Vorweg gleich eine kurze Anmerkung von mir, ich weiß das dies für ein Zeitfahren ein sehr langer Bericht wurde, aber da es auch um viele Entscheidungen ging konnte ich mich nicht kürzer fassen.
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21. Juni 2008
8.Etappe Tour de Suisse
Entscheidung am Klausenpass
Auf der achten und vorletzten Etappe der diesjährigen Tour de Suisse sollte es die Vorentscheidung um den Gesamtsieg geben können. Falls der bisherige Leader Alberto Contador (Ast) auch hier am Ende vorne sein würde, dann sollte für ihn und sein Team alles gelaufen sein, soweit waren sich alle Experten einig. Der Spanier gehörte auch beim heutigen Bergzeitfahren über 26km von Altdorf rauf auf den Klausenpass, zu den absoluten Siegesanwärter. Ebenfalls sehr gute Chancen wurden seinem Teamkollegen Levi Leipheimer und seinem Landsmann Alejandro Valverde (Gce) eingeräumt. Auch für unser Team würde sich hier einiges entscheiden, beide Kapitäne, Maxime
(Monfort) und Richard
(Virenque) hatten noch die reelle Chance auf das Podium. Eher rechnete man Teamintern mit Maxime, er war ein ausgezeichneter Allrounder und in sehr guter Form. Für Richard sprach seine unglaubliche Stärke am Berg, die er schon so oft gezeigt hatte, dennoch wußte noch keiner wie es damit nach seinem Comeback aussehen würde. Ansonsten trauten wir am ehesten noch Patrice
(Halgand) eine gute Leistung zu, der Rest sollte sich für die Anschlußetappe schonen, dort ging es für unser Team immerhin noch um zwei Trikots und eventuell um einen Podestplatz.
Durch die bisherigen guten Ergebnisse unserer Jungs, dauerte es sehr lange bis einer von uns auf die Strecke ging. Erst nach gut einer halben Stunde startete mit unserem Bergtrikotträger Yannick
(Talabardon) der erste und er war auch gleich der Testfahrer für den Rest des Teams. Bis jetzt führte der Brite Bradley Wiggins vom Columbia Team, er sollte aber keine Rolle im Endresultat spielen. Yannick fühlte sich sehr gut und erwischte einen tollen Start, sein Bergtrikot schien ihn zu beflügeln. An der ersten Zeitmessung lag er an der sensationellen zweiten Stelle, nur wenige Sekunden hinter Wiggins. Eric konnte es nicht fassen, zwar war der junge Franzose als Talent bekannt aber solch eine Leistung wunderte dann doch. Wenig später startete ein sehr starker Fahrer, der ehemalige belgische Meister Stijn Devolder (Qst) und er stellte prompt eine neue Zwischenbestzeit auf. Weiter vorne kam dann aber der fast erwartete Einbruch von Yannick, er hatte am Beginn doch zu sehr gepuscht und fiel nun Platz um Platz zurück. Devolder hingegen war so stark unterwegs, daß er knapp vor der zweiten Zeitnehmung auf dem vor ihm gestarteten Luca Barla (Mrm) auffuhr und ihn kurze Zeit später hinter sich ließ. Am Start ging nun mit Sergio Ghisalberti ein Teamkollege von Barla ins Rennen und dieser sollte hier ein tolles Rennen hinlegen. Von unserem Team waren bereits Yannick, Christophe
(Kern), Simon
(Gerrans) und Christophe
(Le Mevel) im Ziel, keiner konnte aber einen Topplatz erreichen, was zu erwarten war. In wenigen Minuten starteten mit Tiago
(Machado) und Patrice unsere letzten beiden Fahrer bevor unsere Kapitäne kamen und von ihnen erhofften wir uns noch gute Informationen. Inzwischen stellte Devolder im Ziel eine neue Bestzeit auf, mit 58:22min lag er rund 20sec vor dem bisherigen Führenden Österreicher Christian Pfannberger (Bar).
Links: Yannick am Weg zur ersten Zwischenzeit, die Fans feuerten ihn toll an.
Rechts: Der erste Führende der seine Führung länger inne hatte, Stijn Devolder (Qst).
Als sich im Startbereich die Topleute auf den Weg machten, setzte Ghisalberti an der zweiten Zwischenzeit eine neue Bestmarke hin, er war um 42sec schneller als Devolder, sehr stark. Von unserem Team hielt sich Tiago vornehm zurück aber Patrice fuhr stark, Beide vorsorgten uns aber mit wichtigen Informationen zur Etappe und somit waren Maxime und Richard optimal vorbereitet. Die Top Ten wurden von Xavi Florencio (Bou) eröffnet, danach folgten Jussi Veikkanen (Fdj) und Samuel Sanchez (Eus). Jetzt wurde es für unser Team spannenden und für Eric wegweisend, Richard startete und gleich danach auch Maxime. Vom Ziel wurde derweil eine neue Bestzeit gemeldet, Ghisalberti übernahm überlegen die Führung und am Ende sollte es für ihn sogar fast zu einem Top Ten Platz reichen, Platz zwölf wurde es. Außer dem Top Ten waren noch andere starke Leute unterwegs, Linus Gerdemann (Clb), Alejandro Valverde (Gce), Levi Leipheimer (Ast) und Luis Leon Sanchez (Gce). Alle erwähnten schafften den Sprung unter die ersten Zehn, vor allem Gerdemann und Valverde zeigten eine sehr starke Leistung. Um 15:30 Uhr begab sich mit Contador der letzte Starter auf den Kurs und bald darauf erreichte Richard die erste Zwischenzeit. Dabei sah es leider nicht allzugut für ihn aus, 1:21min Rückstand auf den bis jetzt dort Führenden Gerdemann. Auch Maxime konnte an diesem Meßpunkt noch nicht groß auftrumpfen, er hatte mit 1:07min auch schon großen Rückstand. Die dortige Bestzeit von Gerdemann hielt fast allen Angriffen stand, nur einem nicht. Alberto Contador pulverisierte die Bestzeit, er war unglaubliche 32sec schneller als der Deutsche und der führte hier schon überlegen vor Valverde das Feld an.
Links: Eine tolle Leistung zeigte der Milramkapitän Ghisalberti.
Rechts: Schon bei der ersten Zwischenzeit zeigte Alberto Contador groß auf.
An der zweiten Zwischenzeit legte, als erster der Top Ten Fahrer, Sanchez eine gute Zeit hin, er blieb 20sec hinter Gerdemann auf Platz vier. Auch Oscar Pereiro (Gce) zeigte hier Ambitionen auf einen Top Platz, er hatte an der zweiten Zwischenzeit auch nur 4sec Rückstand auf Sanchez und lag somit Zwischenzeitlich auf Platz fünf. Florencio und Veikannen hatten schon großen Rückstand, über 2min alleine auf Gerdemann, aber dann wurde es wieder für uns interessant. In Kürze wurde Richard hier erwartet, konnte er seinen Rückstand verkleinern? Die Zeitnehmung war erbarmungslos, er verlor weitere wertvolle Sekunden, war nun sogar sein Top Ten Platz in Gefahr? Cyril, der im Auto hinter Richard saß, versuchte ihn nochmals anzutreiben, es galt die letzten Reserven aus Richards Körper zu holen. Dann kam Maxime zur Zwischenzeit und hierbei gab es erst mal ein kleines Erfolgserlebnis, er hatte keine weitere Zeit verloren und sah auch noch sehr gut aus, im Moment belegte er hier Platz 18 mit rund 1min Rückstand. Auf Danilo Di Luca (Lpr) hatte er vor der Etappe nur ein paar Sekunden aufzuholen, könnte er noch aufs Podest fahren? Di Luca gab wenig später selbst die Antwort, Nein, der LPR-Kapitän hatte auf Maxime fast schon 1min rausgefahren und so wie er aussah, würde er das bis ins Ziel auch halten. Der zweitplazierte Fränk Schleck (Csc) kam hier ebenfalls mit Rückstand an, er verlor bisher auf Gerdemann rund 40sec, immer klarer wurde Contadors Gesamtsieg hier in der Schweiz und der Spanier legte noch eins drauf. Er stellt auch an der zweiten Zwischenzeit eine neue Bestzeit auf, 1:07min vor Gerdemann! Wo nimmt dieser Mann seine Kraft her, wieder eine Demonstration seiner Stärke.
Im Zielbereich kamen nun die Top Ten an, zuerst Florencio, er belegte mit über 5min Rückstand nur Platz 45, auch Veikkanen ging es mit 4:15min und Platz 24 nicht viel besser. Der Achte, Sanchez, sprengte dann aber das bisherige Podest, er blieb nur 20sec hinter dem Führenden Gerdemann und 6sec hinter dem Zweiten Valverde, sein Top Ten Platz war also gesichert. Dann folgten Soler (Bar) mit 3:15min und Platz zehn und Pereiro schaffte es mit 2:14min Rückstand auf Platz sechs und ebenfalls noch in die Top Ten. Dann bog schon Richard um die Ecke und er gab nochmals alles, aber wie zu erwarten wurde es kein Spitzenplatz für unseren Kletterer, er belegte mit 3:53min Rückstand Platz 18. Jetzt blieb nur mehr Maxime, hinter ihm im Auto war Eric gesessen, aber auch er schaffte die ersten Zehn hier auf dieser Etappe leider knapp nicht, mit 3:39min Rückstand und Platz 13 fehlten am Ende rund 20sec auf den Zehnten Soler. Um den Tagessieg gab es keine Diskussion und auch der Gesamtsieger stand wohl mit dieser Etappe fest, Di Luca mit 2:32min und Platz acht und Schleck mit 2:22min und Platz sieben, sicherten zwar ihre Podestplätze ab, aber an den Führenden führte kein Weg vorbei. Auf den letzten Metern setzten Contador wieder zu einem seiner berüchtigtem Zielsprints an, er flog förmlich Richtung Ziel und holte dabei sogar Schleck noch ein! Seine Zeit war fast unglaublich, 54:11min für die 26km hier rauf, damit distanzierte er den Tageszweiten Gerdemann um 1:47min und den Dritten Valverde um 2:01min! Ein Sieg der Superlative für den Spanier.
Links: Maxime gab alles, er sprintete sogar ins Ziel, am Ende Platz 13 für ihn.
Rechts: Ähnliches kannte man früher nur von Lance Armstrong, Contador dominiert nach belieben in der Schweiz. Hier holt er sogar F. Schleck noch ein!
Im Gesamtklassement wies Contador nun einen Vorsprung von 5:03min auf Schleck auf, für die letzte Etappe mehr als nur ein Polster. Platz drei sicherte Di Luca mit fast 1min auf Pereiro ab. Maxime fiel auf Platz sechs zurück und Richard auf den siebtem Platz. Wenigstens könnte Maxime noch auf Platz fünf vorstoßen, da er zeitgleich mit Sanchez ist. Durch seinen Tageserfolg und den damit verbunden Punkten, holte Contador von Simon
(Gerrans) das Sprinttrikot wiedereinmal zurück, aber auch da lagen morgen alle Chancen noch bei Simon. Einzig Yannicks Bergtrikot war schon fast zu 100% in unseren Händen.
Endstand der 8.Etappe
1 Alberto Contador Astana Cycling Team 54'11
2 Linus Gerdemann Team Columbia + 1'47
3 Alejandro Valverde Caisse d'Epargne + 2'01
4 Samuel Sánchez Euskaltel - Euskadi + 2'07
5 Levi Leipheimer Astana Cycling Team + 2'10
6 Óscar Pereiro Caisse d'Epargne + 2'14
7 Fränk Schleck Team CSC Saxo Bank + 2'22
8 Danilo Di Luca LPR Brakes - Ballan + 2'32
9 Luis León Sánchez Caisse d'Epargne + 3'01
10 Mauricio Soler Barloworld + 3'15
13 Maxime Monfort Nestle Pro Racing Team + 3'39
18 Richard Virenque Nestle Pro Racing Team + 3'53
Gesamtwertung nach der 8.Etappe
1 Alberto Contador Astana Cycling Team 30h13'46
2 Fränk Schleck Team CSC Saxo Bank + 5'03
3 Danilo Di Luca LPR Brakes - Ballan + 5'27
4 Óscar Pereiro Caisse d'Epargne + 6'12
5 Samuel Sánchez Euskaltel - Euskadi + 6'47
6 Maxime Monfort Nestle Pro Racing Team s.t.
7 Richard Virenque Nestle Pro Racing Team + 7'24
8 Mauricio Soler Barloworld + 7'32
9 Alejandro Valverde Caisse d'Epargne + 7'42
10 Levi Leipheimer Astana Cycling Team + 8'55
Sprintwertung
1 Alberto Contador Astana Cycling Team 60
2 Simon Gerrans Nestle Pro Racing Team 54
3 Daniele Bennati Liquigas 50
4 Tom Boonen Quick•Step 44
5 Danilo Napolitano Lampre 43
Bergwertung
1 Yannick Talabardon Nestle Pro Racing Team 56
2 Alberto Contador Astana Cycling Team 44
3 Félix Cárdenas Barloworld 26
4 Fränk Schleck Team CSC Saxo Bank 18
5 Johan Vansummeren Silence - Lotto 15