Ausgabe 3/05 - 07. Februar 2005
MAILLOT JAUNE
Wahlbelgier Klier lässt T-Mobile jubeln
Bei T-Mobile angestellt, in Belgien zu Hause – Klassikerspezialist Andreas Klier
BESSEGES. Traditionell beginnt die französische Radsportsaison mit dem Stern von Besseges, einer fünftägigen Rundfahrt über flaches bis hügeliges Terrain in diesem Jahr mit dem Start in Marseille. Das junge französische Sprintertalent Samuel Dumoulin Ag2r Prevoyance bestimmte dieses Rennen mit seinen drei Etappensiegen, die er jeweils im Sprint errang. Er gewann zum Auftakt in Marseille Luminy, auf dem dritten Teilstück nach La Grand'Combe und triumphierte im Zielort Besseges am Schlusstag. In der Gesamtwertung belegte er Rang zwei mit nur einer Sekunde Rückstand hinter dem deutschen Sieger Andreas Klier T-Mobile Team.
Der gebbürtige Münchner legte den Grundstein für seinen Erfolg auf der zweiten Etappe als er sich zusammen mit elf anderen Mitstreitern früh absetzte und am Ende das Ziel in Saint-Amour als Solist erreichte. „Überrascht, aber überglücklich.“ so die Worte nach seinem ersten Etappenerfolg in diesem Jahr und zugleich dem zweiten für seine Mannschaft.
47 Sekunden konnte Klier gegenüber seinen härtesten Konkurrenten auf diesem Teilstück herausfahren und somit einen Vorsprung auf die Königsetappe nach Casino Les Fumades über 152 Kilometer nehmen. Im Süden Frankreichs zeigte das Bouygues Telecom Team seine ganze Stärke und landete einen Doppelsieg. Der junge Jerome Pineau gewann den Bergsprint des dezimierten Hauptfeldes vor Didier Rous und Slawomir Kohut von Miche.
Andreas Klier behauptete sich ganz vorn mit seinen Teamkollegen Sergei Ivanov und Daniele Nardello und verteidigte seine Führung.
Jerome Pineau streckt die Arme in die Höhe, er gewann die Königsetappe und wurde Gesamtvierter
Am Ende wurde es für Klier zwar noch einmal erstaunlich knapp, als Dumoulin am Schlusstag durch die Zeitgutschrift im Ziel bis auf eine Sekunde an den Deutschen herankam, allerdings änderte sich daran nichts mehr und Klier gewann nach Dietrich Thurau 1978 als Zweiter Deutscher dieses Rennen. „Damit hätte ich nicht gerechnet, die Königsetappe war extrem schwer und das so zeitig in der Saison.“
Samuel Dumolin konnte sich mit dem Trikot des Punktbesten trösten und war leicht angesäuert: „Klier hat auf der zweiten Etappe nur gelutscht, ist kein einziges Mal von vorn gefahren in der Ausreißergruppe. Er hat den Sieg nicht verdient.“
Julien Laidoun vom belgischen Rennstall Mr. Bookmaker.com gewann die Bergwertung souverän, da er sich zusammen auf der Königsetappe mit drei anderen Fahrern zeitweise 15 Minuten vor dem Feld fuhr und ungehindert die wichtigen Bergpunkte sammelte.
Steil ging es bergauf für die Fahrer bereits früh in der Saison
GESAMTWERTUNG:
1 Andreas Klier T-MOBILE TEAM 20h55'15
2 Samuel Dumoulin AG2R PREVOYANCE + 1
3 Jean-Patrick Nazon AG2R PREVOYANCE + 43
4 Jérôme Pineau BOUYGUES TELECOM + 51
5 Saulius Ruskys AGRITUBEL LOUDUN + 53
6 Didier Rous BOUYGUES TELECOM + 59
7 Geert Omloop MR BOOKMAKER.COM + 1'01
8 Slawomir Kohut MICHE + 1'03
9 Julien Laidoun MR BOOKMAKER.COM + 1'05
10 Lloyd Mondory AG2R PREVOYANCE + 1'07
...
36 Jan Schaffrath T-MOBILE TEAM s.t.
43 Christian Müller TEAM CSC s.t.
46 Olaf Pollack T-MOBILE TEAM + 4'28
53 Rolf Aldag T-MOBILE TEAM + 5'48
79 Dennis Kraft INTEL - ACTION + 9'24
INTERVIEW
Mario Kummer - Sportdirektor bei T-Mobile
“Lance und Jan respektieren sich und erkennen die gegenseitigen Leistungen an“
Neuer und alter Chef - Mario Kummer und Walter Godefroot
LE-PELOTON: Guten Tag Herr Kummer, der Saisonauftakt in Down Under liegt hinter Ihnen und der Mannschaft. Dieses Jahr liegen die Erwartungen höher als je zuvor, wie sehen Sie das?
KUMMER: Auch wenn der Ausflug nach Down Under sicher nicht viel mehr als ein ebensolcher Ausflug war, so möchte ich doch darauf hinweisen, dass der Saisoneinstieg längst geschehen ist, ich freue mich darüber auch in solchen "abgelegenen" Regionen der Erde Radsportinteresse zu finden.
Zu ihrer Frage, die Erwartungen an unser Team sind selten so hoch gewesen, wie dieses Jahr. Sicher ist da in erster Linie die Tour de France gemeint, dieses Jahr wird zeigen ob wir mit der Doppelspitze Vinokourov/Ullrich den Toursieg nach Bonn holen können, letztes Jahr war dies durch die Verletzung von Vino unmöglich. Umso motivierter sind wir, es nun endlich zu beweisen, wir können es schaffen, ich bin zuversichtlich!
Ansonsten werden von uns natürlich möglichst viele Siege verlangt, wir haben einen starken Kader, ich glaube wir, auch ich, sind der Herausforderung gewachsen.
LE-PELOTON: Es könnte die letzte Chance für Jan Ullrich werden Lance Armstrong zu schlagen, der ein Karriereende nach der Tour nicht ausschließt. Sehen Sie diese Tatsache als zusätzliche Motivation oder als erhöhten Druck für ihr Team und Jan Ullrich?
KUMMER: Das ist eine Sache zwischen Jan und Lance, beide respektieren sich und erkennen die gegenseitigen Leistungen an. Demnach sollte es für Jan eine zusätzliche Motivation sein, ich hoffe, er kann es in Leistung umsetzen. Ein Sieg gegen seinen großen Widersacher, wäre sicher ein Traum von ihm.
Wir als Team werden Jan dabei bestmöglich unterstützen, wie in jedem Jahr.
LE-PELOTON: Der Sponsor erwartet diese Saison endlich den Tour de France Gewinn, werden Sie versuchen diesen mit allen Mitteln zu erreichen und deshalb Erik Zabel nicht mit nach Frankreich zu schicken?
KUMMER: (lächelt) Sie werden verstehen, dass ich selbst Ihnen, nicht die Saisonplanung des Teams T-Mobile offen legen kann, und ich kann das jetzt auch noch nicht sagen. Fakt ist aber, dass wir in der momentanen Situation, mit Erik zusammen die Tour planen.
LE-PELOTON: Bei einem erneuten Scheitern gegen Lance Armstrong, könnte ein großer Umbruch in der Mannschaft anstehen. Die Leistungsträger Ullrich, Zabel, Klöden, Wesemann und Vinokourov sind teilweise dreißig Jahre und älter. Wann werden die jungen Wilden endlich in den Vordergrund treten?
KUMMER: Wir arbeiten seit Jahren daraufhin junge Talente ins Team zu holen. Mit der Verpflichtung von Bas Gilling, Bernhard Kohl und Marcus Burghardt haben wir das dieses Jahr schon bewiesen. Dazu kommen zahlreiche große Nachwuchsförderungsprogramme, die ständig im Hintergrund laufen. Wir sind auf die Situation vorbereitet.
LE-PELOTON: Für Erik Zabel könnte 2005 ein wichtiges Jahr werden: Bleiben die Siege erneut aus, verpasst er es das Tourticket zu lösen, dann werden die kritischen Stimmen lauter. Was muss Erik tun, um 2005 erfolgreich zu sein?
KUMMER: Ach wissen Sie, Erik ist mittlerweile 34 Jahre alt, er hat mehr Erfahrung als der Rest des Teams zusammen. Da werde ich bestimmt nicht ankommen und dem Erik den Radsport erklären. Letztes Jahr war ein schweres für ihn, ein Jahr des Umbruchs, er wird den Erfolg finden, geben wir ihm etwas Zeit.
Respektieren sich, sind aber keine Freunde – Ullrich und Armstrong
LE-PELOTON: Matthias Kessler gilt als ein Fahrer, der sich berechtigte Hoffnungen machen kann, bei den großen Ardennenklassikern auf Sieg fahren zu dürfen. Seine vorderen Plätze beim Amstel Gold Race und Lüttich-Bastogne-Lüttich mit zwei sechsten Plätzen und dem dritten Podiumsplatz 2004 beim Fleche Wallone 2004 sprechen für sein Talent.
Kann er schon dieses Jahr aus dem Schatten des großen Kasachen Vinokourov treten?
KUMMER: Matze hat alles was ein Fahrer braucht, der auf Dauer die Ardennenklassiker gewinnen will. Einen Schatten aus der "Richtung Vino", kann ich nicht erkennen, bei den schweren Rennen kann soviel passieren, da wäre es töricht, sich auf einen Kapitän zu versteifen. Matze wird seine Chancen bekommen.
LE-PELOTON: Mit Marcus Burghardt und Bas Gilling haben sie zwei Nachwuchs Profi s verpflichtet. Was erwarten Sie von den beiden für 2005?
KUMMER: Sie sollen sich entwickeln! Im Profiradsport zurechtfinden, mehr erwarten wir nicht, nicht in diesem Jahr.
LE-PELOTON: Das alte und leidige Thema, wer das beste Radsportteam Deutschlands stellt, wird auch 2005 wieder heiß diskutiert werden. Wie lange wird T-Mobile die Spitzenposition verteidigen können?
KUMMER: Ich freue mich über die Entwicklung die Gerolsteiner durchmacht, Konkurrenz besteht insofern natürlich wenn es im Rennen um den Sieg geht. Allgemein kann ich den Aufschwung des Radsports in Deutschland sehr begrüßen. Die Spitzenposition ist da zweitrangig, auch wenn wir uns, von der Sprudel-Truppe keinen Bären aufbinden lassen wollen. (lacht)
LE-PELOTON: Zum Schluss noch zwei hypothetische Fragen: Jan Ullrich gewinnt im Juli 2005 zum zweiten Mal die Tour de France und wird im Oktober in Madrid Weltmeister auf der Straße. Sehen wir den "Ulle" dann 2006 wieder?
KUMMER: Eine Frage, die sie nicht mir, sondern Jan selber fragen sollten. Ich kann ihnen meine Meinung dazu sagen, ich denke er würde dann noch mindestens ein Jahr dranhängen, in seinen Augen sieht man immer noch die Begeisterung und Freude am Radsport, aufhören wird er, freiwillig, in absehbarer Zeit nicht, unabhängig von Erfolgen oder Misserfolgen.
LE-PELOTON: Ihr Team geht bei der Tour de France unter, Ullrich, Vinokourov und Klöden landen unter ferner liefen und Armstrong gewinnt souverän vor seinen Konkurrenten zum siebten Mal die Tour de France und beendet danach seine Karriere. Ullrich gibt sich für 2006 siegessicher und verspricht dieses Jahr die Vuelta zu fahren. Wie realistisch ist diese Vorstellung?
KUMMER: Hypothetische Fragen, allerdings! Jan hat die Vuelta schon gewonnen. Das Ziel nach der Tour 2005 ist die Deutschlandtour, den Fans etwas zurückzugeben.
LE-PELOTON: Vielen Dank für dieses aufschlussreiche Interview, Mario Kummer.
KUMMER: Danke gleichfalls, viel Erfolg weiterhin mit ihrem netten Magazin!
ERGEBNISSE
Qatar: Bert Grabsch einen Tag in Gelb
TOUR DE QATAR:
1 Max Van Heeswijk DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM20h50'49
2 Bert Grabsch PHONAK HEARING SYSTEMS + 4
3 Thor Hushovd CREDIT AGRICOLE + 10
4 Volodimyr Bileka DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM+ 16
5 Robbie McEwen DAVITAMON - LOTTO + 18
6 Jan Kirsipuu CREDIT AGRICOLE + 20
7 Rouslan Ivanov DOMINA VACANZE + 24
8 Davide Bramati QUICK STEP - INNERGETIC + 28
9 Maryan Hary BOUYGUES TELECOM + 34
10 Rubens Bertogliati SAUNIER DUVAL - PRODIR s.t.
...
35 Stefan Schumacher SHIMANO - MEMORY CORP s.t.
36 Martin Müller TEAM WIESENHOF s.t.
41 David Kopp TEAM WIESENHOF s.t.
47 Linus Gerdemann TEAM CSC s.t.
65 Stefan Radochla TEAM WIESENHOF + 4'55
69 André Greipel TEAM WIESENHOF s.t.
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Nächste Woche bei LE PELOTON:
- Der Tross rollt weiter: Mallorca Challenge und Mittelmeerrundfahrt
- Laurent Fignon: Frankreichs Radsport muss sich Sorgen machen
- Vorschau auf die Klassikersaison: Het Volk und Kuurne-Brüssel-Kuurne eröffnen!