13. Etappe: Lannemezan – Plateau de BailleTeil II
Hallo, liebe Zuschauer. Mit einem Blick auf das gelbe Trikot begrüßen wir Sie heute Morgen zur 13. Etappe. Für wen wird die Zahl 13 heute schicksalsträchtig? Oder wem wird Sie besonderes Glück bringen? Das sind die Fragen des Tages bei erneut hochsommerlichen Temperaturen um die 30 °. Über 200 Kilometer und sieben Bergwertungen liegen vor den Fahrern – eine der schwersten Etappe der diesjährigen Rundfahrt. Dies hält aber offensichtlich einige nicht davon ab, bereits kurz nach dem Start aus dem Feld auszubrechen:
Evgeni Petrov / SAECO, Dimitri Fofonov / COFIDIS, Frédéric Bessy / COFIDIS, Marzio Bruseghin / FASSA BORTOLO, Erik Dekker / RABOBANK, Ronny Scholz / GEROLSTEINER, Nicolas Portal / AG2R PREVOYANCE und auch wieder Cadel Evans / FOSTERS haben sich vom Peloton abgesetzt und machen sich nun erst einmal zu Acht über die Gipfel der Pyrenäen. Im Feld leistet PHONAK gemütliche Führungsarbeit, es gilt die Kräfte gut einzuteilen:
Wir befinden uns noch vor der ersten Sprintwertung in Ganere bei Kilometer 28, da gruppiert sich soeben eine Verfolgungsgruppe mit Mikel Astarloza / AG2R PREVOYANCE, Jérôme Pineau / BRIOCHES LA BOULANGERE, Gerrit Glomser / SAECO, Koos Moerenhout / LOTTO – DOMO, Bernhard Eisel / FDJEUX.COM und Marcus Ljungqvist / ALESSIO – BIANCHI:
Vom Träger des Bergtrikots, Walter Bénéteau ist weit und breit nichts zu sehen – der BRIOCHES-Fahrer könnte es auf der heutigen Etappe verlieren. Mit Evans (30 Punkte) und Astarloza (26) sind zwei gute Bergfahrer in den vorderen Gruppen – und es gibt heute reichlich Bergpunkte zu verteilen. Die ersten gibt es am Col des Ares nach gut 45 Kilometern, hier sehen wir Cadel Evans – den Mann des gestrigen Tages – als Erster über den Pass gehen. Offensichtlich hat sich der Australier ein neues Ziel gesetzt, nachdem es gestern mit dem Etappensieg nichts wurde. Die Gruppe um Astarloza und Glomser folgt mit einem Rückstand von 1:26 Minute, das Feld unter der Führung von PHONAK liegt 4:52 Minuten zurück. Auf der Abfahrt ins Tal wird uns aus dem Peloton ein prominenter Sturz gemeldet, Jean-Patrick Nazon hat es erwischt:
Das wird zwar keine Auswirkungen auf das Gesamtklassement haben, hoffen wir, dass sich die französische Sprinthoffnung nicht ernsthaft verletzt hat. Er kann zum Glück das Rennen fortsetzen. Radio Tour meldet uns, dass die Verfolger am Fuße des Col du Portet d'Aspet bis auf eine Minute an die Spitze herangerückt sind. Der Col du Portet d'Aspet ist ein kurzer Anstieg von nur 4 Kilometern Länge, mit einer durchschnittlichen Steigung von 9,8% aber verdammt steil – keine leichte Aufgabe nach 64 Kilometern für die Fahrer. Da muss die Spitze schon mal aus dem Sattel gehen:
Während die beiden Gruppen am Anstieg zusammengerückt sind, sichert sich Evans weitere wichtige Bergpunkte auf der Jagd nach dem gepunkteten Trikot. Bernhard Eisel und Marcus Ljungqvist fallen hingegen aus der Spitze an diesem steilen Anstieg zurück:
Entschuldigen Sie mir den Sarkasmus – aber „Verfolger“ ist hier kaum das richtige Wort. Die beiden werden viel weniger mit der Verfolgung zu tun haben, als damit, sich einigermaßen schadlos das Plateau de Baille hinauf zu kämpfen. Auch Klaas Moerenhout fällt zurück, während das Feld mit gut 5 Minuten Rückstand den zweiten Berg des Tages erklimmt:
So geht es nun also den hinab zur zweiten und letzten Sprintwertung des Tages: an der Spitze 11 Fahrer mit dem Australier Cadel Evans, dahinter als Einzelkämpfer Klaas Moerenhout, ihm folgend Bernhard Eisel und Marcus Ljungqvist und anschließend die große Meute. Oha – die Stimme von Radio Tour überschlägt sich gerade – es hat einen Sturz im Feld gegeben. Zu Fall gekommen ist ein Euskatel-Fahrer, es ist Inigo Landaluze, das wird Iban Mayo gar nicht schmecken:
Der spanische Mitfavorit verliert damit einen wertvollen Helfer, Landaluze kann zwar weiter fahren, aber er wird seinen Kapitän die folgenden Berge keine Dienste mehr erweisen können. Radio Tour meldet uns am 14 Kilometer langen Anstieg zum Col de la Core neue Abstände: Moerenhout hat den Anschluss auf der Abfahrt wieder hergestellt, Eisel und Ljunqvist liegen 1:50 Minute zurück und das Peloton 5:25 Minute. An der Spitze geht es rhythmisch den Berg hinauf, Klaas Moerenhout kann nun endgültig nicht mehr folgen uns muss abreißen lassen:
Auch das Peloton hat die Schlagzahl noch einmal erhöht – lang gezogen schlängelt es sich nun diesen Berg der ersten Kategorie hinauf und wir Eisel und Ljungqvist bald schlucken. An der Spitze sehen wir wieder das gewohnte Bild: Cadel Evans holt sich 30 Bergpunkte und geht vor Bruseghin und Petrov über den Gipfel:
Das Feld hat den Abstand um eine gute Minute verkürzen können – es ist auch eine erste Gruppe von knapp 60 Fahrern aus dem Peloton heraus gefallen. Heraus gefallen ist leider auch das Stichwort für Jerome Pineau, durch einen Plattfuss verliert er den Anschluss an die Spitze. Jetzt, wo es nach der Hälfte der Etappe wieder auf der heutigen Achterbahnabfahrt hinunter ins Tal geht, haben wir etwas Zeit, zu verschnaufen und uns die Abstände zu Gemüte zu führen: 57 Sekunden hinter der Spitze fährt Pineau, 1:09 Minute dahinter Moerenheout und mit einem Abstand von insgesamt 3:01 Minuten folgt das Peloton mit allen Favoriten und insgesamt 86 Fahrern. Es wird also schon jetzt hinten gut Tempo gebolzt, die Führungsspitze wird große Probleme haben, den Col d'Agnes nach 146 Kilometern vor den Favoriten zu überwinden. Aber zunächst einmal geht es ja noch den Col de Latrape – einen Berg der zweiten Kategorie hinauf.
Und wir sehen, dass das Peloton das Tempo dermaßen erhöht hat, dass nach und nach die Fahrer der Spitzengruppe schon an dieser drittletzten Steigung wieder eingeholt werden. Hamilton, Mayo und Armstrong zeigen sich erbarmungslos. Bis auf Evans sind nun alle eingeholt, ein zweiter Fahrer kann sich aber trotz des hohen Tempos aus dem Peloton lösen – es ist Michael Rogers – ebenfalls von den australischen Bierbrauern!
Interessante Möglichkeiten, die sich da natürlich jetzt ergeben. Hat FOSTERS eventuell Evans nur vorgeschickt, um dann anschließend mit Rogers so etwas wie eine zweite Attacke zu fahren? Soll Evans den bestplatzierten des Teams nun noch die kommenden zwei Berge hinauf ziehen, damit Rogers dann einen ausreichenden Vorsprung hat? Doch zunächst einmal überlässt Rogers Evans die Bergpunkte am Col de Latrape, damit wird Evans morgen das Bergtrikot tragen! Das Feld folgt nun den beiden wenig später über den Berg:
Noch sind 75 Kilometer zu fahren, ein Anstieg der Ersten Kategorie und sogar einer der Ehrenkategorie wartet noch auf die Fahrer – ein sehr hartes Finish. Am bereits eben angesprochenen Col d'Agnes haben TEAM CSC und T-MOBILE die Führungsarbeit übernommen, der Vorsprung von Evans und Rogers ist aber zunächst unverändert. Doch jetzt, 5 Kilometer unter dem Gipfel, muss Evans abreißen lassen. Tja, Michael Rogers ist einfach ausgeruhter, während an Cadel Evans die Kräfte zehrenden 150 Auftaktkilometer zagen:
Oh – es wird schon wieder laut in meinem Ohr – diesmal trauert die Stimme von Radio Tour. Christoph Moreau, Kapitän von CREDIT AGRICOLE, hat am Anstieg einen Plattfuss. Das ist bitter für den Franzosen, der bislang eine sehr couragierte Tour gefahren ist und auf Platz 6 in der Gesamtwertung mit 2:05 Minuten Rückstand liegt. Er fährt nun ein paar Meter hinter dem Peloton her, vielleicht schafft Moreau ja wieder den Anschluss. Das Peloton hat Evans am Gipfel fasst eingeholt, der sich als Zweiter aber noch weitere wichtige Bergpreispunkte sichern kann:
Michael Rogers kann seinen Vorsprung auf der Abfahrt noch etwas ausbauen – fährt jetzt rund 80 Sekunden vor den 50 verbliebenen Fahrern im Peloton her. Gute Nachricht für alle Moreau-Fans: der Franzose ist auch wieder dabei! Aber der Schlussanstieg ist mit 16 Kilometern einfach zu lang für Rogers – das Feld macht mit T-Mobile an der Spitze ein Höllentempo, dem wird der Australier nicht standhalten können. Schade, ein bravouröser Versuch, aber rund 12 Kilometer vor dem Gipfel ist der Ausreißversuch gestellt:
Ganz vorne an der Spitze sehen wir jetzt auch Gilberto Simoni, der seine gute Form einmal mehr unter Beweis stellt. Schade, dass der Italiener im Flachen so viel Zeit verloren hat. Die Favoriten sind noch nicht zu sehen, offensichtlich war der gestrige Tag wohl doch anstrengender als erwartet. Immer noch fahren 50 Mann geschlossen den Schlussanstieg rauf. Noch gut ein Dutzend Spitzkehren warten bis ins Ziel, dem an diesem anstrengenden Tag alle herbei sehnen – da! Jetzt kommt der lang erwartete Antritt:
Iban Mayo, Tyler Hamilton, Denis Menchov, Ivan Basso und Gilberto Simoni versuchen sich aus dem Feld zu lösen – von Armstrong oder Ullrich keine Reaktion! Wieder sind Mayo und Hamilton dabei, die beiden zeigen wirklich eine Klasseform in den Pyrenäen. Mal schauen, ob sie auch wirklich wegkommen. Nein, die Kraft hat offensichtlich nicht gereicht – aber Denis Menchov kann noch Körner zulegen:
Menchov ist 7. der Gesamtwertung mit einem Rückstand von 4:13 Minuten. Das wird er heute natürlich nicht aufholen können, doch wenn er diesen runden Tritt bis ins Ziel behält, darf er sich als Sieger vom Plateu de Beille feiern lassen. Und er scheint noch genug Körner zu haben, wenn Sie mich fragen, liebe Zuschauer. Der beste Nachwuchsfahrer aus dem Vorjahr kann seinen Aufwärtstrend also fortsetzen – nein, da kommt keiner mehr ran! Im Feld haben sich die starken Bergfahrer lösen können, aber Menchov ist außer Reichweite:
Die Hoffnung von ILLES BALEARS – BANESTO zieht bereits in Plateau de Beille als triumphaler Sieger diese Etappe ein, da ist vom Feld noch nichts zu sehen. Ein Husarenstück des jungen Russen, der sich damit in den Kreis der erweiterten Favoriten katapultiert:
Mit einer knappen Minute Rückstand kommen nun auch die Favoriten angerauscht – es wird verbittert gesprintet, schließlich sind noch 12 bzw. 8 Sekunden Zeitgutschrift zu holen. Und Mayo wird hauchdünn vor Hamilton Zweiter – verkürzt somit seinen Rückstand in der Gesamtwertung von 40 auf 36 Sekunden:
Weitere Fahrer trudeln ins Ziel, darunter auch Michael Rogers mit 2:50 Minuten Rückstand als bester FOSTERS-Fahrer. Schade, die sympathischen Australier haben heute alles versucht, aber mit diesem relativ schlechten Mannschaftsergebnis wohl auch die Führung im Team-Klassement verloren. In der Gruppe mit Rogers ist auch Klöden als zweitbester Deutscher, Patrick Sinkewitz schleppt sich diesmal hinter dem Feld mit 7:50 Minuten Rückstand ins Ziel. Und jetzt anderthalb Minuten hinter dem Mann aus Fulda, der seine Führung in der U25-Wertung sogar noch ausbauen kann – sehen wir Cadel Evans, mit den Kräften völlig am Ende. Mit diesem Bild des Leidens zurück ins Studio zu unseren Experten…