9. November 2010, Essen
Endlich war die Suche nach einem Sponsor beendet! Es hatte ja auch lange genug gedauert. Ein halbes Jahr lang tingelte Christian Schwenn durch ganz Deutschland. Nur um eine Absage nach der anderen zu halten. „Wir finden ja ihre Idee ganz gut, aber vielleicht sollten sie es erstmal woanders versuchen“, das waren die typischen Antworten der Marketingabteilungen. Eigentlich hatte Schwenn den Traum eines eigenen Radsport-Teams schon aufgegeben. Bis gestern sein Handy klingelte.
„Herr Schwenn? Hier ist Sybelle Marktschneider von der
Ecotel. Es geht um das Sponsoring, wir wären bereit ihr Team als Hauptsponsor zu unterstützen. Allerdings müssten sie sich noch einen Nebensponsor besorgen. Alleine können wir das nicht stemmen!“ Schwenn stockte der Atem, er brachte nur ein kurzes „super“ aus seinem trockenen Mund. Frau Marktschneider – ausgestattet mit einer quietschenden Stimme – vermittelte ihm trotz der kargen Antwort die Vertragsdetails: Zwei Millionen Euro würde Ecotel in den nächsten zwei Jahren in die Mannschaft investieren. Mehr als genug für die Kontinental-Tour!
Sein alter Freund Giuseppi Guerini hatte keine zwei Stunden später die nächsten fantastischen Nachrichten für Christian Schwenn. Der italienische Radhersteller
Garelli, bei dem Guerini seit einigen Jahren arbeitete, erkläre sich bereit als Nebensponsor von
Ecotel bei dem Radsport-Team mitzumachen. Einzige Bedingung: es sollten auch ein paar Italiener im Team sein. „Ich hab da auch schon ein paar Jungs im Kopf“, meinte Giuseppe am Telefon, „ich schicke dir gleich eine Mail mit den Namen.“
Schwenn konnten sein Glück kaum fassen – heute morgen war er noch verzweifelt, jetzt hatte er gleich zwei Zusagen von Sponsoren. Unglaublich! Während er über die ersten Fahrer des Teams nachdachte, kam auf seinem Laptop die E-Mail von Giuseppe Guerini:
So hier hab ich mal ein paar Kandidaten für das Team.
Luca Barla – er ist 23 Jahre alt und fährt zurzeit für eine japanische Mannschaft. Ich denke er würde sich freuen wieder zurück nach Europa zu kommen. Mit Eros Capecchi (24 Jahre) könntest du einen guten Mann für kleinere Rundfahrten und hügelige Rennen bekommen. Francesco Masciarelli (24 Jahre) und Diego Ulissi (21 Jahre) wären auch zwei gute Leute für die Berge. Der 20-jährige Fabio Felline ist ein ziemlicher Allrounder. Ich kann den Kontakt du den Jungs sofort herstellen, ich betreue die alle als Manager und denke, die Chancen bei ihnen stehen ziemlich gut. Interesse?
Natürlich hatte Schwenn Interesse. Vor allem Masciarelli wäre natürlich der Hammer – immerhin war der junge Italiener schon 2009 auf dem 17. Platz beim Giro. Gisueppe ist echt unglaublich, dachte er. Außerdem hatte er Schwenns Philosophie verstanden, ohne mit ihm darüber zu reden: das Team sollte zum großen Teil mit jungen, talentierten Fahren besetzt werden. Mit seinen Kontakten könnte Guerini das Team wirklich gut ergänzen, er wäre auch ein toller sportlicher Leiter. Das schrieb Schwenn ihm auch sofort in seine Mail.
Aber er konnte Giuseppe nicht die ganze Arbeit überlassen. Um die anderen Fahrer müsste er sich schon selbst kümmern. Für die nächsten Wochen standen also wieder einige Reisen durch Deutschland an.