Streetriders [Beendet]

FIKTIVE Radsport-Geschichten von Usern, die sich für schreibtalentiert halten

Moderator: Grabba

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Flame of Za-i-ba
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Streetriders [Beendet]

Beitrag: # 6758345Beitrag Flame of Za-i-ba
5.3.2009 - 19:23

Eine kleine Geschichte ohne viel Vorarbeit oder sonstigem Schnick-Schnack.

Einfach ein paar Posts, wenn ich mal Lust habe etwas zu schreiben. Viel Spaß.


Streetriders

Schweigend nahm er das Päckchen in die Hand und schaute auf den kleinen Zettel, der darauf geklebt war. Danach steckte er es in seinen Rucksack und schwang sich auf sein Fahrrad. “35 Minuten”, dachte er. “Das muss doch zu schaffen sein.” Mit diesen Worten beschleunigte er. Wie immer war er hochkonzentriert, und das musste er auch sein. Jederzeit könnte irgendein Idiot kommen und ihn anfahren. Sei es technisches Versagen oder einfach Unaufmerksamkeit. Nach nur wenigen Sekunden musste er schon wieder bremsen. Nervös tippelte er mit seinem Fuß auf der Straße. Als die abbiegende Seite rot bekam, zählte er leise im Kopf. “3,2,1, GO” und weiter gings. Die ersten Meter war er besonders schnell, danach wurde er links von den Autos überholt. Als weder vor, noch hinter, jedoch neben ihm eines zu sehen war, gab er richtig Gas. Die Fahrerin schaute verwundert auf ihren Tacho. “50 Km/h”, für sie war es gar nichts, für ihn allerdings harte Anstrengung. Während sie ihn noch immer ansah, hörte er auf zu sprinten und langsam, aber sicher, wurde sein Atem und sein Puls wieder ruhiger.

Diesen Nachmittag war die Luft besonders stickig. Zwar waren nicht viele Fahrzeuge unterwegs, doch war es heiß und schwül. Bei diesem Wetter machte es David nicht viel Spaß, aber: “Was muss, das muss”, sagte er sich dann immer. Eigentlich wollte er bei diesen Temperaturen schön konstant fahren, doch überall gab es diese gewissen Herausforderungen, die er sich einfach nicht entgehen lassen konnte. Bei all diesen kleinen Spielereien vergaß es sogar manchmal warum er eigentlich auf seinem Bike saß. So auch dieses Mal. Nur zwei Minuten war er mit seinen Gedanken woanders, da fiel es ihm ein. “Fuck”, und mit einer scharfen Bremsung hielt er an und wechselte die Straßenseite. Eigentlich kannte er diese Stadt wie kein Zweiter, doch wer keine Straße wahrnimmt, der kann auch nicht abbiegen. “Das hat Zeit gekostet. Dafür jetzt umso schneller.” Er ging aus dem Sattel und trat ordentlich in die Pedale. “Ohohoh, schon 27 Minuten um, das wird eng.”
Vor ihm war eine Kreuzung. Das Auto vor ihm kam noch bei grün rüber. David überlegte einen Moment, dann bremste er jedoch. “Nicht um 17:30. Feierabendverkehr, alle wollen schnell nach Hause …” Es war eine gute Entscheidung. Nur Sekunden nachdem das Fahrzeug die Kreuzung geräumt hatte, fuhr ein laut dröhnendes Motorrad vorbei.

Er wusste, dass er es nicht mehr schaffen würde. Die Zeit, die er bereits verloren hatte, konnte er nicht wieder aufholen. Auch wenn die Ampelschaltungen an diesem Tage wirklich gegen ihn waren: Nun musste sein Körper dran glauben. Aufgeben gab es nicht. Falls er es sich in seinen selbst geschätzten 35 Minuten nicht schaffte, dann so schnell wie möglich. Etwas zu forsch bog er nach rechts ab und sein Glück war es, dass kein Auto folgte, als er ein wenig zu weit nach links ausweichen musste um nicht zu stürzen. “95, 97, 99, 101, 103!” Mit einer scharfen Bremsung hielt er an und ging auf das Hochhaus zu. “Park, Walter, Smith, da Duranski.” Er drückte auf das Klingelschild und eine russisch klingende Stimme fragte ihn über das Lautsprechersystem was er wollte. “Ein Packet für Sie.”, antwortete David. Mit einem Geräusch öffnete sich die Eingangstür. Einige Stufen überspringend raste er hinauf. Oben angekommen stand der Mann schon vor seiner Tür. “Sie müssen aber ganz schön flott unterwegs gewesen sein.” David schüttelte den Kopf und lächelte kurz. “Vier Minuten zu spät.”
Zuletzt geändert von Flame of Za-i-ba am 26.3.2009 - 20:07, insgesamt 1-mal geändert.
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arkon
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Beitrag: # 6758371Beitrag arkon
6.3.2009 - 3:53

nett.
mehr.
wer keine ahnung hat - einfach mal die fresse halten

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Österreicher
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Beitrag: # 6758374Beitrag Österreicher
6.3.2009 - 7:43

Der Schluss war am Besten. "Vier Minuten zu spät."

Kann mich arkon nur anschließen:
nett.
mehr.
DanyHilarious
Bananen Sind Kalt. Echt?!.

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Grabba
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Beitrag: # 6758386Beitrag Grabba
6.3.2009 - 10:49

Innovativ.
Endlich mal wieder.

Meer? Ne, mehr!

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mheld
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Beitrag: # 6758426Beitrag mheld
6.3.2009 - 15:30

Ganz nettes Geschichtchen. Sehr kreativ, mal was anderes. Aber es heißt "Paket", das macht das Ende etwas komisch. Aber ansonsten: Weiter so!

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Flame of Za-i-ba
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Beitrag: # 6758621Beitrag Flame of Za-i-ba
8.3.2009 - 15:15

200 Meter über der Erde. Ein leichter, kalter Windzug haucht ihm ins Gesicht. Sein Puls steigt, er spürt sein Herz schlagen. Sein Atem wird langsam schneller, er schließt die Augen, streckt die Arme in die Höhe und springt. Ein Gefühl der Freiheit durchflutet ihn. Keiner kann ihn in diesem Moment stoppen, nichts auf der Welt ihm die Grenzen zeigen. Er fühlt sich unsterblich. Die Sekunden vergehen in Zeitlupe. Er lächelt und fühlt sich gut wie nie. Doch plötzlich stoppen all diese Gedanken. Mit einem Ruck wird er wieder nach oben gezogen und seine Augen öffnen sich automatisch. Ein paar Mal schreit er noch voll Glück, dann baumelt er hilflos kopfüber in der Luft. Das Adrenalin baut sich langsam wieder ab und er beginnt die Welt um sich herum wieder als das wahrzunehmen, was sie ist. “Geil”, sagt David seinem Begleiter, als er wieder festen Boden unter den Füßen hat.

Beinahe sein ganzes Gehalt gibt David für Adrenalin Kicks, wieder diesen, aus. Es ist seine große Leidenschaft. Das Risiko, die Geschwindigkeit, aber vor allem die Freiheit. Aus diesem Grund liebt er auch sein Bike so sehr. In seinem Beruf sitzt er nicht am Schreibtisch und läuft Gefahr etwas nicht ganz richtig zu machen. Entweder oder. Liefert er seine Pakete am Tag aus, ist alles gut. Schafft er es nicht, dann hat er am nächsten Tag mehr zu tun, doch das kommt bei David nicht vor. Zu sehr liebt er das fahren. Früher, als er noch ein Kind war, hatte er davon geträumt Radsportler zu werden, aber diesen Traum hatte er schon längst aufgeben, und er war froh darüber. So hatte er nicht den Druck wie die ganzen Profis und trotzdem konnte er den ganzen Tag tun, was ihm Spaß machte. Zwar würde er lieber in der Natur umherfahren, aber in der Stadt war es auch nicht so übel. Es war eine größere Herausforderung. Den Stadtplan kannte er auswendig, die besten Routen ebenfalls und die Ampelschaltungen hatte er mittlerweile auch im Gefühl. Zwar verdiente er nicht allzu viel, doch es reichte fürs Leben.

Als David am Abend von seinem Bungee-Ausflug nach Hause kommt, liegt ein Brief vor seiner Haustür.

“Man sagt immer noch du seiest der Beste. Keiner wäre schneller als du. Niemand könne dich überholen. Es heißt sogar, du wärest unbesiegbar. Das ich nicht lache. Habe ich dir nicht letzte Woche schon gezeigt was du wert bist? Haben die Leute nicht gesehen wie du untergegangen bist? Vermutlich waren sie einfach nur blind. Ich habe dich geschlagen David. Warum verdammt noch mal denken dann immer noch alle, dass du die Nummer 1 bist? Ich will das klären. Lass es uns tun. 1-1, nur wir zwei. In einem Monat. Glaub ja nicht, dass du die geringste Chance gegen mich haben wirst. Vielleicht sollten wir uns vorher treffen. Wie wäre es mit Sonntag. Komm abends zur Brücke, du weißt welche ich meine, Arschloch. Solltest du nicht kommen … Sagen wir es so: Ich denke es ist besser für dich, wenn du gar nicht darüber nachdenken würdest, nicht zu kommen. Bis dann.”
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Fus87
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Beitrag: # 6758689Beitrag Fus87
8.3.2009 - 23:28

Fängt gut an.
Ich schließe mich arkon und Österreicher an:
Nett.
Mehr.

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Flame of Za-i-ba
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Beitrag: # 6759006Beitrag Flame of Za-i-ba
11.3.2009 - 15:45

“David, du kannst nichts dafür.”
“Nein? Halt die Klappe.”
“Du hast damit nichts zutun. Er wollte fahren.”
“Ich habe ihn dazu gezwungen. Es ist, als ob ich ihn als Schatten gestoßen hätte.”
“Das ist nicht wahr.”
“…”
“Mach dir keine Gedanken. Man kann nicht mehr ändern was passiert ist. Es nützt doch nichts sich jetzt Vorwürfe zu machen.”
“Ich wünschte mir nur, dass er noch hier wäre.”
“Niemand will seinen besten Freund verlieren.”
“… und noch Schuld an seinem Tod sein.”
“Die hast du nicht. Denkst du nicht, dass Steven das weiß? Er hat nach freiem Willen entschieden anzutreten. Wenn du glaubst, dass er sauer auf dich ist, dann schreib ihm einen Brief. Vom Himmel aus wird er ihn lesen können und dir verzeihen.”

“Lieber Steven,

Ich fühle mich wie ein kleines Kind. Seit Jahren habe ich nicht mehr geweint. In dieser Woche kann ich mich an keinen Moment erinnern, an dem ich es nicht getan habe. Es meine Schuld. Du weißt es, ich weiß es. Zwar wollen mir alle einreden, dass es nicht so ist, aber … Ich wollte doch nur, dass du diesem Arsch zeigst wie man richtig fährt. Du bist die Nummer 1 und wirst es immer sein. Wäre er fair, wärest du noch hier. Irgendwann einmal, und das schwöre ich dir, werde ich ihn schlagen. Ich werde trainieren, hart an mir arbeiten um dann im Duell bestehen zu können. Wenn die Zeit gekommen ist, wirst du gerächt. Bis dahin kann ich mich nur bei dir entschuldigen. Ich kannte ihn nicht. Du hast mir gesagt, dass es gefährlich ist. Ich dachte es sei eine Ausrede. Als du dann schließlich doch angetreten bist, hatte ich schon gleich ein schlechtes Gefühl, aber da war es schon zu spät. Glaub mir Steven, ich wollt es nicht, ich steckte nicht mit ihm unter einem Hut, ich wusste nicht was er für Mittel einsetzt, um zu gewinnen. Ich dachte es ging nur um Prestige und nicht um Leben. Du warst so ein guter Mensch. Vermutlich würdest du mir jetzt sagen: “David, lass ihn in Ruhe, es lohnt sich nicht.” Doch ich antworte dir: Steven, vergiss es. Das ist mein Duell und meine Chance ihn fertig zu machen und das werde ich. Vertrau mir, aber noch wichtiger: Verzeih mir, es tut mir Leid.”



Schweiß gebadet wacht David auf. Seine Hände zittern und ihm ist heiß. Das Gespräch, der Brief … Noch drei Jahre danach, dachte er oft an Steven und an seinen Mörder. Diesen Sonntag würde er ihn treffen und dann, dann würde er die Chance haben, sich zu rächen. Vergangene Woche war es nicht direkt er, der David geschlagen hatte. Es war einer seiner Kumpanen. Er selber trat äußerst selten persönlich auf, seitdem er Steven getötet hatte. Die Polizei hatte nichts gegen ihn unternommen, in der Szene war er jedoch verächtet und gehasst. Trotzdem hatte sich noch niemand direkt gegen ihn aufgebäumt. Zu groß war die Furcht. Manchmal hatte David das Gefühl, dass die Leute diesen Mann schon vergessen hatten. Schließlich feierten sie ihn nun als den Besten unter den Streetriders, doch das war falsch. Einst waren es Steven und sein Mörder. Steven gab es nicht mehr, den Mörder schon. Mit normalen Mitteln würde es schwer werden ihn zu schlagen, beinahe unmöglich. Doch Aggressionen, Adrenalin und Hass würden in David Kräfte freilassen, und wenn selbst das nichts mehr half, dann würde er … würde er auf das Niveau seines Gegners herab gehen? “Würde ich?”, fragte sich David. “würde ich?”
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$$_gibo_$$
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Beitrag: # 6759093Beitrag $$_gibo_$$
12.3.2009 - 20:35

Hab mir jetzt Mal alle drei Teile durchgelesen und muss mich den Meinungen der anderen anschließen, ich will mehr lesen =D
Richtig gut geschrieben, das könnte eine gute Sache werden :lol:
Ich sah den Himmel und mein eigenes Grab,
Ich feierte Siege triumphierte und verlor,
Ich starb aus Liebe.

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Flame of Za-i-ba
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Beitrag: # 6759389Beitrag Flame of Za-i-ba
16.3.2009 - 18:27

Die Nacht war schwarz. Nur der runde Mond warf ein Licht auf das Kreuz, welches nahe des Flusses aufgestellt war. Auf ihm stand nicht viel. “Steven, Streerider”, mehr war es nicht, was an diesen großartigen Mann erinnerte. Er war der Beste. Niemand nahm Kurven genauer, niemand beschleunigte schneller, niemand war sicherer in den engen Gassen, niemand war wie er. Dennoch hatte es ihn erwischt. Doch war kein Auto, kein Fahrfehler oder eine Unaufmerksamkeit Schuld. Steven wurde ermordet. Hinter ihm erkannte David Schritte. Er atmete tief durch, dann drehte er sich um. Dieser Mörder stand nun vor ihm. In einem lässigen Jogging-Anzug stand er da, jedoch nicht alleine. Neben ihm zwei breitschultrige Männer. David war sich sicher, dass diese keine Streetrider waren, sondern wohl nur engagierte Schläger, damit er keine Scheiße bauen konnte. Dies hatte er auch gar nicht vor, nicht heute. Einige Momente schauten sich die beiden Männer an. Während Davids Mine von blankem Hass gekennzeichnet war, blickte der andere nur schadenfroh. Er hatte nicht umsonst diesen Ort gewählt. Diese Abneigung, die David gegen ihn hatte, die wollte er sehen und es freute ihn, dass sein Plan aufgegangen war.

“Warum”, fragte David ihn. Der Mann lachte.
“Ich habe seit langem keinen richtigen Gegner mehr gehabt und die Leute sagen du wärest der Einzige, der mich schlagen könnte.”
“Nicht warum du gegen mich fahren willst. Warum musste er sterben?”
“Einige früher, einige später, jedoch irgendwann alle. Wen kümmert es?”
“Du hättest verloren. War das alles?”
“Vielleicht.”
“Vielleicht?”
“Vielleicht.”
“Leck mich!”
Der Mann lachte wieder. “Du wirst doch antreten?”
“Erzähl mir worum es geht.”
“So doof bist du doch nicht. Wie lange bist du mittlerweile in der Szene? 10 Jahre etwa? Wir zwei fahren ein Rennen durch die Stadt, du hast mich herausgefordert, also bestimmte ich den Kurs.”
“Ich habe dich herausgefordert? Du hast mir den Brief geschickt.”
“Nach dem Tod deines Freundes hast du es schon getan. Sei mal nicht so vergesslich.”
“Willst du mich auch umbringen?”
“Nein, dich schlag ich auch so. In 4 Wochen, am 09. Um Mitternacht. Die Strecke schick ich die ein paar Tage vorher.”
“Ich glaub ich kenn sie schon.”
“Dann streichen wir meinen letzten Satz. Bis dann Arschloch.”

Kaum hatte der Mann kehrt gemacht, drehte sich auch David um. Wieder sah er auf das Kreuz, dass er Jahre zuvor für Steven aufgerichtet hatte. “Bald ist es soweit”, dachte er. “Bald werde ich die Chance haben dich zu rächen, ich habe es dir versprochen. Soll ich es tun? Soll ich einfach eine Waffe nehmen und ihn abknallen?” In diesem Moment kam ein Bild in Davids Kopf. Steven fuhr den Weg entlang. Sein Gesicht war von den Anstrengungen gezeichnet. Die Zunge hing ihm wild aus dem Mund - sein Markenzeichen, dennoch schien er glücklich, denn er war in Front. Plötzlich war jedoch ein Knall zu hören Mit einem Schrei fiel Steven vom Rad. Am Boden liegend war sein Shirt nach wenigen Sekunden voller Blut. Er hielt sich den Bauch, wollte aufstehen, doch er konnte nicht. Einige Male versuchte er noch nach Hilfe zu schreien, doch auch das gelang ihm nicht. Während er immer schwächer wurde erkannte er gerade noch einen Mann, der immer näher kam. Mit allerletzter Kraft hob Steven seinen Arm und zeigte auf ihn. Er lachte, und ging ohne etwas zu tun, davon.
“Ich räche dich.”, dachte David noch einmal. Eine Träne lief langsam aus seinen Augen herab, die Wangen hinunter und tropfte auf den Anhänger seiner Kette. Er nahm sie ab und hängte sie um das Kreuz.
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Beitrag: # 6759886Beitrag Flame of Za-i-ba
21.3.2009 - 17:38

Ergebnisse erntet man nur, wenn man wirklich lange kämpft und darauf hintrainiert. Die Eigenschaft über sich hinaus zu gehen, vor allem beim Training, ist nicht vielen Menschen gegeben. Diejenigen, die es allerdings tun, liegt meistens eine besondere Motivation zu Grunde. Einfach nur das Ziel der Beste zu sein, das reicht um überdurchschnittlich-, aber nicht um außergewöhnlich zu sein. Dazu bedingt es mehr. Es wird immer gesagt, dass Spaß der Ausgangspunkt für solche Leistungen ist. Das ist falsch. Im Grunde ist es der komplette Gegensatz. Zwar ist dieser Hass nicht auf die Sportart gerichtet, doch befähigt sie eine Person eben dort diesen Hass auszuleben. Genau dies war Davids Motivation. Wie sehr ihr diesen Mörder verabscheute. Würde man ihm die Gabe geben über diesen Menschen zu richten, dann würde wohl schon bald eine weitere Seele von der Erde gehen. Auch ohne diese Erlaubnis war David nicht sehr weit davon entfernt ihn zu töten. Nicht das Gefängnis riet ihn davon ab, es war einzig und allein die Vermutung, dass Steven dies nicht gewollt hätte. Dafür war er zu liebenswürdig. Dennoch: David musste einen Weg finden diesen Mann den Gar auszumachen, nicht den Lebenshauch, aber die Lust. Er sollte begreifen was es heißt alleine, gedemütigt und schuldvoll zu sein. War dies durch einen einfachen Sieg in einem Streetrider Wettbewerb möglich? Wie so häufig wusste David keine Antwort.

Der Schweiß klatschte auf den Boden. Sein Atem tobte, seine Muskeln schmerzten, aber was kümmerte ihn das? Weiter, nicht umdrehen, keinen Gedanken an eine Aufgabe verschwenden. Risiko, die Kurve eng nehmen, drauf Scheißen was dahinter zum Vorschein kam, es musste sowieso bewältigt werden. Seine Pumpe raste und so tat er. Mit dem Gefühl niemals schneller gefahren zu sein ging es weiter. Die Häuser, ab und an ein paar Bäume und die stehenden Autos schienen sich sehr schnell rückwärts zu bewegen. Auch kein fahrendes Gefährt konnte mit ihm mithalten. “Hör auf, du kannst nicht mehr. Alles in dir fühlt sich schlapp. Wenn du weiter machst kannst du das Rennen vergessen. Du wirst nicht mehr besser. Steig ab.” Irgendeine Stimme in seinem Kopf wollte ihn stoppen. “Fick dich.”, antwortete eine Andere und beide verstummten. Es waren ohnehin nur noch ein paar Kilometer. Dann war es sowieso beendet. Die gesamten letzten Wochen hatte er auf jeden noch so ausgereiften Trainingsplan verzichtet. Erholung, Pausen? Er musste lernen die Schmerzen ertragen zu können, nur darauf kam es an. Das konnte er nicht, wenn er auf seinem Sofa lag. So etwas ging nur auf der Straße. Zumindest bis kurz vor dem Rennen.

David lag in seinem Bett. 30 Stunden würde er dort bleiben. 30 Stunden nichts tun, außer schlafen, essen, trinken und relaxen, das musste reichen. Mehr Zeit blieb ihm nicht. Dann war er vorbereitet. Seine Muskeln würden sich bis dahin erholt haben und dann war er bereit dem Mann gegenüber zu treten. Nur noch 30 Stunden, dann würde seine Zeit schlagen. 30 Stunden bis die Rache vonstatten gehen würde, 30 Stunden bis er diesem Typen zeigen würde, was er wert war - nichts.
Er schlief ein. In seinen Träumen durchlebte er die letzten drei Wochen. Sie waren anstrengend, aber er wusste wie stolz Steven sein würde, denn er hatte im Gefühl, dass er besser war. Besser als jemals zuvor, vielleicht auch besser als Steven es je war, aber … so etwas durfte er nicht sagen, denn es stimmte nicht. Jeder normale Mensch wäre froh gewesen, wenn er jemals so hätte durchhalten können wie David, doch er war es nicht. Seine Motivation war stark, aber von einem faden Beigeschmack. Viel lieber wäre er schlechter als zurückgelassen.
Es würde sein letztes Rennen werden, das hatte er sich geschworen. Seinen Job würde er aufgeben und niemals mehr Rad fahren. Das war sicher.
Sein Wecker klingelte. Die 30 Stunden waren um. Er stand auf, dusch sich, aß und trank etwas, dann zog er sich an und machte sich auf den Weg. Nun würde die Entscheidung fallen.
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Beitrag: # 6759961Beitrag Flame of Za-i-ba
22.3.2009 - 14:19

Vorsicht, letzter Beitrag erst von Gestern.

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Die Zeit der Vorbereitung war zu Ende, der Tag der Abrechnung gekommen. Jetzt oder nie. In den vergangenen Wochen hatte er viel getan und nun könnte er seine Belohnung bekommen - Rache. Es war 23:00 Uhr als die beiden Kontrahenten sich trafen. Nur sie. An diesem Tage war auf den Straßen nichts mehr los, Glück für sie. Im Gegensatz zu seinem Gegner lächelte David nicht. Er hasste diese Grimasse. In seiner Jackentasche hatte er ein Messer, er hoffte, dass er es nicht benutzen würde. Nicht mal eine Stunde würde die Fahrt dauern. Würde David gewinnen, dann würde er auch Frieden finden, sollte er verlieren, dann würde er …
Langsam setzten sie sich in Bewegung. Den Blick immer noch stur zueinander gerichtet. Die ersten Meter fuhren sie nebeneinander, dann verschwand der Mann hinter David. “Feige Sau”, dachte er. Genauso hatte er es damals mit Steven gemacht. Im Windschatten gewartet und als er merkte, dass er ihm nicht mehr folgen konnte, da hatte er ihn erschossen. Vielleicht würde er es heute wieder tun, vielleicht auch nicht. Das Einzige was David dagegen machen konnte war nicht anzutreten, aber das musste er, ansonsten würde ihn sein Gewissen umbringen und dann sollte es lieber dieses darin geübte Arschloch machen.

Einige der Straßenlaternen flackerten, ein paar Hunde bellten und einige der betrunkenen Obdachlosen riefen wirres Zeug. Eine Nacht wie jede Andere. Im einem längeren Einzel fahren würde David schneller sein, das wusste er. Dennoch, der Mann war kein schlechter Sprinter und wenn er immer in seinem Nacken bleiben würde, dann wäre es riskant. So bog er nach nur zwei Kilometern in eine kleine Gasse ein. Es war ein Umweg und doch würde er sich damit einen Vorteil verschaffen, dachte er zumindest, aber sein Kontrahent folgte ihm. Er hatte anscheinend wirklich vor immer hinter ihm zu bleiben, also musste er ihn vorher abschütteln. Nach einer engen Kurve beschleunigte David stark. Wenn er jetzt durchziehen würde, dann wäre er weg. Natürlich wäre das zu schön gewesen. Gerade als er einige Meter zwischen sich und seinem Gegner gelegt hatte, überquerte die S-Bahn die Straße vor ihm, es war die Letzte an diesem Abend. Als David weiter fahren konnte spürte er wieder die Anwesendheit des Mörders. Dieser hatte Davids Taktik nun begriffen und würde nun wohl ein wenig aufmerksamer sein. Was konnte er noch tun? Bei einem normalen Antritt würde er viel Kraft verbrauchen und sein Kontrahent durch den Windschatten wohl dennoch an ihm dran bleiben. Im Sprint würde er wohl unterlegen sein, was dann? Einige Sekunden später kam ihm eine Idee, die U-Bahn.

Bei der nächsten Möglichkeit bog David links ab. Die Stadt kannte er auswendig, auch bei Nacht. Es dauerte nur wenige Minuten bis zweihundert Meter vor ihm das blaue Schild mit dem U aufleuchtete. Zielstrebig fuhr er darauf zu. Als er es erreichte stieg er vom Rad, nahm es auf seine Schulter und rannte die Treppen runter. Bis sein Gegner begriffen hatte was passiert war, war David schon unten angekommen. “Scheiße”, hörte er ihn nur von hinten schreien. David schwang sich derweil wieder auf sein Fahrrad und gab Gas. Die Junkies, die sich jede Nacht Heroin spritzten, nahm er gar nicht war. Sie ihn wohl genauso wenig. Am anderen Ende der Station sprang David wieder vom Rad und rannte dem Ausgang entgegen. Oben angekommen schaute er sich kurz um, der Mörder war nicht zu sehen. “Netter Versuch”, David fuhr herum. Ein paar Meter entfernt stand sein Gegner. Daran hatte er gar nicht gedacht. Sein Kontrahent hatte wohl erkannt, dass David ihm entkommen würde und war ihm gar nicht erst in die U-Bahn gefolgt, stattdessen hatte er den direkten Weg auf der Straße genommen. David schüttelte den Kopf. “Du hast Glück”, sagte der Mann. “Heute ist ein guter Tag für dich, ich werde dich nicht abknallen, dich schlag ich auch so.” Wie sehr hasste er dieses Grinsen, dass der Mörder nun aufsetzte. “Lass uns weiterfahren”, antwortete er ihm nur. “Nach dir.” und das Verfolgungsspiel begann von Neuem.
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Beitrag: # 6760229Beitrag Flame of Za-i-ba
25.3.2009 - 9:51

In der Ferne konnte David laute Motorgeräusche ausmachen. “Autorennen”, dachte er. Ihm kam dir Frage auf, ob Streeriding eigentlich illegal sei. Zwar war es normalerweise wie “normales” Rad fahren, doch es kam nicht selten vor, dass auch die Fußgängerzone oder ein Kaufhaus benutzt wurde. Unfälle mit Passanten waren somit an der Tagesordnung. Auch die Polizei verfolgte sie manchmal, dass jedoch eher zu den Anfangszeiten dieser Sportart. Letztendlich war es ihm aber eh egal, es sollte sowieso sein letztes Rennen werden. Danach würde er nichts mehr mit Streetriding zu tun haben wollen. Sein Rad würde er nicht verkaufen, er würde es wegschmeißen, vermutlich von der Brücke. Der Brücke, bei der Steven sein Leben lassen musste.
Bis jetzt konnte er seinen Kontrahenten noch nicht abhängen. Das Messer in seiner Tasche fühlte sich immer freundlicher an, ein Blitz in seinem Kopf, das Bild von Steven, das Messer in seiner Tasche fühlte sich schrecklich an. Was würde passieren, wenn er hier verlieren sollte? Würde man man ihn dann in Ruhe lassen? Er glaubte nicht daran. Es würde ihnen wohl eher Spaß machen, ihn fertig zu machen, ihm beizubringen, dass er die Chance seinen Freund zu rächen, verspielt hatte. Als ob er das nicht selber wüsste …
Der Mond am Himmel wurde langsam von einer dicken Wolke eingekreist und schließlich komplett verhüllt. Auch die Sterne konnte man nicht mehr erkennen, sein Symbol für Hoffnung. Irgendwo in der Nähe spielten zwei Autos gewaltsam mit dem Gas, dann quietschten die Reifen. “Autorennen”, dachte David noch einmal.

Wie sollte er dieses Rennen gewinnen? Mehr als Hälfte der Strecke war schon um und zwei Versuche misslungen. Das Tempo war nicht besonders hoch und er hatte noch viel Kraft. Er beschleunigte und fuhr nun insgesamt deutlich schneller. Im Gegensatz zu seinem Gegner war er vermutlich fitter, doch dieser klebte an seinem Rücken wie ein Kaugummi unter der Schulbank. David kam eine Idee. “Mach dir deine Nachteile zum Nutzen.”, hatte Steven einmal gesagt. Damals hatte er noch nicht erkannt, was das bedeutete, aber nun, hatte er eine klare Vorstellung was zu tun war. Noch einmal erhöhte er die Geschwindigkeit und ließ dann ein paar Tritte aus. Sein Kontrahent war nun direkt hinter ihm. Ohne Ankündigung trat David auf die Bremse und sofort schmerzte ihm sein Rücken. Mit voller Geschwindigkeit war sein Kontrahent ihm hinten rein gefahren und zu Boden gegangen. Das war seine Chance. “Arschloch”, rief David dem Mörder noch zu, bevor er sein Rad nahm, es ein paar Meter weg schob, dann darauf sprang und los fuhr. Nach etwa 10 Sekunden schaute er sich um, jetzt erst stand sein Gegner wieder auf und sah ihm hinterher. Ihm tat nun vermutlich einiges weh und sein Rad, das würde nicht mehr ganz heile sein, dachte David. Die Wolken, die die Sterne und den Mond hinter sich gelassen hatten, verschwanden und sie leuchteten und schenkten Licht in diese sonst so finsteren Nacht. Die Hoffnung war zurückgekehrt. David lächelte und trat in die Pedalen, wie er es noch nie getan hatte.

Ein wenig glücklich war er schon, dass hinter ihm kein Schuss abgefeuert wurde. Hatte er aufgegeben oder verfolgte er ihn noch? Er wollte nichts riskieren und holte alles aus sich heraus. Mit jedem Tritt fühlte er sich besser und erlöster. In wenigen Minuten würde er das Ziel erreicht haben und dann, dann würde er frei von der Schuld sein, die ihn all die Jahre hat verzweifeln lassen. Jede Träne, die er geweint hatte, wurde von dem Schweiß, der ihn von seinem ganzen Körper tropfte, repräsentiert und ale die Schmerzen in seinen Muskeln waren jene, die ihn beinahe schon depressiv gemacht hatten. All diese Last wurde hinter ihm zurückgelassen. Alles würde …
David erschrak. Etwa dreihundert Meter vor ihm fuhr jemand. Jetzt bog er rechts ab, genau in die Straße, die der kürzeste Weg zum Ziel sein würde. Wie konnte das sein. Sein Gegner hatte ihn nicht überholt, es gab keine Abkürzung, oder doch? War er es? Als auch David die Straße verließ konnte er das blaue Trikot erkennen. “Scheiße!”, schrie er so laut, dass er es vor ihm wohl hörte. Das warum war ihm jetzt verdammt egal, er beschleunigte, immer mehr. Gleich würde er einen Krampf kriegen, aber der musste warten, er hatte es doch beinahe geschafft, er kam immer näher, nur noch hundert Meter war er zurück, aber es gab nur noch eine einzige Kurve, dann war das Rennen vorbei. “ZIEH”, sagte er sich. Krampf. Das war’s. Selbst der widerstandsfähigste Fahrer hatte keine Chance gegen diese verfluchte Bestrafung des Körpers. Krampf ist Krampf. Wille ist Wille und Krampf besiegt Wille. Mit den Schweißtropfen mischten sich sogleich Tränen. Es war vorbei und Steven würde nie gerächt werden …

Es spielte jemand mit dem Gas - David nahm es nicht wahr.
Es quietschten Reifen - David nahm es nicht wahr.
Es donnerte das Motorgeräusch - David nahm es nicht wahr.
Es näherte sich langsam - David nahm es nicht war.
Es gab einen Knall - David konnte ihn nicht überhören.
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Beitrag: # 6760373Beitrag Flame of Za-i-ba
26.3.2009 - 20:06

Vorsicht, letzter Beitrag erst von Gestern.

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Ein lauter Knall zerrüttete die Nacht. Mehr Hunde begannen zu bellen, die Katzen waren aufgeschreckt, genauso wie die wenigen Vögel, die in der Stadt waren. Auch David war erschrocken und hielt an. Nur Sekunden nach dem Geräusch sah er ein Auto, dass aus der kommenden Straße abbog. Es hatte eine demolierte Scheibe und einige Beulen im Frontbereich. Diesem folgte ein Zweites. Aus der Gegend kam auch der Knall. David fragte sich was passiert war, schwang sich wieder auf sein Rad und fuhr langsam los. Sein Krampf schien verflogen. Was würde ihn hinter der Biegung erwarten? Ein, vielleicht zur Seite gekrümmter Baum? Wohl eher nicht. Hatte er nicht sogar eine Stimme wahrgenommen, einen Schrei? In genau jene Straße war sein Gegner nur Sekunden zuvor gefahren, er wurde nicht etwa?
Doch, er wurde, erkannte David als er in die Straße abbog. Gut hundert Meter entfernt lag er auf der Straße. David lief zu ihm. Als er näher kam, erkannte er Blut, viel Blut. Auf der Straße, zunächst in unregelmäßigen Abstanden, dann eine ganze Lache, inmitten derer ein lebloser Körper lag. Sein rechter Arm und das linke Bein standen merkwürdig von ihm ab. Die Knochen waren wohl gebrochen, wahrscheinlich ganz zersplittert. Das gesamte Gesicht, sowie jede kleidungslose Stelle war rot. David fühlte seinen Puls, er war noch da. Der Mann lebte noch, ob das so bleiben würde, das entzog sich Davids Kenntnis.
Ganz gesund konnte er wohl nie mehr werden, danach sah es zumindest aus. Bewusstlos, schmerzte das eigentlich?, fragte David sich. Hatte der Mann eigentlich irgendetwas vom dem mitbekommen was passiert war? Vermutlich war er nur um die Kurve gefahren, hatte einige Male noch getreten, dann Scheinwerfer erkannt und dann, dann würde er nur den zerstörerischen Aufprall gespürt haben, vielleicht noch das erste Aufkommen auf den Asphalt, das Zersplittern der Knochen und spätestens dann, wenn er nach meterlangem rutschem letztendlich liegen blieb, dann war er wohl ohnmächtig geworden. Dies dauerte alles nur ein paar Sekunden, dennoch war David sicher, dass es für den Mann in Zeitlupe geschehen war. So hatten es einige der Streetrider gesagt, die schon einen Unfall mit Ohnmacht hatten. Das Gefühl in den Himmel zu ziehen konnten sie nicht beschreiben. Einzig und allein, dass sich alles ganz langsam bewegte und dass sich das Leben vor dem geistigen Auge noch einmal abspielte. Ähnlich musste es dem Opfer vor David auch gegangen sein.

Als er so gebückt da stand, stach das Messer in seiner Tasche ihm leicht in den Bauch und ihm fiel ein, dass er es noch bei sich trug. Er musste kurz lächeln. War es Ironie des Schicksals? Hatte ihm irgendeine höhere Macht die Entscheidung abgenommen, ob er den Mann töten solle, oder nicht? Wenn er jetzt zustechen würde, dann wäre es wohl eine Art Erlösung. Hatte Gott ihm den Befehl gegeben es zu tun, oder gerade das Gegenteil? Wollte er seinen Gegner vor den Augen seines größten Hasser bestrafen, gleichzeitig aber auch zeigen, dass der Tod nicht mit dem Tod gerächt werden sollte? War es das? Falls dies so sein sollte, dann würde der Mann überleben, aber einfach so? Was hatte David nun zu tun? Es schien ihm beinahe wie ein Test zu sein. Gott stellte ihm eine Prüfung. Vielleicht würde diese über sein Ende entscheiden, darüber, wohin seine Seele nach seinem menschlichem Leben wandern würde. Eigentlich hatte er den Glauben an Gott schon vor Jahren aufgegeben. Genaue genommen an dem Tag, wo Steven starb. Zwar flehte er ihn nachts noch um eine Antwort auf das warum, doch er bekam nie eine.
Früher, als er noch bei seinen Eltern lebte, hatte ihn seine Mutter oft mit in die Kirche genommen. “Der Herr tut Dinge, die wir Irdischen nicht verstehen. Trotzdem haben alle Taten einen Sinn.” Mit dieser Einstellung ging David durchs Leben. Er glaubte, dass der Tod seiner Großeltern, seiner Mutter und seines Vaters irgendeinen Zweck haben würden, schließlich waren sie alle natürlich. Steven jedoch wurde ermordet. Was sollte ein Mord schon für einen Zweck haben? Der einzige Grund, der ihm einfiel war, dass der Teufel neue Seelen brauchte und Gott dies akzeptierte, damit sein Paradies nicht zu voll wurde. Dies könnte glatt ein humorloser Witz sein, aber warum sonst. Zwar hatte Jesus seinem eigenen Mörder vergeben, aber galt dies immer noch? Galt dies für einen Menschen, der tötete, nur weil er verlor. Für jemanden, der danach auch noch frei herum laufen durfte? Gott hatte diese Welt verlassen. Bereits kurz nachdem der erste Mord von Kain geschah. Es war keine Prüfung, es war kein Test, es gab kein Gott, es war einfach geschehen, so dachte David nun.
Niemand hatte eine Entscheidungsgewalt über ihn. David konnte frei wählen. Sollte er zustechen, gehen, oder den Krankenwagen rufen. Das Letztere schloss er vorübergehend aus, denn ein Handy hatte er nicht dabei. Zustechen? Dann wäre er nicht mehr wert als der Mörder selbst. Dies hatte die Stimme von Steven in seinem Kopf jedes Mal gesagt, als er nur einen kurzen Gedanken daran verschwendete. Damals war es nur Theorie, nur stand er vor ihm und konnte selber Gott spielen. Tod oder die Chance haben zu Leben. Was würde David ihm schenken? Sein Hass auf diesen Mörder war einfach unbeschreiblich. Er hatte seinen besten Freund getötet und nun sollte sein größter Feind ihn retten?

“Was soll die Scheiße”, schrie David ihn an. “Erklär mir was ich tun soll. Erklär mir zuerst warum du ihn getötet hast. Erklär mir danach warum ich dich nicht liegen lassen, oder besser noch, warum ich dich nicht abstechen soll.” Davids Kopf spielte verrückt. Tränen flossen ihm nun herab und er konnte nicht mehr still stehen. Sein Puls erhöhte sich und er musste umherwandern. “Was soll ich tun?”, fragte er gen Himmel. Er erwartete nicht eine Antwort des nicht existierenden Gottes, er wartete auf ein Zeichen Stevens. Plötzlich war David nicht mehr klar, dass Steven es nicht gewollt hätte. Was hatte er wohl gefühlt, als er dalag, angeschossen von diesem Mann, der dann auch noch den Mut hatte ihn anzusehen. Auch er war damals blutverschmiert gewesen, aber bei Bewusstsein, zumindest solange, bis der Mann sich abwendete und verschwand. “Warum sollte ich mit dir nicht das gleiche tun wie du mit ihm. Nenne mir nur einen Grund!”, er wusste, dass er nichts sagen konnte. Der blutige Körper lag immer noch genauso da. David bückte sich und griff in die Tasche des Mörders. Ein kleines Portmonee war darin. Dies hatten alle Streetrider, genau für diesen Fall. Nach einem Unfall, wo die Person nicht mehr ansprechbar war. In dem Portmonee lag eine Karte mit einem Namen.
“Andrew Parker heißt du also. Meinst du Andrew, dass ich dich nun rette? Soll ich das tun? Was würdest du denn davon halten, wenn ich mich einfach verpisse, so wie du es getan hast, Arschloch!” David war nun komplett wahnsinnig. “Ich werde dir nie verzeihen können, dass du das getan hast und weißt du was? Ich bin froh darüber, dass das Heute so geschehen ist. Ich bin froh darüber, dass du mich herausgefordert hast. Ich bin froh darüber, dass ich angenommen habe, ich bin verdammt noch mal froh darüber, dass alles gelaufen ist, wie es gelaufen bist. Hörst du? Ich bin froh, dass du hier liegst. Ich bin froh, wenn du verreckst, verpiss dich.” Mit diesen Worten warf David das Portmonee hart auf den leblosen Körper und drehte sich um. Sein Atem raste, sein Herz klopfte unablässig. Er hatte sich entschieden, frei, von keiner höheren Macht gezwungen. Zwar hätte er an jedes Wohnhaus, dass zwar weiter entfernt, doch nicht unerreichbar war, klopfen können, er hätte genauso gut bei dem Verletzten bleiben- und ihm Erste Hilfe leisten können, aber er wollte es einfach nicht. Er hatte frei entschieden diesen Menschen sterben zu lassen.

Am folgendem Tag war es auf der Titelseite: “Streetrider von Auto tot gefahren, Fahrerflucht, zweiter Streetrider flüchtet ohne zu helfen.” “Ich würde es wieder tun.”, dachte David. Noch vor dem Mittag kündigte er seine Wohnung und verließ die Stadt und alles, was ihn jemals an diese Tat erinnern konnte.


Ende
"Alle lachen mich aus, weil ich anders bin - Ich lache sie aus, weil sie alle gleich sind."

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Flame of Za-i-ba
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Beitrag: # 6760432Beitrag Flame of Za-i-ba
27.3.2009 - 14:56

So, jetzt gibts von mir noch einmal einen kleinen Kommentar:

Wie im ersten Post erwähnt, entstand dieser AAR ohne jeglichen Schnick-Schnack und gänzlich ohne Vorbereitung. Zwar hatte ich den Schlusssatz schon im Kopf, der Rest kam aber jedes mal beim schreiben. Ich hab also komplett aus der Stimmung heraus geschrieben. Danach habe ich den Text einmal durchgelesen und dann abgeschickt. Warum nur einmal? Ganz einfach: Ich wollte Spaß am schreiben haben und nicht am korrigieren und ganz ehrlich: Mir hats gefallen ;). Öfter durchlesen und Vorarbeit, sowie nachdenken wäre für den AAR vielleicht gut gewesen, aber so hatte ich persönlich am meisten davon.

Inhaltlich ist das Ende vielleicht ein wenig grenzwertig, aber warum sollte alles ein Happy End haben, oder hat dies vielleicht doch eines? Das mag jeder selbst entscheiden.

Von der Länge her denke ich, dass dies in etwa mein ideales Pensum ist. Nicht zu kurz, nicht zu lang, etwa einen Monat Arbeit. Das heißt: In Zukunft kann man hoffentlich jeden Moment von mir eine Geschichte begutachten. Ich kann schon vorwegnehmen, dass es niemals Screens oder glatte Rennberichte geben wird. Das nächste Werk wird "Sie nannten ihn Jim" heißen und kommende Woche beginnen. Ohne mich zu weit aus dem Fenster herauszulehnen hoffe ich, dass mein AAR "Die Wahrheit des Radsports" auch noch beendet werden kann ...

Ich hoffe es hat euch gefallen.

Flame of Za-i-ba


Ps: Falls ihr gerne über bestimmte Elemente irgendetwas loswerden wollt, dann könnt ihr das natürlich tun.
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$$_gibo_$$
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Beitrag: # 6760551Beitrag $$_gibo_$$
28.3.2009 - 16:42

Kurzzeitig dachte ich schon das du die Geschichte jetzt noch mit dem letzten Teil verhunzt hast, mir gefiel dieses religiöse "Streitgespräch" in deinen Gedanken irgendwie überhaupt nicht.

Weiß auch nicht warum, den es ist gut geschrieben, aber mir gefallen solche Passagen einfach nicht. Der Rest war aber gewohnt stark.

Bilder braucht diese Form der Geschichte überhaupt nicht, alles ist so beschrieben, das man es sich auch bildhaft vorstellen kann. Wobei mir dann das Ende doch etwas zu kurz gekommen ist.

Liegt aber daran, das ich mich über noch mehr Teile gefreut hätte. :lol: Deswegen hoffen wir doch einmal, dass du bald deine nächste Story anfängst.
Ich sah den Himmel und mein eigenes Grab,
Ich feierte Siege triumphierte und verlor,
Ich starb aus Liebe.

Steboo0
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Beitrag: # 6760555Beitrag Steboo0
28.3.2009 - 17:13

"Sie nannten ihn Jim" ist gut weil wir unseren Trainer auch so nennen =D

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