ich hatte richtig Bammel vor unseren Gegnern – und vor allem vor diesem Pass. Vor zwei Stunden waren wir ihn mit den Autos hochgefahren. Erst seit Donnerstag vergangener Woche war er geöffnet. In engen Serpentinen wand er sich zunächst in einem Wald hinauf, bevor er sich nach oben hin auf grüne Almwiesen öffnete. Doch die Steigung nahm dort nicht wirklich ab, auch wenn es vielleicht so wirkte. Auch das kleine schmale Sträßchen, das bei uns höchstens von landwirtschaftlichen Fahrzeugen befahren werden dürfte, veränderte sich nicht.
Heute hatte man bereits ein Transparent oben am Scheidepunkt über die Straße gespannt und die letzten fünfhundert Meter sogar mit richtig professionell aussehenden Werbebanden abgesperrt. Die Veranstalter schienen doch noch einmal eine Nummer größer zu sein, als die in Immenstadt. Um genau zu sein, waren es internationale Profiteams, die die Jugendrennen morgen sponserten und ihre eigenen Scouts dort postiert hatten. Ab diesem Moment hatte ich noch viel mehr Bammel vor dem Rennen. Es war schon ein seltsames Gefühl, dass eventuell ein paar Scouts ab sofort ein Auge auf einen werfen könnten, sofern morgen alles glatt laufen sollte. Aber gegen Italiener und Franzosen zu gewinnen, die möglicherweise schon Jahre in irgendwelchen Internaten trainierten, war doch recht unwahrscheinlich.
Doch der Grund, warum diese Jugendrennen schon so früh in der Saison ausgetragen wurden, machte mir wieder Hoffnung. Angeblich wolle man einen möglichst natürlichen Eindruck von den Fahrern bekommen. Im Frühjahr seien ja alle noch auf einem etwa gleichen Leistungsstand und richtig konsequent auf dieses Rennen vorbereiten kann man sich natürlich auch nicht, da bislang sämtliche Pässe gesperrt sind. Trotzdem – ernsthaft erhöhen, tat auch das unsere Siegchancen nicht.
Das Problem war einfach, dass ich meine Fähigkeiten mit denen meiner Gegner noch überhaupt nicht richtig vergleichen konnte. Es war einfach die Ungewissheit, sich selbst im Vergleich zu anderen überhaupt nicht einschätzen zu können. Im Grunde genommen war der letzte Platz genauso wahrscheinlich wie der erste, doch wenn ich nach Hans Äußerungen realistisch bleiben sollte, dann war der erste wohl unwahrscheinlicher als der...
Jemand stand hinter mir. Sofort wirbelte ich herum und sah in Svens überraschend ernstes Gesicht. Er, Peter und ich hatten zusammen ein Zimmer bezogen. Auch Peter kam zu uns raus. Sein Rennen würde morgen Nachmittag statt finden – für die Ü23 Fahrer gab es ein Jedermannrennen.
„Was gibt’s?“, fragte ich zu Sven gewandt.
„Hab ich dich gestört?“, lachte er.
„Nein, ich hab grad nur an Morgen gedacht, sonst nichts.“
Sven nickte plötzlich wieder mit versteinerter Miene dem Boden zu.
Peter trommelte mit seinen Fingern auf dem Geländer herum. Das war meistens ein Zeichen dafür, dass er etwas sagen wollte.
„Andreas?“
„Ja?“
Ich musste unwillkürlich grinsen.
„Deine Mutter steht unten“, sagte er. Auch er machte plötzlich einen recht traurigen Gesichtsausdruck
„Ach, hat sie es doch noch geschafft vorbei zu schauen?“
Sven nickte.
Sofort machte ich mich auf den Weg durchs Zimmer, durch den Flur und die Treppe hinunter. Als ich an der Tür zur Gemeinschaftsküche vorbeikam, wurde diese völlig unerwartet aufgestoßen. Ich zuckte zusammen, während mir eine kleinere Gestalt mit langen rotblonden Haaren in die Arme lief. Sofort löste sich Christine von mir und im selben Moment, als sie mich erkannte, kroch ein zartes Rosa über ihre Wangen. Sie stieß ein unterdrücktes „Sorry“ aus. Sofort schnellte mein Puls in die Höhe. Allein schon ihre Gegenwart zauberte ein Lächeln auf meine Lippen. Sie erwiderte es und verschwand mit hektischem Schritt in der Wohnung im Erdgeschoss. In dieser Woche war es eines der wenigen Male gewesen, wo ich bei einem Aufeinandertreffen mit ihr kein Wort herausgebracht hatte. Dazu war die Situation viel zu unverhofft gekommen.
Ich öffnete die Haustür und trat auf die dem Hang zugewandten geschotterten Einfahrt hinaus. Der Wagen meiner Mutter parkte direkt vor dem Hauseingang. Im Hintergrund unterhielt sie sich angeregt mit Hans. Angeregt ist wohl das falsche Wort, denn es war eher ein Streit zwischen den beiden. Sie kannten sich zwar schon recht gut, doch einen Streit hätte ich nicht erwartet. Zumal ich mir keinen ernsthaften Grund vorstellen konnte. Ich ging um das Auto herum und stand meiner Mutter gegenüber – Hans neben mir.
„Ah, gut das du kommst, mein Junge. Hol deine Sachen, wir reisen sofort ab!“

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Auf diesem Profil wird im Rennen nur die rechte Seite befahren.

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Der Blick von der Passhöhe in Richtung Dallenwil.
Zuletzt geändert von Andy92 am 2.12.2008 - 16:52, insgesamt 1-mal geändert.
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vino 12
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Beitrag: # 6747065Beitrag vino 12
1.12.2008 - 14:39

Sehr spannende Übergänge der verschiedenen Posts. Hoffe der nächste kommt bald. :D

Andy92
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Beitrag: # 6747084Beitrag Andy92
1.12.2008 - 17:54

Keine freudige Begrüßung – nein dieser zynisch ausgesprochene Satz, oder sollte ich eher sagen – Erguss – war das, was ich seit fast einer Woche von meiner Mutter hörte. Ich konnte es nicht fassen, was sie da gerade gesagt hatte. Sofort verfiel ich in eine Art Trance. Für ein paar Sekunden war ich völlig baff und verlor die Kontrolle über meine Gedankengänge. Mein Mundwerk fing an zu stottern.
Meine Mutter wandte sich ab und öffnete die Tür hinter dem Fahrersitz. Ich wusste noch immer nicht was ich sagen sollte. Das Adrenalin strömte durch jede Ader meines Körpers – ich war wie gelähmt.
„Auf was wartest du noch?“, rief mir meine Mutter zu. Ich blickte ihr fassungslos in die Augen. Ich hatte so gut wie keine Chance gegen sie.
„Sie schaffen Tatsachen, Frau Wagner“, warf Hans mit sanftmütiger Stimme ein.
„Ich schaffe keine Tatsachen – ich handle, ganz im Gegensatz zu ihnen.“
Ich verstand die Welt nicht mehr. Warum war meine Mutter auf einmal so besessen, zornig, ja kurzum „gemein“?
„Mama, was ist los? Warum sollten wir abreißen?“ Endlich hatte ich es geschafft, meine Gedanken zu ordnen. Doch immer noch lief alles in Zeitlupe an mir vorbei. Ein matter Schleier legte sich vor meine Augen, es fühlte sich so an, als hätte mir jemand Wachs in die Ohren gestopft – alles hörte sich so gedämpft an.
„Das würde ich auch gerne mal wissen“, mischte sich Hans wieder ein. Er war wenigstens auf meiner Seite – noch. Jetzt wusste ich auch, warum Sven und Peter so betrübt drein geschaut hatten, als sie mich vorhin – es kam mir vor wie vor einer halben Ewigkeit – auf dem Balkon aus meinen Träumen gerissen hatten. Den Rest gab mir jetzt meine Mutter. Mit diesem plötzlichen Sinneswandel hatte ich überhaupt nicht gerechnet.
Mein Blick wurde wieder etwas klarer und das Bewusstsein kehrte wieder zurück. Doch erst jetzt begriff ich, dass mir ein großer Schritt für meine Zukunft aus den Händen glitt, wie ein glitschiger Fisch, der um sein Leben kämpft. Auch ich musste jetzt kämpfen. Ab zu reißen wäre doch völlig sinnlos. Warum sollte ich das tun? Meine Mutter würde sicherlich einen stichhaltigen Grund dafür haben.
„Tut mir Leid ihnen das sagen zu müssen, aber das geht sie nichts an“, entgegnete meine Mutter. Sie wirkte immer noch so harmlos, ja fast kindlich, obwohl sie gerade dabei war, mir einen Traum zu zerstören. Wusste sie überhaupt was sie gerade tat? War etwas schreckliches vorgefallen, warum sie so aus der Fassung geraten war?
„Mir kannst du es doch sagen.“
„Später, Andreas...später.“
„Solange du mir nicht sagst, warum und wieso, fahre ich nicht mit.“
„Tja, ich glaube, das wird mir so ziemlich egal sein – du bist unter achtzehn und ich habe die alleinige Aufsichtspflicht für dich. Du tust also das, was ich dir sage. Und ich sage dir: Wir fahren!“
„Was?“, lachte ich. Die Angst der Chancenlosigkeit kroch in mir hoch.
„Frau Wagner, bitte, lassen sie den Jungen doch wenigstens morgen das Rennen fahren, ja?“
„Nein. Wir fahren jetzt. Auf der Stelle. Wirst du jetzt endlich deine Sachen holen, oder muss ich dir den Koffer selbst packen?“
Ich schüttelte verständnislos den Kopf, doch sie fasste das als Antwort auf ihre Frage auf und meinte nur: „Na dann, auf!“
Ich rührte mich nicht vom Fleck.
„Hast du für diese Woche nicht die Aufsichtspflicht an Hans...“
„Das kann ich als Erziehungsberechtigte jeder Zeit aufheben. Juristisch gesehen ist das, was dein Trainer sagt vollkommen frei von belang. Und jetzt auf, hol endlich deine Sachen!“
„Nein.“
„Bitte?“
„Nein. Das mache ich nicht. Ich habe mich schon seit Wochen auf das Rennen morgen gefreut und vorbereitet – das werde ich mir nicht nehmen lassen.“
„Du hast keine andere Wahl. Entweder du holst jetzt deine Sachen...“
„Oder?“
„Bitte beruhigt euch doch. Man kann doch über alles reden.“ Hans versuchte verzweifelt noch etwas zu retten, doch ich war wütend geworden. Mit eisernem Blick taxierte ich das Gesicht meiner Mutter.
Nein! Der morgige Tag gehörte mir! Den kann sie mir nicht nehmen!
Sie senkte ganz kurz ihren Kopf und als sie wieder aufblickte, standen ihr die Tränen in den Augen.
„Bitte, Andreas. Du wirst es verstehen. Bitte, du musst mit, ob du willst oder nicht.“
„Wer sagt das?“
„Ich“, flüsterte sie. Die Tränen rannen über ihr Gesicht. Sie schien es wirklich ernst zu meinen. Plötzlich war ich tatsächlich hin und hergerissen. Sollte ich wirklich nachgeben? Ich lächelte ihr zu und dachte nach.
„Komm wir holen deine Sachen, ja?“ Sie streckte ihre Hand nach mir aus. Ich wartete ab. Eines musste ich ihr noch sagen.
„Nichts kann mehr so schlimm sein, als dass es einen Unterschied macht, ob wir heute oder morgen nach dem Rennen fahren. Ich bleibe.“
Sie brach in Tränen aus und lehnte gegen den Wagen. Hans verschwand im Haus. Mittlerweile war es dunkel geworden und kalt. Behutsam ging ich auf sie zu und legte meinen Arm um sie. Was war bloß passiert, dass sie so aufgelöst war?
„Jetzt kannst du’s mir ja sagen.“
„Georg – er hat mich betrogen“, beichtete sie mir unter Tränen.
Das war schlimm, ja. Aber nicht so schlimm, als das man sofort von hier weg wollte. Doch ich vergaß etwas. Erst vor wenigen Monaten hatte sie Papa verloren und jetzt Georg – und dann auch noch hintergangen – dieses Schwein!
„Können wir einen Kompromiss finden?“
„Ich brauch dich Andreas. Ich brauch dich! Du bist das einzigste, was ich noch habe!“
Ich musste schlucken. Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf. Was sollte ich jetzt bloß tun? Eigentlich wollte ich ihr gerade vorschlagen, dass sie jetzt alleine nach Hause fahren sollte und ich dann mit Svens Eltern morgen Mittag sofort nachkomme. Ich wollte unbedingt dieses Rennen fahren.
„Weist du, wie viel mir dieses Rennen bedeutet?“ Eine wichtige Frage, die ich ihr einfach stellen musste.
„Mehr als deine Mutter?“
Sie hatte mich eiskalt ausgekontert. Meine Argumente waren nichts mehr wert. Ich hatte eigentlich so gut wie verloren.
„Meinst du nicht, dass dich das Rennen etwas ablenken könnte, von dem, was in den letzten Tagen passiert ist?“
„Ich und Georg waren dort oben, Andreas. Alles hier erinnert mich an ihn. Die Landschaft, die Leute – ich kann nie mehr hierher zurück!“
Auch das konnte ich irgendwo verstehen.
„Hat dich Georg verlassen oder...?“
„Verlassen!“
„Er wollte sich nicht mit dir versöhnen?“, fragte ich ungläubig.
„Nein“, schluchzte sie. „Er hat mich benutzt. Und dann einfach fallen gelassen, wie eine heiße Kartoffel. Ich habe ihm nichts bedeutet! Aber er mir alles! Ich habe ihm vertraut! Ja, ich habe ihn geliebt!“
„Und wo ist er jetzt?“
„Abgehauen.“
„Mit einer anderen....?“
„Allein.“
„Und wohin?“
„Warum fragst du das?“, sie blickte auf. Ihr Wangen waren mit einem Gemisch aus Tränenflüssigkeit und Make-up verschmiert. Ein kläglicher Anblick. Mit bettelndem Gesichtsausdruck starrte sie mich an. Ich konnte nicht länger nachgeben.
„Keine Ahnung.“

Zehn Minuten später saßen wir im Auto auf dem Weg nach Hause. Lediglich von Sven hatte ich mich noch kurz verabschieden können. Mein Gepäck lag wild verstreut auf der Rückbank. In der Eile hatte ich nicht alles in den Koffer packen können. Eine Jeans, zwei Pullover und eine Jacke hatten einfach nicht mehr hineinpassen wollen.
Ich hatte mich also meinem Schicksaal gebeugt. Meine Mutter brauchte mich jetzt. Eine schwierige Zeit sollte anbrechen. Sie benötigte meinen Beistand. Sie war jetzt einfach wichtiger, als irgend so ein albernes Radrennen. Meine Zukunft als Radsportler hing auch auf keinen Fall von diesem Rennen ab, doch ein guter Punkt im Lebenslauf wäre es schon gewesen und unter Umständen hätte ich ja auch die Aufmerksamkeit einiger Profiteams auf mich ziehen können. So mussten die Scouts noch ein paar Wochen, vielleicht auch Monate auf mich warten. Bis dahin musste ich mich einfach um meine Mutter kümmern. Eine traurige Selbstironie. Ich war heute Abend schon schwer enttäuscht. Aber nicht von ihr, sondern von den Umständen, die jetzt eingetreten waren. Vielleicht entwickelte ich gerade auch einen Hass auf diesen Georg, obwohl ich ihn noch nie in meinem Leben gesehen hatte...

Wir fuhren auf der Landstraße in Richtung Schwyz am Seeufer entlang. Die Straße war hier in den Fels geschlagen worden. Nach einer Weile zählte ich die Anzahl der vielen kleinen Tunnels einfach nicht mehr. Es war Nacht geworden. Es war relativ wenig Verkehr und so kamen wir schnell voran. Gerade passierten wir das Ortsschild von Brunnen.
„Andreas“, flüstere meine Mutter neben mir. Sie schluckte, „ich muss dir noch etwas erzählen.“
„Ja?“
„Georg – er hat es mir heute Mittag gesagt. Wir waren auf einer Bergtour unterwegs. Ich habe mich einfach darauf eingelassen. Man muss ja seine Ängste bekämpfen.“ Die letzte Bergtour hatte sie mit Papa und mir unternommen.
„Find ich gut, dass ihr das gemacht habt“, lächelte ich. Sie schien aber immer noch angespannt zu sein und schenkte meiner Aussage keinerlei Beachtung.
„Er hat es mir gesagt, als wir an einer kleinen Schlucht unterwegs waren. Aber er war ohne jede Regung – er hat es fast genossen mich leiden zu sehen!“
Sie schluchzte. Wieder traten ihr die Tränen in die Augen – ihr Blick wurde verschwommen. Zum Glück mussten wir an einer roten Ampel warten.
„Du musst es mir glauben! Ich wurde wütend – richtig wütend – mein neues Haus der Sicherheit brach vor mir zusammen – ich stand endgültig vor einem Trümmerhaufen aus Millionen von Scherben. Mein Leben war, ja es ist kaputt! Wie kann jemand einen bloß so hintergehen?“
Ich sagte nichts. Meine Hände begannen zu zittern. Ich ahnte nichts Gutes. Warum hatte sie die Schlucht erwähnt? Ich bekam Angst – ganz schreckliche Angst, vor dem, was sie gleich sagen würde. Und ich wusste nicht, was sie, oder ich dann tun werden – saß ich in einer Falle?
Sie blickte kurz zu mir rüber. Dann sagte sie mit einer kläglich wimmernden Stimme: „Ich hab ihn gepackt – am Hals – ich hab ihn gewürgt – und er hat sich gewehrt – ich wurde immer wütender – er stieß mich weg und lachte – er lachte mich aus – es war niemand in der Nähe – und die Wut in mir wurde unerträglich – ich musste etwas dagegen tun – da hab ich ihn gestoßen...“, es entstand eine kurze Pause. Außer meinem bebenden Atem und ihrem Wimmern nahm ich nichts mehr war. „Das kannst du doch verstehen?!“
Ich atmete einmal tief durch. Ganz tief durch. Ja, ich war noch am Leben. Und das, obwohl ich neben einer Mörderin saß! Neben einer eiskalten Mörderin, die meine Mutter war!
Mein Blut begann zu kochen! Das war ihr Problem! Damit wollte ich nichts zu tun haben! Sie hatte mich in etwas reingezogen, aus dem ich so leicht nicht mehr rauskommen würde. Meine eigene Mutter konnte ich nicht verraten – aber, dass dieser Georg verschwunden war, würde mit Sicherheit früher oder später jemandem auffallen. Aber dann muss sie sich selbst dafür verantworten! Ich will mich nicht für die Vertuschung eines Mordes schuldig fühlen! Ich wollte damit gar nichts mehr zu tun haben!
Ich fing an sie zu hassen. Ich musste hier raus. Raus, aus diesem – ihrem verkorksten Leben und mit den Menschen, die ich wirklich liebte ein neues anfangen. Sie gehörte nicht mehr zu mir. Eine fremde Person, die ich hasse. Sie hat mich absichtlich da mit reingezogen. Warum konnte sie es nicht für sich behalten? Warum nicht?
„Du musst mir versprechen, dass du das niemanden erzählst, ja?“, wimmerte sie und lehnte sich zu mir hinüber. Sie lächelte und legte mir den Zeigefinger auf die Lippen. Sie war verrückt – sie war krank!
Raus hier! Raus aus diesem Leben!, schrie meine innere Stimme.
Ich war wieder wie gelähmt – das Adrenalin lies meine Muskeln versagen. Trotzdem zitterte ich am ganzen Körper. Angst und Wut sind ein teuflisches Gemisch. Und bevor noch etwas schlimmeres passierte, schnallte ich mich ab und packte meinen Koffer von der Rückbank.
Hinter uns hupte jemand – die Ampel hatte schon längst auf grün geschaltet. Meine Mutter machte keine Anstalten weiter zu fahren, sondern beäugte mich nur mit einem müden, provozierenden Lächeln.
„Ich habe keine Mutter mehr“, rief ich stieß die Beifahrertür auf, knallte sie hinter mir zu und begann planlos umher zu laufen.

Ich fror. Ich hatte ja immer noch das T-Shirt und die Jeans an. Da konnte das nicht gut ausgehen. Wo sollte ich bloß hin? Ich hatte keine Familie mehr – die einzige Familie, die ich jetzt noch hatte, war einige Kilometer von mir entfernt. Da fiel mir ein Rad auf, das an eine Straßenlaterne gekettet war. Wenn meine Mutter schon kriminell wurde, dann konnte ich das jetzt doch auch – nein! Ich wollte nichts mehr mit ihr gemeinsam haben. Von dieser widerlichen Person würde ich mich ein für alle Mal lösen. Hier und jetzt. Doch wie sollte es weitergehen? Tränen rannen über mein Gesicht. Sollte ich trampen?
Plötzlich stand ich an der Kreuzung. An der Kreuzung, wo ich gerade meine Mutter verlassen hatte. Die Straßen waren wie ausgestorben. Zumindest nur für einen Augenblick, dann rollte ein Auto an mir vorbei – dann ein Reisebus. Ich starrte an die Stelle, wo ich aus dem Wagen gesprungen war – meine Mutter war weg. Erst jetzt begriff ich, was gerade geschehen war. Ich war allein. Ganz allein in einer rauen Welt. Und der einzige Weg aus dieser unbarmherzigen Welt hinaus führte über Altdorf und den Ächerlipass morgen. Irgendwie musste ich in die Ferienwohnung zurück. Und wenn es Stunden dauern würde – und wenn ich keinen Schlaf finden würde – ich würde morgen starten!
Zuletzt geändert von Andy92 am 2.12.2008 - 16:55, insgesamt 2-mal geändert.
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crojkr
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Beitrag: # 6747139Beitrag crojkr
2.12.2008 - 13:49

Welch eine Wandlung in der Story, einfach nur WOW!
Freue mich schon auf die nächsten Teile von dir :)

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Mor!tz
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Beitrag: # 6747143Beitrag Mor!tz
2.12.2008 - 14:27

Dem kann ich mich nur anschließen, einfach spitze!
Ständig passiert etwas neues unvorhergesehenes, das macht es echt spannen. Aber vergiss Christine nicht vor lauter Mord und Totschlag.
Dass seine Mutter ihren Liebhaber gleich umbringt find ich zwar echt hart, aber naja. Es bleibt spannend...

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Grabba
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Beitrag: # 6747144Beitrag Grabba
2.12.2008 - 14:43

1. Reise => abreisen => abzureisen (die neue Rechtschreibung wird wohl auch ab zu reisen erlauben, aber ganz sicher nicht mit ß)
2. Der/Die/Das EINZIGE! Argh! Nicht "das einzigste" Einer der schlimmsten Fehler überhaupt. Mehr als einzig geht nicht. Mehr als voll geht nicht, weniger als leer geht nicht, usw. usf. Wenn du eine besondere Betonung darauf legen iwllst, dann umschreib es halt.
3. "das Adrenalin lies meine Muskeln versagen." Ist es nicht eher genau andersrum? Du meinst wohl, dass der Schock deine Muskeln versagen ließ.
4. Allemein etwas mehr auf die Großschreibung substantivierter (heißt das so) adjektive oder Adverben (oder was auch immer) achten.
5. auffallen => das Rad fiel mir auf, nicht "Da viel mir ein Rad auf". In dem Satz muss übrigens das "dass" auch mit einem S geschrieben werden.
6. Sind nur ein paar Beispiele gewesen, da ist noch mehr drin. Nochmal durchlesen in Zukunft, bitte. ;)

Der Beitrag ist zwar toll, aber leider geht es mir an einigen Stellen viel zu schnell. 50 Zeilen mehr hätten dem nicht geschadet. Erstmal gibt Andreas sich zu schnell geschlagen, steigt zu schnell ins Auto ein. Vor allem aber kommt der Gefühlswandel zu plötzlich, ja er dürfte eigentlich überhaupt nicht kommen. Er müsste nach dem Einsteigen im Auto sitzen und zwischen Wut, Enttäuschung und ein klein wenig Verständnis hin- und herpendeln. Auch wenn er ein noch so "lieber", sensibler und empathischer Typ ist, so wäre doch zumindest Enttäuschung und ein gewisses Maß an unterschwelliger Verärgerung über das wohl verpasste Rennen angebracht.
Ähnlich verhält es sich bei dem Geständnis seiner Mutter. Auch hier setzt sein Stimmungswandel zu schnell ein. Sein Schock, seine Fassungslosigkeit, all das sollte deutlicher rüberkommen. Das ist eine Stelle, die du deutlich mehr in die Länge hättest ziehen sollen. So was hört man schließlich nicht all zu oft.
Also: zu flache Gefühlswelt, noch zu wenig Innenleben bei Andreas. Am Anfang des Beitrags war das noch gut gelungen, zum Ende hin wäre mehr drin gewesen. Ich will den Beitrag damit nicht schlecht machen, ganz sicher nicht, das war einer der besten (ja ich möchte fast sagen tiefgehendsten) Beiträge in der AAR-Sektion seit langem, aber nichtsdestotrotz solltest du weiter an dir arbeiten. ;)

Andy92
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Beitrag: # 6747150Beitrag Andy92
2.12.2008 - 17:13

Danke für die Kritik euch dreien, vor allem an Grabba.
Zur Rechtschreibung: Ich lese mir die Posts mittlerweile immer noch einmal durch, aber einige Fehler übersieht man immer wieder. Hier waren es Flüchtigkeitsfehler.
Zur Gefühlswelt: Also eigentlich bin ich da mit dir nur in der Sache der Kürze auf einer Höhe. Ansonsten kommen die Wandlungen überhaupt nicht plötzlich. Falls es dir nicht aufgefallen sein sollte: Seine Mutter hat ihn umgarnt und getäuscht und dann so sehr enttäuscht, dass er einfach nur noch flüchten wollte. Außerdem wird die Wut und die Enttäuschung ja wohl mehr als deutlich. Nur weil ich die beiden Wörter nicht benutzt habe, kommen sie ja nicht in seinem Innenleben vor. Sein innerer Monolog sollte das verdeutlichen.
Zur Länge: Mir geht es immer so. Ich schreibe und lese es mir nocheinmal durch und schreibe nochmal ein paar Absätze dazu. Da merkt man richtig, dass da noch viele Leerstellen sind, die ich da dann aber nicht immer füllen kann. Wie bei den Rechtschreibfehlern sollte man vielleicht nocheinmal für ein paar Minuten oder Stunden Abstand gewinnen, damit man neue Ideen bekommt oder ein Formulierungsproblem löst. Aber so viel will ich und kann ich gar nicht in die Story investieren. Wenn ihr wollt, dann könnt ihr natürlich auf jeden Post ein bis zwei Wochen warten - aber dann kommen die auch so an, wie ich sie mit meinen Fähigkeiten am besten schreiben kann. Aber ich will die Leser natürlich auch nicht zu lange warten lassen.
Mir ist außerdem klar, dass ich noch lange nicht an meinem Maximum angekommen bin - siehe unter anderem voriger Absatz.
Und wie der Zufall so will, habe ich für den nächsten Post schon etwas ganz besonders tiefgreifendes auf Lager. Es ist nur schwierig, das richtige Maß zwischen der Länge des Textes, Bildern, Aufmachung und "Text um Nichts" zu finden, wobei nie etwas "Text um Nichts" ist. Alles hat einen Grund, warum ich es so schreibe. Das ich so viel über die Landschaft schreibe hängt natürlich auch mit der Gefühlswelt von Andreas zusammen, hier dem Glücklichsein. Alles etwas indirekt, aber da wir in Deutsch gerade Kurzgeschichten behandeln, wo jeder Satz und jedes Komma eine unterschwellige Botschaft hat, versuche ich das gerade auch zu vermitteln. Daher gibt es keinen "Text um Nichts" (damit spreche ich nicht dich an).
Jeder will etwas anderes. Du zum Beispiel magst noch längere "Fastnurtextposts" mit echten romanhaften Umschreibungen, andere wollen endlich RSM-Rennberichte, andere wollen das die Handlung endlich voranschreitet. Und einige, so wie auch du, sprechen mir mit ihren Anmerkungen aus der Seele - das ist aber nur eine ganz, ganz kleine Gruppe - eigentlich nur ein paar Leute, die es so haben wollen, wie ich es gerne schreiben wöllte. Ich übertreibe für manche ja jetzt schon. Es ist nicht verwunderlich, dass ich solche Kritiken dann ganz gerne aufschnappe. Und ich werde es diesmal endlich durchziehen. Ich werde den AAR jetzt so richtig so schreiben, dass mir jeder Teil gefällt und dass ich mitfiebern kann, wenn ich ihn mir wieder durchlese. Ein langer Prozess um die anderen User davon zu überzeugen, dass so etwas Spaß macht und schön zu lesen ist, aber wir werden sehen.

Kurzfassung: Ja, ich werde an mir arbeiten. :D :wink:
Zuletzt geändert von Andy92 am 2.12.2008 - 17:18, insgesamt 1-mal geändert.
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Rene75
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Beitrag: # 6747151Beitrag Rene75
2.12.2008 - 17:18

Grabba holt mal wieder die Keule raus :D

Ansonst muss ich sagen das mir alles gut gefällt Andy, weit so

Andy92
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Beitrag: # 6747152Beitrag Andy92
2.12.2008 - 17:25

Danke auch an dich Rene.

:D Ich mus noch was sagen: "Adrenalin lässt Muskeln versagen". Ich glaube mich aus dem Biounterricht an folgendes zu erinnern: Durch die Ausschüttung des Stresshormons Adrenalin werden unsre Muskeln in Sekundenbruchteilen von "Null auf Hundert" gestellt. Um zum Beispiel dem Löwen davon zu laufen - sprich die normale Leistungsfähigkeit bei weitem überwinden - oder bei einem Autounfall bremsen zu können. Das Gehirn wird in diesem Fall eigentlich gar nicht gefragt, was wir tun, alles ist nur Reaktion um zu überleben. Deshalb hat man eben in Schrecksituationen das Gefühl ein bisschen die Kontrolle zu verlieren oder gelähmt zu sein. Subjektive Sicht, aber objektiv gesehen, sind wir dann in höchster Aufrur und handeln ganz intuitiv, wie Andreas hier: Flüchten. Vielleicht wollte er es ja gar nicht.
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Hagen
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Beitrag: # 6747157Beitrag Hagen
2.12.2008 - 18:02

Ich finde das deine Post immer besser werden.Zwischendurch war
es schon ziemlich langweilig,weil du die ganze Zeit nur die Landschaft beschrieben hast und weil du nur alle 4-5 Tage geschrieben hast.Aber jetzt
sind die Posts genau so gut vielleicht noch besser als am Anfang.Ich hoffe das du deine Motvation für den AAR auferhalten kannst,weil
Ich hoffe das du deine Motvation für den AAR auferhalten kannst,weil
ich finde deinen AAR spitze.

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