Ein spanischer Lokalredakteur
Verfasst: 2.2.2006 - 17:53
Seit nunmehr exakt drei Jahrzehnten darf sich Carlos Alberto Pereira „Lokalredakteur“ nennen (heute würde er sagen: noch), und dennoch ist er im Laufe seines Lebens viel herum gekommen, wie man so schön sagt. Geboren wurde er im Jahre 1950 im aragonischen Zaragoza, wo er, ein Einzelkind, bis zum Bachillerato die Schule besuchte und, aus heutiger Sicht, mit jungen 23 Jahren sein Studium beendete. Hernach war er bestrebt, die Stadt flugs zu verlassen, schließlich waren Argumente, dies nicht zu tun, sehr rar gesät; er hatte weder Freundin noch den Willen, die elendigen Konfrontationen mit seinem Vater weiterhin herauszufordern. Seine Mutter war früh verstorben, ihre schlimme Krankheit war die einzige Ursache, warum der Zwist zwischen Vater und Sohn nicht schon früher eskalierte.
Er wollte in den Süden, nach Murcia, gehen, dorthin, wo seine Familie eigentlich daheim war, etliche Onkel, Tanten, Cousins sowie seine Großeltern mütterlicherseits wohnten in Caravaca und Umgebung. Wobei sich das anfangs harmonisch anmutende Verhältnis zwischen den Generationen rasch als ähnlich miserables entpuppte wie zwischen ihm und seinem Vater. Seine Großmutter, deren Mann etwa zeitgleich mit seiner Mutter verstarb, war schon immer – das hatte er auch während der aufgrund der Distanz zwischen ihnen wenigen Begegnungen in seiner Kindheit konstatieren können – eine sehr markante Persönlichkeit, die ebenfalls keinen Konflikt scheute, aber ihn stets äußerst herzlich und liebenswürdig behandelte und ihn, als er in ihre Nähe zog, dreimal wöchentlich zum Kaffeetrinken in ihr beschauliches Heim einlud. Dass eine immense Summe Geld, welche seine Großmutter besaß, die Streitereien mit dem restlichen Teil der Familie, zu dem er jedoch ebenfalls gute Kontakte pflegte, verursachte, fand er ebenfalls recht früh heraus, und weil er zunächst, trotz seines hervorragenden Abschlusses, lediglich eine unterbezahlte Arbeit ergattern konnte, unterstützte ihn die Großmutter mit monatlichen Zahlungen tatkräftig.
Erst nach drei Jahren in Caravaca fand er einen Job als Zeitungsredakteur, den er prompt annahm, jedoch bereits nach sechs Jahren wieder abgab. Denn als seine Großmutter verstarb, erbte er ihr beträchtliches Vermögen, was Empörung und Verärgerung in der Verwandtschaft zeitigte und sämtliche guten Verhältnisse ramponierte. Er legte das Geld behutsam an und vergaß während der kommenden Jahre und Monate, dass er überhaupt welches angelegt hatte, es ergab sich schlichtweg keine adäquate Möglichkeit, es zu investieren. Nach weiteren Wohnortswechseln, welche er allerdings ausschließlich in der Gewissheit eines sicheren Arbeitsplatzes in der neuen Stadt getätigt hatte und daher Extremadura, Galizien, Guadalajara, Madrid und zuletzt Katalonien kennen gelernt hatte, wurde auch er alt, wie man sagt. Heute residiert er im katalonischen Sabadell, unweit nördlich von Barcelona gelegen, selbstredend als Lokalredakteur.
Seit 1985, als Pedro Delgado die Vuelta gewann, ist er überdies ein passionierter Radsport-Fan, und mit den Jahren intensivierte sich seine Liebe zu dem Sport mit den zwei Rädern zusehends. Er nahm sich während der Vuelta Urlaub, um die Spanien-Rundfahrt über drei Wochen an der Strecke verfolgen zu können, reiste später auch nach Frankreich, Italien und Belgien, um weitere große Rennen im Ausland zu besuchen. Er hatte es gar einmal, 1992, geschafft, den großen Miguel Indurain unmittelbar nach dessen zweitem Tour- und erstem Giro-Triumph für einen kleinen Wortwechsel mit der Lokalzeitung zu gewinnen, sein bis dato größter beruflicher Erfolg.
Und je mehr er sich vom Unwissenden zum Kenner mauserte, desto mehr echauffierte er sich über die Berichterstattung einiger spanischer Blätter. In ihm wuchs ein inneres Verlangen, Beruf und Hobby miteinander zu verknüpfen, selbst über den Radsport berichten zu dürfen – ein Wunsch, dessen Umsetzung, wir schreiben das Jahr 2006, nach einer Mitteilung von der Bank, auf der sein einstmals zuhauf eingezahltes Geld noch immer schmort, plötzlich konkrete, realistische Formen annahm.
Er wollte in den Süden, nach Murcia, gehen, dorthin, wo seine Familie eigentlich daheim war, etliche Onkel, Tanten, Cousins sowie seine Großeltern mütterlicherseits wohnten in Caravaca und Umgebung. Wobei sich das anfangs harmonisch anmutende Verhältnis zwischen den Generationen rasch als ähnlich miserables entpuppte wie zwischen ihm und seinem Vater. Seine Großmutter, deren Mann etwa zeitgleich mit seiner Mutter verstarb, war schon immer – das hatte er auch während der aufgrund der Distanz zwischen ihnen wenigen Begegnungen in seiner Kindheit konstatieren können – eine sehr markante Persönlichkeit, die ebenfalls keinen Konflikt scheute, aber ihn stets äußerst herzlich und liebenswürdig behandelte und ihn, als er in ihre Nähe zog, dreimal wöchentlich zum Kaffeetrinken in ihr beschauliches Heim einlud. Dass eine immense Summe Geld, welche seine Großmutter besaß, die Streitereien mit dem restlichen Teil der Familie, zu dem er jedoch ebenfalls gute Kontakte pflegte, verursachte, fand er ebenfalls recht früh heraus, und weil er zunächst, trotz seines hervorragenden Abschlusses, lediglich eine unterbezahlte Arbeit ergattern konnte, unterstützte ihn die Großmutter mit monatlichen Zahlungen tatkräftig.
Erst nach drei Jahren in Caravaca fand er einen Job als Zeitungsredakteur, den er prompt annahm, jedoch bereits nach sechs Jahren wieder abgab. Denn als seine Großmutter verstarb, erbte er ihr beträchtliches Vermögen, was Empörung und Verärgerung in der Verwandtschaft zeitigte und sämtliche guten Verhältnisse ramponierte. Er legte das Geld behutsam an und vergaß während der kommenden Jahre und Monate, dass er überhaupt welches angelegt hatte, es ergab sich schlichtweg keine adäquate Möglichkeit, es zu investieren. Nach weiteren Wohnortswechseln, welche er allerdings ausschließlich in der Gewissheit eines sicheren Arbeitsplatzes in der neuen Stadt getätigt hatte und daher Extremadura, Galizien, Guadalajara, Madrid und zuletzt Katalonien kennen gelernt hatte, wurde auch er alt, wie man sagt. Heute residiert er im katalonischen Sabadell, unweit nördlich von Barcelona gelegen, selbstredend als Lokalredakteur.
Seit 1985, als Pedro Delgado die Vuelta gewann, ist er überdies ein passionierter Radsport-Fan, und mit den Jahren intensivierte sich seine Liebe zu dem Sport mit den zwei Rädern zusehends. Er nahm sich während der Vuelta Urlaub, um die Spanien-Rundfahrt über drei Wochen an der Strecke verfolgen zu können, reiste später auch nach Frankreich, Italien und Belgien, um weitere große Rennen im Ausland zu besuchen. Er hatte es gar einmal, 1992, geschafft, den großen Miguel Indurain unmittelbar nach dessen zweitem Tour- und erstem Giro-Triumph für einen kleinen Wortwechsel mit der Lokalzeitung zu gewinnen, sein bis dato größter beruflicher Erfolg.
Und je mehr er sich vom Unwissenden zum Kenner mauserte, desto mehr echauffierte er sich über die Berichterstattung einiger spanischer Blätter. In ihm wuchs ein inneres Verlangen, Beruf und Hobby miteinander zu verknüpfen, selbst über den Radsport berichten zu dürfen – ein Wunsch, dessen Umsetzung, wir schreiben das Jahr 2006, nach einer Mitteilung von der Bank, auf der sein einstmals zuhauf eingezahltes Geld noch immer schmort, plötzlich konkrete, realistische Formen annahm.