Jerdona Zeres [Vuelta 2007 - beendet]

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Moderator: Grabba

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arkon
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Beitrag: # 292278Beitrag arkon
14.8.2005 - 16:31

„Eine starke Attacke, die der junge Valverde da fährt, aber so richtig kommt er nicht weg.“
„Zeres steigt ihm hinterher, und er sieht ebenfalls sehr gut aus“
„Olala, da haben wir die Bilder vom Hauptfeld. Da steht nix mehr. Die Attacke der beiden Spanier hat die Gruppe gesprengt. Hier sehen wir Popovych, der wirklich ein wahnsinniges Tempo hier hinauf anlegt. Armstrong ist noch hinter ihm, doch wo ist Vinokourov? Wir suchen noch, wurde er vielleicht abgehängt?“

Er blickte sich kurz um, nur um zu erkennen, das Vinokourov einige Meter hinter ihm fuhr. Egal. Sein Fokus lag 100 Meter vor ihm, auf Valverde. Von Contador hatte er nichts mehr gesehen, es war also ein Zweikampf geworden. In der Wertung hatte er 1:30 Minuten Vorsprung vor dem Spanier, also müsste er schon erheblich Zeit verlieren. Aber es war eben erst die vorletzte Etappe. Nichts riskieren…

„Und hier sehen wir Vinokourov, vor Armstrong. Der hängt immer noch hinter Popovych und zwar etwa 30 Sekunden dahinter, wie der Tourfunk uns gerade mitteilt“
„Aber das fast schon spannendere Duell spielt sich hier vorne ab. Jerdona Zeres gegen Alejandro Valverde. Valverde hat noch ungefähr 100 Meter Vorsprung, mal mehr, mal weniger. Zeres kommt kaum näher…“

Wieder eine steile Rampe. Jerdona stand auf und stampfte mit aller Kraft in die Passage hinein. Er wusste, dass er sich gerade übernahm, wertvolle Reserven für das Etappenfinale raubte. Sterne erschienen vor seinen Augen…

„Aber da ist er dran. Zeres erreicht Valverde, aber so wie es aussieht, hat er kein Interesse daran, seinen Konkurrenten hinter sich zu lassen. Valverde dreht sich um, scheint auch keine Kraft mehr zu haben…“

Aber da stand Alejandro auf, drückte kurz in die Pedale und weg war er wieder. Wahnsinnig flüssig sah es von hier aus. Woher nahm er nur diese Power? Jerdona biss wieder die Zähne zusammen, ging die Tempoverschärfung mit, fuhr das Loch mühsam Meter für Meter zu…

„Und er ist wieder dran. Keiner der beiden will sich heute mit einem zweiten Platz zufrieden geben. Und Vinokourov ist weit weg. Der Kasache kann offensichtlich nicht mit den beiden Jungprofis mithalten. Valverde fährt wie ein verrückter, versucht alles, um Zeres loszuwerden, doch der gibt noch mehr, um dranzubleiben.“
„36 Sekunden ist der Vorsprung der beiden vor Vinokourov, 27 Sekunden dahinter Armstrong. Als mehr als eine Minute für die beiden Spanier auf den Gesamtführenden.“

Valverde schien zu resignieren. Er fuhr aus der vorderen Position raus, winkte ihn stattdessen nach vorne. Das ließ Jerdona sich nicht zweimal sagen. Mit seinem eigenen Rhythmus konnte er seinen Konkurrenten kontrollieren, ihm sein Tempo aufzwingen. Er würde hinterherfahren müssen…
Er riss seine Flasche hervor, spritzte sich seinen Mund voll…

„Und da kommt die Ausreißergruppe in sich. Keine Chance führ die fleißigen Fahrer, die nun schon 100 Führungskilometer in den Beinen haben.“
„Da sehen wir den Geschwindigkeitsunterschied. Die beiden fliegen förmlich an der Gruppe vorbei.“

15 km noch, und sie waren auf dem Weg zu dem Etappensieg. Jetzt hieß es zusammenarbeiten. Wenn einer von ihnen eine Chance vor der jagenden Konkurrenz haben wollte…

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arkon
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Beitrag: # 293527Beitrag arkon
16.8.2005 - 23:07

Nun wurde es wirklich hart. Die erste Euphorie des Angriffes war abgeklungen, er klammerte momentan hinter Valverde und spürte nun ganz und gar, was es hiess, gegen einen Fahrer der Weltspitze am Berg anzutreten. Aber hinter ihnen lagen Vinokourov und Armstrong, rief er sich immer wieder ins Gedächtniss. Er hatte schon viele zurückgelassen. Und das blaue Trikot wartete nicht. Die Gesamtführung konnte er vergessen, mit den Rückständen von den Zeitfahren war er schon zu weit weg. Aber schon der zweite Platz auf der Etappe wäre ein unglaublicher Triumph...
Er stand wieder auf, wiegelte sich kurz nach vorne, an seinem Begleiter vorbei, und forcierte das Tempo. Die Abstände wurden ständig durchgesagt, aber er realisierte das nur zum Teil. Wieder die Flasche aus der Halterung reissen, einen Schluck trinken...

"Zeres hat wieder die Führung übernommen, aber er sieht nicht allzu gut aus. Valverde an seinem Hinterrad macht da den besseren Eindruck. Vielleicht will er einfach nur bluffen, aber vielleicht steckt er schon längst in ernsthaften Schwierigkeiten!"
"Ich glaube du interpretierst da zuviel herein. Er tritt nicht mehr ganz so flüssig, aber er wird sich nicht so leicht abhängen lassen."

Er warf die leere Flasche raus und stand wieder kurz auf um Geschwindigkeit in ein steileres Stück mitzunehmen. Der Abstand zur jagenden Konkurrenz wuchs nicht mehr wirklich, alles hing jetzt noch vom Durchhaltewillen ab...
In diesem Moment zog Valverde an ihm vorbei. Schon der erste Angriff hatte ihn wirklich beeindruckt, aber jetzt konnte er nur noch den Hut ziehen vor dem Kampfeswillen des Fahrers. Leicht und spielerisch flog er dem Berg hinauf, brachte Augenblicklich einige Meter zwischen sich und ihn.
Nur Mühsam reagierte er. Jede Bewegung schmerzte mittlerweile und mit der scheinbar letzten Kraft, die ihm blieb, zog er sich empor und kämpfte gegen den scheinbar unschlagbaren Gegner.

"Und da haben wir es. Zeres kann einfach nicht mehr reagieren, er hat zuviele Federn auf dem Weg dahin gelassen, wo er jetzt ist. Es wird wohl schwer für ihn, das blaue Trikot zu verteidigen."
"Aber auch Valverde darf sich jetzt keine Pause mehr erlauben. Er hat zuviele Konkurrenten zu dicht hinter sich. Wenn einer den berüchtigten zweiten Wind kriegt..."

"Gib alles, du kriegst ihn" schrie irgendjemand durch den Knopf in sein Ohr. Die letzten Kurven zum Gipfel. Von da an gab es noch einen kurzen Anstieg und, neben den Abfahrten, noch ein kleines Flachstück. Nicht mehr viel. Er musste wieder Kontakt schaffen.

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Alejandro V.
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Beitrag: # 293537Beitrag Alejandro V.
16.8.2005 - 23:31

Ganz ehrlich: Das ist ganz große Schreibkunst, die du hier ablieferst. Der leichte Roman-Stil, in dem du schreibst, ist wirklich gelungen. Ich habe mir eben mal alles durchgelesen und muss sagen, dass es wirklich ein sehr, sehr guter AAR ist.
Bill Simmons über den WAS-ATL-Trade: "There's only one silver lining: the chance that Bibby and Rashard Lewis will run their high screen in Washington and immediately get attacked by cadaver-sniffing dogs."

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arkon
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Beitrag: # 293667Beitrag arkon
17.8.2005 - 12:02

dann will ich euch mal nicht warten lassen... und kritik ist natürlich auch erwünscht, obwohl lob natürlich auch nicht verkehrt ist ,)

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arkon
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Beitrag: # 293673Beitrag arkon
17.8.2005 - 12:18

"Valverde erreicht jetzt den Gipfel und räumt die Bergpunkte ab. Das wird ihn wenig interessieren, hat er doch einen Etappenerfolg vor Augen. Wir warten jetzt gespannt auf seine Verfolger, allen voran Jerdona Zeres"

Noch eine Kurve, da hatte er die Bergwertung vor Augen. "Venga, venga, du liegst jetzt mit.." er riss den Ohrstöpsel heraus. Die letzten Kilometer konnte er auch so zu Ende fahren. Es waren noch gut 13, oder so...

"Zeres erreicht den Gipfel, sein Rückstand mit 22 Sekunden nicht groß, er ist noch in Reichweite, der letzte kurze Anstieg wird dieses Duell wohl entscheiden."

Die Abfahrt hinab. Jetzt ja keinen Fehler. Kurve links, rechts, langgezogen links, Rausbeschleunigen, Abfahrtsposition finden, da, die nächste Kurve rechts, bremsen, verdammt, die kurve wurde immer enger, er hatte sich verschätzt, da kam der Graben...

"Wir sehen Vinokourov am Gipfel, er hat 52 Sekunden Rückstand, das ist auch noch aufzuholen"
"Und hier sehen wir eine Zeitlupe, Zeres ist das, und er fährt hier arg schnell in eine Kurve rein, oh, und da kann er das Rad nicht mehr unter Kontrolle halten, schlittert in den Graben..."
"...Und kann sich gerade noch hinaus retten. Zeres mit einer kleinen Offroad Einlage. Hier wieder der Schnitt auf das Live-Motorrad. Ja, er wurschtelt da an seinem Rad rum, hoffentlich ist da alles heile geblieben"

Verdammt, das war knapp gewesen. Und jetzt musste er auch noch ein paar Grashalme aus seiner Schaltung herausfisseln. Nicht, das die Schaltung auf dem nächsten Berg blokierte...

"Valverde befindet sich schon im neuen Anstieg, nur 2 Kilometer geht es wieder hinauf, aber die wollen auch noch hinter sich gebracht werden."
"Zeres jetzt auch am Fuße des Berges, nach unserer Zeitstoppung hat ihn das kleine Maleur rund 15 Sekunden gekostet, das ist noch im Rahmen"
"Nein, ich denke nicht. Die ohnehin schon kleinen Chancen sind jetzt weg. Valverde ist am Berg stärker, das hat er grad bewiesen. Zeres muss nicht nur keine Sekunden mehr verlieren, er muss auch wieder heranfahren an Alejandro"
"In der Wertung um das blaue Trikot dagegen..."

Er fand seinen Tritt schnell wieder. Der beinahige Unfall hatte ihn Nerven gekostet, aber nun hatte er die nötige Wut im Bauch. Er schnappte sich noch schnell eine Trinkflasche von einem Motorrad und ab ging die Post. Runterschalten, einrollen, Raufschalten, aufstehen....

"Valverde dreht sich um... und sieht einen wiedererstarkten Jerdona Zeres heranfliegen. Olalala, der will ihm auch nichts schenken. Valverde geht aus dem Sattel um zu retten, was zu retten ist. Aber wir erleben einen anderen Zeres als noch am letzten Anstieg. Der Sturz hat ihn scheinbar wachgerüttelt. Mit 200% Power steigt er hier voll in die Pedale um wieder Anschluss zu kriegen."

Er hatte es geschafft, das Rückrad war erreicht. Einen Moment erholte er sich, horchte in sich hinein. Dann warf er alle Vorsicht über Bord und trat wieder voll an.
Als er sich umdrehte, sah er, das Valverde immer noch hinter ihm klebte. Nicht mehr lange, alter Racker...

"Zeres erreicht jetzt den Gipfel, das ging schnell. Aber was wir sehen, ist, das wir ihn nicht sehen. Kein Valverde an seinem Hinterrad, er scheint ihn abgeschüttelt zu haben."
"Ja, erstaunlich, das hätte ich ihm wirklich nicht zugetraut. Aber auch Valverde erreicht die fest installierten Kameras, Zeres hat nur wenige Sekunden Vorsprung. Und ob er diese über die Abfahrt wird retten können..."

Er hatte den Gipfel erreicht. Ein kurzer Blick zurück bestätigte ihm, das Valverde wirklich weg war. Ein Hochgefühl machte sich in ihm breit. Er war auf dem Weg zum zweiten Etappensieg. SEINEM zweiten Etappensieg. Jerdona Zeres, zweifacher Etappensieger bei der Dauphine....

"12 Sekunden für Valverde am Gipfel. Das wird eine knappe Hatz hinab ins Tal."
"Ich tippe auf Zeres. Er macht es wieder. Er kann rollen, das hat er uns bewiesen."
"Aber er kann nicht abfahren, das hat er uns leider auch schon gezeigt."

Kurve links, rechts, rausbeschleunigen, das 5 km-Banner rauschte über ihn weg, Tritt finden, hochschalten, Abfahrtposition finden...
Auf einmal tauchte links neben ihm Valverde auf. Kein Grinsen, kein Blick zur Seite, der Blick stur geradeaus, volle Konzentration. Aber er musste ihn vor der nächsten Kurve vorbeilassen. Und mit jeder Serpentine hinab...

"...verliert er Meter für Meter. Er kann einfach nicht mithalten, kein Risiko fahren, nicht mehr heute. Das war es mit dem Etappenerfolg für Jerdona Zeres."

Die Straße wurde flacher, noch zwei Kilometer. Er warf alles, was er hatte, auf das Pedal. Mit der letzten Kraft, die er seinen Müden, ausgelaugten Muskeln entlocken konnte sprengte er an seinen Widersacher heran. Sie erreichten die Stadtgrenze und er ihn. Jetzt musste er nur noch bis zum Sprint warten.

"Der letzte Kilometer läuft und die beiden hier belauern sich"

Valverde wurde immer langsamer, er dahinter. Jerdona schaltete ein wenig hin und her, suchte den idealen Hebelpunkt...

"500 Meter, sie schauen sich noch an, Valverde vorne. Er ist zwar der bessere Sprinter, aber auch Zeres hat uns bewiesen, das er die giftigen Antritte beherrscht. Und er befindet sich in der besseren Position..."

"Nicht zu lange warten" schallte es durch seinen Kopf. Wenn Valverde antratt, war sein Vorteil weg. Aber der Spanier beschleunigte langsam wieder...

"Ein echtes Pokerspiel, 300 Meter, jetzt muss doch einer gehen.."

Noch eine kurze Rechtskurve und sie hatten das Ziel vor Augen. Als sie durch die Kurve fuhren nahm er alle Kraft und allen Mut zusammen und beschleunigte innen vorbei. Keinen Blick zurück...

"Valverde muss ein Loch lassen aber..."

Noch 200 Meter, nur geradeaus schauen, das Ziel vor Augen...

"Und da der Antritt des Illes Baleares-Profis. Wahnsinn, Zeres kann nichts mehr nachsetzen."

Zum dritten Mal an diesem Tag zog Valverde an ihm vorbei und diesmal hatte er gewonnen. Enttäuscht brach Zeres den Sprint schon vor der Ziellinie ab. Er hatte verloren.

"Ein großartiger Triumph für Valverde, der seine außergewöhnliche Klasse einmal mehr beweist. Jetzt sind wir gespannt auf die Zeiten von Vinokourov und..."

Erst als ihn die Teambetreuer hinter die Tribüne führten, realisierte er, das er gerade das blaue Trikot gewonnen hatte. Morgen stand nur noch ein Rundkurs auf dem Programm, der wohl mit einem Massensprint oder einer kleinen Ausreißergruppe enden würde, keine Gefahr mehr. Er hatte doch einen Sieg errungen, er hatte sich nicht abhängen lassen!

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Beitrag: # 293728Beitrag Radsport-Freak
17.8.2005 - 14:07

schaaaaaaaaaaaade :cry: :cry:
mist das ich nich so schreiben kann wie du :lol: :lol: :lol:



aber im ernst ich empfehle dir(wenn du lust und zeit hast) einen karriere AAR zu machen, mir gefällt das hier echt gut :!: :!: :!: :!:
Gibo ist der Beste!!!

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arkon
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Beitrag: # 293791Beitrag arkon
17.8.2005 - 16:19

was meinst du mit karriere-aar? nicht nur ein rennen? das hier wird ja quasi ein "lebenswerk-aar". oder meinst du mit echten bildern? die gibts wenn ich endlich richtiges inet habe und nicht bei irgendjemand anders mit modem rein muss. ay?

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Beitrag: # 293795Beitrag Radsport-Freak
17.8.2005 - 16:31

arkon hat geschrieben:was meinst du mit karriere-aar? nicht nur ein rennen? das hier wird ja quasi ein "lebenswerk-aar". oder meinst du mit echten bildern? die gibts wenn ich endlich richtiges inet habe und nicht bei irgendjemand anders mit modem rein muss. ay?
du beschreibst halt die karriere von einem Fahrer/Team und schilderst die vorbereitung und so weiter....dann musst du von einem rennen auch nicht so ausführlich berichten sondern kannst einen knappen bericht in zeitungsform schreiben.....lass es dir mal durch den kopf gehen
Gibo ist der Beste!!!

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Alejandro V.
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Beitrag: # 293838Beitrag Alejandro V.
17.8.2005 - 18:36

Wieso...das ist doch ein Karriere-AAR. Nur stellt er halt die großen Rennen in den Vordergrund, was viele (auch ich) gemacht haben und wieder machen werden.
Bill Simmons über den WAS-ATL-Trade: "There's only one silver lining: the chance that Bibby and Rashard Lewis will run their high screen in Washington and immediately get attacked by cadaver-sniffing dogs."

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arkon
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Beitrag: # 293896Beitrag arkon
17.8.2005 - 21:05

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Jerdona Zeres im Interview

Der junge Baske Jerdona Zeres ist der Gewinner des blauen Trikots der Nachwuchswertung der Dauphinee und konnte dort auch einen Etappenerfolg feiern. Ins Rampenlicht rückte der Euskatel-Fahrer Anfang des Jahres mit seinem 2ten Platz bei Lüttich-Bastogne-Lüttich. Mit ihm sprach Mario Vealotti.

Gazzetta:Willkommen Jerdona Zeres, vielen Dank das sie sich heute nach einem so langen Renntag Zeit nehmen konnten. Herzlichen Glückwunsch zum blauen Trikot.
Zeres: Danke sehr
Gazetta: Für ihren zweiten Platz heute mussten sie doch sehr viel Ackern. War das geplant?
Zeres: Schon. Wir wussten, das heute ein anstrengender Tag werden würde. Als es dann in den Schlussanstieg ging wurde das Tempo doch recht flott. Der Rest von meinem Team war dann doch recht schnell weg, was mich aber kaum zurückgeworfen hat. Valverdes Antritt hat das Feld gesprengt und ich musste einfach hinterher. Das die großen Favoriten dann nicht mehr herankommen würden hat mich selber überrascht. Es war ein harter Kampf und ich dachte einige Male, ich könnte ihn gewinnen. Am Schluss hat dann Valverde einfach seine Sprinterfahrung und Qualität ausspielen können.
Gazetta: Glauben sie, das sie morgen noch einmal um das blaue Trikot kämpfen werden müssen?
Zeres: Möglich ist natürlich alles, aber es steht nicht zu erwarten. Ich habe morgen wieder ein Team an der Seite, das Tempo machen kann und die Sprinterteams werden auch sehen, das keiner wegsteigt.
Gazetta: Wie haben sie denn ihren plötzlichen Ruhm aufgenommen?
Zeres: Von Ruhm kann ja wohl nicht die Rede sein. Ich wurde erstmals wahrgenommen. Aber jeder Rennfahrer muss sich ja irgendwo das erste mal zeigen. Ich bin natürlich schon gespannt, wie ich jetzt wahrgenommen werde, vor allem im Hinblick auf zukünftige Rennen.
Gazetta: Wie sieht denn da ihre Planung aus, oder die des Team Managements?
Zeres: Ich hoffe im Herbst die Vuelta bestreiten zu können, und nach meinen guten Resultaten hier werde ich diesen Traum wohl auch in die Tat umsetzen können. In diesem Fall wären natürlich fast alle weiteren Rennen von meiner Seite aus überflüssig, aber ich muss das halt im Einvernehmen mit dem Sportlichen Leiter klären.
Gazetta:Und die Tour?
Zeres: Bleibt natürlich ein bedeutendes Fernziel. Man wird sehen, wie sich das entwickelt. Wichtig bleibt natürlich mein Abschneiden bei der Vuelta, ich denke schon, das ich da wertvolle Helferdienste leisten könnte. Aber dazu brauche ich die lange Vorbereitung, die Dauphinee war, und ist, schon sehr anstrengend, dementsprechend folgt das ganze Theater mit Regeneration etc., vorausgesetzt ich darf bei den spanischen Meisterschaften nicht starten.
Gazetta: Wollen sie das?
Zeres: Das wär schon lustig, mal ein bisschen Helferdienste leisten oder auch mal einen Angriff auf eigene Kappe reiten. Ja, die Meisterschaften sind schon eines meiner Ziele.
Gazetta: Dann wünsche ich ihnen viel Erfolg und danke für das Interview.

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Ueberflieger
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Beitrag: # 295576Beitrag Ueberflieger
21.8.2005 - 15:54

Bitte mach weiter.
Dein AAR gefällt mir sehr gut. :D
Gruß,
Ueberflieger

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arkon
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Beitrag: # 295639Beitrag arkon
21.8.2005 - 18:35

13. Juni 2005
Büro von Julian Gorospe

Julian stand in seinem Büro und blickte aus dem Fenster. Es war ein sonniger Morgen, der Sommer begann viel versprechend. Und das beschränkte sich nicht auf das Wetter. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht als er daran dachte, was er mit seinem Team bereits alles erreicht hatte. Und er hatte noch viel mehr vor. Insbesondere von der Tour erhoffte er sich einige Erfolge. Genauso wichtig war für sein Team jedoch die Vuelta. Und genau darüber wollte er mit seinem Besuch sprechen. Er hatte sich mit Jerdona seit dem Ende der Dauphine noch nicht mit in Ruhe unterhalten.
Ein Klopfen kündigte das Ende der Ruhe in seinem Büro an. Auf das „ja?“ hin trat der erwartete Besuch ein. Nach der Begrüßung bot er ihm einen Sitzplatz und ein Getränk an und ging in den Smalltalk-Teil über. Privat litt Jerdona ein wenig unter den auf einmal über ihn hereinbrechenden Reisen. Seine derzeitige Freundin würde das wohl nicht mehr lange tolerieren. Obwohl er sich darüber nur selten mit seinen Fahrern unterhielt, hatte er seine Ohren doch immer an den richtigen Stellen um über das Privatleben bestens informiert zu sein. Manche im Team kritisierten ihn deswegen, er jedoch hielt es für besonders wichtig, Sport und Privates in Einklang zu bringen.
Bei Jerdona zum Beispiel war er sich sicher, das er eine Trennung gut würde wegstecken können. Es könnte seine Trainingseifer beflügeln und in den letzten Wochen schien er unter der Beziehung mehr zu leiden als durch sie neue Kraft zu gewinnen. Er gab ihnen noch einige Wochen.
Nach einigen Minuten kam der Chef dann zum Thema. „Jerdona, du hast eine gute Leistung in Frankreich abgeliefert. Ich habe mich lange mit den anderen Bossen im Team darüber unterhalten, wie wir den Rest deines Jahres gestalten wollen. Aber ich möchte auch deine Meinung hören. Wie siehst du deine Form, welche Rennen würdest du gerne fahren, wie sieht deine Vorstellung vom Training im Rest des Jahres aus?“
Jerdona beugte sich vor, trank einen Schluck Wasser und legte sich die richtigen Worte zurecht. Er hatte mit der Frage gerechnet, sie sich selber schon öfters gestellt und sich Antworten überlegt. Nun jedoch kam es drauf an. Wenn die nächsten Minuten gut liefen…
„Ich bin schon ein wenig angegriffen nach der Dauphine. Ich hatte nicht erwartet, dass es so schwer werden würde, das ich jede Etappe gefordert sein würde. Daher brauche ich schon eine Pause. Aber sehr gerne würde ich an der spanischen Meisterschaft teilnehmen. Ich denke nicht, dass das ein Problem sein dürfte. Die Tour dagegen…“, er senkte den Blick, machte eine kurze taktische Pause, „das wäre mein Traum. Natürlich bin ich ein wenig angegriffen und nicht mehr ganz so frisch, aber die anderen Fahrer haben das gleiche durchgemacht. Wenn ich die Meisterschaften ausfallen lasse und mich voll auf die Tour konzentriere glaube ich schon, dass ich eine gute Leistung abliefern könnte. Ich…“ er unterbrach sich selbst, merkte, dass er sich trotz seiner Vorbereitung in Rage geredet hatte. Das Funkeln in seinen Augen war Julian gezwungenermaßen auch aufgefallen. „Jerdona, als guter Teammanager weiß ich natürlich, das die Tour dein Traum ist. Ich glaube auch, dass du ein gutes Ergebnis abliefern könntest. Nicht unbedingt einen Etappensieg, aber… Der Punkt ist, dass du einfach zu wertvoll bist, um jetzt schon die Tour zu bestreiten und dich eventuell kaputtzufahren. Du hast noch nicht die nötige Erfahrung, so ein Ereignis durchzustehen und ich wäre froh, wenn du während der Tour umso kräftiger trainierst, um im Herbst bei der Vuelta mitfahren zu können. Im nächsten Jahr…“
„Im nächsten Jahr bin ich 24. Mit 23 hat Ullrich die Tour gewonnen, Cunego den Giro und ich will nicht bei der Vuelta um einen Etappenerfolg fahren. Ich bin zweifelsohne noch nicht gut genug, um eine Landesrundfahrt zu gewinnen, aber mir fehlt auch die Erfahrung, und die bekomme ich nicht im Trainingslager. Durch ein solches Ereignis könnte ich viel motivierter in die Winterpause gehen…“
„Und im nächsten Jahr dich endgültig kaputtfahren. Nein, auf keinen Fall. Das sage ich nicht, weil ich dich nicht leiden kann. Das Gegenteil ist der Fall. Du brauchst Zeit, dann kannst du es weit bringen. Aber wir müssen erst tiefer in dich hineinhorchen. Deine Leistungen bei der Dauphine waren schon einigermaßen überraschend. Ich wusste dass du stark am Berg bist, aber nicht, dass du mit den Besten auf Augenhöhe fahren kannst. Wir brauchen mehr Zeit, um dich kennen zulernen und das, was du leisten kannst, besser einschätzen zu können. Die Vuelta…“
„Ist sicherlich eine große Ehre, aber nicht mein Ziel. In meinem Alter…“
„Lässt man sich lieber noch etwas Zeit. Ich verstehe, dass du sauer bist, aber wie viele Rennfahrer haben mit 23 schon die Gelegenheit, die Vuelta zu bestreiten? Nicht viele!“
„Ich will nicht irgendein Rennfahrer werden, ich will zu den besten gehören, Teamkapitän sein, meinen Sport leben. Und das kann ich nur, wenn ich auch früh die Weltelite kennen lerne.“
„Die fährt bei der Vuelta. Die Tour ist natürlich noch eine Nummer größer, nicht unbedingt zu groß für dich, aber schon alleine die Art und Weise, wie du in die Saison reintrainiert hast, ist ungeeignet, um bei der Tour jetzt noch mitzufahren. Die Vorbereitungszeit wäre viel zu kurz.“
„Entweder ich fahre bei der Tour mit oder ich überlege mir das mit der Vertragsverlängerung noch mal.“
„Tu, was du nicht lassen kannst. Aber erinnere dich meiner Worte.“
Wutentbrannt sprang Jerdona auf und stellte das Glas sehr kräftig auf dem Tisch ab, so dass etwas Wasser überschwappte. „Gut, du bist der Manager, dein Wort zählt. Aber ich werde nicht in diesem Team versauern. Wir hatten schon einige Streits und deswegen warte ich hier schon viel zu lange auf meine Chance. Jetzt hatte ich sie, ich hab sie genutzt, und das wird nicht anerkannt. Ich hätte nicht unterschrieben, wenn ich nicht davon ausgegangen wäre, hier fair behandelt zu werden. Und du trägst mir Sachen nach, die schon längst vergessen und vergeben sind.“
„Wenn du mich für so kleinkariert hälst, bist du dümmer, als ich dachte.“ Jetzt war auch Julian nicht mehr so beherrscht, wie er es wollte. „Geh doch, wenn du glaubst, anderswo erfolgreicher zu sein. Aber du fährst diese Saison bei mir zu Ende. Wir haben einen Vertrag. Ich stelle dich bei der Vuelta auf, auch wenn wir uns jetzt endgültig zerstreiten. Aber du fährst keine Tour“
Jerdona widerstand dem Drang, nach der spanischen Meisterschaft zu fragen, sondern vollendete seinen Auftritt. „Das ist ja eine tolle Form der Dankbarkeit. Für quasi nichts habt ihr mich unter Vertrag, diktiert mir seit 3 Jahren mein Leben, meinen Rhythmus, mein soziales Umfeld, und dann fahre ich noch für diesen Hungerlohn mehr Siege ein als so mancher überbezahlte Sack und der Dank ist, das ich nicht für die Tour nominiert werde“ Jerdona hatte sich in Rage geredet und bereute noch bevor es ausgesprochen hatte, das, was er sagte. Wortlos drehte er sich um und verließ das Büro.
Es war nicht ihr erster und auch nicht ihr heftigster Streit. Aber in diesem Moment war Jerdona klar, das für so zwei Sturköpfe kein Platz in einem Team war. Vielleicht hatte Julian Recht, aber darüber wollte er jetzt nicht nachdenken. Er hätte sich sicher nicht wegen einer Tourteilnahme seine ganze Karriere versaut, und das war der Punkt. Er war jung und hungrig und hier musste er sich durch zu viele Widerstände beißen.
Er musste das Team verlassen.

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Beitrag: # 297445Beitrag arkon
25.8.2005 - 15:03

13. Oktober 2004
Wohnung von Jerdona Zeres

Der Besuch war ihm unangenehm. Er mochte die Art und Weise nicht, wie sich Julian Gorospe auf dem Sofa ausbreitete, wie er das ihm angebotene Getränk hinunterwürgte. Nervös schlug er ein Bein auf das andere und nahm ebenfalls einen Schluck aus dem Wasserglas.
"Verstehst du, du musst einfach ein bisschen mehr bringen, sonst können wir dich auch im nächsten Jahr für kein höherklassiges Rennen nominieren"
Etwas beschämt und gereizt zugleich senkte Jerdona seinen Blick. Es war ihm peinlich so ein schlechtes Zeugniss über seine eigene Leistungsfähigkeit gerade von einem erfahrenen Rennfahrer und Kenner der Radsportszene ausgestellt zu bekommen.
"Was soll ich tun?"
Julian lachte laut und demonstrativ. "Kannst du dir das nicht selber denken? Du sollst trainieren, so, wie du es in den letzten Jahren auch getan hast. Du hast Talent, aber Talent hat man nur unter 25, von da an heisst es dann ungenutzt. Bekomm deinen Arsch hoch, trainier den Winter durch, das ganze Team unterstützt dich dabei gerne, und dann sehen wir weiter."
"Nein, das meinte ich nicht. Das ich trainiere ist selbstverständlich. Das tue ich aber auch schon. Was, verdammt nochmal, muss ich tun, um bei einer großen Rundfahrt mitfahren zu dürfen?" schallte es gereizt zurück
"Bring im Frühjahr deine Leistung" Julian ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
"Und die letzten Jahre? Hat dir das nicht gereicht? Ich hab meine Leistung erbracht"
"Es geht bei uns nicht mehr um Talentförderung. Die anderen bringen auch ihre Leistungen, sind aber nicht so launisch wie du, trainieren durch. Dir fehlt der letzte Wille. Und auch wenn du die letzten zwei Jahre ordentliche Leistungen abgeliefert hast, du gehörst einfach noch nicht zu den besten in diesem Rennstall. Und ich brauche gerade bei den großen Rundfahrten die Erfahrung und die Disziplin der Alten. Lerne, dich selbst zu kontrollieren, dann kommst du weiter."
Am liebsten wäre Jerdona in diesem Moment aufgesprungen und hätte seinen Gegenüber erwürgt.
"Ich bin seit 10 Jahren Rennfahrer, ich bin diszipliniert, sonst hätte ich es wohl nicht hierher geschafft. Ich..."
Julian fiel ihm ins Wort
"Du bist einer der talentiertesten Jungfahrer, die ich seit langem gesehen habe, aber leider auch einer der faulsten. Mit deiner Einstellung wirst du vielleicht mal an einer großen Rundfahrt teilnehmen können, aber ganz sicher nicht dein Potenzial nutzen."
Julian stand auf
"Du bist jetzt vielleicht sauer auf mich, aber letzten Endes wirst du mir dankbar sein."
Er nahm seinen Mantel über den Arm und ging zur Tür.
"Enttäusch mich bitte nicht"

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Cunego
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Beitrag: # 297452Beitrag Cunego
25.8.2005 - 15:15

Einfach klasse...unbedingt weitermachen! Man sollte sich überlegen, Jerdona Zeres zu Big Frankenbrunnen zu holen... :lol:

Greetz
Cunego
"Der Rennfahrer muss seinen Hintern mehr pflegen, als sein Gesicht!" (Rudi Altig)

"Meine Frau sagt immer, wenn ich nur an
ihr so viel rumschrauben würde wie an
den Rädern!" (Erik Zabel)

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hertha_andre
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Beitrag: # 297690Beitrag hertha_andre
25.8.2005 - 21:43

alle gespräche an nem 13... das kann doch nix werden ;)

aber 1A-AAR... echt super, schreib- wie auch storytechnisch
#87
Dreßen - Slokar - Iversen - Pärmäkoski - Wellinger - Kvandal - Baud - J. Boe - Hauser

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arkon
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Beitrag: # 297981Beitrag arkon
26.8.2005 - 15:43

Spanische Meisterschaften 2005

Jerdona ging früh an den Start. Gestern hatte er sich mit dem Teamarzt gestritten und heute war er nicht in der Stimmung, um viel mit seinem Team zu tun zu haben. Das war natürlich für so ein Rennen keine gute Ausgangslage, aber er wollte auch nicht einem Teamkameraden zum Sieg verhelfen, sondern selber der neue Landesmeister werden. Sein Manager, Porilo Milia, hatte ihn dringend dazu geraten, sich nicht all zu sehr mit der Teamleitung zu streiten, es könnte ja letztlich auch sein Startrecht bei der Vuelta gefährden. Aber solange er eine gute Leistung erbrachte…
Der Kurs war recht hügelig, es würde ein langes und anstrengendes Rennen werden. Je nach Rennsituation würde er im letzten Drittel des Rennens einen Angriff platzieren. Er war bereits zu bekannt, um darauf zu hoffen, in einer Angreifergruppe früh fahren zu dürfen. Wenn jedoch einige bekannte Namen gingen…
Das Rennen wurde pünktlich gestartet und, wie erwartet, war das Tempo von Beginn an recht schnell. Die Angreifergruppen kamen zwar weg, aber nicht sehr weit. Die Teams wechselten sich bei der Arbeit ab, aber immer wieder verschleppte das Tempo, woraufhin natürlich wieder einige Gruppen gingen. Bei der Hälfte war das Feld jedoch bis auf eine 10-köpfige Spitzengruppe zusammen. Dort funktionierte die Zusammenarbeit, während sich das Feld jedoch schwer tat.
Über Funk erhielt Jerdona schließlich den Befehl, sich vor das Feld zu spannen. Sie hatten es versäumt, vorne einen Fahrer zu platzieren und mussten nun natürlich das Loch zufahren. Vorne hatten sich bereits 5 Basken zur Tempospitze formiert und fuhren, was das Zeug hielt. Zuerst dachte er daran, sich zurückfallen zu lassen und den anderen die Arbeit machen zu lassen, er überlegte es sich jedoch besser. Wie Porilo Milia bereits gesagt hatte, seine Nominierung für die Vuelta stand keineswegs felsenfest. Also beteiligte er sich an der Führungsarbeit. Seine Zeit würde kommen.
Dann, 40 km vor Schluss, war die Spitzengruppe bis auf eine Minute herangebracht. Die ersten Ausreißer ließen sich zurückfallen, die Gruppe brach auseinander, keiner wollte sich noch für die Führungsarbeit opfern.
Dies war der ideale Moment für neue Angreifer. Wenn es nicht zu einem Sprintfinale kommen sollte… Jerdona war in diesem Moment der Teamfunk völlig egal. Sollten die Taktiker doch machen, was sie wollten. Er würde es jetzt versuchen. Er schaltete kurz runter und trat dann voll an. Er war zwar vorne, aber nicht zu weit vorne platziert, um anderen Fahrern noch die Gelegenheit zu geben, hinterher zu springen.
Schnell brachte er einige Meter zwischen sich und das Feld. Erst nach einiger Zeit schaute er sich um und entdeckte einen Liberty-Fahrer an seinem Hinterrad. Das Feld war noch nicht weit genug weg, er trat wie ein Irrer weiter. Dann schließlich war er weit genug weg und schob sich den Knopf wieder in das Ohr.
Im Teamfunk war die Hölle los. Julian war nicht besonders wütend, aber einige andere Hochgestellte fluchten laut ins Mikro. Dann schließlich sprach Gorospe ein Machtwort und das Geschnatter hörte auf. Igor Gonzales de Galdeano hing an seinem Hinterrad und sie waren bereits 30 Sekunden weg. Zu ihnen hatte sich Francisco Ventoso gesellt, ebenfalls ein Nachwuchsfahrer von Saunier Duval.
Sie arbeiteten gut Zusammen und kamen bis auf eine Minute weg. Weiter wollten sie die Lücke auch gar nicht vergrößern, das Feld würde sie nicht weiter weg lassen. Dementsprechend war eine gute Zusammenarbeit gefordert, die auch erbracht wurde.
Erst 5 km vor dem Ziel mit immer noch 54 Sekunden Vorsprung kam die erste Attacke von Ventoso. Zeres setzte nicht nach. Er wusste, das Galdeano und er gute Zeitfahrer waren und die Lücke leicht wieder zufahren konnten. Auch Igor machte keine Anstalten, hinterher zu springen, und so blieb erstmal eine Lücke bestehen.
3 km vor dem Ziel jedoch waren sie immer noch nicht näher heran gekommen. Jerdona legte noch einen höheren Gang und gab alles. Er durfte nicht jetzt schon aufgeben. Nur langsam wurde das Loch kleiner. Von hinten kam jedoch das Feld, der Abstand betrug noch 25 Sekunden. Sie durften jetzt das Tempo nicht schleifen lassen.
Als sie Ventoso einholten überließ Jerdona erstmal Galdeano die Führungsarbeit. Der jedoch wollte nicht so recht. Ventoso züngelte wieder nervös hin und her. Galdeano ging zu Schlangenlinien über…
Der Antritt erfolgte quasi aus Reflex. Die Gruppe lief nicht mehr und wenn auch nur eine kleine Chance auf den Sieg wahren wollte, so musste er jetzt angreifen. Als er sich umschaute, hatte Ventoso die Verfolgung aufgenommen. Galdeano war nicht so recht aus der Reserve zu locken. Das Kilometerschild sauste über sie hinweg. Jetzt wurde es heiß. Er hatte noch ein paar Meter Vorsprung und die musste er verteidigen. Galdeano ging jetzt in den Wind und trat einen riesigen Gang. Als Jerdona sich wieder umschaute, konnte er das Feld erkennen, wie es um eine Kurve preschte. Es wurde eng. Er schaute nur noch nach vorne und gab alles.
Noch 600 Meter, noch 500… Da zog innen Ventoso an ihm vorbei, Galdeano direkt dahinter. Zeres wechselte die Straßenseite. Der Sprint… wann kam er? 400 Meter, 300… Ventoso eröffnete von vorne, die beiden anderen setzten nach. Jetzt musste er aus dem Wind. Er zog dicht an Galdeano vorbei, der versuchte auch auf seiner Seite herauszukommen. Jerdona jedoch zog voll durch. Da war Ventoso, noch ein paar Meter… Der Zielstrich rückte näher… Er raste an ihm vorbei, Galdeano war nirgendwo zu sehen. Er riss die Arme hoch und rollte als erster über den Zielstrich. Spanischer Meister! Er hatte es geschafft!
Minuten später kam die Ernüchterung. Er war schon am feiern mit seinen Teamkollegen als ihn die Nachricht erreichte das er, aufgrund der Behinderung von Galdeano während des Spurts, auf den letzten Platz der Gruppe zurückgesetzt worden war. Es traf ihn wie ein Schlag. Er war im Sprintfinale nicht sehr aufmerksam gefahren und hatte die Entscheidende Situation, als er nämlich aus dem Windschatten von Igor gegangen und selbst angetreten war, kaum mitbekommen. Er hatte einen Fehler begangen und musste nun dafür bezahlen.
Im Teambus herrschte Mitleidsstimmung. Die Erfahreneren Teamkameraden klopften ihn anerkennend auf die Schulter, wussten aber von dem sich anbahnenden Stunk in der Mannschaftsleitung und waren daher ruhig. Aber als Julian den Bus betrat blieb, bis auf einen Blick, in den man viel reininterpretieren konnte, alles ruhig. Die Abrechnung stand wohl noch bevor.

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arkon
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Beitrag: # 298427Beitrag arkon
27.8.2005 - 14:07

28. Juni 2005

Es hatte mit zwei Tagen doch erstaunlich lange gedauert, bis er zu der unausweichlichen Nachbesprechung der Meisterschaften mit der Teamleitung gebeten wurde. Er wurde ins Büro von Julian Gorospe geladen. Nachdem er geklopft hatte öffnete ihm auch die Tür. Im Zimmer saßen schon Jose Perez, der Trainer, Edonio Bargila, der Sportliche Leiter, und Emanuel, der Assistent von Edonio war. Julian bat ihn, Platz zu nehmen, stellte noch eine Flasche Wasser auf den Tisch und setzte sich dann zu der Runde dazu.
„Nun, Jerdona, du weißt sicher warum wir hier sitzen. Es geht natürlich um die Meisterschaften und dein Verhalten bei diesem Rennen. Du kannst dir auch sicher denken, dass wir hier nicht alle von deinem Alleingang begeistert waren. Aber erstmal kannst du uns die Situation so darlegen, wie du sie mitbekommen hast.“
Jerdona sammelte sich einige Momente und spulte dann den Bericht herunter, den er sich schon einige Male selbst laut aufgesagt hatte. Da dieses Gespräch unausweichlich war, hatte er das möglichste getan, um sich gut darauf vorzubereiten. Aber schon während er sein Sprüchlein aufsagte, konnte er in den Mienen der Anwesenden lesen, dass er bei weitem nicht alle würde besänftigen können.
Sein Porilo Milia hatte angeboten, dem Gespräch beizuwohnen, Jerdona jedoch hatte abgelehnt. Er wollte sich selbst da durch beißen. Wenn sie ihn für die Vuelta nicht nominieren würden, musste er das wohl alleine ausbaden. Er war ein Risiko eingegangen und hatte verloren.
Er endete mit einer blumigen Entschuldigung für seine Ungeduld. Edonio Bargila lehnte sich vor und ergriff als erster das Wort. „Nun, wir brauchen wohl kaum darüber zu streiten, das die Entscheidung sportlich gesehen richtig war. Jedoch zählt nicht der Erfolg allein. Wir sind ein Radsportteam und hier kommt es in erster Linie auch auf Erfolg an. Wenn wir aber sehen, das sich jemand partout nicht unterordnen kann, das Wort der sportlichen Leitung nicht ernst nimmt, im Training undiszipliniert auftritt und daher auch sportlich für seine Möglichkeiten nur mäßige Erfolge bringt, dann ist das etwas anderes.“ Er sprach jetzt sehr eindringlich. „Jerdona, du bist ein guter Rennfahrer, aber wenn du in diesem Team würdest bleiben wollen, müsstest du dich ändern. Und ich denke auch die meisten anderen Rennställe hätten kaum Freude an dir, wenn du solch eine dem Klima im Team schädigende Stimmung verbreitest. Ich bin daher der Meinung, dass wir dich nicht mit zur Vuelta nehmen sollten. Du könntest zwar eine ordentliche Rundfahrt fahren, aber ich glaube, du würdest dem Rest des Teams schaden.“
Jetzt war es also raus. Er hatte es befürchtet, aber die nackte Realität seiner Befürchtung überraschte ihn dennoch und raubte ihm den Atem. Jose Perez ergriff das Wort. „Er steht mit seiner Meinung nicht alleine. Auch ich denke, dass du dem Team schaden würdest. Und ob du bis zum Sommer wieder fähig bist, ordentliche Leistungen zu vollbringen, ist auch noch nicht sicher. Nicht jeder, der einmal ein blaues Trikot gewonnen hat, ist per se unentbehrlich. Das waren ordentliche Leistungen, aber die wiegen nur zum Teil deine Dummheit auf.“
Emanuel mischte sich ein. „Ich sehe das anders. Jerdona hat Mist gebaut, aber er sieht es ja wohl auch ein. Und ich glaube, er wusste es vorher. Man kann aus Fehlern lernen und ich kenne ihn, er wird sich am Zügel reißen, wenn wir ihm die Gelegenheit geben“ Hilfesuchend schaute er Julian an.
„Tja, schaut so aus, als hätten wir eine Patt-Situation. Ich will ihn mitnehmen. Ich glaube auch kaum, dass er noch mal die sportlichen Leiter so ignorieren wird. Seine Trainingsmoral schleift zwar immer wieder, aber ich gehe jede Wette ein, dass wenn wir dich jetzt nominieren du den Sommer hart durchtrainieren würdest.“ Eindringlich schaute er Jerdona jetzt an. „Und ich bin hier der Chef. Ich stelle nur ungern meinen Posten über vernünftige Argumente, aber ich glaube kaum, dass ich euch beide überzeugen kann. Daher gehe ich, und damit wir alle, das Risiko ein. Enttäusch mich nicht!“ Jerdona nickte heftig. Er hatte es doch geschafft!

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arkon
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Beitrag: # 298445Beitrag arkon
27.8.2005 - 15:12

Zur Zukunft des AAR's

Die Zukunft des AAR's ist, oh welch Wunder, eng an meinen eigenen Weg im Leben gebunden. Da ist es natürlich aus eurer Sicht sehr Schade, dass ich demnächst (sprich dienstag) nach berlin fahre um dort zu studieren. Das heisst nämlich ganz konkret, das ich erstmal nichts mehr werde schreiben können. nullo. niente.
AAAAAAAAABER: wenn ich in berlin eine wohnung gefunden und mein Eigenheim eingerichtet habe, werde ich dort wohl in Besitz einer Internetverbindung sein, die schneller ist als mein derzeitiges Modem. Daher wird der bevorstehende Vueltabericht MIT BILDERN sein!!! WOW!

hoffe, ihr bleibt mir treu.

arkon

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Beitrag: # 298500Beitrag Radsport-Freak
27.8.2005 - 17:45

auf jeden fall....werde den AAR wieder auskramen, wenn du weiterschreibst 8) 8)
Gibo ist der Beste!!!

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Beitrag: # 298779Beitrag shadyon
28.8.2005 - 3:33

Hi,
is der AAR nur auf deinen Fantasien beruhend oder hast du wirklich solch einen Fahrer und spielst mit diesem? Soll keine Kritik sein, nur ne Frage, die Story liest sich super!!!

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arkon
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Beitrag: # 298897Beitrag arkon
28.8.2005 - 14:05

rein fantasie. ich hatte mal einige etappen gespielt (lüttich und friedensfahrt) aber da die bilder sowieso i.m. nicht hochzuladen sind, war das irgendwie witzlos und ich hab damit aufgehört. die dauphinee hab ich noch nebenher gespielt, um anregungen zu bekommen und "das system" ein bisschen zu durchschauen, die spanischen meisterschaften sind jetzt komplett "aus den fingern gesogen"

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