TEAM FOSTERS: Aussies auf großer Schleife 2004

FIKTIVE Radsport-Geschichten von Usern, die sich für schreibtalentiert halten

Moderator: Grabba

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kletterMAX
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Beitrag: # 169817Beitrag kletterMAX
21.8.2004 - 8:05

Sorry, war zu viel los in den letzten Tagen. Aber Morgenstund hat Gold im Mund... ;)
14. Etappe: Carcassone – Nimes

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Herzlich willkommen, liebe Zuschauer. Mit einem Bild auf das geschlossene Peloton, das so eben den Startort Carcassone verlässt, begrüßen wir Sie zur 14. Etappe der Tour de France. Ein Tag des Durchatmens für die Favoriten, nach den Anstrengungen der beiden letzten Tage werden Tyler Hamilton und Co. heute sicher die Beine hoch legen, wie man so schön im Profi-Jargon sagt. Der ein oder andere, der mit der Gesamtwertung nichts mehr zu tun hat, wird hingegen heute versuchen, noch einmal ins Rampenlicht zu fahren. Die Sprinterteams wünschen dies natürlich zu verhindern. Schauen wir mal, wie lange die Ruhe heute anhält.

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Und da ist es auch schon vorbei mit der Gemütlichkeit! Sie erkennen im Hintergrund noch die Pyrenäen – während sich einige Fahrer mit einem beherzten Antritt aus dem Feld lösen. Ich erkenne einmal mehr Mirko Celestino / SAECO, Erik Dekker / RABOBANK, Wim Vansevenant / LOTTO – DOMO und Stefano Casagranda / SAECO. Komplettiert wird das Sextett an der Spitze durch Laurent Lefèvre / BRIOCHES LA BOULANGERE und Mikel Pradera / ILLES BALEARS – BANESTO. 6 Fahrer unweit von Gut und Böse, da hat das Feld im Moment natürlich unter Führung von Phonak Hearing Systems nicht besonders eilig.

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Wir befinden uns noch ein paar Kilometer vor Cappestang, wo bei Kilometer 53 der erste Zwischensprint des heutigen Tages stattfinden wird. Noch ein weiter Weg für die Ausreißer bis nach Nimes, die sehr gut harmonieren müssen, um vor der Meute im Ziel anzukommen. Aber schauen Sie sich die Gruppe an, einige Fahrer wirken von den Strapazen der letzten Tage doch sehr mitgenommen – ja, Dekker und Celestino wird es wohl auch zu langsam an der Spitze. Die beiden setzten sich schon ungewöhnlich früh von ihren Mitstreitern ab:

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Was soll man davon halten? Nicht viel, liebe Zuschauer, vier der sechs Ausreißer scheinen offensichtlich gar keine Kraft für einen längeren Ritt an der Spitze zu haben. Da haben Vansevenant, Casagranda, Lefévre und Pradera sich aber wirklich völlig überschätzt, das ist ja schon fast peinlich. Entschuldigen Sie den Ausdruck, aber das ist auch keine Werbung für das Team, wenn ich nach knapp 50 Kilometern an der Spitze nicht mehr mithalten kann. Dekker und Celestino können sich vorne an der Spitze zwar etwas absetzen, aber zu zweit sehe ich wenig Chancen, dem Feld zu entkommen. Zumal wir an der Spitze des Feldes schon jetzt, also sehr früh im Vergleich zu den Etappen der ersten Woche, die Helfer von Danilo Hondo und Erik Zabel entdecken:

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Nach 70 Kilometern blicken wir noch einmal auf die Verfolger. Sie haben sich wieder etwas gefangen, der Abstand zum Führungsduo ist konstant geblieben. Aber von hinten macht das Peloton schon Tempo, liegt nur noch vier Minuten hinter der Spitze:

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Wenn das so weiter geht, und davon gehe ich aus, werden die Fahrer an der Spitze heute nicht besonders alt. T-MOBILE und GEROLSTEINER sind einen Tag vor dem Ruhetag in Nimes gewillt, den Weg für ihre Sprintstars zu ebnen. Wir sehen das Peloton immer weiter aufholen, schon jetzt, ungefähr nach Hälfte der heute zu absolvierenden 100 Kilometer, sind die Verfolger gestellt:

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Offensichtlich ist der starke Seewind für kleine Gruppen heute zu stark, das weiter Tempo bolzende Feld hat keine Mühe den Abstand zu Dekker und Celestino kontinuierlich zu verringern. In der Ebene bei Villeyrac sind auch Dekker und Celstino eingeholt:

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Ich hätte Ihnen gerne eine spannendere Etappe präsentiert. Aber was sollen wir machen? Das Feld hält das Tempo weiter hoch, erstickt somit neue Ausreißversuche schon im Keim. So fliegt man also geschlossen auf Nimes zu, etwas Zeit für uns auf Tyler Hamilton und seine schärfsten Konkurrenten im Kampf um den Gesamtsieg im Peloton zu blicken:

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Für Hamilton und Co. wird es übermorgen wieder ernst, wenn die erste Bergetappe ansteht. Ernst wird es heute hingegen für die Sprinter. Erik Zabel, Baden Cooke, Tom Boonen – das sind die Namen, die heute versuchen werden, Allesandro Petacchi am erneuten Tagessieg zu hindern:

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Doch Sie sehen selbst, liebe Zuschauer. Das riecht ganz stark nach einem weiteren Erfolg von Petacchi, der ganz alleine auf der linken Seite sein Glück versucht – und finden wird. Seine Konkurrenten können auf der anderen Straßenseite nur noch um Platz zwei sprinten, und den sichert sich Baden Cooke knapp vor Erik Zabel:

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Freuen Sie sich mit uns auf den Dienstag – dann geht es in den Alpen richtig los. Am Mittwoch folgt dann mit dem Bergezeitfahren nach L`Alpe d`Huez das Highlight der Tour 2004. Das heute war weniger ein Highlight. Zugegeben ein überragender Petacchi, aber das reißt hier niemanden mehr vom Hocker – sicher auch nicht Bernard Hinault, den wir auch heute in unserem Studio zu Gast haben werden…

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kletterMAX
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Beitrag: # 170494Beitrag kletterMAX
22.8.2004 - 21:48

(Re)Tour: Analysen des Tages

Hallo, liebe Zuschauer. Petacchi zum eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, siebten Mal – oder „The Same Procedure As Every Day“. Leider nix neues aus Frankreich, der Italiener konnte auch heute wieder eine Etappe der Tour im Sprint für sich entscheiden.

Auch heute Abend begrüße ich neben mir Bernard Hinault. Bernard, wir müssen noch ein Wort über Petacchis eindrucksvolle Leistung verlieren…

Ja, Glückwunsch an Petacchi. Aber die anderen Sprinter müssen sich mal fragen lassen, ob es nicht möglich ist, den überragenden Italiener wenigstens einmal zu schlagen. Aber offensichtlich haben sich Zabel, Cooke, McEwen und Co. nicht auf den Punkt vorbereiten können.


Von McEwen war heute ja gar nichts zu sehen. Er ist ebenso wie O´Grady eine Enttäuschung bei den diesjährigen Sprints…

Das stimmt. Beide Aussies fahren mit schöner Regelmäßigkeit auf dem Zielstrich hinterher. Ich glaube, dass die gesamte Fosters-Mannschaft mit den Kräften am Ende ist. Auch Rogers, McGee und Evans werden in den Alpen zu kämpfen haben.


Womit wir beim Stichwort sind. Morgen ist Ruhetag, denn beginnt endlich die Woche der Entscheidung. Läuft alles auf den Showdown am Mittwoch hinauf nach L´Alpe d`Huez hinaus?

Ich würde sogar noch etwas weitergehen. Wahrscheinlich wird erst das Zeitfahren am vorletzten Tag über den Toursieg entscheiden. Wenn ich da die Leistungen aus dem Prolog und dem Mannschaftszeitfahren zum Maßstab nehme, sehe ich Armstrong weiterhin als Topfavoriten.


Wir werden sehen. Vielen Dank, Bernard. Zum Abschluss ein Blick auf die Klassements, anschließend senden wir ein Exklusivinterview mit kletterMAX.

Tageswertung:
Rank Name Team Time
1 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO 4h04'21
2 Baden Cooke FDJEUX.COM s.t.
3 Erik Zabel T-MOBILE s.t.
4 Jens Voigt TEAM CSC s.t.
5 Cristian Moreni ALESSIO - BIANCHI s.t.
6 Thor Hushovd CREDIT AGRICOLE s.t.
7 Danilo Hondo GEROLSTEINER s.t.
8 Tom Boonen QUICK STEP - DAVITAMON s.t.
9 Paolo Bettini QUICK STEP - DAVITAMON s.t.
10 Jaan Kirsipuu AG2R PREVOYANCE s.t.

Gesamtwertung:
Rank Name Team Time
1 Tyler Hamilton PHONAK HEARING SYSTEMS 54h53'13
2 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI + 36
3 Lance Armstrong US POSTAL SERVICE + 1'15
4 Jan Ullrich T-MOBILE + 1'46
5 Ivan Basso TEAM CSC + 1'50
6 Christophe Moreau CREDIT AGRICOLE + 2'14
7 Denis Menchov ILLES BALEARS - BANESTO + 3'10
8 Gilberto Simoni SAECO + 4'48
9 Igor Gonzalez De Galdeano LIBERTY SEGUROS + 5'05
10 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS + 5'45

15 Michael Rogers FOSTERS + 7'02
21 Bradley McGee FOSTERS + 8'17

40 Patrik Sinkewitz QUICK STEP - DAVITAMON + 14'12
42 Cadel Evans FOSTERS + 14'50

Punktwertung:
Rank Name Team Points
1 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO 315
2 Tom Boonen QUICK STEP - DAVITAMON 263
3 Baden Cooke FDJEUX.COM 238
4 Erik Zabel T-MOBILE 237
5 Thor Hushovd CREDIT AGRICOLE 192
6 Danilo Hondo GEROLSTEINER 179
7 Robbie McEwen FOSTERS 170
8 Bradley McGee FOSTERS 165
9 Stuart O'Grady FOSTERS 161

10 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI 158

Bergwertung:
Rank Name Team Points
1 Cadel Evans FOSTERS 147
2 Walter Bénéteau BRIOCHES LA BOULANGERE 112
3 Jean-Cyril Robin FDJEUX.COM 88
4 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI 80
5 Axel Merckx LOTTO - DOMO 79
6 Tyler Hamilton PHONAK HEARING SYSTEMS 74
7 Frédéric Bessy COFIDIS 73
8 Marcus Ljungqvist ALESSIO - BIANCHI 70
9 Stéphane Goubert AG2R PREVOYANCE 67
10 Marzio Bruseghin FASSA BORTOLO 66

U25-Wertung:
Rank Name Team Time
1 Patrick Sinkewitz QUICK STEP – DAVITAMON 55h07’22
2 Phillipe Gilbert FDJEUX.COM + 4’45
3 Jerome Pineau BRIOCHES LA BOULANGERE + 20’40
4 Vladimir Karpets ILLES BALEARS – BANESTO + 22’33
5 Fabian Wegmann GEROLSTEINER + 26’45

Mannschaftswertung:
Rank Name Team Time
1 PHONAK HEARING SYSTEMS 166h13'56
2 FOSTERS + 3’07
3 LIBERTY SEGUROS + 4’29
4 US POSTAL SERVICE + 5’37
5 QUICK STEP – DAVITAMON + 8’35


Interview mit kletterMAX:

Guten Abend, kletterMAX. Mit der heutigen Etappe dürften Sie nicht zufrieden sein. Dennoch sollte Ihr Fazit nach 2 Wochen recht zufrieden ausfallen?
Guten Abend. Richtig, mit der heutigen Etappe bin ich überhaupt nicht zufrieden. Ich möchte daher auch keine weiteren Worte über diesen Tag verlieren. Das Fazit nach zwei Dritteln fällt verhalten zufrieden aus. Wir liegen in der Teamwertung und auch im Einzelklassement im Bereich unserer Möglichkeiten. Schade, dass unser Großangriff hinauf zum Plateau de Beille nach hinten losgegangen ist. Ich kann mir nicht erklären, wieso Cadel und Michael dort auf dem Schlussanstieg so extrem eingebrochen sind. Sie hatten eigentlich noch genug Kraft für den Schlussanstieg. Die beiden Etappensiege waren sicher die Highlights für unser kleines Team.

Spätestens am Mittwoch müssen die Favoriten die Karten auf den Tisch legen. Wen sehen Sie als Toursieger 2004?
Ich denke, dass Jan Ullrich in beiden Zeitfahren eine Klasseleistung zeigen wird und daher am Ende seinen zweiten Toursieg einfahren darf. Armstrong wirkt nicht so explosiv wie in den Vorjahren, dass war eigentlich immer seine Stärke.

Was dürfen wir in der Schlusswoche noch vom Bierexpress von Down Under erwarten?
Die ein oder andere Überraschung. Wir haben noch einiges vor – das wird hier aber nicht verraten.

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kletterMAX
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Beitrag: # 172371Beitrag kletterMAX
28.8.2004 - 22:25

Die Entscheidung naht in den Alpen

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Hallo, liebe Zuschauer, jetzt geht’s los! Nach dem gestrigen Ruhetag rollt die Tour heute in die Alpen, die Vorentscheidung naht. Obwohl die morgige Etappe mit dem Bergzeitfahren nach L`Alpe d`Huez bereits ihren Schatten voraus wirft, rechnen die Experten heute mit einer hart umkämpften Etappe.

Freuen Sie sich mit uns auf die gut 180 Kilometer von Valréas nach Villard-de-Lans. Vier Berge der ersten und zweiten Kategorie müssen heute absolviert werden. Die Höchstschwierigkeit ist der Col de l'Echarasson, ein 12 Kilometer langer Anstieg mit einer Durchschnittsteigung von 7,4 % nach 127 Kilometern.

Favoriten gibt es heute viele, besonders das Quintett an der Spitze sollte man im Auge behalten. Wir sprachen mit den Anwärtern auf den Gesamtsieg:

Jan Ullrich (T-Mobile):
Ich freue mich auf die Alpen. Sie liegen mir eigentlich mehr als die Pyrenäen und nach den ersten beiden Wochen fühle ich mich weiterhin fit, so dass für mich heute, morgen und am Donnerstag was drin sein müsste.

Tyler Hamilton (Phonak Hearing Systems):
Es wird sicher eine interessante Etappe heute. Ich bin mal gespannt, was sich Lance und die anderen heute ausgedacht haben. Ich bin auf jeden Fall für den Angriff gewappnet,

Lance Armstrong (US Postal):
Auch heute wird noch nicht viel passieren. Morgen steht die Königsetappe an, frühestens dann werden wir eine Vorentscheidung erleben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass einer vor dieser schönen Etappe nach L´Alpe sich heute verausgaben wird.

Iban Mayo (Euskatel-Euskadi):
Die Tour wird weder heute noch morgen entschieden. Ich glaube, dass man die Alpen als Gesamtes und den entscheidenden Abschnitt der Tour sehen sollte. Ich liege sehr gut, das morgige Zeitfahren sollte mir liegen, daher muss ich heute nicht angreifen.

Ivan Basso (Team CSC):
Schönes Wetter, nicht? Lassen Sie sich überraschen, was heute passiert.


Das klingt ja interessant, auch wenn die meisten Favoriten behaupten es heute ruhig angehen lassen zu wollen, wissen wir nicht erst seit Goethe, dass Worte nur Schall und Rauch sind – oder so ähnlich. Zumindest Ivan Basso scheint sich ja heute was vorgenommen zu haben. Seien Sie live dabei…

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kletterMAX
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Beitrag: # 173334Beitrag kletterMAX
2.9.2004 - 9:11

15. Etappe: Valréas – Villard-de-Lans

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Herzlich willkommen, liebe Zuschauer. Die Sonne lacht vom Himmel, hier im Startort Valréas – die Frage ist nur, für wen wird sie es auch heute Abend noch tun? Mit großer Spannung erwarten wir die erste Alpenetappe der Tour, einen Tag vor dem großen Bergzeitfahren. Die Experten rechnen im Allgemeinen kaum mit Veränderungen im Gesamtklassement, das immer noch Tyler Hamilton von PHONAK HEARING SYSTEMS anführt. Wie gesagt, in rund viereinhalb Stunden werden wir mehr wissen.

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Kaum haben wir Valréas verlassen, schon erleben wir den ersten Ausreißversuch des Tages. Es wird also auch heute nicht langweilig werden, liebe Zuschauer. Sechs Fahrer haben sich vom Feld absetzen können, mit dabei auch heute wieder Marcos Serrano / LIBERTY SEGUROS,
Christophe Edaleine / COFIDIS, Ronny Scholz / GEROLSTEINER, Jérôme Pineau / BRIOCHES LA BOULANGERE, Gerrit Glomser / SAECO und Bernhard Eisel / FDJEUX.COM. Fahrer also, die wir von den letzten Teilstücken schon als Ausreißer kennen, und die sich im Moment an der Spitze befinden – dort aber sicher nicht in Villard-de-Lans ankommen werden.

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Die Spitzengruppe geht unter der Führung von Gerrit Glomser mit einem Vorsprung von 2.14 Minuten auf das Feld über den ersten Berg des Tages, den Côte d'Aleyrac, eine Pass der dritten Kategorie. Im Peloton kontrolliert PHONAK das Tempo. Noch sind über 150 Kilometer bis ins Ziel zu fahren, also noch kein Grund zur Eile – sagen sich die Adjutanten des Leaders der Tour 2004. Wenn wir uns das dynamische Profil der Etappe noch einmal zu Gemüte führen, sehen wir, dass eigentlich erst mit dem Anstieg hinauf zum Col des Limouches die heutige Etappe ungefähr auf der Hälfte des Rennens richtig losgeht. Bis dahin dürfte das Sextett an der Spitze seinen Vorsprung weiter ausbauen.

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Wir sehen, dass das Feld gut 100 Kilometer vor dem Ziel schon sechs Minuten hinter der Spitze herfährt. Dennoch braucht sich momentan keiner da vorne Hoffnungen auf den Tagessieg zu machen, zu schlecht sind die Fähigkeiten der Ausreißer am Berg. So liegen die Fähigkeiten von Bernhard Eisel sicherlich eher im Sprint, denn die Pässe der ersten und zweiten Kategorie hinauf. Folgerichtig muss er nun auch, den eben schon von mir angesprochenen Col des Limouches hinauf, abreißen lassen:

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Das Feld hat es weiter ruhig angehen lassen, sieben Minuten beträgt der Rückstand nun, da ein Quartett an der Spitze – auch Scholz hat leicht abreißen lassen müssen – über den Pass geht.

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… Wir sind jetzt nach einer rasenden Abfahrt jetzt schon auf dem Weg hinauf zum Col de l'Echarasson – die Höchstschwierigkeit des heutigen Tages. Wie zu erwarten war, wird nun „Ernst“ gemacht im Peloton, lang gezogen schlängelt sich das Feld diesen Berg der ersten Kategorie hinauf. Die ersten Fahrer müssen abreißen lassen und auch Bernhard Eisel muss dem hohen Tempo der ersten Kilometer Tribut zollen – der Österreicher wird so eben von der Meute gestellt:

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Vorne an der Spitze des Feldes sehen wir das unveränderte Bild: Glomser, Pineau, Serrano und Edaleine fahren mit knapp 1:30 Minuten vor Scholz über die ersten Alpenberge. Was haben wir, oder besser gesagt die Fahrer, heute noch vor sich? Nach einer ganz kurzen Abfahrt geht es den Col de Carri – einen Pass der dritten Kategorie hinauf, ehe es wieder hinab auf 755 Meter hinunter nach Saint-Martin-En-Vercors geht. Anschließend folgt mit dem 10 Kilometer langen, aber nicht ganz so steilen Anstieg zum Col de Chalimont ein Berg der zweiten Kategorie, ehe es in Villard-de-Lans auf den letzten zweieinhalb Kilometern der heutigen Etappe noch einmal bergauf geht. Aber HALT! Ins Peloton kommt Bewegung, die Zuschauer hier im Ziel tuscheln unruhig miteinander und auch meine Reporterkollegen sind aus ihrem kollektiven Halbschlaf erwacht, Radio Tour meldet den nächsten Angriff auf das Gelbe Trikot!!

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Von wegen, heute passiert nichts! Wenn das kein deutliches Signal an die Amerikaner Hamilton und Armstrong ist! Jan Ullrich, Christophe Moreau, Iban Mayo, Andrea Noe und David Moncoutie treten an! Sie nehmen dem Feld schnell ein paar Meter ab – und das hier, im Niemandsland zwischen dem Echarasson und dem Carri – wer hätte das gedacht? Jetzt muss Armstrong doch reagieren!

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Doch Sie sehen es selbst – erneut keine Reaktion des Tourminators! Was ist da los? Lance Armstrong, der unbedingt den sechsten Toursieg seiner Karriere und damit die Unsterblichkeit anstrebt, schickt seine Helfer vor – bleibt aber selbst an der Seite von Hamilton im Windschatten der Domestiken. Währenddessen überholen Ullrich und Co. die Spitzengruppe – was für ein Kampfgeist von Mayo, Ullrich und Moreau:

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Ullrich und Moreau können sich sogar etwas absetzen, welch starke Vorstellung des Merdingers! Iban Mayo, der nun die große Chance hat, ins Maillot Jaune zu fahren, muss etwas abreißen lassen. Das verspricht ja auch heute wieder ein hoch interessantes Finsih zu werden. Wer hätte das gedacht – da spricht alles über L`Alpe d`Huez, aber vielleicht sehen wir ja heute die Entscheidung der Tour 2004?! Das Feld liegt schon einiges zurück:

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Vielleicht haben wir ja jetzt, auf der Abfahrt etwas Zeit, über eine der positiven Überraschungen der heutigen Tour zu reden. Andrea Noe vom kleinen ALESSIO-BIANCHI-Rennstall liegt in der Gesamtwertung auf Platz 17 mit einem Rückstand von 7’10 Minuten. Der Italiener fährt eine ganz starke Tour, ist meistens an der Seite der Favoriten zu finden, und fährt auch heute wieder ein starkes Rennen:

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Im Feld schlagen die Helfer von Armstrong und Hamilton ein unglaubliches Tempo an. Binnen weniger Kilometer hat sich die Gruppe des Pelotons auf knapp 50 Fahrer reduziert. Und leider auch die lange Zeit Führenden des heutigen Tages werden bald wieder eingeholt sein. Unglaublich, was Oscar Sevilla und José Azevedo für ihre Kapitäne leisten. Hinauf zum Chalimont sehen wir jetzt auch das Gelbe Trikot von Hamilton und direkt daneben Ivan Basso in vorderster Front Tempo bolzen:

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Offensichtlich fordert Hamilton um sein Trikot, Iban Mayo hat nämlich an der Seite von Noe den Anschluss zur Spitzengruppe wieder herstellen können und fährt nun im virtuellen „Maillot Jaune“! Bis zum Gipfel sind noch 7,5 Kilometer zu fahren und die nächste Tempoverschärfung folgt in diesem Moment: Virenque, Gonzalez de Galdeano, Rogers und andere versuchen ihr Glück. Die Schlussoffensive hat begonnen, und was macht Armstrong? Sehen Sie selbst:

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Scheinbar durch nichts aus der Ruhe zu bringen, fährt der Texaner weiter sein Tempo! Was ist mit ihm los? Normalerweise müssten die ständigen Tempoverschärfungen der Konkurrenz doch eine Einladung für ihn zur Konterattacke sein. Mayo und Noe sind schon wieder eingeholt, und wir sehen jetzt auch einen Antritt von Simoni und Menchov – dem Sieger der letzten Pyreanäenetappe:

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Aber jetzt – Armstrong tritt an. Das sieht sehr impulsiv aus, wie der Texaner hier angeht, und was macht Hamilton? Sagen Sie mir, dass ich gerade von einer Fata Morgana getäuscht werde – der Träger des Maillot Jaune nuckelt seelenruhig an seiner Flasche währen der erklärte Favorit ein paar Meter vor ihm das Tempo verschärft – bekommt Hamilton die Sonne nicht?!?

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Entschuldigen Sie diesen Umgangston – aber so etwas habe ich ja noch nie gesehen. Jetzt drückt auch Basso auf die Tube, es kommt Bewegung in die Spitzengruppe, die Favoriten klappen das Visier runter, jetzt wird mit offenen Karten gespielt – die Zeit der Scharmützel ist hier, am Chalimot, einem Berg der zweiten Kategorie!, vorbei. Ullrich und Moreau kämpfen vorne um ihren Vorsprung, währen die Zweiergruppen Armstrong/Menchov und Basso/Simoni von hinten gewaltig aufholen:

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Dahinter hat sich eine Gruppe mit Roberto Heras, Francisco Mancebo, Tyler Hamilton und Iban Mayo gebildet. Noch sind die Abstände nicht so gravierend, aber besonders Moreau und Ullrich machen weiterhin einen sehr guten Endruck. Wir sehen, wie Ivan Basso zu dem Führungsduo aufschließen kann. Armstrong hingegen scheint dem Tempo an der Spitze nicht ganz folgen zu können – ist der Texaner wirklich nicht 100%ig fit? An der Seite von Menchov und Simoni folgt er ein paar Sekunden nach dem Führungsduo über den Chalimont:

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Die Gruppe der Verfolger wird von Iban Mayo und Tyler Hamilton angeführt. Auf der kurzen Abfahrt zum Schlussanstieg erhalten wir noch einmal neue Abstände: Mayo und Hamilton liegen 50 Sekunden hinter dem Sextett an der Spitze. Im Gesamtklassement liegt Armstrong mit einem Rückstand von 1:15 Minuten aus dieser Führungsgruppe am besten, rechnen wir 20 Sekunden Zeitgutschrift für den Tagessieger dazu, könnte der Texaner glatt ins Maillot Jaune fahren und damit morgen als Letzter auf die Strecke gehen. Das wird noch ein ganz spannendes Finish, keiner der Favoriten wird sich auf den letzten sieben, acht Kilometern schonen:

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Ich habe es Ihnen ja gesagt, liebe Zuschauer, die letzten 2,3 Kilometer geht es noch einmal steil bergauf ins Ziel. Und wir sehen, wie diese Topathleten das Letzte aus sich herausholen. Vorne machen Ullrich, Basso und Moreau den Tagessieg unter sich aus, Armstrong, Menchov und Simoni können nicht mehr eingreifen. Was wäre das für eine Kampfansage von Jan Ullrich, wenn er heute diese Etappe gewinnen könnte – und damit rechtzeitig vor dem Bergzeitfahren morgen ein Ausrufezeichen setzt.

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Zu den Geschlagenen gehören heute Iban Mayo und Tyler Hamilton, die in den Pyrenäen so stark waren. Sind nun in den Alpen Jan Ullrich und Lance Armstrong dran? Zunächst einmal ist heute der Tag von Jan Ullrich, er kämpft mit Ivan Basso um den Tagessieg, die beiden liegen fast gleichauf – welch ein Finish. Und Zielfotoentscheid!

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Oh, ich glaube, das hat für Jan um Millimeter nicht gereicht – aber trotzdem Glückwunsch an den T-Mobile-Kapitän. Mit 15 Sekunden Rückstand kommt Armstrong als Vierter ins Ziel. Jetzt heißt es warten auf Tyler Hamilton. Für Armstrong wird es nicht reichen, und auch Ullrich kann heute noch nicht ins Gelbe Trikot fahren, sein Rückstand von 1:46 Minute war einfach zu groß. Hamilton ist an der Seite von Heras, Mancebo und Mayo 40 Sekunden zurück:

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Hat es also doch noch einmal knapp für Hamilton gereicht, ich rechne mal schnell – knapp 40 Sekunden dürfte sein Vorsprung auf Armstrong noch betragen und auch Jan Ullrich müsste nun bis auf 1 Minute an Hamilton herangerückt sein. Welch Showdown steht uns da morgen bevor! Ich glaube, wir können uns schon jetzt auf ein absolutes Highlight freuen. Bevor ich zurück ins Studio gebe, möchte ich noch erwähnen, dass Michael Rogers vom Team FOSTERS als 19. mit 1:37 Minute Rückstand auch heute wieder bester Fahrer seines Teams ist…

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Beitrag: # 173347Beitrag kletterMAX
2.9.2004 - 10:02

(Re)Tour: Analysen des Tages

Hallo, liebe Zuschauer. Das war doch mal was – die Favoriten kennen keine Gnade, auch am Tag vor dem großen Zeitfahren wird um jede Sekunde aufs bitterste gefightet. Wir sehen die spannendste Tour aller Zeiten und müssen uns weiter gedulden, ehe die Frage nach dem Toursieger beantwortet werden kann.

Hallo Bernard. Welche Schlüsse kann man nach dieser Etappe ziehen?

Hallo, liebe Zuschauer. Wir können uns erst einmal über eine sehr spannende Tour freuen. Ich glaube nicht, dass morgen bereits die Vorentscheidung fallen wird, dafür machen alle Fahrer da vorne noch einen zu starken Eindruck. Natürlich hat Armstrong nach wie vor die besten Karten, aber auch Ullrich hat seine Ausgangsposition verbessert.


Das hören wir natürlich besonders gerne. Müssen wir uns nicht ein wenig Sorge um Jan Ullrich machen, hat er vielleicht heute zu viel des Guten gewollt und dadurch morgen keine Kraft mehr?

Das glaube ich nicht. Jan Ullrich ist dafür bekannt, dass er sehr leidensfähig ist und sehr gut, vielleicht so gut wie kein Zweiter, regeneriert. Ich sehe eher heute einen großen psychologischen Vorteil, denn er hat sich selbst und natürlich auch der Konkurrenz bewiesen, wie stark er ist.


Lance Armstrong und Tyler Hamilton sollten also gewarnt sein. Welche Fahrer müssen wir neben den beiden Amerikanern noch auf der Rechnung haben?

Natürlich Iban Mayo, den man nie aus den Augen verlieren sollte. Moreau, Menchov und Basso hingegen sehe ich nicht als so starke Zeitfahrer, dass sie in den Kampf um die Podiumsplätze eingreifen könnten.


Ein Vierkampf also. Vielen Dank, Bernard. Wir möchten Sie mit einem Blick auf die Klassements und einem Interview mit einem sichtlich zufriedenen Jan Ullrich für heute Abend entlassen und freuen uns auf ein Wiedersehen morgen, wenn es endlich hinauf nach L`Alpe d`Huez geht – Au Revoir, liebe Zuschauer:

Tageswertung:
Rank Name Team Time
1 Ivan Basso TEAM CSC 3h58'44
2 Jan Ullrich T-MOBILE s.t.
3 Christophe Moreau CREDIT AGRICOLE s.t.
4 Gilberto Simoni SAECO + 15
5 Lance Armstrong US POSTAL SERVICE s.t.
6 Denis Menchov ILLES BALEARS - BANESTO s.t.
7 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS + 40
8 Francisco Mancebo ILLES BALEARS - BANESTO s.t.
9 Tyler Hamilton PHONAK HEARING SYSTEMS s.t.
10 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI s.t.

Gesamtwertung:
Rank Name Team Time
1 Tyler Hamilton PHONAK HEARING SYSTEMS 58h52'37
2 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI + 36
3 Ivan Basso TEAM CSC + 49
4 Lance Armstrong US POSTAL SERVICE s.t.
5 Jan Ullrich T-MOBILE + 54
6 Christophe Moreau CREDIT AGRICOLE + 1'26
7 Denis Menchov ILLES BALEARS - BANESTO + 2'45
8 Gilberto Simoni SAECO + 4'23
9 Igor Gonzalez De Galdeano LIBERTY SEGUROS + 5'21
10 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS + 5'45

15 Michael Rogers FOSTERS + 7'59
33 Bradley McGee FOSTERS + 15'16

46 Patrik Sinkewitz QUICK STEP - DAVITAMON + 22'45
49 Cadel Evans FOSTERS + 23'23

Punktwertung:
Rank Name Team Points
1 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO 315
2 Tom Boonen QUICK STEP - DAVITAMON 263
3 Baden Cooke FDJEUX.COM 238
4 Erik Zabel T-MOBILE 237
5 Thor Hushovd CREDIT AGRICOLE 192
6 Danilo Hondo GEROLSTEINER 179
7 Robbie McEwen FOSTERS 170
8 Bradley McGee FOSTERS 165
9 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI 164
10 Stuart O'Grady FOSTERS 161

Bergwertung:
Rank Name Team Points
1 Cadel Evans FOSTERS 147
2 Walter Bénéteau BRIOCHES LA BOULANGERE 112
3 Gerrit Glomser SAECO 101
4 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI 93
5 Jean-Cyril Robin FDJEUX.COM 88
6 Jérôme Pineau BRIOCHES LA BOULANGERE 87
7 Tyler Hamilton PHONAK HEARING SYSTEMS 82
8 Axel Merckx LOTTO - DOMO 79
9 Jan Ullrich T-MOBILE 78
10 Frédéric Bessy COFIDIS 73

U25-Wertung:
Rank Name Team Time
1 Patrick Sinkewitz QUICK STEP – DAVITAMON 59h15’19
2 Phillipe Gilbert FDJEUX.COM + 1’20
3 Jerome Pineau BRIOCHES LA BOULANGERE + 19’31
4 Vladimir Karpets ILLES BALEARS – BANESTO + 20’36
5 Fabian Wegmann GEROLSTEINER + 33’12

Mannschaftswertung:
! entfällt heute aufgrund eines „technischen Defekts“ !


Interview mit Jan Ullrich:

Jan, ein hervorragendes Rennen, Glückwunsch. Wie fühlen Sie sich nach diesem anstrengenden Tag?
Danke. Mir geht es sehr gut. Na ja, der Tag war schon anstrengend, aber ich fühle mich eigentlich so weit ganz locker und blicke zuversichtlich in den morgigen Tag.

Sie haben an einer recht ungewöhnlichen Stelle angegriffen, war das der Schlüssel zum zweiten Platz heute?
Vielleicht. Christophe Moreau – der ja fast schon die ganze Tour an meiner Seite fährt – hat das Tempo angezogen und da bin ich auf den Zug aufgesprungen. Als Lance und Tyler nicht reagiert haben, haben wir natürlich weiter Tempo gemacht. Auch so kann man wichtige Sekunden gewinnen – ich bin sehr zufrieden.

Wie geht es jetzt morgen weiter? Keine Angst, dass die Kräfte schwinden könnten?
Nein, überhaupt nicht. Wie gesagt, ich fühle mich gut, kenne die Kurven nach L´Alpe d`Huez natürlich wie jeder andere auch fast aus dem Schlaf und bin daher gut vorbereitet. Wir werden sehen, zu was das morgen reicht. Ich liege in einer hervorragenden Position.

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Beitrag: # 173742Beitrag kletterMAX
3.9.2004 - 11:18

Der Tag X

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Einen wunderschönen Guten Tag wünsche ich Ihnen, liebe Zuschauer. Der Tag X – auf den die Radsportwelt seit nunmehr zweieinhalb Wochen wartet, ist gekommen. Heute wird sich hinauf nach L`Alpe d`Huez entscheiden, wer das Zeug zum Toursieger 2004 hat. Doch Lance Armstrong, der bislang – so untypisch für den Texaner – keine Etappe für sich entscheiden konnte? Oder gar der ewige Zweite Jan Ullrich? Die spanische Gazelle Iban Mayo, der bei der Dauphiné Libéré das Zeitfahren hinauf auf diesen „Berg der Holländer“ so eindrucksvoll gewann? Oder kann Tyler Hamilton seinen Vorsprung sogar verteidigen und damit ein Jahr nach seiner legendären Schlüsselbeinbruch-Tour sich selbst noch einmal toppen?

Das sind die Fragen des heutigen Tages, die wir in ein paar Stunden beantwortet haben werden. Die Anspannung im Fahrerlager ist enorm, die Vorfreude und Spannung unter den Journalisten und ca. 1,5 Millionen Radsportfans an der Strecke gewaltig. Ich schaue mal eben auf das Thermometer und sehe, dass die Quecksilbersäule jenseits der 35 ° ist – Jan-Ullrich-Wetter also. Wir dürfen dem Deutschen ganz fest die Daumen drücken, vielleicht gelingt es ihm ja, 59 Sekunden auf Hamilton aufzuholen. Die 5 Sekunden Rückstand auf Lance Armstrong sind da schon fast „nebensächlich“.

Wir haben genug über die Favoriten gesprochen, gleich wird Daniel Becke von ILES BALEARS – BANESTO als erster Fahrer diese berühmt-berüchtigten 21 Kurven hinauf fahren. Nutzen wir die Zeit noch schnell für ein paar Stimmen aus dem Fahrerlager:

Andreas Kessler (T-Mobile):
Ich bin heute morgen mit Jan die letzten Kilometer noch einmal abgefahren, und Jan macht wirklich einen sehr starken Eindruck, wir sind im Team alle guter Dinge. Die anderen Mobiles werden sich etwas zurückhalten, schließlich wartet morgen gleich die nächste schwere Etappe, in der wir an der Seite von Ulle sein müssen.

Oscar Sevilla (Phonak Hearing Systems):
Wir glauben ganz fest an Tyler. Er ist nun schon zwei Wochen eine Bomben-Tour gefahren. Für uns gilt es nur Kräfte schonen, damit wir unseren Kapitän auch morgen wieder über die Berge führen können. Für mich ist es sicher schade, da ich mir normalerweise auch eine vordere Platzierung ausrechnen würde.

Floyd Landis (US Postal):
Ich kenne Lance nun schon lange, habe ihn aber noch nie so entschlossen wie heute morgen erlebt. Er brennt darauf, auf die Strecke zu gehen. Er kennt diese Kurven wie kein Zweiter und wir werden einen unvergleichlichen Armstrong erleben. Er wird den Berg hinauf fliegen, und am Ende das Maillot Jaune wieder heim holen.

Haimar Zubeldia (Euskatel-Euskadi):
Ach, wissen Sie, die großen Töne der anderen lassen uns eiskalt. Iban hat im Juni gezeigt, wer an diesem Berg der Stärkste ist. Das sagt doch alles, er wird heute sicher ins Gelbe fahren.

Die Edelhelfer klingen zuversichtlich, was sollen sie auch anderes sagen. Alles ist für den Showdown bereitet, die Fans säumen massenhaft die Strecke, und auch Petrus spielt mit. Freuen wir uns alle, auf ein hoffentlich denkwürdiges Zeitfahren hinauf nach L`Alpe d`Huez. Nun aber endlich zu unserem Kommentator, Daniel Becke steht schon auf der Startrampe…

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6.9.2004 - 19:50

16. Etappe: Bergzeitfahren L`Alpe d`Huez

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Ein Herzliches Willkommen aus L´Alpe d`Huez, liebe Zuschauer. Daniel Becke vom Team ILLES BALEARS BANESTO steht bereit, und wir sich in wenigen Augenblicken als erster Akteur auf den Weg hinauf von Bourg d`Oisans nach L`Alpe d`Huez machen. 1110 Höhenmeter sind auf 15,5 Kilometer zu bewältigen, ein mörderisch hartes Bergzeitfahren, dass den Helden der Landstraße – so werden die Radfahrer ja gerne genannt – alles abverlangen wird.

Wir sehen bei Kilometer 9,5 in Huez-en-Oisans den 122. der Gesamtwertung, Fabian Cancellara vom Team FASSA BORTOLO. Der Schweizer gilt als Zeitfahrspezialist, doch auch er wird sich heute nicht ganz vorne einreihen können. Bei der Zwischenzeitnahme kann er sich aber zunächst einmal vor dem momentan führenden Baden Cooke / FDJEUX.COM platzieren:

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Cancellara kann seinen Vorsprung behaupten, liegt im Ziel nun 9 Sekunden vor Baden Cooke. Aber, wie gesagt, liebe Zuschauer, die Fahrer, die wir momentan auf der Strecke sehen, werden mit dem Ausgang des heutigen Zeitfahrens nichts zu tun haben. Es handelt sich somit momentan nur um Momentaufnahmen. Auch ein Bobby Julich, den wir jetzt als 62. der Gesamtwertung auf der Strecke sehen, wird sich nicht unter den Top 30 platzieren:

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Für den Fahrer aus der dänischen CSC-Mannschaft heißt es heute „Kräfte schonen“ – wird er doch morgen wieder an der Seite von Ivan Basso über die letzten Berge der Alpen gehen. Wir müssen uns noch ein wenig Gedulden, ehe echte Top-20-Anwärter auf die Strecke gehen. Aus dem Ziel erhalten wir soeben die Meldung, dass auch George Hincapie / US POSTAL SERVICE die Zeit von Cancellara nicht unterbieten kann. Ein feiner Erfolg für den Schweizer, dessen Zeit an der Spitze nun aber abläuft:

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Jens Voigt kann sich deutlich an die Spitze setzen. Interessant wird auch das Duell um das weiße Trikot des besten Nachwuchsprofis. Patrik Sinkewitz / QUICK STEP – DAVITAMON liegt nach 9,5 Kilometern 20 Sekunden hinter Philippe Gilbert / FDJEUX.COM. Sein Vorsprung in dieser prestigeträchtigen Wertung ist damit auf exakt eine Minute geschmolzen. So langsam wird es auch am Start spannend, die besten 20 Fahrer der Gesamtwertung gehen nun auf die Strecke. Im Ziel führt nun Jens Voigt, da fliegt Andreas Klöden / T-MOBILE an dem vor ihm gestarteten Sven Montgomery / GEROLSTEINER vorbei und setzt zur Zwischenzeit eine neue „Marke“:

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Doch Klödens Bestzeit hält nicht lange, sein Teamkollege Santiago Botero nimmt ihm auf den ersten 9,5 Kilometern 25 Sekunden ab. Eine starke Vorstellung des ehemaligen Zeitfahrweltmeisters, der in den Bergen bislang so enttäuschte.

Gleich geht es los, liebe Zuschauer, die glorreichen Sechs der ersten zweieinhalb Wochen werden sich an den Start begeben. Im Ziel führt nun Carlos Sastre vom Team CSC mit 41: 21 Minuten. Eine erste Hausmarke, die es heute zu knacken gilt. Sechs Fahrer hat die L´Equipe heute morgen auf ihrer Titelseite zu den Favoriten auf den Tagessieg erkoren. Neben Armstrong, Ullrich, Basso, Mayo und natürlich Hamilton auch Christophé Moreau von CREDIT AGRICOLE, der soeben gestartet ist:

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Der Franzose ist bislang in den Bergen so engagiert gefahren, dass seine Nominierung in diesen Favoritenkreis zwar verwundert, aber sicher nicht unverdient ist. Im magentafarbenen T-MOBILE-TRIKOT ist nun auch Jan Ullrich gestartet. Für den Merdinger stehen nun ebenso 21 Spitzkehren auf dem Programm, wie für Ivan Basso, Lance Armstrong, Iban Mayo und Tyler Hamilton, die noch nach ihm starten werden.

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Nachdem nun auch Hamilton die Startrampe herunter gerollt ist, sind alle Fahrer auf der Strecke. Als ersten der Favoriten werden wir Moreau bei der Zwischenzeit sehen. Momentan ist an diesem Streckenpunkt Oscar Sevilla von PHONAK, und der Spanier stellt eine neue Bestmarke auf. Noch einmal 34 Sekunden schneller als Sastre, das sollte zu einer Platzierung in den Top 10 heute reichen:

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Nur wenige Minuten nach Sevilla ist Roberto Heras gestartet, über den wir noch kein Wort heute verloren haben. Ja, der Tritt des Zehnten der Gesamtwertung sieht sehr rund aus. Auch von Heras dürfen wir heute eine starke Vorstellung erwarten. Mit dem angestrebten Toursieg wird es zwar kaum etwas werden, doch die neue Bestzeit nach 9,5 Kilometern – noch einmal 32 Sekunden schneller als Sevilla – lässt einiges erhoffen:

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Sie sehen selbst, Heras hat schon Sichtkontakt zu dem vor ihm gestarteten Francesco Mancebo / ILLES BALEARS BANESTO! Eine harte Nuss hat er da für die Top-Favoriten hinterlassen, wir werden gleich sehen, ob Christophe Moreau an diese Zeit heran kommt. Der Franzose wird von seinen rund anderthalb Millionen Landsleuten frenetisch gefeiert, er fährt wirklich eine grandiose Tour. Auch heute ist Moreau wieder vorzüglich unterwegs, nach 9,5 Kilometern ist er noch fünf Sekunden schneller als Heras:

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Als nächstes fahren wir mit Jan Ullrich an die Zeitnahme heran. Der T-MOBILE-Capitän möchte heute angreifen, zeigte sich vor dem Start in Bourg d`Oisans zuversichtlich. Das Wetter spielt ihm sicher in die Karten, 35 ° sind sein Metier, da fühlt sich der Tourzweite von 1996, 1998, 2000, 2001 und 2003 wohl. Aber auch Jan Ullrich hat bei Steigungen um die 9 % zu schwitzen, der Merdinger egalisiert die Zeit von Moreau:

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Nach Ullrich ist Lance Armstrong gestartet, nun sehen wir den direkten Vergleich mit dem Merdinger. Der Tritt des Texaners ist wie immer sehr flüssig, im Vergleich zu Ullrich fliegt er auch heute wieder den Berg scheinbar hinauf mit seinem Stakkato-Schritt. Aber wir sehen es unten links auf der Uhr, Armstrong hat die Zeitnahme noch nicht ganz erreicht, da ist die Zeit von
Moreau und Ullrich verstrichen, Armstrong folgt mit sechs Sekunden zurück:

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Ein guter Auftakt aus deutscher Sicht. Sechs Sekunden sind zwar sicherlich nicht die Welt, doch eine Tendenz ist auch heute wieder zu verzeichnen: Lance Armstrong ist in diesem Jahr wahrlich nicht der gewohnte Dominator, sein sechster Toursieg in Folge in ernster Gefahr. Nach Armstrong ist mit Ivan Basso der vermeintlich schwächste Zeitfahrer gestartet, und wir sehen es: dem Italiener liegt der Kampf gegen die Uhr nicht so sehr. Mit einem Rückstand von 24 Sekunden reiht er sich zunächst auf Platz fünf ein. Jetzt aber heiß es aufgepasst:

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Die Verschnaufpause war nur kurz, mit Iban Mayo kommt der Favorit auf den Tagessieg. Nach seinem überlegenen Sieg beim Dauphiné Libéré erwarten besonders die spanischen Radsportfans heute Großes vom tapferen Kämpfer. Aber die Tour ist doch ein anderes Rennen, Mayo ist zwar stark dabei, aber auch 8 Sekunden hinter dem Führungsduo zurück. Es bleibt also ganz eng, an der Spitze der Tour. Heute scheint wahrlich keine Vorentscheidung zufallen – so die Tendenz nach den ersten 9,5 Kilometern.

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Wir warten nun nur noch auf Hamilton, und der Träger des Maillot Jaunes kommt soeben um die Ecke gebogen. Begleiten wir ihn auf den letzten Metern – auch Hamilton erreicht die Zeit von Ullrich und Moreau nicht, mit 6 Sekunden Rückstand reiht er sich gemeinsam mit Lance Armstrong auf Platz vier ein. Nun, da wir etwas Zeit zum Durchschnaufen haben, noch einmal ganz schnell für Sie der Zwischenstand: 1. Ullrich und Moreau, 3. Heras mit 5 Sekunden Rückstand, 4. Hamilton und Armstrong mit 6 Sekunden Rückstand, 6. Mayo 8 Sekunden zurück und 7. Basso mit 25 Sekunden Rückstand.

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Wir sehen gerade aus der Sicht von Jan Ullrich, dass Christophe Moreau den Abstand auf einen so starken Fahrer wie Mancebo verkürzen konnte. Welch starkes Rennen des Franzosen, er ist heute ein heißer Kandidat auf den Sieg. In meinen Augen dürfte Jan Ullrich sein schärfster Konkurrent sein, von dem T-MOBILE-Kapitän wissen wir, dass er im weiteren Verlauf eines Zeitfahrens immer stärker wird. Dagegen ist Lance Armstrong eher als Schnellstarter bekannt, diese Taktik scheint aber heute nicht aufzugehen. Wir sehen nun Roberto Heras auf das Ziel zufahren, nur wenige Augenblicke nach Macebo erreicht er L`Alpe d`Huez:

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Und – neue Bestzeit, bei 39 Minuten und 6 Sekunden bleibt die Uhr stehen. Damit ist er genau eine Minute schneller als Oscar Sevilla. Diese Zeit gilt es also heute zu knacken. Einer, der dies schaffen könnte, ist Christophe Moreau, der nun das Etappenziel erreicht. Sein Vorsprung betrug 5 Sekunden, und es wird auch jetzt knapp für den Franzosen. 39 Minuten, 1 Sekunde, 2 Sekunden und – Moreau ist im Ziel:

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Bestmarke für den Kapitän von CREDIT AGRICOLE, das Publikum ist begeistert. Wenn es schon am Nationalfeiertag nichts mit dem angestrebten Sieg für die Grande Nation wurde, vielleicht haben sie ja heute Grund zum Feiern. Gleich wird Jan Ullrich im Ziel ankommen, wir erinnern uns: Ullrich lag zuletzt mit Moreau gleichauf. Wir sehen die Uhr mitlaufen, das wird ein Wimpernschlagfinale. Der Merdinger liegt vorne … nein, zeitgleich mit Moreau erreicht er L`Alpe d`Huez:

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Welch Wahnsinn, bedenkt man, dass Moreau Opfer einer recht schwachen Zeitfahrmannschaft ist und nach Ambras 48 Sekunden auf Armstrong verlor, wäre für den Franzosen mit einem besseren Team im Kampf gegen die Uhr vielleicht sogar mehr drin. Aber konzentrieren wir uns nun auf Armstrong, sein Vorsprung auf Ullrich betrug vor der heutigen Etappe gerade einmal fünf Sekunden. Die sind nun verstrichen, Lance Armstrong erreicht das Ziel mit 13 Sekunden Rückstand:

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Für den nun folgenden Basso geht es nur um Schadensbegrenzung, der Italiener lag zur Zwischenzeit 25 Sekunden zurück, nun sind es 43. Ein ordentliches Ergebnis für den Mann von Bjarne Riis, das ihm weitere Chancen lässt. Chancen auf den Gesamtsieg hat auch weiterhin Iban Mayo, auch wenn es heute vielleicht nicht zum Tagessieg reicht:

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Der Spanier hat wie die 178 vor ihm gestarteten Spieler alles gegeben, am Ende reicht es dennoch „nur“ zu Platz fünf.: 15 Sekunden hinter Ullrich und Moreau zurück. Jetzt ist nur noch ein Fahrer auf der Strecke, und sollte er auf den letzten Metern nicht mehr einbrechen, wird Tyler Hamilton auch morgen noch das Gelbe Trikot tragen. Und das ist nicht der Fall, der Amerikaner hat sich sein Rennen heute vorzüglich eingeteilt, mit 11 Sekunden Rückstand wird Hamilton Dritter:

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Damit hat er Lance Armstrong sogar noch zwei Sekunden abgenommen, es war nicht der Tag des Texaners von US POSTAL. Doch die Abstände auf den ersten Plätzen sind sehr gering, Jan Ullrich hat seine Position zwar verbessern können, aber an der Spitze ist weiterhin alles eng beisammen. Ich habe mal eben überschlagen und zwischen dem Leader Tyler Hamilton und dem sechsten Christophe Moreau dürften weniger als 80 Sekunden liegen. Die endgültige Entscheidung wird wohl erst beim Einzelzeitfahren rund um Besancon fallen. Damit zurück ins Studio…

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7.9.2004 - 11:26

(Re)Tour: Analysen des Tages

Hallo, liebe Zuschauer. Das war´s nun also, das von vielen mit soviel Spannung erwartete Bergzeitfahren hinauf nach L`Alpe d`Huez hat im Gesamtklassement keine großen Veränderungen gebracht, wohl aber mit Christophe Moreau einen Überraschungssieger. Wir dürfen uns somit auf vier weitere spannende Tage freuen, ehe auf dem Champs Elysses der Toursieger 2004 gekürt wird.

Interessanter Beobachter der heutigen Etappe war einmal mehr Bernard Hinault, den ich herzlich begrüße. Bernard, müssen wir nun enttäuscht sein?

Zu erst einmal sind wir Franzosen sicher nicht enttäuscht. Ein toller Erfolg für Christophe, der damit seinen Kritikern – und somit auch mir – Lügen gestraft hat. Der große Triumphator hat heute gefehlt, das stimmt. Aber dies ist die Einmaligkeit der Tour 2004, fünf, vielleicht sogar sechs Fahrer können in Paris ganz oben stehen.


Meinst Du, Moreau zählt nun zu den Siegkandidaten?

Es wird schwer für ihn, das weiß ich. Aber er war bislang immer ganz vorne dabei und hat auch Zeitfahrqualitäten. Wer weiß, vielleicht wächst er ja über sich hinaus.


Ein Blick auf das Gesamtklassement zeigt, dass Hamilton mit 40 Sekunden vor seinem ärgsten Verfolger Mayo liegt. Dahinter folgen knapp Ullrich und Armstrong. Was würdest Du ihm für die morgige Etappe raten?

Morgen steht die eigentliche Königsetappe der Tour an, das weiß Hamilton. Daher sollte er alles geben und versuchen, vielleicht sogar noch ein paar Sekunden heraus zu holen, um mit einem möglichst großen Vorsprung in das Zeitfahren am Samstag zu gehen.


Könnte das Profil morgen Hamilton entgegenkommen?

Ich würde mit einem „könnte“, „muss aber nicht“ antworten. Es stehen morgen drei Berge der Ersten Kategorie und sogar ein Berg der „Ehrenkategorie“ auf dem Programm. Für den Leader des Gelben Trikots sollte es hilfreich sein, dass nach 79 von 205 Kilometern bereits die beiden schwersten Berge absolviert sind. Bis dahin muss die Konkurrenz viel Kraft lassen, das könnte ihm im Schlussspurt zu Gute kommen.

Es sieht also weiter gut aus für Hamilton. Vielen Dank, Bernard. Wir möchten uns für heutevon Ihnen mit einem Blick auf das unglaublich spannende Gesamtklassements und einem Interview mit Christophe Moreau verabschieden. Schalten Sie morgen früh wieder ein, wenn es auf die Königsetappe der diesjährigen Tour von Bourg d`Oisans nach Le Grand Bornand geht:

Tageswertung:
Rank Name Team Time
1 Christophe Moreau CREDIT AGRICOLE 39'03
2 Jan Ullrich T-MOBILE s.t.
3 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS + 3
4 Tyler Hamilton PHONAK HEARING SYSTEMS + 12
5 Lance Armstrong US POSTAL SERVICE + 13
6 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI + 15
7 Ivan Basso TEAM CSC + 43
8 Oscar Sevilla PHONAK HEARING SYSTEMS + 1'03
9 Denis Menchov ILLES BALEARS - BANESTO + 1'07
10 Francisco Mancebo ILLES BALEARS - BANESTO + 1'13

Gesamtwertung:
Rank Name Team Time
1 Tyler Hamilton PHONAK HEARING SYSTEMS 59h39'51
2 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI + 40
3 Jan Ullrich T-MOBILE + 43
4 Lance Armstrong US POSTAL SERVICE + 52
5 Christophe Moreau CREDIT AGRICOLE + 1'14
6 Ivan Basso TEAM CSC + 1'21
7 Denis Menchov ILLES BALEARS - BANESTO + 3'40
8 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS + 5'37
9 Gilberto Simoni SAECO + 5'44
10 Francisco Mancebo ILLES BALEARS - BANESTO + 7'09

29 Michael Rogers FOSTERS + 19'17
44 Bradley McGee FOSTERS + 27'06

48 Patrik Sinkewitz QUICK STEP - DAVITAMON + 30'45
49 Philippe Gilbert FDJEUX.COM + 31'23
58 Cadel Evans FOSTERS + 38'36

Punktwertung:
Rank Name Team Points
1 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO 315
2 Tom Boonen QUICK STEP - DAVITAMON 263
3 Baden Cooke FDJEUX.COM 238
4 Erik Zabel T-MOBILE 237
5 Thor Hushovd CREDIT AGRICOLE 192
6 Danilo Hondo GEROLSTEINER 179
7 Robbie McEwen FOSTERS 170
8 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI 169
9 Bradley McGee FOSTERS 165
10 Stuart O'Grady FOSTERS 161


Bergwertung:
Rank Name Team Points
1 Cadel Evans FOSTERS 147
2 Jan Ullrich T-MOBILE 113
3 Walter Bénéteau BRIOCHES LA BOULANGERE 112
4 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI 111
5 Tyler Hamilton PHONAK HEARING SYSTEMS 108
6 Gerrit Glomser SAECO 101
7 Christophe Moreau CREDIT AGRICOLE 99
8 Jean-Cyril Robin FDJEUX.COM 88
9 Jérôme Pineau BRIOCHES LA BOULANGERE 87
10 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS 86

U25-Wertung:
Rank Name Team Time
1 Patrick Sinkewitz QUICK STEP – DAVITAMON 60h10’33
2 Phillipe Gilbert FDJEUX.COM + 45’’
3 Jerome Pineau BRIOCHES LA BOULANGERE + 20’25
4 Vladimir Karpets ILLES BALEARS – BANESTO + 21’36
5 Fabian Wegmann GEROLSTEINER + 34’01

Mannschaftswertung:
1 PHONAK HEARING SYSTEMS 179h43’12
2 US POSTAL SERVICE + 9’14
3 LIBERTY SEGURSO + 9’18
4 T-MOBILE + 12’48
5 TEAM CSC + 18’01

Interview mit Christophe Moreau:

Herzlichen Glückwunsch, Christophe. Sie lagen am Ende wenige hundertstel Sekunden vor Jan Ullrich. Wie haben Sie sich heute auf der Strecke gefühlt?
Danke, hervorragend natürlich. Die Stimmung war unglaublich, ohne die Hilfe der vielen Fans am Straßenrand hätte ich es sicher nicht geschafft. Es war ein unbeschreibliches Gefühl hier heute hinauf zu fahren, ein echtes Highlight in meiner Karriere. Ich bin so glücklich und danke allen in meinem Team und den Fans für die tolle Unterstützung.

Sie gelten nun sogar als Anwärter auf den Gesamtsieg wie schätzen Sie selbst Ihre Chancen ein?
Ich habe heute zwar gewonnen, erste Anwärter auf den Triumph sind aber andere. Trotzdem werde ich alles geben und auch morgen wieder angreifen, wer weiß, im Radsport kann viel passieren.

Welchen Stellenwert hat der heutige Sieg für Sie ganz persönlich?
Einen unwahrscheinlich Großen natürlich. Ich habe Sie alle geschlagen und bewiesen, dass meine Mannschaftsleitung zu Recht so viel Vertrauen in mich gesetzt hat. Das ist eine unheimliche Genugtuung.

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Beitrag: # 175965Beitrag kletterMAX
10.9.2004 - 10:23

Auf der Königsetappe über den Col de la Madeleine

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Bonjour, liebe Zuschauer. Nur einen Tag nach dem spannenden Bergzeitfahren steht für die Fahrer heute die nächste Höchstschwierigkeit an. 5 schwere Gebirgspässe sind auf der heutigen Etappe zu bewältigen, mit dem Col de la Madeleine wartet ein ruhmreicher Berg der Ehrenkategorie bei Kilometer 79 auf das Feld.

Mit über 200 Kilometern Länge verlangt diese Etappe dem Feld alles ab, und auch Petrus hat sich noch einmal alle Mühe gegeben: Temperaturen von um die 40 ° erwarten die Fahrer am heutigen Tage, ein würdevoller Rahmen für die Königsetappe der diesjährigen Tour. Und der Faktor Wetter könnte auch heute eine ganz entscheidende Rolle spielen, gerade ein Armstrong mag es ja lieber etwas kühler.

Wir werden sehen, wenn sich die Favoriten auch im bisherigen Tourverlauf nicht viel geschenkt haben, so rechnen die Experten doch insgeheim mit einer kleinen Vorentscheidung am heutigen Tage:

Rudi Altig:
Ich bin gespannt, wie ein Moreau oder auch Hamilton die Strapazen von gestern überstanden hat. Ich glaube, dass Mayo und Ullrich heute die besten Karten haben werden. Armstrong hat so seine Probleme bei diesen mörderischen Temperaturen, Jan könnte heute einen ganz entscheiden Schritt in Richtung Toursieg machen.

Bernard Hinault:
Wir rechnen nun schon seit Tagen mit einer Vorentscheidung, aber noch ist nichts passiert, die Spitze bleibt eng beisammen. Mein Favorit ist heute Mayo, wenn er noch einmal einen solchen Tag wie in La Mongie erwischt. Aber auch Hamilton kann sich bei diesem Wetter zu Höchstleistungen quälen.

Marcel Wüst:
Ich sehe immer noch in Lance Armstrong den Fahrer mit dem größten Willen. Er steht heute mit dem Rücken zur Wand, alles redet von „Ullrich-Wetter“. Ich glaube, dass ihn das so sehr anspornen wird, dass wir heute den besten Lance Armstrong der diesjährigen Tour erleben werden. Er wird alles geben, offensiv fahren und damit am Ende erneut triumphieren.

Sie hören, die „Elefantenrunde“ ist sich einig, dass heute etwas „passiert“. Nur bei der Frage, wer der große Gewinner von Le Grand Bornand sein wird, ist man sich uneins. Hoffen wir alle, dass wir heute eine weitere denkwürdige Etappe der Tour 2004 erleben…

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Beitrag: # 178021Beitrag kletterMAX
16.9.2004 - 9:10

17. Etappe: Bourg d´Oisans – Grand Bornand

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Hallo liebe Zuschauer. Schön, dass Sie auch heute wieder dabei sind, wenn wir uns gemeinsam mit den Fahrern zu dieser frühen Stunde auf die 17. Etappe begeben. Nach dem gestrigen Bergzeitfahren, in dem die Spitze noch einmal enger zusammengerückt ist, wartet die Radsportwelt gespannt auf den heutigen Tag und den von allen prognostizierten Angriff des fünfmaligen Toursiegers Lance Armstrong. Der Texaner liegt mit 52 Sekunden Rückstand momentan auf Platz vier, er sollte sich heute ins Zeig legen, um Zeit auf die Konkurrenten um den Gesamtsieg gut zu machen.
Die erste Attacke des Tages fahren aber wie erwartet andere: es sind erst ein paar Kilometer dieser schweren Etappe gefahren, und schon sehen wir die erste Tempoverschärfung:

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Ganz vorne dabei sehen wir auch heute das Trikot des luxemburgischen Meisters von Kim Kirchen. Aus deutscher Sicht erfreulich: auch Fabian Wegmann / GEROLSTEINER, Grischa Niermann / RABOBANK und auch Patrik Sinkewitz / QUICK STEP – DAVITAMON befinden sich in der immer weiter anwachsenden Ausreißergruppe. Jetzt fahren auch Cadel Evans / FOSTERS und Phillipe Gilbert / FDJEUX.COM den Flüchtenden hinterher. Evans möchte gerne sein Bergtrikot verteidigen und Gilbert muss mit Blick auf die U25-Wertung an Sinkewitz dran bleiben. 15 Fahrer machen sich nun an der Spitze den 22 Kilometer langen Anstieg auf den Glandon hinauf:

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Der Glandon ist ein Berg der ersten Kategorie neben dem nach einer rasanten Abfahrt direkt folgendem Madeleine gleich zum Auftakt die Höchstschwierigkeit des heutigen Tages. Daher wird auch Cadel Evans mitgegangen sein, vordere Platzierungen an diesen beiden Bergen werden ihm das gepunktete Trikot bis nach Paris sichern. Ganz vorne sehen wir jetzt immer wieder Patrik Sinkewitz, der viel Führungsarbeit verrichtet. Seinem Tempo können längst nicht mehr alle folgen, Karsten Kroon / RABOBANK, Thierry Marichal / LOTTO-DOMO, Bernard Eisel / FDJEUX. COM und leider auch Fabian Wegmann / GEROLSTEINER können nicht mehr folgen:

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Wie vermutet, überschreitet Cadel Evans als Erster den Pass, sichert sich damit 30 weitere Punkte für das Bergtrikot und darf sich faktisch schon jetzt als erster australischer Sieger dieses ruhmreichen Trikots feiern lassen. Ein toller Erfolg für die Bierbrauer von Down Under, die für viel Belebung auf der diesjährigen Tour gesorgt haben. Das Feld passiert mit einem Rückstand von 5:21 den Gipfel:

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Ja, die frühe Tempoverschärfung der Ausreißer hat auch im Feld ihre Spuren hinterlassen. Eine Gruppe von rund 30 Fahrern kämpft schon jetzt um den Anschluss und wird vermutlich wieder mit großem Abstand im Ziel ankommen. Gemeinsam wird man sich in dieser Gruppe über den Madeleine zu quälen haben, den die Spitze nun bereits in Angriff genommen und zur Hälfte absolviert hat. Kurz zu Ihrer Orientierung die Abstände: Vorne eine 9köpfige Spitzengruppe mit Patrik Sinkewitz, 2:35 Minuten dahinter Ronny Scholz / GEROLSTEINER und Mirko Celestino / SAECO, weitere 1:22 Minuten Fabian Wegmann zurück und mit einem Abstand von 6:41 Minuten das Feld mit sämtlichen Favoriten:

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Gleich geht es für die Führungsgruppe über das „Dach der Tour“, und wir sehen erneut den Australier Cadel Evans ganz vorne, der damit weitere Punkte für sein Trikot hamstert und damit nun auch theoretisch nur noch durch eine Aufgabe vom Gewinn des gepunkteten Trikots zu trennen ist:

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Jetzt ist erst einmal Durchschnaufen angesagt, es folgt eine 33 Kilometer lange Abfahrt, auf der die Fahrer frische Kraft für die zweiten 100 Kilometer des heutigen Tages tanken können. Im Peloton macht weiterhin PHONAK HEARING SYSTEMS die Führungsarbeit. Nur noch 74 Fahrer befinden sich im Hauptfeld, darunter natürlich auch alle Favoriten…
Und das Hauptfeld macht nun unter der gemeinsamen Führung von T-MOBILE, TEAM CSC, EUSKATEL-EUSKADI und CREDIT AGRICOLE mächtig Tempo. Der Vorsprung der 9 an der Spitze ist auf 2:34 Minuten geschmolzen, sämtliche weiteren ehemaligen Ausreißer sind nun, am Fuße des Col de Tamié – einem Berg der zweiten Kategorie – gestellt:

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Sie sehen es, Andreas Klöden hat nun die schwere Nachführarbeit übernommen. Ist das die Vorbereitung auf einen Ullrich-Angriff? Der Col de Tamié ist ein eher kleinerer Anstieg, mit dem Col de la Forclaz und dem Col de la Croix Fry folgen aber noch zwei Gipfel der ersten Kategorie – da kann noch viel passieren. Auch am Col de Tarnié geht Evans wieder als Erster über die Bergwertung, weitere Punkte für das Trikot auf seinen Schultern. Aber die Alleinfahrt an der Spitze dürfte bald zu Ende sein, am Fuße des Forclaz beträgt der Vorsprung nur noch gut 90 Sekunden:

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Im Peloton versucht nun Bradley McGee / FOSTERS sich abzusetzen und zu einem Teamkollegen zu sprinten. Aber das Feld mit den Edeldomestiken ist auf der Hut, nimmt die Tempoverschärfung gerne an und heftete sich an das Hinterrad des kräftigen Australiers. McGee kann sich nicht richtig absetzen, dafür wird ein Ausreißer nach dem anderen eingeholt, gut 150 Kilometer Fahrt an der Spitze sind nun zu Ende. Wir können jetzt auch schön beobachten, wie sich die Anwärter auf den Gesamtsieg an die Spitze schieben:

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Die Etappe geht so langsam in die entscheidende Phase, man kann die Unruhe im Feld spüren. Die Favoriten beäugen sich in vorderster Front, kämpfen nun mit offenem Visier. Nutznießer dieser Situation ist Michael Rogers, der nach einem weiteren beherzten Antritt mit einem leichten Vorsprung über diesen Gipfel geht. Aber schon auf der Abfahrt formieren sich die Top-Platzierten zum letzten Anstieg des heutigen Tages, wir hoffen alle auf ein spannendes Finish:

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Nur noch 39 Fahrer befinden sich in diesem Feld, ganz vorne natürlich Basso, Ullrich, Mayo, Hamilton, Moreau und Armstrong. Leider ist Patrick Sinkewitz nicht mehr in der Spitzengruppe, an der Seite von McGee, Evans und Aitor Osa / ILLES BALEARS – BANESTO muss er nun um den Anschluss kämpfen. Sein Ärgster Rivale Philippe Gilbert ist nämlich weiterhin in der Spitze vertreten, könnte so heute dem Deutschen das Weiße Trikot entreißen:

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Oscar Svilla, gestern starker 8., zieht jetzt seinen Kapitän Tyler Hamilton den 11,5 Kilometer langen Anstieg zum Col de la Croix Fry hinauf. Dahinter lauern weiter die Verfolger im Gesamtklassement auf ihre Chance zum Angriff – und der erfolgt jetzt!

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Roberto Heras / Liberty Seguros tritt als Erster an! Mayo und Hamilton nehmen die Tempoverschärfung sofort auf, klemmen sich an sein Hinterrad. Was macht Ullrich? Was machen Basso, Moreau und Armstrong? War dieser Antritt zu plötzlich für sie? Auch Ullrich und Basso gehen nun nach, auch Armsrong, Moreau und Menchov versuchen zu folgen:

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Aber es sieht nicht gut aus für den Texaner. Sein Schritt wirkt schwerfällig im Vergleich zu den letzten Jahren. So schwer kämpfend haben wir den US-POSTAL-Kapitän schon lange nicht mehr erlebt. Verliert er heute die Tour? Für Jan Ullrich und Ivan Basso sieht es dagegen besser auf, sie können bis zum Gipfel aufschließen. Gemeinsam gehen die 5 an der Spitze über den Col de la Croix Fry:

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Moreau und Armstrong folgen mit einem Rückstand von 45 Sekunden. Jetzt geht es noch knapp 12 Kilometer bergab, ehe die Strapazen des heutigen Tages in Grand Bornand beendet sind. Für Armstrong wird es eine weitere kleine Niederlage geben, das steht fest. Interessant wird es an der Spitze, durch die zu vergebenden Zeitgutschriften wird der Schlussspurt spannend. Unterdessen kann ich Ihnen sagen, dass Patrik Sinkewitz knapp 3 Minuten nach Philippe Gilbert über den letzten Pass des Tages gegangen ist, der junge Mann aus Fulda wird heute sein weißes Trikot verlieren, schade.

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Der Spurt um den Tagessieg ist eröffnet! Noch liegt das Quintett an der Spitze gleichauf:

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Jan Ullrich und Tyler Hamilton fallen leicht zurück, es wird ein Dreikampf zwischen Heras, Mayo und Basso. Damit können also Mayo und Basso weitere Sekunden auf Hamilton gut machen, der heute sein Gelbes Trikot verteidigen wird. Außen schiebt sich Basso nach vorne und der Italiener gewinnt seine erste Tour-Etappe!

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Auf den weiteren Plätzen folgen Mayo und Heras, der Spanier Iban Mayo kann damit weitere 12 Sekunden auf Hamilton gut machen. Schade, dass dies Jan Ullrich nicht gelungen ist, aber vielleicht sollte der Merdinger gar nicht so sehr auf Hamilton sondern eher auf Lance Armstrong schauen. Der Texaner verliert an der Seite von Christophe Moreau 52 Sekunden:

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Mit diesen Bildern verabschiede ich mich für heute von Ihnen. Die Tour bleibt spannend, morgen folgt eine Etappe durch die Ausläufer der Alpen, sicher etwas für Sprinter oder Ausreißergruppen, ehe dann am Samstag das große Zeitfahren um Besancon folgt. Für heute aber zurück ins Studio…

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21.9.2004 - 8:29

(Re)Tour: Analysen des Tages

Bon Soir, werte Zuschauer. Eine herbe Niederlage für Lance Armstrong, der Texaner kann damit beinahe alle Chancen auf den Toursieg abschreiben – das ist die Lehre der heutigen Königsetappe. Selten hat man den Tourminator ratloser gesehen als auf der heutigen Etappe von Bourg d´Oisans nach Grand Bornand.

Bernard, erstmal herzlich willkommen. Hättest Du mit einem solchen Etappenverlauf gerechnet?

Ich möchte es anders ausdrücken: wer bislang gedacht hat, Lance Armstrong hätte nur geblufft, sieht sich eines besseren belehrt. Offensichtlich hat der US-Postal-Kapitän in diesem Jahr nicht die Klasse, um das Feld in gewohnter Manier zu dominieren. Seine Chancen auf den sechsten Toursieg sind auf ein Minimum gesunken.


Leider hat auch Dein Landsmann Christophe Moreau fast alle Chancen eingebüßt. Musste er für gestern Tribut zollen?

So sehe ich es auch. Er ist eine hervorragende Tour gefahren, hat besonders nach L´Alpe d`Huez alles gegeben und uns viele schöne Stunden geschenkt. Wir dürfen mit ihm nicht zu hart ins Gericht gehen, sollten den Hut vor dieser grandiosen Leistung ziehen.


Tyler Hamilton hat sich auch heute keine Blöße gegeben. Darf der ehemalige Helfer von Lance Armstrong nun davon träumen, seinen Ex-Boss abzulösen?

Davon träumen darf er sicher schon länger, aber seine Chancen steigen natürlich von Tag zu Tag. Er kontrolliert das Geschehen, fährt immer vorne mit und von den Gesamtsieganwärtern verabschiedet sich jeden Tag ein weiterer. Jetzt hat er nur noch zwei ernsthafte Konkurrenten…


Mayo und Ullrich. Wenn Du Dich heute auf einen dieser Drei als Toursieger 2004 festlegen müsstest, wer wäre es?

Das ist weiterhin eine sehr schwere Frage. Ich favorisiere mittlerweile Hamilton, obwohl ich meine, dass jeder der Drei den Gesamtsieg nach Hause fahren könnte. Ullrich hofft natürlich auf das Zeitfahren bei Besancon und Mayo könnte der lachende Dritte im Bunde sein. Wie sagt Bob Dylan: „The Answer my Friend, is blowing in the Wind“!

Jetzt wird es aber philisophisch. Ich glaube, wir machen lieber Schluss für heute. Bernard Hinault scheut sich weiter davor, ein klares Statement abzugeben. Die Spitze ist aber auch einfach noch zu eng beieinander. Machen Sie sich selbst ein Bild:

Tageswertung:
Rank Name Team Time
1 Ivan Basso TEAM CSC 5h19'48
2 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
3 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS s.t.
4 Tyler Hamilton PHONAK HEARING SYSTEMS s.t.
5 Jan Ullrich T-MOBILE s.t.
6 Christophe Moreau CREDIT AGRICOLE + 52
7 Lance Armstrong US POSTAL SERVICE s.t.
8 Gilberto Simoni SAECO + 1'38
9 Denis Menchov ILLES BALEARS - BANESTO s.t.
10 Richard Virenque QUICK STEP - DAVITAMON + 2'07
...
29 Michael Rogers FOSTERS + 4`57
37 Bradley McGee FOSTERS + 10'18

69 Patrik Sinkewitz QUICK STEP - DAVITAMON + 12’05

Gesamtwertung:
Rank Name Team Time
1 Tyler Hamilton PHONAK HEARING SYSTEMS 64h59'40
2 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI + 28
3 Jan Ullrich T-MOBILE + 43
4 Ivan Basso TEAM CSC + 1'01
5 Lance Armstrong US POSTAL SERVICE + 1'43
6 Christophe Moreau CREDIT AGRICOLE + 2'06
7 Denis Menchov ILLES BALEARS - BANESTO + 5'19
8 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS + 5'29
9 Gilberto Simoni SAECO + 7'23
10 Francisco Mancebo ILLES BALEARS - BANESTO + 10'28

28 Michael Rogers FOSTERS + 24'14
42 Bradley McGee FOSTERS + 37’24

48 Philippe Gilbert FDJEUX.COM + 40'36
49 Patrik Sinkewitz QUICK STEP - DAVITAMON + 42'48
57 Cadel Evans FOSTERS + 49'20

Punktwertung:
Rank Name Team Points
1 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO 315
2 Tom Boonen QUICK STEP - DAVITAMON 263
3 Baden Cooke FDJEUX.COM 238
4 Erik Zabel T-MOBILE 237
5 Thor Hushovd CREDIT AGRICOLE 192
6 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI 186
7 Danilo Hondo GEROLSTEINER 179
8 Robbie McEwen FOSTERS 170
9 Tyler Hamilton PHONAK HEARING SYSTEMS 167
10 Bradley McGee FOSTERS 165

Bergwertung:
Rank Name Team Points
1 Cadel Evans FOSTERS 247
2 Axel Merckx LOTTO - DOMO 148
3 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI 141
4 Jan Ullrich T-MOBILE 135
5 Tyler Hamilton PHONAK HEARING SYSTEMS 134
6 Marcos Serrano LIBERTY SEGUROS 130
7 Walter Bénéteau BRIOCHES LA BOULANGERE 112
8 Christophe Moreau CREDIT AGRICOLE 109
9 Marzio Bruseghin FASSA BORTOLO 104
10 Gerrit Glomser SAECO 101

U25-Wertung:
Rank Name Team Time
1 Phillipe Gilbert FDJEUX.COM 65h40’16
2 Patrick Sinkewitz QUICK STEP – DAVITAMON + 2`12
3 Jerome Pineau BRIOCHES LA BOULANGERE + 20’41
4 Vladimir Karpets ILLES BALEARS – BANESTO + 27’32

Mannschaftswertung:
entfällt aus technischen Gründen

O-Töne:

Ivan Basso (Team CSC):
Ich freue mich sehr. Ein Etappensieg bei der Tour ist etwas ganz besonderes, und das dann auch noch auf der Königsetappe, ich bin sehr stolz. Fast drei Wochen habe ich auf den heutigen Tag gewartet, vergessen sind die Qualen der letzten Tage.

José Azevedo (US POSTAL - SERVICE):
Wir haben alles gegeben und Lance so gut es ging unterstützt. Es geht ihm schon seit einigen Tagen nicht gut und heute hatte er einfach nicht genug Kraft, auf den letzten Kilometern ganz vorne mitzufahren. Er ist wahnsinnig enttäuscht, aber er wird wiederkommen. Wir glauben weiter an ihn.

Iban Mayo (Euskaltel-Euskadi):
Es hat zwar nicht zum ganz großen Wurf gereicht, aber ich bin trotzdem sehr zufrieden. Die Etappe heute hat gezeigt, dass man mich weiterhin auf der Rechnung haben sollte. Vergessen Sie nicht, auch morgen ist noch ein Tag…

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kletterMAX
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Beitrag: # 180114Beitrag kletterMAX
22.9.2004 - 16:54

Durch die Ausläufer der Alpen am Tag vor dem entscheidenden Zeitfahren

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Guten Tag, liebe Zuschauer. Einmal noch ausruhen, dann geht es in die Vollen. So könnte man die heutige Etappe über 166 Kilometer von Annemasse nach Lons-le-Saunier beschreiben. Oder vielleicht doch nicht? Der Kreis der Favoriten ist so eng zusammen, dass trotz des relativ leichten Profils auch heute wichtige Sekunden – oder sogar etwas mehr – gewonnen werden könnten.

Aber so richtig rechnet damit niemand, zwei schwerere Berge stehen gegen Mitte der Etappe auf dem Programm, zum Schluss folgen kürzere und nicht so steile Anstiege. Zu leicht eigentlich, um sich entscheidend abzusetzen. Zudem hat sich Tyler Hamilton auch gestern keine Blöße gegeben, macht gemeinsam mit Jan Ullrich und Iban Mayo den stärksten und stabilsten Eindruck.

Ideale Voraussetzungen für den Erfolg einer Ausreißergruppe also. Wir haben daher heute morgen wieder mit einigen Aspiranten auf einen Solo-Sieg gesprochen.

Michael Rasmussen ( Rabobank):
Eine interessante Etappe. Die Favoriten werden sich bestimmt etwas zurücknehmen, ihre Kräfte für morgen schonen. Das könnte eine echte Chance für eine Gruppe werden, in der ich natürlich gerne dabei sein möchte. Ich fühle mich noch fit genug dafür.

José-Ivan Gutierrez Palacios (Illes Balears–Banesto):
Wenn heute eine Gruppe mitgeht, werde ich wieder alles gegeben, dazu zu gehören. Ich habe es nun schon so oft versucht, dass ich auch heute noch einmal auf die Zähne beißen werde. Morgen ist das Einzelzeitfahren und Übermorgen wird in Paris sicher ein Sprinter an der Reihe sein. Es ist heute also die letzte Chance für Fahrer wie mich, vorne dabei zu sein.

Axel Merckx (Lotto-Domo):
Auch heute werde ich wieder in einer Ausreißergruppe dabei sein – versuche ich zumindest. Leider kann ich die Bergwertung ja nicht mehr gewinnen, trotzdem soll diese recht gut verlaufene Tour für mich einen guten Abschluss haben. Vielleicht schlägt ja heute mein Tag.

Auch wenn wir also nicht mit der letzten Motivation der Spitzenfahrer rechnen dürfen, so haben sich doch die Rolleure aus der zweiten Reihe einiges vorgenommen. Wir dürfen somit mit einem engagierten Rennverlauf rechnen. Schalten Sie ein, wenn die Fahrer auf diese recht kurze Etappe gehen…

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kletterMAX
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Beitrag: # 181186Beitrag kletterMAX
25.9.2004 - 22:42

18. Etappe: Annemasse – Lans-le-Saunier

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Mit den ersten Bildern aus dem Startort Annemasse begrüßen wie Sie, liebe Zuschauer, herzlich auf der heutigen Etappe. Sie sehen das Feld soeben durch eine der malerischen Gassen dieser malerischen Park- und Gartenstadt im Tal der Arve fahren, mit 166 Kilometern steht heute eine der kürzesten Etappen der diesjährigen Tour an – wir werden sehen, was sich auf diesem kurzen Teilstück ereignen wird. Kaum haben wir die Stadt verlassen, da sehen wir auch den ersten Angriff des Tages:

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Wie ich sehe, leuchtet nach einigen Tagen auch mal wieder ein FOSTERS-Trikot in dieser Gruppe auf. Ich glaube, die Bierbrauer haben diesmal Scott Sunderland mit nach vorne geschickt – ja er ist es. Schauen wir mal weiter durch, wer sich in dieser großen Gruppe befindet: da haben wir wieder einmal Ronny Scholz und Sven Montgomery von GEROLSTEINER, zudem Marzio Bruseghin / FASSA BORTOLO und weiterhin die LOTTO-DOMO-Männer Axel Merckx und Koos Moerenhout, sowie Gerrit Glomser / SAECO, Marcos Serrano / LIBERTY SEGUROS, Vladimir Karpets / ILLES BALEARS – BANESTO, Juan-Antonio Flecha /FASSA BORTOLO,
Erik Dekker / RABOBANK, Philippe Gilbert / FDJEUX.COM, Grischa Niermann / RABOBANK, Laurent Dufaux / QUICK STEP – DAVITAMON, Dariusz Baranowski / LIBERTY SEGUROS, Tom Boonen / QUICK STEP – DAVITAMON und Frederic Guesdon / FDJEUX.COM. Eine interessante Gruppe, die sich da zusammen- und nach gut 25 Kilometern 2:43 Minuten vom bummelnden Feld abgesetzt hat:

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Eine illustre Gruppe also an der Spitze, mit den üblichen Verdächtigen, aber auch mit Phillippe Gilbert, der sich offensichtlich heute endgültig das Weiße Trikot des besten Nachwuchsfahrers sichern möchte. Schade für Patrik Sinkewitz, für den der Zug erst einmal abgefahren ist. Im Feld kontrolliert PHONAK weiterhin das Geschehen, das Gelbe Trikot von Tyler Hamilton ist nicht in Gefahr.
Gemeinsam macht sich die Spitzengruppe nun an den ersten echten Anstieg des heutigen Tages, den Col de la Faucille hinauf. Halt, die Gruppe ist doch nicht mehr komplett, ich sehe, dass Tom Boonen und Frederic Guesdon zurückgefallen sind. Die Spitze liegt übrigens gut sechs Minuten vor dem Feld:

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Aus dem sich nun Michael Rasmussen / RABOBANK zu lösen versucht. Und der Däne kann sich tatsächlich, gut drei Kilometer unter dem Gipfel vom Feld absetzen. Er macht sich nun als Einzelkämpfer zunächst auf die Verfolgung von Boonen und Guesdon, deren Tritt jetzt doch schon etwas schwerfällig wirkt. Vorne hat übrigens Dariusz Baranowski von Liberty Seguros die Bergwertung für sich entscheiden können. Das Feld bummelt übrigens mit einem Gesamtabstand von 7:34 Minuten über den Faucille:

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Nach einer kurzen Abfahrt wartet der Cote de Lajoux. Ein kurzer Anstieg der dritten Kategorie, erneut ist Dariusz Baranowski als Erster auf dem Gipfel. Der Pole wird heute einen Sprung nach vorne in der Bergwertung machen, für den Gewinn des Bergtrikots wird es aber nicht mehr reichen – das ruht sicher auf den Schultern von Cadel Evans / FOSTERS, der sich im Feld ausruht. Guesdon und Boonen folgen 2:06 Minuten zurück und weitere zwei Minuten später sehen wir Michael Rasmussen über den Berg fahren:

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Jetzt folgt eine ziemlich lange Abfahrt, gut 25 Kilometer geht es bergab, ehe das hügelige Finish wartet. Auf knapp 50 Kilometern warten noch einmal drei kleinere Bergwertungen auf die Fahrer, eigentlich keine besondere Schwierigkeit mehr. Somit dürfte der Vorsprung von weiterhin über 7 Minuten für die Ausreißer reichen und wir dürfen uns langsam mal mit den Chancen dieser 16 Fahrer beschäftigen. Sicher ist Axel Merckx einer der Favoriten, neben ihm sollte man vor allem den Klassikerspezialisten Erik Dekker auf der Rechnung haben. Außenseiterchancen sehe ich für José-Ivan Gutierrez Palacios, Gerrit Glomser und Vladimir Karpets, noch sind alle beisammen:

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Radio Tour meldet so eben neue Abstände und an der Spitze scheint doch so langsam das Taktieren los zu gehen: Rasmussen ist beinahe auf Boonen und Guesdon aufgefahren, die 2:30 Minuten hinter den Ausreißern liegen. Das Feld folgt fast 8 Minuten dahinter. Somit steigen die Chancen des Dänen, vielleicht doch noch vorne ran zu fahren, was ja eigentlich kaum möglich ist:

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Jetzt geht es vorne über den Cote de St. Lupicin, und wieder ist es Baranowski, der die Punkte einheimst. Ein starker Auftritt, wohl vor allem für den Sponsor. An seinem Hinterrad folgt auch diesmal wieder Laurent Dufaux. Rasmussen hat sich schon etwas von seinen beiden Weggefährten abgesetzt. Weggefährte scheint nicht ganz das richtige Wort zu sein, auf jeden Fall ist er nun alleine auf der Verfolgung. Das Feld hat noch 50 Kilometer vor sich:

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Offensichtlich will man sich die Kräfte für die morgige Etappe sparen, die Anstrengungen im Peloton sind heute nicht zu groß. Wir widmen uns daher lieber der Spitzengruppe, in der Scott Sunderland nun die Hoffnungen von FOSTERS trägt. Der Australier ist als Kämpfer bekannt, aber nicht gerade als Fahrer mit gutem Stehvermögen – wie die Radfahrer gerne sagen – ich bin da mal gespannt, ob er in das Finish eingreifen kann. WAS IST DAS?! Neben mir ist alles aufgesprungen, die Stimme von Radio Tour brüllt mir ins Ohr und auch die Regie schaltet hektisch nach hinten:

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Potzblitz! Jetzt hätten wir doch fast einen großen Moment der Tour verpasst, an diesem unscheinbaren Berg ist der Großangriff auf das Gelbe Trikot erfolgt!! Ich glaube es nicht, und nicht nur ich bin ungläubig, auch meine Kollegen fassen sich an den Kopf – Jan Ullrich, Roberto Heras, Iban Mayo, Ivan Basso und auch Lance Armstrong haben sich vom Peloton abgesetzt. Ich frage, Sie fragen sich: Wo ist Tyler Hamilton???

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Der Träger des Gesamttrikots ist im Feld! Hat er den Angriff nicht mitbekommen – oder, ja ich fürchte, Hamilton kann nicht mithalten. Er sieht geschockt, schwer gezeichnet aus, was da los ist, werden wir erst heute Abend erfahren. Aber Tyler Hamilton muss quasi kampflos zu sehen, wie sich seine Konkurrenten vorne absetzen, während er selbst im Feld ums Überleben kämpft. Ja gut, ums Überleben geht es vielleicht nicht, aber es sieht so aus, als sollte ihm das Maillot Jaune entrissen werden. Er hat keine Antwort parat, liegt mit seinen Teamkollegen an der Spitze des Pelotons auf der Abfahrt bereits 50 Sekunden zurück:

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Ich fürchte, das war es für Tyler Hamilton. Wer hätte das gedacht? Der Amerikaner hat offensichtlich einen rabenschwarzen Tag erwischt, die Etappe ist nur noch gut 40 Kilometer lang. Nein, das ist zu kurz, um an die wie entfesselt Gas gebenden Superstars in der Verfolgung noch einmal heranzukommen:

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Basso, Ullrich, Armstrong, Mayo und Heras geben jetzt aber richtig Gas! Diese Spitzenleute haben für den Moment alle Rivalitäten vergessen und harmonieren wie ein Uhrwerk, diese Jungs werden dem Träger des Gelben Trikots eine böse Niederlage beibringen. Und ich glaube, sie werden auch noch ziemlich weit vorne rein fahren, alle Taktiken sind vergessen, jetzt wird richtig Tempo gebolzt, es zählt jede Sekunde. Guesdon und Boonen sind nun die ersten, die von diesem Spitzenquintett eingeholt werden:

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Ein kleiner Hügel, und dann 15 Kilometer Abfahrt sind heute noch zu absolvieren – und Tyler Hamilton kämpft darum, den Abstand in Grenzen zu halten. Doch Ullrich und Co. haben ihm bereits mehr als 2 Minuten abnehmen können. Damit wird es heute definitiv einen neuen Träger des Gelben Trikots geben. Die besten Karten hat natürlich Iban Mayo, der im virtuellen Gesamtklassement nun mit 15 Sekunden vor Jan Ullrich auf dem ersten Rang liegt.

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Das ist wirklich eine nie erwartete Wendung auf der heutigen Etappe. Ein Teilstück zum Ausruhen – dachte wir alle, und dann dies. Ich kann es immer noch nicht fassen. Aber zurück zum aktuellen Geschehen: Gutierrez Palacios erklimmt den abschließenden Cote de Nogna als Erster:

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1:21 Minuten zurück sehen wir Ullrich und Co. über diesen Berg fahren, gemeinsam mit Scott Sunderland, Ronny Scholz und Koos Moerenhout, die aus der Spitze zurück gefallen sind. Danach folgt Michael Rasmussen, insgesamt 2:42 Minuten zurück, und dann kommt das Feld mit dem geschlagenen Hamilton:

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Die letzten Kilometer bis ins Ziel werden auf der Abfahrt hinunter nach Lans-le-Saunier nicht mehr allzu lange dauern. Vielleicht kann Hamilton den Abstand noch mal leicht verkürzen, die Gruppe um Iban Mayo legt nun doch die Beine etwas hoch – obwohl die Spitze schon in Sichtweite ist. Zu wichtig ist es für Ullrich, Mayo und Armstrong nun doch, vor dem morgigen entscheidenden Einzelzeitfahren noch ein paar Kräfte zu sparen. Hamitlon hingegen kann den Traum vom Toursieg begraben, dafür hat er heute zuviel Zeit verloren. Die Spitze biegt nun auf den Schlusskilometer ein:

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Gutierrez Palacios und Merckx haben den Sprint als Erste angezogen und die beiden haben den richtigen Moment gewählt, der Tagessieg wird heute unter ihnen ausgemacht. Ihre Mitstreiter haben den Anschluss verloren, sprinten nur noch um die Plätze. Und vorne wird es ganz eng, Merckx und Palacios liegen immer noch fast gleichauf – der Spanier kann sich leicht nach vorne schieben und gewinnt um Haaresbreite vor Axel Merckx:

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Was für ein großer Tag für den Spanier! Und auch sein Landsmann Iban Mayo kann sich freuen, er fährt als Erster der Topstars über die Ziellinie und darf von nun an das Gelbe Trikot tragen:

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José-Ivan Gutierrez Palacios und Iban Mayo – das sind die Gewinner des heutigen Tages! Was für ein Feiertag in Spanien, aber auch Jan Ullrich, nun auf Platz Zwei der Gesamtwertung, darf sich als Gewinner fühlen. Verlierer des Tages ist hingegen Tyler Hamilton, der nun in das Ziel kommt. Mit einem Blick auf den enttrohnten PHONAK-Kapitän geben wir zurück ins Studio – erholen Sie sich von dieser atemberaubenden Etappe:

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Beitrag: # 181682Beitrag kletterMAX
27.9.2004 - 7:13

(Re)Tour: Analysen des Tages

Hallo zurück bei der Tour de France, liebe Zuschauer. Das war heute eine denkwürdige Etappe, mit einem überraschenden Ergebnis. Tyler Hamilton, souveräner Träger des Gelben Trikots seit der zwölften Etappe, hat am Tag vor dem Zeitfahren nach Besancon die Gesamtführung verloren. Und das auf dem als nicht besonders schwierig eingestuften Teilstück von Annemasse nach Lans-le-Saunier.

Hallo, Bernard, was ist heute passiert?

Hallo, die Tour hat eine neue Wendung genommen. Wir hätten es fast nicht mehr gedacht, aber auf dieser Etappe ist etwas Dramatisches passiert. Tyler Hamilton hat seinen ersten Toursieg weggeschmissen – obwohl er so souverän in der letzten Woche war. Ich kann mir diese Schwäche kaum erklären.


Hatte er womöglich einen Hungerrast?

Oder eine Infektion – so scheint es zumindest. Man sagt, ein Radfahrer hat im Laufe einer Rundfahrt immer einen schwachen Tag. Wahre Größe zeigt sich dann, wenn dies nicht auffällt. Tyler Hamilton hat dieser eine schwache Tag die Tour gekostet. Auch Lance Armstrong hatte ihn schon, als er gestern nicht ganz vorne mithalten konnte.


Nach fast drei Wochen haben nun nur noch Iban Mayo und Jan Ullrich keine Schwäche gezeigt. Ist dies ein gutes oder ein schlechtes Omen für Morgen?

Ein Gutes – glaube ich. Das Zeitfahren ist zwar anstrengend, aber nach fast drei Wochen Tour de France Rundfahrt wird man sich auf diesen gut 60 Kilometern auch ein Bein ausreißen, falls es sein muss. Da wird eine Schwäche nicht so gravierend sein. Mayo und Ullrich haben nun definitiv die besten Möglichkeiten auf den Gesamtsieg.


Und nicht Lance Armstrong?

Mit Armstrong muss man immer rechnen, er hat heute einen sehr starken Eindruck gemacht, und scheint wieder da zu sein. Allerdings liegt er über eine Minute hinter Jan Ullrich, der ebenfalls ein sehr, sehr starker Zeitfahrer ist. Er kann Ullrich schlagen, aber eine Minute sollte er ihm nicht abnehmen können.

Vielen Dank für Deine Einschätzung, Bernard. Das hören wir natürlich gerne, Jan Ullrich hat auch nach Meinung unseres Gastes sehr gute Chancen auf seinen zweiten Toursieg. Schalten Sie daher unbedingt wieder ein, wenn morgen das Zeitfahren um Besancon gefahren wird.

Tageswertung:
Rank Name Team Time
1 José-Ivan Gutierrez Palacios ILLES BALEARS - BANESTO 3h38'05
2 Axel Merckx LOTTO - DOMO s.t.
3 Gerrit Glomser SAECO s.t.
4 Marcos Serrano LIBERTY SEGUROS s.t.
5 Vladimir Karpets ILLES BALEARS - BANESTO s.t.
6 Juan-Antonio Flecha FASSA BORTOLO s.t.
7 Erik Dekker RABOBANK s.t.
8 Philippe Gilbert FDJEUX.COM s.t.
9 Grischa Niermann RABOBANK s.t.
10 Sven Montgomery GEROLSTEINER s.t.
11 Laurent Dufaux QUICK STEP - DAVITAMON s.t.
12 Dariusz Baranowski LIBERTY SEGUROS s.t.
13 Marzio Bruseghin FASSA BORTOLO s.t.
14 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
15 Ivan Basso TEAM CSC s.t.
16 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS s.t.
17 Jan Ullrich T-MOBILE s.t.
18 Lance Armstrong US POSTAL SERVICE s.t.
19 Scott Sunderland FOSTERS + 2'15
20 Ronny Scholz GEROLSTEINER + 2'52
21 Koos Moerenhout LOTTO - DOMO s.t.
22 Tyler Hamilton PHONAK HEARING SYSTEMS + 3'25


Gesamtwertung:
Rank Name Team Time
1 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI 68h38'12
2 Jan Ullrich T-MOBILE + 15
3 Ivan Basso TEAM CSC + 34
4 Lance Armstrong US POSTAL SERVICE + 1'16
5 Tyler Hamilton PHONAK HEARING SYSTEMS + 2'57
6 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS + 5'01
7 Christophe Moreau CREDIT AGRICOLE + 5'03
8 Denis Menchov ILLES BALEARS - BANESTO + 8'16
9 Gilberto Simoni SAECO + 10'20
10 Francisco Mancebo ILLES BALEARS - BANESTO + 13'25

27 Michael Rogers FOSTERS + 27'11
42 Philippe Gilbert FDJEUX.COM + 40'03
43 Bradley McGee FOSTERS + 40'22
51 Patrik Sinkewitz QUICK STEP - DAVITAMON + 45'46
57 Cadel Evans FOSTERS + 52'18

Punktwertung:
Rank Name Team Points
1 Alessandro Petacchi FASSA BORTOLO 315
2 Tom Boonen QUICK STEP - DAVITAMON 263
3 Baden Cooke FDJEUX.COM 238
4 Erik Zabel T-MOBILE 237
5 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI 193
6 Thor Hushovd CREDIT AGRICOLE 192
7 Danilo Hondo GEROLSTEINER 179
8 Robbie McEwen FOSTERS 170
9 Tyler Hamilton PHONAK HEARING SYSTEMS 167
10 Bradley McGee FOSTERS 165

Bergwertung:
Rank Name Team Points
1 Cadel Evans FOSTERS 247
2 Axel Merckx LOTTO - DOMO 186
3 Gerrit Glomser SAECO 152
4 Marcos Serrano LIBERTY SEGUROS 143
5 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI 141
6 Dariusz Baranowski LIBERTY SEGUROS 136
7 Jan Ullrich T-MOBILE 135
8 Tyler Hamilton PHONAK HEARING SYSTEMS 134
9 Marzio Bruseghin FASSA BORTOLO 115
10 Walter Bénéteau BRIOCHES LA BOULANGERE 112

U25-Wertung:
Rank Name Team Time
1 Phillipe Gilbert FDJEUX.COM 69h18’30
2 Patrick Sinkewitz QUICK STEP – DAVITAMON + 5`26
3 Jerome Pineau BRIOCHES LA BOULANGERE + 24’36
4 Vladimir Karpets ILLES BALEARS – BANESTO + 27’18
5 Fabian Wegmann GEROLSTEINER + 56’40

Mannschaftswertung:
1 PHONAK HERING SYSTEMS
2 LIBERTY SEGUROS + 5’06
3 US POSTAL SERVICE + 10’30
4 T-MOBILE + 13’01
5 ILLES BALEARS – BANESTO + 18’24


Interview mit Jan Ullrich:

Herr Ullrich, dürfen Sie sich nun als heimlicher Gewinner der heutigen Etappe fühlen??
Nun ja, Gewinner gibt es heute viele. Sicher ist Iban Mayo einer der ganz großen Gewinner des heutigen Tages. Aber auch ich bin sehr zufrieden. Meine Position in der Gesamtwertung hat sich verbessert.

Sie werden morgen sicher voll angreifen?
Natürlich, ich muss immerhin noch 15 Sekunden auf Mayo aufholen, der auch ein ordentlicher Zeitfahrer ist. Zudem sitzt mir Lance Armstrong noch im Nacken. Nein, taktieren ist nicht möglich. Es gilt, volle Pulle zu fahren.

Was kann Sie nun noch vom zweiten Toursieg trennen?
Daran möchte ich nicht denken, außerdem ist beim Radsport alles möglich. Meine volle Konzentration gilt der morgigen Etappe, danach schauen wir weiter.

R. Heras
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Beitrag: # 181706Beitrag R. Heras
27.9.2004 - 10:01

Super coole AAR und Ulle fährt auf der übernächsten Etappe in Gelb! Der wird Mayo wegfegen im EZF!

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kletterMAX
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Beitrag: # 181707Beitrag kletterMAX
27.9.2004 - 10:11

Danke für das Lob :)
Klasse, mal wieder ein Feedback zu kriegen - Jetzt wird es spannend!

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kletterMAX
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Beitrag: # 181709Beitrag kletterMAX
27.9.2004 - 10:12

Die Entscheidung bei Besancon

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Guten Tag, liebe Zuschauer. Der Altmeister des Krimis, Alfred Hitchcock, hätte es nicht spannender machen können: am Tag des Zeitfahrens um Besancon können noch drei Fahrer auf den Sieg bei der Tour 2004 hoffen. Der Träger des Gelben Trikots, Iban Mayo, sowie seine Verfolger Jan Ullrich und Lance Armstrong haben noch reelle Chancen auf den Gesamtsieg. Ivan Basso hingegen, immerhin Dritter im Gesamtklassement, ist weniger als starker Zeitfahrer bekannt und dürfte daher für einen Platz auf dem Podium nicht in Frage kommen.

Irgendwie fühlt man sich heute morgen stark an 1989 erinnert, als Greg LeMond im Jahrhundertfinale seinem Kontrahenten Laurent Fignon beim abschließenden Zeitfahren auf dem Champs-Élysées das Maillot Jaune entriss. Ein ähnlich spannendes Finish wird auch heute erwartet, führen wir uns noch einmal die Ausgangssituation vor Augen: Iban Mayo führt mit 15 Sekunden vor Jan Ullrich, dahinter folgt mit einem Abstand von 1:15 Minuten auf den Führenden Lance Armstrong in Lauerstellung.

Bald wird das Zeitfahren von Daniel Becke eröffnet, die „großen Drei“ werden ab 16:30 Uhr an den Start gehen. Wir sprachen mit einigen Experten über die Chancen von Mayo, Ullrich und Armstrong:

Pedro Delgado:
Ich hoffe natürlich, dass Iban Mayo den Vorsprung behalten kann. Aber da ist wohl eher der Wunsch Vater des Gedankens, in meinen Augen müsste Jan Ullrich heute das Gelbe Trikot erobern und damit zum zweiten Mal die Tour gewinnen können.

Rolf Aldag:
Ein Toursieger 2004, der nicht Jan Ullrich heißt, wäre eine Riesenenttäuschung. Jan hat die beste Ausgangsposition, nun kommt seine Lieblingsdisziplin. Das darf er einfach nicht mehr vermasseln.

Eddy Merckx:
Armstrong ist am stärksten, wenn er mit dem Rücken zur Wand steht. Er muss angreifen, und er liebt es, anzugreifen. Er hat außerdem den größten Willen im Peloton. Auch wenn er vor zwei Tagen schon abgeschrieben wurde, mich würde der sechste Tourerfolg von Lance Armstrong nicht wundern. Ich habe ihn noch auf der Rechnung.

Es scheint also mal wieder, das ewige Duell Armstrong-Ullrich zu geben. Mayo werden nur vage Chancen eingeräumt, doch der Spanier ist eine hervorragende Tour gefahren. Warum soll er nicht auch heute überzeugen? Hohlen Sie sich noch ein kühles Blondes und genießen mit uns den „Showdown 2004“…

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RomStar
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Beitrag: # 181772Beitrag RomStar
27.9.2004 - 14:14

Hi, bin neu hier, Radsport- und RM Fan und fand die Atmosphäre auf diesem Board sehr gut, weshalb ich mich mal registriert habe.
Nun aber zum Thema:
Super geiler AAR, die Bilder sind traumhaft, die Trikots auch, wo haste die Leadertrikots her? Welche Database benutzt du?
Der Stil gefällt mir sehr gut, die Vor- und Nachbesprechungen sind genial, Außerdem sind die Etappen seeehr spannend geschrieben. Nun will ich aber auch sehen wie's endet! Also mach auf jeden Fall weiter! Mein Tipp ist natürlich Ullrich, der wird sich das nicht mehr nehmen lassen.
p.s: Die letzte Etappe war ja richtig genial!

MfG RomStar
Alejandro Valverde - Die nächste Generation

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kletterMAX
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Beitrag: # 181960Beitrag kletterMAX
27.9.2004 - 21:35

Hi RomStar,

schön, dass Dir der AAR so gut gefällt :)
also, ich nutze noch eine der ersten Versionen von Plakkers DB (noch vor der Tour de France erstellt), Leadertrikots weiß ich selbst gar nicht mehr 100%ig, aber ich meine, die wären von Legolas... (Weiß nicht mehr, wo man sie downloaden kann :roll:)

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kletterMAX
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Beitrag: # 184094Beitrag kletterMAX
4.10.2004 - 11:42

19. Etappe: Einzeleitfahren um Besancon

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Hallo, liebe Zuschauer – Herzlich Willkommen zur entscheidenden Etappe der diesjährigen Tour. Wir begrüßen Sie mit den ersten Bildern live vom Einzelzeitfahren um Besancon, wir sehen im Bild Uwe Peschel vom TEAM GEROLSTEINER, der als 177. der Gesamtwertung auf die Strecke gegangen ist und heute eine Platzierung unter den Top 20 anstrebt. Das Wetter ist nicht mehr ganz so heiß, wie in den Alpen, aber mit rund 30 ° immer noch richtig schön warm. Tja was erwartet uns heute? Sicher der große Zweikampf zwischen Iban Mayo und Jan Ullrich um das Gelbe Trikot, aber natürlich auch das Duell Ullrich gegen Armstrong um den Tagessieg…

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Im Bild sehen wir nun Fabian Cancellara von FASSA BORTOLO, der schon nach der ersten und jetzt auch nach der zweiten Zwischenwertung rund 20 Sekunden vor Uwe Peschel liegt. Uwe Peschel führt das Feld also immer noch an, aber offensichtlich nur noch rund 20 Minuten, dann wir ihn Cacellara an der Spitze ablösen. Aber auch, wenn Cancellara hier ein starkes Rennen fährt, am Ende wird der Prolog-Spezialist mit dem Tagessieg nichts zu tun haben. Es ist jetzt bereits kurz vor halb vier und in einer knappen Stunde wird es dann richtig ernst, wenn die Top Ten der Gesamtwertung an den Start gehen.

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Interessant wird aus deutscher Sicht bis dahin das Duell Patrik Sinkewitz / QUICK-STEP DAVITAMON gegen Philippe Gilbert / FDJEUX.COM. Sinkewitz wird heute sicher nicht die fünfeinhalb Minuten gut machen können, die er hinter dem Träger des Weißen Trikots zurückliegt, dennoch wäre ein Erfolg im direkten Vergleich gegen den Franzosen gut fürs Image. Momentan ist Sinkewitz bei der ersten Zeitnahme Zehnter, knapp 16 Sekunden hinter Michele Bartoli / TEAM CSC. Bartoli wird sich aber nicht lange über die Führung freuen können, denn jetzt sehen wir einen starken Teamkollegen:

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Der Berliner Jens Voigt aus dem Team von Bjarne Riis stellt eine phantastische neue Bestzeit auf! Wenn der Mecklenburger dieses Tempo bis ins Ziel halten kann, dürfte er am Ende unter den besten Zehn landen, und das wäre ein toller Erfolg. Stichwort Erfolg: auch Sinkewitz könnte den angestrebten Prestige-Erfolg feiern, nach den ersten 20 Kilometern liegt er fünf Sekunden vor Gilbert. Zwar knapp, aber immerhin. Voigt führt auch nach der zweiten Zwischenzeit, konnte seinen Vorsprung auf den im Ziel immer noch führenden George Hincapie / US POSTAL SERVICE sogar auf 45 Sekunden ausbauen, ein bärenstarkes Rennen. Ein kluges Rennen fährt auch Gilbert, der nun mit Sinkewitz gleichauf liegt:

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Nicht nur die Stimmung, sondern natürlich auch die Spannung steigt an der Strecke, unter den Reportern und im Ziel. Soeben ist Francisco Mancebo / ILLES BALEARS – BANESTO auf die Strecke gegangen und nun macht sich Christophe Moreau / CREDIT AGRICOLE, Held der Franzosen auf die rund 60 Kilometer lange Strecke:

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Nach seinem Sieg hinauf nach L`Alpe d`Huez erwarten die Franzosen auch heute von Moreau eine vordere Platzierung. In der Gesamtwertung ist Moreau momentan 7., er hat aber noch Chancen den direkt vor ihm platzierten und jetzt gestarteten Roberto Heras / LIBERTY SEGUROS heute einzuholen. Heras liegt schlappe 2 Sekunden vor dem besseren Zeitfahrer Moreau, das dürfte für den Franzosen machbar sein. Oben links sehen wir, dass Jens Voigt weiterhin nach der Kilometer 40 führt.

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Wir sehen nun Tyler Hamilton / PHONAK HEARING SYSTEMS von der Rampe rollen. Der Amerikaner wird sicherlich mit einer gehörigen Portion Wut an den Start gegangen sein, nachdem er gestern den möglichen Toursieg vergeigt hat. Nach Hamilton folgen am Start Lance Armstrong / US POSTAL SERVICE und Ivan Basso / TEAM CSC. Jetzt wird es aber richtig spannend: Jan Ullrich macht sich auf die Strecke und im Hintergrund sehen wir schon Ivan Mayo / EUSKATEL – EUSKADI, der sich auf seinen Start vorbereitet:

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Meine Damen und Herren, wenn Sie noch einmal zur Toilette müssen oder ihre Getränkevorräte auffüllen wollen, machen Sie sich jetzt auf den Weg! Jetzt ist die beste Gelegenheit dazu, in der kommenden guten ein einviertel Stunde heißt es nämlich: Daumen drücken für Jan Ullrich, der heute den Grundstein zu seinem zweiten Toursieg legen kann. Wir sehen derweil, wie sich Jens Voigt im Ziel beinahe noch den vor ihm gestarteten Axel Merckx / LOTTO - DOMO eingeholt hätte und sich an die Spitze des Feldes setzt:

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Bei der ersten Zwischenzeit ist Voigt mittlerweile von Igor Gonzalez de Galdeano / LIBERTY SEGUROS von der Spitze verdrängt worden, aber das ist nun nebensächlich. Die Fans des sympathischen Berlinerns Voigt mögen es mir verzeihen, aber der Zweikampf Ullrich-Mayo steht nun im Mittelpunkt des Interesses. Und wer weiß, vielleicht wird es ja noch ein Dreikampf mit Lance Armstrong, der auf den ersten Kilometern einen sehr starken Eindruck hinterlässt:

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Nimmt man die ersten inoffiziellen Abstände, die wir nach 12 Kilometern per Hand gestoppt von unseren Kiebitzen an der Strecke übermittelt bekommen, so führt Armstrong ein paar Sekunden vor Jan Ullrich, der ebenfalls knapp vor Mayo liegt. Warten wir aber lieber auf die ersten offiziellen Ergebnisse bei Kilometer 20. Hier führt mittlerweile souverän Christophe Moreau, der wahrlich eine beeindruckende Tour fährt. Er wird aber soeben von Tyler Hamilton von Platz 1 verdrängt:

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Roberto Heras liegt schon 25 Sekunden hinter Moreau, kann also seinen 6. Platz im Gesamtklassement nicht halten. Die Zeit von Hamilton ist nicht von schlechten Eltern, aber direkt nach dem PHONAK-Kapitän sehen wir Lance Armstrong auf die Zwischenzeit zu fahren, und der Texaner unterbietet Hamilton noch einmal um 5 Sekunden. Der Tagessieg scheint heute nur über Armstrong zu gehen. Erstmals haben wir nun für Sie Ivan Basso im Bild: mit einem Rückstand von gut 22 Sekunden auf Armstrong hält er sich wacker:

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Das ist in ungefähr das, was sich die Fans des Italieners von ihm erwarten durften. Natürlich wird der nach Basso gestartete Jan Ullrich schneller sein – das hoffen wir zumindest. Doch, Jan Ullrich sieht gut aus, sein Tritt mach einen runden, ruhigen, kraftvollen Eindruck. Das lässt uns hoffen, bei der Zwischenzeit kann er Lance Armstrong zwar nicht das Wasser reichen, aber ein Rückstand von 3 Sekunden ist bei einem Vorsprung von einer Minute vor der Etappe kein Beinbruch:

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Sollte sich Ullrich nicht noch einen richtigen Schwächeeinbruch erlauben, so dürfte Armstrong auf Distanz gehalten werden können. Damit dürfen wir uns nun voll und ganz auf das Duell mit Iban Mayo konzentrieren, der vor der Etappe 15 Sekunden vor Ullrich lag. Das ist nicht viel bei einem solch langen Zeitfahren. Iban Mayo kämpft verbissen um jede Zehntel, wir sehen ihn hier in der Großeinstellung wunderbar fighten, aber er wirkt schon jetzt nicht mehr so „frisch“ wie Ullrich:

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Der Vorsprung ist auf 5 Sekunden geschmolzen, liebe Zuschauer, es sieht hervorragend aus für Jan Ullrich. Unsere Rechnung scheint aufzugehen. Kurz vor der zweiten Zwischenzeit sehen wir Christophe Moreau, wie er den vor ihm gestarteten Denis Menchov / ILLES BALEARS – BANESTO überholt! Ein super Rennen des Franzosen, der sich nun auch mit fast einer Minute vor Gonzalez de Galdeano nach 40 Kilometern an die Spitze setzt:

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Armstrong, Ullrich, Hamilton und vielleicht auch Mayo werden sich bestimmt noch vor Moreau platzieren, aber der Kapitän von CREDIT AGRICOLE fährt wirklich einen starken Abschluss der Tour und wird sich spätestens heute mit den vielen Kritikern in seinem Heimatland versöhnen. Wir sehen nun Lance Armstrong bei der zweiten Zwischenzeit:

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Der fünfmalige Toursieger zeigt heute eindrucksvoll, dass er noch „da“ ist. Leider ist für ihn die Tour wohl gelaufen, aber für den Tagessieg bleibt er ein Topfavorit. Auch Jan Ullrich, der nun auf die Marke zufährt, wird ihn nicht von Platz Eins nach 40 Kilometern verdrängen können. Aber das ist unwichtig, Ullrich fährt sein Rennen gegen Mayo, und da sieht es weiter gut aus:

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Zehn Sekunden Rückstand auf Armstrong, das kann „Ulle“ verknüsen! Zählen Sie mit, wie weit Iban Mayo bereits zurückliegt: elf, zwölf, dreizehn, vierzehn, fünfzehn, sechszehn, siebzehn – achtzehn! Jan Ullrich hat soeben das virtuelle Gelbe Trikot übernommen:

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Jetzt bloß keine Schwäche mehr – dann ist der Toursieg 2004 zum Greifen nahe! Was wäre das für ein Erfolg für den Merdinger, der in den letzten Jahren mit so vielen Rückschlägen zu kämpfen hatte. Endlich einmal Armstrong geschlagen, den Makel des ewigen Zweiten abgelegt. Eine Genugtuung par excellence für den Deutschen! Christophe Moreau ist nun im Ziel, und das 1:26 vor Gonzalez de Galdeano – Respekt! Roberto Heras landet über eine Minute hinter Moreau, der seine Mission damit erfüllt hat. Nun kommt Tyler Hamilton ins Ziel:

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Ein sehr starkes Rennen des tapferen Amerikaners, das beinahe in der Aufregung um Ullrich und Mayo untergegangen wäre. Aber Hamilton wird nicht lange auf Platz Eins stehen bleiben, denn schon rollt sein Landsmann Lance Armstrong auf die Ziellinie zu:

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Wie nicht anders zu erwarten – neue Bestzeit für Armstrong! Ich glaube, an diese Zeit wird auch ein Jan Ullrich nicht mehr herankommen, der jetzt trotzdem alles gibt, denn in der Endabrechnung kann jede Sekunde entscheidend sein. Wir sehen Ivan Basso mit 58 Sekunden Rückstand ins Ziel einfahren, eine gute Leistung des Italieners, der damit dennoch den dritten Platz an Lance Armstrong verloren hat. Fahren wir nun gemeinsam mit Jan Ullrich ins Ziel:

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Platz zwei für den Merdinger! Selten wird er eine Niederlage gegen Lance Armstrong mehr genossen haben als heute. Das ist ein hervorragendes Ergebnis, denn jetzt wird gleich Iban Mayo ins Ziel kommen und wir werden wissen, ob es bei dem Vorsprung für Jan Ullrich geblieben ist:

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Mayo wird Vierter – 23 Sekunden hinter Jan Ullrich, der damit mit einem Vorsprung von 8 Sekunden – und damit dem zweit knappsten aller Zeiten – morgen auf die letzte Etappe nach Paris geht. Damit hat es Ullrich nun selbst in der Hand! Mit einem Bild auf den strahlenden neuen Träger des Gelben Trikots geben wir zurück ins Studio:

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R. Heras
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Beitrag: # 184115Beitrag R. Heras
4.10.2004 - 13:36

Super Sache! Ulle gewinnt und das hier wird AAR des Monats...finde ich!

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