Ich gehe ebenfalls davon aus, dass DiLuca die Rundfahrt gewinnt. Ich habe in den letzten Tagen niemanden mit dem Potenzial gesehen DiLuca irgendwie gefährlich zu werden. Normalerweise wäre ja bei einem so bröckligen Team wie Liquigas ein Angriff am Tualis zu empfehlen. Das Problem: Der Berg ist nur 3,8km lang. Da kommt Pelizotti locker rüber und zur Not kann DiLuca dort locker mit Cunego und Simoni, die irgendwie gemeinsam angreifen müssen, mitgehen. Außerdem gehts nach dem Gipfel relativ flach weiter...nicht grade das Spezialgebiet von Simoni und Cunego. Hier wäre es genial, wenn Ricco, Piepoli und Bruseghin vorn in einer Gruppe sein könnten. Bruseghin wird sich morgen bestimmt in einer Gruppe aufhalten, wenn Liquigas in weglässt. Er hat an den 3 Zinnen sehr viel Zeit verloren. Ich kann mir auch eine Gruppe von Vila und Bruseghin vorstellen, die dann am Taulis auf Cunego warten und ihn mitnehmen. Wenn das klappt, hat DiLuca 0 Chance. Das Problem: DiLuca wird wohl morgen jeden Angriff, egal wo, kontern lassen vom Team oder zur Not selbst mitgehen. Aber diesen Umstand können sich Cunego und DiLuca zu Gute kommen lassen. Trotzdem: Der Taulis ist zu kurz, um wirklich davonzukommen. Vielleicht 10 Sekunden. Vielleicht 20. Aber die Abfahrt ist nicht steil genug, um DiLuca davonzufahren. Würde es morgen nach dem Zoncolan noch abwärts gehen, würde ich meine Turnschuhe darauf verwetten, dass DiLuca den Giro an Simoni verliert. Also wir können davon ausgehen, dass DiLuca, Mazzoleni,Schleck, Simoni und Cunego auf jeden Fall irgendwie zusammen an den Zoncolan kommen. Ich wette, das unten gleich voll auf Angriff gefahren wird. Wer auch immer mit Vorsprung in diese 16% Durchschnittsteigung kommt, wird wohl auch gewinnen. Zumindest die Etappe. Der Berg ist das totale Vieh. Hier entscheidet nicht unbedingt die physische Kraft, sondern die Nervenstärke und die Mentalität. Wenn man mit 10 Sekunden Rückstand in die 16-22% Steigungen kommt, dann ists vorbei.
Ich gehe, wie Esi, ganz stark davon aus, dass Simoni die Etappe gewinnt. Er hat Mountainbikerennen bestritten, er hat extreme psychische Stärke und er hat den unbeschreiblichen Siegeswillen. Die letzten Jahre immer extrem knapp drangewesen, der Simoni will den Sieg morgen. Er muss DiLuca attackieren. Er muss zuerst angreifen. Er muss DiLuca ins Straucheln bringen. Aber DiLuca hat auch Nervenstärke. Immerhin ist der hoch motiviert, weil er den Sieg greifbar nahe hat und das weiß er. Er weiß, wie er die 3 Zinnen dominiert hat. Er weiß, dass der Sieg nur über ihn geht. Der Vorteil für ihn ist, dass der Berg nicht zu lang ist. Wären es 16km, dann würde ich wieder meine Turnschuhe auf Simoni wetten. Bei knapp über 10km ist das schwer. Die km 2,5 bis 7 sind die schwersten. Da kann viel passieren. Wenn Simoni mit Piepoli als Lokomotive da hochzieht, da kann es schon ganz schön krachen, aber so wird man DiLuca nicht los, ganz zu schweigen davon, dass man ihm 2 Minuten mindestens abnehmen muss. Das einzige was morgen hilft, ist die Brechstange ab km 0 vom Zoncolan. Vielleicht mit Piepoli in einer Gruppe, der Simoni noch etwas ziehen kann und moralischen Beistand bei den 22% Rampen geben kann. Wenn dann morgen noch das Wetter lausig ist, dann können schon extrem e Abstände auftreten. Normalerweise ist man bei 3 Minuten Rückstand auf der letzten Bergetappe ja geneigt zu sagen, dass das nichts mehr wird, aber morgen kann echt alles passieren. Simonis Mountainbikeerfahrung könnte ihm vielleicht wirklich helfen. DiLucas Siege haben ihm aber ein sehr sehr starkes Selbstvertrauen verliehen. Cunego darf man nie so ganz abschreiben. Er konnte zwar DiLuca überhaupt noch nicht gefährlich werden, aber er ist eine sehr stark schwankende Variable im Zeitfahren. Wenn er das Tourzeitfahren von 2006 hinlegt (ist übrigens ähnliches Terrain, auch wenn nicht ganz so hügelig), dann macht Cunego 2-3 Minuten mindestens gut. Aber das weiß man eben nicht. Wahrscheinlich nichtmal er selbst. Aber Cunego hat mich letztes Jahr bei der Tour echt überzeugt, deswegen stand er auf meiner Giro-Favouritenliste ganz oben. Wie er am Joux-Plane neben Moreau das Steh-Auf-Männchen gespielt hat, war schon genial. Des Zeitfahren ebenso. Wenn er morgen DiLuca 30 Sekunden abnehmen sollte, dann setze ich ihn einfach mal als GK-Favourit fest. Der Joux-Plane wer ähnlich lang, aber bei weitem nicht so steil. Das Biest morgen wird Cunego ganz schön zusetzen. Aber sein Vorteil ist, dass mit ihm nicht mehr so unbedingt jeder rechnet. Viele haben ihn abgehakt...Ganz großer Fehler, wie ich finde.
Was ich morgen am liebstens sehen würde, wäre ein Angriff von Simoni und Cunego gemeinsam am Tualis oder eben am Fuße des Zoncolan. Wenn DiLuca erstmal ein wenig zurückliegt und keiner mehr da ist, der ihm helfen kann, dann geht er ein. Er hätte den Giro beinah schon in Bergamo verloren. Er hatte nur riesiges Glück, dass Cunego mit seinen Lampre-Brüdern noch bei ihm war. Das hätte sonst ein bitterböses Ende genommen. Fazit: Am Schlussanstieg ist DiLuca immer wachsam und dabei. Wenn er dort noch ein bisschen Stärke hat, lässt er sich kaum abschütteln. Aber wenn man ihn mit einer unvorhersehbaren Attacke überrascht, dann wirds eng. Morgen ist Brechstangen Tag, da beißt der Fuchs die Eier ab, oder wie ging der Spruch nochmal
Ich habe bloß eine Bitte: Nicht Mazzoleni und keine Entscheidung aller Positionen im Zeitfahren. Wenn im Zeitfahren um Platz 1 oder um Platz 2 gekämpft wird, schön. Aber bitte nicht so eine Situation, dass Platz 1-4 innerhalb von 2 Minuten liegen und ein langweiliges Zeitfahren eine der schönsten Rundfahrten des Jahrzehnts entscheidet.
Gab es überhaupt mal eine Etappe, die nicht sehenswert war? Sogar heute, wo man erwartet hatte, dass eine Gruppe mit 20 Minuten Vorsprung geht, kommt ein wilder Glatzkopf und macht alles nieder. Sehr schön. Forza Giro, Forza Gibo