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Das 1. Weltcuprennen der Saison 2004
Klaus: Hallo und herzlich Willkommen zum ersten Weltcuprennen der Saison. Wie gewohnt führt die Strecke auch dieses Jahr wieder über 294 km von Mailand nach San Remo. Das Wetter ist für diese Jahreszeit recht gut, zumindest ist kein Regen gemeldet. Somit haben die Fahrer kaum Ausreden um ein schlechtes Rennen zu rechtfertigen. Bevor wir über die möglichen Nachfolger von Vorjahressieger Paolo Bettini diskutieren schauen wir aber zuerst einmal auf das Streckenprofil. Tony, bitte.
Tony: Ja hallo auch von mir. Bei der diesjährigen Streckenführung gibt es keine Überraschungen. Wie auch in den Jahren zuvor wurde der fast identische Kurs gewählt. Die ersten knapp 250 Kilometer verlaufen wieder sehr flach. Die Rennentscheidung wird auf den letzten Kilomtern fallen, wo mit dem Capo Mele, Capo Cervo, Capo Berta, Cipressa und kurz vor dem Ziel der Poggio, etliche kurze giftige Anstiege anstehen, die das Feld vermutlich auseinanderreißen werden.
Klaus:So, jetzt sind sie über die Streckenführung bestens informiert, aber sie wollen sicherlich auch wissen, wer auf diesem Kurs die größten Siegchancen hat. Tony, wen erwartest du heute vorne?
Tony: Da muss man 2 Sorten von Fahrern in Anbetracht ziehen. Zum einen sind das die typischen Klassikerfahren, denen kurze giftige Anstiege liegen. Dazu zähle ich natürlich Vorjahressieger Paolo Bettini (QSD)
, den Kasachen Alexandre Vinokourov vom T-Mobile Team
und Davide Rebellin vom Gerolsteiner Rennstall
. Auf der anderen Seite sind dann die Sprinter, deren Teams natürlich versuchen werden, das Feld solange wie möglich zusammenzuhalten. Hier ganz hoch einzuschätzen sind Alessandro Petacchi (FAS)
, der ehemalige Abonnementsieger Erik Zabel (T-Mobile)
und Mario Cipollini (Domina Vacanze)
. Aber natürlich ist auch Paolo Bettini ein sehr guter Sprinter, was er beim Tirreno - Adriatico schon unter Beweis gestellt hat.
Klaus:Bevor es gleich losgeht, werfen wir nochmal einen schnellen Blick auf die teilnehmenden Teams und ihre Topfahrer.
T-Mobile (Vinokourov, Zabel, Nardello, Wesemann)
Gerolsteiner (Rebellin, Hondo, Wegman)
Lotto (McEwen, Van Petegem)
Fassa Bortolo (Petacchi, Vandenbroucke, Pozzato)
Quickstep (Bettini, Museeuw, Boonen, Paolini)
US Postal (Hincapie, Van Heeswijk, Armstrong)
Euskatel (D. Etxebarria)
Liberty Seguros (A. Davis)
Iles Baleares (Arrieta, Garcia Acosta)
Rabobank (Boogerd, Freire)
Cofidis (Astarloa, O'Grady)
Domina Vacanze (Cipollini, Scarponi)
Ag2r (Brochard, Kirsipuu, JP Nazon)
Saeco (Di Luca, Pieri, Celestino)
Credit Agricole (Hushovd, Kasheshkin)
Phonak (Camenzind, Valjavec)
CSC (Bartoli, Voigt, Peron)
Alessio (Tafi, Ivanov, Baldato, Bortolami)
Lampre (Vainsteins, F. Casagrande)
Klaus: Jetzt haben sie alle wichtigen Informationen zum Rennen. Es kann losgehen. Bei gutem Wetter verlassen die 160 gestarteten Profis Mailand und machen sich auf die insgesamt 294km nach San Remo. Gleich zu Beginn zeigt sich das Team des Titelverteidigers, Paolo Bettini, ganz vorne und kontrolliert das Tempo im Feld.
Tony:Ja die wollen wohl gleich von Anfangt an Stärke demonstieren und die anderen Teams einschüchtern. Aber Quickstep hat auch wirklich ein verdammt starkes Team dabei. Neben Boonen, Bettini und Museuw dann noch Paolini, Nuyens, Sinkewitz, Bramati, Knaven und Zanini. Das ist schon top.
Klaus:In diesem Jahr hat übrigens auch Lance Armstrong seinen Start bei Mailand San Remo verkündet und er ist auch tatsächlich gestartet. Mit welchen Ambitionen der Texaner ins Rennen gegangen ist, ist allerdings unbekannt.
Tony:Er ist der einzige der großen Rundfahrer, der an diesem Rennen teilnimmt. Ich bin eh gespannt wie sich sein abgeändertes Vorbereitungsprogramm auf die Tour ausschlägt.
Klaus:Die ersten 30km sind nun gefahren, kein Fahrer hat eine frühe Attacke gewagt. Das gibt uns die Möglichkeit, eine kurze Einschätzung von Erik Zabel einzuspielen.
Zabel: Die 294 km werden wieder verdammt hart. Vor allem am Schluss werden die Bettinis, Boogerds und Rebellins attackieren was das Zeug hält. Ich versuche so gut es geht mitzuhalten und wenn eine Gruppe gehen sollte schicken wir halt Vino und Kessler mit. Wir haben viele Optionen. Es ist nicht alles auf mich ausgerichtet.
Tony:Erik Zabel wieder mal gewohnt zurückhaltend. Der führt für heute doch irgendetwas im Schilde. Aber wie gesagt ist T-Mobile heuer ganz schwer auszurechnen.
Klaus:Es sind jezt 60km gefahren und wir befinden uns in Voghera. An der Rennsituation hat sich nichts geändert. Quickstep kontrolliert weiterhin das Feld, nun kommen aber auch ein paar Rabobankler für Freire und Boogerd nach vorne.
Tony:Karsten Kroon und Marc Lotz haben da wohl von ihrem sportlichen Leiter die Order bekommen vorne mitzukontrollieren und frühe Ausreißversuche zu vereiteln.
Klaus:Nach wie vor ist das Rennen sehr ruhig. Es scheint mir die Ruhe vor dem Sturm zu sein. Deshalb schalten wir jetzt einmal ins Teamfahrzeug des Team Gerolsteiner zu Hans-Michael Holczer.
Klaus:Hallo Hans, noch alles im Grünen Bereich?
Holczer: Hallo, ja ist es. Noch ist ja alles beisammen im Feld. Wir versuchen uns ein bischen im Feld zu verstecken um Kräfte für das harte Finale zu sparen.
Klaus:Das hört der Sponsor aber gar nicht gern...
Holczer: Das hier ist kein Showrennen. Da ist die Taktik wichtiger als sich früh im Rennen zu zeigen. Unser Ziel ist es in den entscheidenden Phasen präsent zu sein. Dadurch kommt der Sponsor automatisch ins Rampenlicht.
Klaus:An welche Fahrer hast du im Finale gedacht. Also wer spielt aus deinem Team die größte Rolle?
Holczer:Wenn an den Anstiegen kurz vor Schluss eine Gruppe gehen sollte, dann ist das natürlich eine Sache für Davide und Fabian, sollte es aber zum Sprint kommen, dann haben wir noch Hondo und Markus Zberg, der ja schonmal 3. war.
Klaus:Danke für die aufklärenden Worte. Weiterhin viel Erfolg im Rennen.
Tony: Holczer ist eine echt sympathische Erscheinung im Radsport. Das muss man sagen. 100km gefahren und wir sind jetzt in Novi Ligure. Die bisher absolvierten Kilometer waren allesamt flach, aber gleich kommt ein 20km langer Anstieg. Er ist zugegebenermaßen nicht sehr steil aber so 3 bis 4 % hat er doch im Schnitt. Vielleicht wird ja dieser Anstieg zur ersten Attacke des Tages genutzt.
Klaus:Jetzt zeigen sich auch mal die Gerolsteiner mit Ordowski und Hardter vorne. Die wurden von Holczer ja extra fürs harte Arbeiten für ihre Kapitäne mitgenommen.
Tony: So jetzt beginnt der leichte Anstieg. Weiterhin führt das Quickstepteam das Peloton an. Mir scheint es ehrlich gesagt nicht danach, dass ein Fahrer an diesem Anstieg etwas probieren wird. Die wirken irgendwie noch etwas unentschlossen, die Fahrer.
Klaus:Die heben sich halt die Kraft aus. Verständlicherweise haben nicht viele Fahrer Lust auf eine 200km Flucht, womöglich noch ganz allein.
Tony:Aber wer nichts wagt gewinnt auch nichts im Radsport.
Klaus:An diesem 20km langen Anstieg hat niemand etwas gewinnen wollen. Denn das Feld ist weiterhin beisammen, nachdem jetzt 140km, also knapp die Hälfte, absolviert ist.
Klaus:Jetzt haben wir einen Liberty Seguros Fahrer im Bild. Hat er etwa auf der Abfahrt angegriffen?
Tony:Das ist Christian Vandevelde und für mich sieht es eher aus, dass er hinter dem Feld fährt.Vielleicht hatter er Defekt.
Klaus:Ja, jetzt meldet es auch Radio Tour.Hätte mich auch gewundert, wenn ein Spanier hier in vorderster Front fahren würde.
Tony:Vandevelde ist Amerikaner. Valverde ist Spanier.
Klaus:Aber Vandevelde fährt für eine spanisches Team. So jetzt haben wir es.
Tony:Auf jeden Fall liegt Vandevelde schon über 1`30 hinter dem Feld. Da scheint er größere Probleme an seinem Rad gehabt zu haben. Es wird für ihn schwer wieder zurück ins Peloton zu fahren.
Klaus: Vandevelde scheint eingesehen zu haben, dass er jetzt chancenlos ist und gibt auf.
Klaus:Jetzt haben wir Lance Armstrong im Bild. Was hat er vor. Er wird doch jetzt gut 100km vor dem Ziel keine Soloflucht probieren. Das wäre ja etwas ganz neues.
Tony:Nein, auch er hat Defekt und liegt jetzt etwa 1`20 hinter dem Feld. Doch er ist nicht allein, denn Kurt-Asle Arvesen von CSC ereilte das gleiche Schicksal und gemeinsam werden die beiden jetzt versuchen wieder ins Hauptfeld hineinzufahren.
Klaus:Was mich wundert, ist das niemand vom US Postal Team auf Armstrong gewartet hat. Er ist zwar nicht Kapitän für das Rennen, aber das wird dem Texander stinken. Da gibts heut abend noch ein paar heftige Worte. Da bin ich mir sicher.
Tony:Ja das könnte durchaus sein. Bei so etwas ist der 5malige Tour de France Champ sehr empfindlich.
Klaus:Und 80km vor dem Ziel ist es dann soweit. Ein wütender Lance Armstrong steigt vor Rad. Ihm ist es nicht gelungen wieder ins Hauptfeld hineinzufahren. Was mit Arvesen ist, wissen wir nicht.
Tony:Jetzt geht es so langsam in die entscheidende Phase. Es sind noch gut 60 km zu fahren und jetzt kommen die ganzen kurzen, giftigen Steigungen.
Klaus:Als erstes steht der Capo Mele an. Der Anstieg ist nicht sehr lang und nur mittelsteil.
Tony:Und folgerichtig gibt es da auch keine Attacken. Das gleich gilt für den zweiten Anstieg, den Capo Cervo.
Klaus:Vielleicht ja jetzt, beim 3. Anstieg. Aller guten Dinge sind ja bekanntlich 3. Jetzt steht der Capo Berta an.
Tony: Scheinbar hast du recht!!! Die erste Attacke des Tages kommt von Paolo Bettini, dem absoluten Tofavoriten.
Klaus:Aber weitere Fahrer können dem Antritt von Bettini folgen und schließen auf der anschließenden Abfahrt auf.
Tony:Das ist jetzt der ganz erlesene Kreis, der Topklassikerjäger. Bartoli ist in der Gruppe, dazu noch Bettini, Rebellin, David Etxebarria, Boogerd, Van Petegem, Astarloa und Camenzind.
Klaus:Denen gebe ich gute Chancen durchzukommen. Echt klasse besetzt. Leider ist niemand von T-Mobile dabei. Da haben Vinokourov und Kessler geschlafen.
Tony:35km vor dem Ziel beträgt der Vorsprung der 8er Gruppe auf das restliche Hauptfeld gut 1`25. Saeco, die ebenfalls niemand in der Spitzengruppe haben und mit Di Luca sehr ambitioniert ins Rennen gegangen sind, machen nun die Verfolgerarbeit.
Klaus:Jetzt ist mächtig Zug drin im Rennen. Vorne die Gruppe harmoniert bis jetzt sehr gut und im Hauptfeld macht Saeco mächtig Tempo. Auf was das T-Mobile Team wartet, ist mir allerdings ein Rätsel.
Tony:25km vor dem Ziel sind wir jetzt wieder bei der Spitzengruppe. Gleich steht die gefürchtete Cipressa an. Da könnte eine weitere Vorentscheidung fallen.
Klaus:Im Haupfteld fallen jetzt nach und nach die Helfer von Bettini, die den ganzen Tag hart gearbeitet haben, zurück. Nuyens und Bramati haben ihren Job getan und werden jetzt auch gleich aussteigen.
Tony:Die Spitze ist jetzt an der Cipressa. Rebellin erhöht sofort das Tempo. Mann ist der stark drauf. Aber auch seine Rivalen stehen ihm in nichts nach und lassen sich nicht abschütteln.
Klaus:Auch das Hauptfeld ist nun an der Cipressa angelangt. Hier werden wohl noch einige Fahrer ihre Angriffe lancieren, die vorhin gepennt haben.
Tony:So zum Beispiel Di Luca. Er attackiert gemeinsam mit Kolobnev. Er muss jetzt auf knapp 25km gut 1`20 auf die Spitze aufholen. Das wird schwer zu zweit gegen 8.
Klaus:Das anschließende Flachstück haben alle Fahrer gut gemeistert und jetzt kommt der Scharfrichter des Tages, der Poggio. Die Spitze geht mit gut 1`10 Vorsprung auf Di Luca und Kolobnev in den Anstieg. Weitere 35 Sekunden dahinter kommt das große Feld.
Tony:Attacke von Bettini am Poggio!!! Das könnte klappen.
Klaus:Jetzt will er es erzwingen, aber er scheitert mit dieser Attacke. Camenzind fährt das Loch wieder zu und gemeinsam macht sich diese 8er Gruppe auf die letzten 3 Kilometer. Sie werden den Sieg unter sich ausmachen.
Tony:Auch im Hauptfeld haben sich weitere Fahrer gelöst. Endlich auch Vinokourov. Er hat sich mit zwei Ag2r Fahrern abgesetzt. Das müssten Brochard und Chaurreau sein. Vielleicht wird es ja noch ein Top 10 Platz für Vino.
Klaus:Ich befürchte, die Attacke von Vinokourov kommt zu spät. Vorne ist der Zug abgefahren. Die Spitzengruppe hat noch 2000m. Wer ist der stärkste Sprinter von den 8?
Tony:Das ist ganz klar Bettini. Einzige Chance für die anderen ist, dass er bei seinen Attacken zu viel Kraft gelassen hat.
Klaus:Gleich werden wir es wissen, die Flemme Rouge ist passiert. Die 8 fangen an sich zu belauern, gut 500m vor dem Ziel beginnt der Astarloa mit dem Sprint, Bettini will ihm folgen...er rutscht aus den Pedalen!!!! Astarloa noch vorne, Rebellin und Camenzind jetzt direkt dahinter, noch 100m, Rebellin jetzt auf gleicher Höhe mit Astarloa und der Gerolsteiner zieht noch vorbei!!!! Sieg für Davide Rebellin!!!
Tony:Glückwunsch an das Gerolsteiner Team. Das war ein großer Sieg. Aber man muss auch das Pech von Bettini berücksichtigen, der am Ende nur 7. wird.
Klaus:Jetzt kommen nach und nach einzelne Fahrer ins Ziel, insgesamt 15, bis dann das Hauptfeld kommt. Den Sprint um Platz 16 gewinnt Thor Hushovd vor Oscar Freire.
Tony:Schauen wir jetzt mal auf das Ergebnis
1. Rebellin (GST)
2. Astarloa (COF)
3. Camenzind (Pho)
4. D. Etxebarria (Eus)
5. Van Petegem (Lot)
6. Boogerd (Rab)
7. Bettini (QSD)
8. Bartoli (CSC)
9. Di Luca (SAE) +56
10. Kolobnev (DVE) +1`17
11. Vinokourov (MOB) +1`29
20. Hondo (GST) +2`15
23. Zabel (MOB)
30. Becke (IBB)
36. Sinkewitz (QSD)
41. Voigt (CSC)
45. Aldag (MOB)
46. Radochla (IBB)
60. Nardello (MOB)
66. Ivanov (MOB)
69. Wesemann (MOB)
72. Kessler (MOB)
84. B. Zberg (GST) +3`29
89. Schaffrath (MOB) +3`57
98. Scholz (GST) +4`55
107. Strauss (GST) +5`40
118. Wegman (GST)
125. Serpellini (GST)
Klaus:Durch diesen Sieg hat Rebellin auch die Führung im Gesamweltcup übernommen. Mal sehen was er zu sagen hat.
Rebellin:Auf so einen großen Sieg hab ich jetzt schon seit längerer Zeit gewartet. Die Saison bisher lief großartig für mich und mein Team. Natürlich hatte ich etwasGlück durch das Malheur von Bettini. Aber das gehört auch zum Radsport. Jetzt wird erst einmal gefeiert.
Klaus:Mit den Worten des Siegers der Ciclissima 2004 verabschieden wir uns liebe Zuschauer und wünschen ihnen noch ein schönes Wochenende.