5. Juni
Exklusiv-Interview mit Joseba Beloki
Vor 14 Tagen verließ Joseba Beloki das Team Brioches La Boulangère und seit jenem 13. Mai wurde fast täglich ein neues Team mit seinem Namen in Verbindung gebracht. Zuletzt flirtete er heftigst mit der belgischen Equipe Quick-Step Davitamon und mit dem spanischen Rennstall Saunier Duval – Prodir, doch gestern schlug die Bombe ein: Beloki unterschrieb einen Dreijahresvertrag beim
neugegründeten Team Seat-Argex
Beloki stand nun unserem Radsportexperten
Jean-Pierre Lacroix in einem Exklusiv-Interview Rede und Antwort:
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Sport en Ligne: Herr Beloki, Sie haben vor gut zwanzig Stunden einen Vertrag bei Seat-Argex unterschrieben, der sie für zwei Jahre an dieses Team binden wird. Wie froh sind sie jetzt, dass endlich eine Entscheidung getroffen wurde?
Joseba Beloki: Ich bin natürlich sehr, sehr froh, das möchte ich gar nicht leugnen. Die letzten zwei Wochen waren mit viel Stress verbunden und umso glücklicher bin ich, dass ich diese Entscheidung getroffen habe.
SEL: Wie sehr hat das ewige Hinundher im Transfergeschehen und die vielen Gerüchte um ihre Person an ihnen genagt?
JB: Wie ich schon sagte: Es waren zwei schwierige Wochen für mich, zwischenzeitlich hatte ich schon fast den Glauben verloren, dass ich noch irgendwo unter Vertrag kommen würde, doch meine Manager haben mich da sehr tatkräftig unterstützt. Ohne sie wäre da überhaupt nichts gelaufen.
SEL: Sie wurden ja mit vielen verschiedenen Mannschaften in Verbindung gebracht. Zuletzt vor allem mit Quick-Step und Saunier Duval. Warum haben sie sich dann für Seat-Argex entschieden?
JB: Bei Seat-Argex habe ich meine größten Chancen gesehen. Man hat mir genau erklärt, inwiefern man mich in die Mannschaft einbeziehen möchte und dass man alles dafür tun würde, um mit mir bei den Rennen Top-Ergebnisse zu erzielen. Ich habe während der Gespräche mit Floret und Verheyen einfach von Anfang an gespürt, dass dieses Team eine große Zukunft besitzt und das ich ein Teil davon sein soll.
Mir wurde die Rolle als Kapitän angeboten, eine schönes Appartement am Rande Brüssels und…
SEL: … ein hochdotierter Vertrag nehme ich an. Werden sie bei Seat-Argex besser bezahlt, als zum Beispiel bei Quick-Step oder Saunier Duval?
JB: Ich rede nur ungerne über meinen Gehalt, aber in diesem Fall muss ich einmal klarstellen, dass man mir bei Quick-Step und bei Saunier Duval mehr geboten hat, als bei Seat-Argex.
Ich weiß nicht, wer solche Gerücht setzt, aber bei den Gesprächen mit Seat-Argex stand der Geldbetrag nicht im Vordergrund!
SEL: Aber was ist mit der Wohnung. Sie sind der einzige Fahrer bei Seat-Argex, der den Luxus eines Appartements, das vom Team bezahlt wird, genießt…
JB: Das war lediglich ein nettes Entgegenkommen des Teams. Ich habe gesagt, dass ich meine Familie gerne in der Nähe habe und so hat man mir ein Appartement bezahlt. Und falls das ihre einzige Sorge ist: In zwei Monaten werde ich die Miete übernehmen, so haben wir das vereinbart.
SEL: Trotzdem sind sie der Kapitän, der große Star in den Medien. Wie gehen sie damit
um?
JB: Ich habe kein Problem damit. Bei Once habe ich solche Situationen schon durchlebt.
SEL: Und auch bei Brioches waren sie der Kapitän. Diese Mannschaft haben sie jedoch vor knapp drei Wochen verlassen. Was für Gründe gab es dafür?
JB: Das ist die Vergangenheit und darüber möchte ich jetzt nicht mehr reden.
SEL: Trotzdem: Einige Leute sagen, dass sie der „
Mörder“ dieses Teams sind. Was geht ihnen da durch den Kopf?
JB: Das ist das Dämlichste, was ich seit langem gehört habe. Bei Brioches liefen Dinge, die dürfen in einem Profirennstall einfach nicht geschehen.
Ich habe mir am Anfang des Jahres vorgenommen an der Tour oder der Vuelta teilzunehmen und dort unter die Top5 bzw. die Top3 zu kommen. Und bei Brioches hatte ich nicht das Gefühl, dass so eine Platzierung im Bereich des Möglichen liegen würde.
SEL: Sie gehen also davon aus, dass ihr Team bei der Tour oder bei der Vuelta teilnehmen wird?
JB: Ja.
SEL: Woher nehmen sie da ihre Sicherheit?
JB: Dieses Team ist so bärenstark, da würde es mich schon wundern, wenn wir nicht den Startplatz kriegen.
SEL: Sie klingen ja überaus begeistert, was ihr neues Team angeht. Doch nun wurde vor wenigen Tagen der junge Sprinter Tom Boonen verpflichtet. Wie finden sie das?
JB: Ganz hervorragend. Mit jedem neuen Fahrer, den wir kriegen steigert sich das Potenzial der Mannschaft und somit die Wahrscheinlichkeit, dass wir am 3. Juli in Lüttich bei der Tour de France 2004 starten werden.
SEL: Aber mit jedem Sprinter, Sprintanzieher und Ausreißspezialist sinkt ja auch die Anzahl ihrer Helfer…
JB: Ach, dass sehe ich nicht als so schlimm an. Ein paar Helfer sind immer sehr hilfreich und ohne die ist es fast unmöglich auf Dauer ganz weit vorne mitzufahren, doch ich benötige keine acht Fahrer um mich herum, die ständig dafür sorgen, dass ich sicher fahre.
SEL: Wäre es nicht trotzdem einfacher gewesen bei Quick-Step zu unterschreiben?
Die sind immerhin bereits bei der Tour gesetzt. Außerdem hätten sie dort einen Virenque, einen Mercado, einen Dufaux zu ihrer Seite.
JB: Nun ja, Virenque wird bei Quick-Step Wohl oder Übel auf eigene Faust fahren, um das Bergtrikot zu gewinnen. Und zu Mercado und Dufaux, das sind wirklich starke Fahrer, aber wir werden mit Sicherheit ähnlich gute Fahrer haben. Davon bin ich überzeugt.
SEL: Kurze Frage noch zum Abschluss: Wer ist ihr Favorit für die Tour in diesem Jahr?
JB: Lance Armstrong. Er ist der Stärkste von allen!
SEL: Vielen Dank, Joseba Beloki und viel Glück bei ihrem neuen Arbeitgeber!