Übermorgen beginnt ja in Mönchengladbach die Weltmeisterschaft im Feldhockey 2006, wobei Deutschland als Gastgeber und Titelverteidiger zugleich am Mittwochnachmittag um 15:15 in das Turnier starten wird.
Natürlich habe ich mir mal wieder ein paar Gedanken gemacht und möchte sie euch dann auch nicht vorenthalten. Vielleicht hilft es ja dem einen oder anderen, der während der kommenden zehn Tage mal häufiger im Fernsehen Hockey schauen möchte. Die verschiedenen Sender (am Mittwoch ZDF, dann eurosport, aber auch WDR) übertragen soweit ich das richtig sehe pro Tag ein Spiel.
Nun aber mal meine Einschätzung zu den einzelnen Mannschaften, sortiert nach der Gruppe.
Gruppe A: Argentinien, Australien, Japan, Neuseeland, Pakistan, Spanien
Gruppe B: England, Indien, Korea, Südafrika, Niederlande, Deutschland
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Gruppe A:
Argentinien
Die Argentinier stehen zu Beginn an der Spitze, sobald jedoch die ersten Punkte verteilt werden, dürfte sich dies entscheidend ändern. Dazu sind sie einfach zu unkonstant, die Mannschaft hat zwar einige äußerst interessante und vor allem schnelle und trickreiche Spieler (Lucas Vila, Mario Almada, Matias Cammareri sind da als Stürmer vor allem herauszuheben), jedoch mangelt es ihnen deutlich an Disziplin. Insofern können sie für alle Mannschaften dieser Gruppe A ein Stolperstein sein, durch diszipliniertes und taktisches Spiel sind die Argentinier jedoch allemal zu knacken, da sie vor allem in der Abwehr lange nicht zur Weltspitze angehören.
Wichtigste Spieler: Mario Almada, German Orozco, Matias Paredes, Lucas Vila
Gruppentipp: 4. Platz
Australien
Die Australier haben bei Olympia 2004 bekanntermaßen triumphiert und seitdem auch in den wichtigen Turnieren auch im Prinzip immer die wichtigste Rolle, meist auch die des Siegers gespielt.
Diese Mannschaft ist auch bei diesem Turnier wieder äußerst stark und als großer Favorit anzusehen, da sich kaum etwas geändert hat, die Australier mittlerweile der Konkurrenz in Sachen Athletik und Technik der Konkurrenz mittlerweile fast schon enteilt sind. Auch taktisch stimmt es bei ihnen, die Ecken passen meistens, defensiv ist man sicher und nach vorne eben sehr schnell und vor allem ballsicher. Auch das Mittelfeld ist z.B. mit Brent Livermore oder Michael McCann exzellent besetzt. Auch wenn der Satz jetzt schon verdammt früh fällt: Der WM-Sieg wird nur über die Australier gehen.
Wichtigste Spieler: Jamie Dwyer, Troy Elder, Grant Schubert, Brent Livermore
Gruppentipp: 1. Platz
Japan
Von den Japanern weiß ich bedauerlicherweise überhaupt nichts, außer, dass ihnen die Qualifikation durch einen Überraschungserfolg gegen Frankreich glückte. Zuvor hatten sie die ebenfalls nicht schlechten Iren ausgeschaltet. Insofern scheint die Mannschaft schon etwas zu können, bloß kann ich mit niemandem etwas anfangen. Angesichts der Konkurrenz wird es für sie jedoch schwer, nicht den letzten Platz der Gruppe zu erreichen, da sich Neuseeland in letzter Zeit kontinuierlich entwickelt hat und vor allem seit nunmehr fünf Jahren an jedem großen Turnier teilnimmt.
Wichtigste Spieler: -
Gruppentipp: 6. Platz
Neuseeland
Die Neuseeländer sind sehr eingespielt, das Team wurde in den letzten Jahren kaum verändert, was wohl einer der entscheidenden Pluspunkte dieses Teams ist. In der Breite fehlt es schlichtweg an nötigem Können, sodass sie den Weg bis ganz nach oben auch diese WM nicht schaffen. Dennoch sind sie allemal ernst zu nehmen und können auf jeden Fall den Argentiniern einen heißen Kampf um den vierten Platz bieten, vielleicht sogar die Pakistani angreifen. Alles darüber hinaus wäre eine Sensation. Im Endeffekt sind die Argentinier wohl doch etwas spielstärker, weshalb es für Neuseeland nur zum fünften Platz in der Gruppe reichen wird.
Wichtigste Spieler: Hayden Shaw, Ryan Archibald, Dean Couzins
Gruppentipp: 5. Platz
Pakistan
Auch bei Pakistan sind wenig neue Spieler dabei. Das spricht zum einen für Eingespieltheit, andererseits birgt es natürlich auch die Gefahr, dass es bei einem solchen Turnier ähnlich durchwachsen läuft wie im vergangenen Jahrzehnt. Mal flop, mal top, so könnte man die Mannschaft wohl gut beschreiben. Zu sehr verlässt man sich eventuell auch einfach auf die Verteidigung und die Ecken von Sohail Abbas. Vorne mangelt es an schnellen Leuten, die sich auch mal im Eins gegen Eins durchsetzen können. Pakistan ist eine ernstzunehmende Mannschaft, aber im Grunde sind sie zu leicht auszurechnen und die einstige Hockeygroßmacht darf sich heute eigentlich nur noch gegenüber den Japanern ihrer Sache einigermaßen sicher sein. Sie werden den Dreikampf mit Argentinien und Neuseeland um die Plätze 3.-5. austragen.
Wichtigste Spieler: Waseem Ahmed, Sohail Abbas
Gruppentipp: 3. Platz
Spanien
Die Spanier haben sich in den letzten zwei, drei Jahren in Europa sehr stark etabliert. Neben den Niederlanden und Deutschland sind sie mittlerweile sicherlich die beste europäische Mannschaft, wobei sie – gerade nach der WM 2002 – wohl auch Deutschland überholt haben. Die Mannschaft hat sehr starke Spieler in der Offensive, dort auch entsprechend viele Varianten, was sie schwer kontrollierbar macht. Andererseits ist ihre Abwehr auch angreifbar. Ich erwarte oder befürchte, dass sie sich gegen die nichteuropäischen Mannschaften bei diesem Turnier schwer tun werden. Und da haben sie in der Gruppe nun mal einige von.
Zudem müssen sie ohne Juan Escarre spielen, der dieses Team jahrelang anführte. Deshalb werden sie im Rennen um den Gruppensieg auch gegen Australien klar den Kürzeren ziehen und überhaupt Punkte lassen. Der 3. Platz und weiter darunter wäre trotzdem eine ziemliche Enttäuschung.
Wichtigste Spieler: Santi Freixa, Pol Amat, Xavier Ribas,
Gruppentipp: 2. Platz
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Gruppe B:
England
England hat ein grundsolides Team, das sich sicherlich in der ausgeglichenen Gruppe B mit in den Kampf um Platz 3 einschalten wird. Ihnen fehlen jedoch einfach richtige Spitzenspieler, deshalb auch der Begriff „solide“, weil das Team eben ordentlich spielen kann, doch darüber reicht es kaum hinaus. Athletisch und technisch sind richtig gute Leute die Ausnahme. Insofern wird viel über einheitliches Auftreten und Einsatz gehen müssen. Von Platz 3 bis zum letzten Rang ist alles möglich.
Wichtigste Spieler: Barry Middleton, Ben Hawes
Gruppentipp: 4. Platz
Indien
Auch wenn die Länder eigentlich wenig gemeinsam haben (wollen), gilt für Indien Ähnliches wie für Pakistan. Beide waren vor Jahrzehnten
die Hockeymächte, erlebten um 2002 rum wieder einen raschen Aufstieg – befinden sich jetzt aber auch wieder im seichten Fall nach unten. Der Einsatz des Oldies Dhanraj Pillay wird sich kurzfristig entscheiden, aber im Prinzip spielt die Mannschaft nun schon länger ohne ihren Leader, der fast 15 Jahre lang Kapitän dieses Teams war. So aber hat Indien ein relativ loses, junges Team mit einigen starken Spielern. Aber auch sie sind zu unkonstant, wenn diese junge Mannschaft einen Lauf bekommt und alles klappt, dann können sie auch einen Angriff auf das Halbfinale starten. Für wahrscheinlicher halte ich jedoch die Variante, dass sie sich gegen zwei bessere (Deutschland, Holland) und drei nahezu ebenbürtige Mannschaften (Südkorea, England, Südafrika) sehr schwer tun werden und kaum Punkte holen werden. Schade drum!
Wichtigste Spieler: Dilip Tirkey, Rajpal Singh, Vikram Pillay
Gruppentipp: 5. Platz
Korea
Auch die Koreaner haben ihren maximalen Leistungsstand offenbar ebenfalls um die Jahrtausendwende mit den olympischen Spielen in Sydney erlebt. Seitdem geht es im Prinzip kontinuierlich etwas bergab. Schade, denn eigentlich haben sie eine Mannschaft, die jeden schlagen kann und in der Verfassung von 1999-2002 bei dieser WM ein absolut ernstzunehmender Favorit auf den WM-Titel ist. Nun aber lassen die Vorbereitungsspiele den Verdacht nahe kommen, dass es eher die Fortsetzung des Negativtrends wird. Der Sturm ist zwar äußerst agil, aber es mangelt an einem cleveren Torjäger. So bleiben viele gute herausgespielte Chancen ungenutzt. Zudem sind sie in der Außenverteidigung stark angreifbar, lediglich um die Defensivzentrale um Kapitän Yong Bae Kim müssen sie sich nicht Sorgen machen. Alles in allem mangelt es in allen Mannschaftsteilen ein wenig, sodass das Halbfinale nicht erreicht wird.
Wichtigste Spieler: Yong Bae Kim, Jong Ho Seo
Gruppentipp: 3. Platz
Südafrika
Vor zwei Jahren trumpften die Südafrikaner bei der WM auf und spielten zum Beispiel auch die Argentinier im entscheidenden Gruppenspiel an die Wand. Auch bis heute wird sich diesbezüglich wenig geändert haben – Südafrika hat ein gut eingespieltes Team. Es gab nicht allzu viele Veränderung. Bis auf eine Ausnahme: „Leader“ und Goalgetter Greg Nicol fehlt im Aufgebot, da er seine Karriere altersbedingt an den Nagel gehängt hat. Dieser Ausfall macht das Turnier für die Mannschaft ungleich schwerer, auch wenn sie sich mindestens zwei Unentschieden holen werden. Schlussendlich ist die Gruppe zu ausgeglichen, weshalb nur der sechste Platz herausspringen wird.
Wichtigste Spieler: Bruce Jacobs, Ken Forbes
Gruppentipp: 6. Platz
Niederlande
Die Niederländer haben seit jeher den Titel des WM-Favoriten abonniert, dies jedoch auch mit Recht. Mit der Truppe kann eigentlich auch nur der WM-Titel das Ziel sein, alles darunter wäre dem Potenzial der Truppe nicht gerecht, auch wenn die Konkurrenz sicherlich ebenbürtig ist. Teun de Noojer gilt als bester Hockeyspieler der Welt, wenn er in Topform ist, kann er sein Team sicherlich bis ins Finale führen. Ein entscheidender Vorteil ist jedoch auch, dass die Jungspunde mittlerweile schon soviel Erfahrung gesammelt haben, dass das Team nun zum einen schnell und athletisch durch und durch hervorragend (Ausnahme dabei die Innenverteidigung mit Oldie Jeroen Delmee), andererseits jedoch auch nicht mehr so „grün hinter den Ohren“ ist. In der Offensive haben sie alle nötigen Mittel, um die gegnerische Defensive auseinander zu pflücken, weshalb die Gruppenphase zunächst ein Kinderspiel ist drin. Auch das Finale müsste bei dieser WM eigentlich im Bereich des Möglichen liegen!
Wichtigste Spieler: Teun de Noojer, Ronald Brouwer, Taeke Taekama
Gruppentipp: 1. Platz
Deutschland
Zu guter Letzt das Team des Gastgebers und Titelverteidigers: Deutschland. Vorne weg gleich meine Meinung dazu: Trotz Heimvorteils und auch obwohl Deutschland in den letzten Jahren doch fast alles abgeräumt hat, sie werden 2006 nicht Weltmeister. Denn der Umbruch nach Athen 2004 ist immer noch im vollen Gange. Es sind einige neue Spieler zu integrieren, diese Truppe, die von 2000 an im Prinzip ohne Unterbrechung miteinander gespielt hat, gibt es nicht mehr. An der Stelle steht jetzt eine sehr dynamische, junge Mannschaft, wobei einige Spieler kaum internationale Erfahrung haben, höchstens vielleicht durch Turniere in den Nachwuchsauswahlmannschaften. Auf der anderen Seite stehen auch wiederum erfahrene Recken wie Philip Crone, der auch in diesem Jahr die Abwehr stabilisieren wird, weshalb Deutschland zumindest in der Gruppenphase wenig Tore kassiert.
Über Außen wird es jedoch schon wieder eng. Wess muss vermutlich in die IV reinrücken, weshalb Björn Emmerling als treibende Kraft auf der Außenbahn immer wichtiger wird. Zudem muss auch „Staubsauger“ Sebastian Biederlack wieder ein optimales Turnier hinlegen. Vorne fehlen die „Altstürmer“ die einst schon das eine oder andere wichtige Tore erzielt haben (Björn Michel, Christoph Bechmann). Zuviel hängt da von Michael Witthaus und Christopher Zeller ab. Die wirklichen Alternativen im Sturm sind geschrumpft.
Im Mittelfeld hat man dafür einige eifrige und laufstarke Leute dabei (Justus Scharowsky, Moritz Fürste, Oliver Hentschel), allesamt Spieler, die von dem Umbruch profitierten. Aber wird auch die Mannschaft auf dem Weg zum WM-Gewinn davon profitieren. Ich glaube nicht, denn es mangelt z.B. im Sturm an Alternativen, auch die Abwehr ist nicht mehr so gut aufgestellt wie noch vor vier Jahren. Schluss im Halbfinale!
Wichtigste Spieler: Philip Crone, Tibor Weißenborn, Michael Witthaus
Gruppentipp: 2. Platz