Classic Haribo aus der Sicht von Serguei Ivanov
Mannschaftsaufstellung
Frantisek Rabon
Thomas Ziegler
André Korff
Linus Gerdemann
Lorenzo Bernucci
Daniele Nardello
Bram Schmitz
Serguei Ivanov
Teambesprechung
Wie vor jedem Rennen oder, wenn eine Rundfahrt zu bestreiten ist, vor jeder Etappe geht es eine Stunde vor dem Start um die taktische Marschroute für das Rennen. Heute hoffe ich doch mal, dass das Team für mich fährt. Meine Form ist gut. Außerdem habe ich meine ersten Rennen als Helfer bestritten, beispielsweise beim ersten Erfolg unseres Teams, einem Etappensieg in Australien im Januar durch Eric Baumann, weshalb jetzt eigentlich meine Zeit gekommen sein müsste.
Zudem liegt mir das Rennen, leicht hügelig und wohl zu schwer für reine Sprinter.
Nachdem wir kurz auf Mario Kummer warten mussten, betritt er den Raum mit der Ankündigung:" Jungs, das Rennen wird wohl nicht sehr schnell werden heute, deshalb fahren alle heute für André".
Das haut mich doch von den Socken. Auch Lorenzo, der neben mir sitzt, kann dieses nicht verstehen. Nichts gegen André, doch hat er bisher nichts reißen können, bei seinen ersten Einsätzen musste er sogar an den kleineren Hügeln schon abreißen lassen. Doch bevor wir etwas entgegnen können, setzt er fort:" Bei einer möglich Attacke wollen wir aber auch präsent sein, Daniele, das ist deine Aufgabe!".
Man konnte ihm förmlich ansehen, dass er sich sehr darüber freute, denn auch er hat in den ersten Rennen nur Helferrollen übernommen. Dies würde sein erster großer Saisonauftritt sein.
Meine Interessen scheinen jedoch erloschen, nichts war es mit meinem womöglich ersten Saisonsieg. Denn seitdem ich hier bin war es noch nie so, dass man sich dieser taktischen Maraschrouten entledigen konnte. Aber heute, heute wird es anderes sein, das schwöre ich. Heute wird mein Tag. Kummer, wer ist schon Kummer. Ich sprech noch mit Lorenzo und der lässt sich von meiner Idee auch begeistern. Der letzte Anstieg wird unserer.
Das Rennen
Das Rennen begínnt ruhig, auch ich spann mich noch vor André ein. Mit Ausnahme von Daniele, der in vordere Position auf Attacken wartet, befindet sich unser Team geschlossen in der Feldmitte.
Am ersten kurzen Anstieg 150km vor dem Ziel verabschiedet sich dann Daniele von uns, vorne greift ein AG2R Mann an und er setzt sich sofort an das Hinterrad. Nach kurzer Zeit schließen dann noch drei weitere Fahrer zur Spitze auf und zu fünft machen sie sich auf den Weg ins Ziel. Ich befinde mich jetzt etwas weiter vorne, sollen die anderen doch unseren nominellen Kapitän beschützen. Wenns denn gleich in die richtigen Hügel geht, dann muss man vorne sein, wenn man was reißen will, auch wenn der letzte Anstieg erst der entscheidende sein soll.
Vorne läuft es dann nicht so gut für die Ausreißer, nach den ersten Hügeln hat Daniele nur noch einen Begleiter. Doch auch in unserer Gruppe hat sich einiges getan, André fiel wie erwartend zurück und nahm das komplette Team in seinen Anspruch. Über Funk teilte mir Kummer mit, dass ich mich auch zurückfallen lassen soll, doch ich zog einfach den Stöpsel aus dem Ohr, genauso Lorenzo. Wir beide machen jetzt hier vorne unser eigenes Ding.
Am vorletzten Hügel sind die Ausreißer dann eingeholt, Daniele kann zwar noch kurz bei mir bleiben und mich aus dem Wind nehmen, doch nur gut Fünf Minuten später kann er das Tempo, das mittlerweile extrem hoch ist, nicht mehr halten.
Credit Agricole macht nun Tempo für ihren Sprinter Julien Dean. Mir kommt es gelegen, da so niemand mehr vor dem letzten Anstieg ausreißen kann.
Ich fühl mich immer noch gut, meine Vorbereitung lief bis jetzt optimal auch wenn ich meine ersten Formhöhepunkte, die belgischen Klassiker, erst im nächsten Monat stattfinden.
Kurz vorm Hügel spann ich mich vor Lorenzo in die Führungsarbeit ein. Unser Plan lautet, dass ich volle Pulle antrete und er dann das Tempo im Feld verschleppt. Dann, nachdem der letzte Credit Agricole Fahrer vor mir ausgeschert ist, geht es los.
Meine Beine wurden schlagartig schwer, der Anstieg, auch wenn nicht lang schien kein Ende zu nehmen. Doch ich kam ohne einen Begleiter weg, was ich nicht zuletzt Lorenzo zu verdanken habe.
Mein Tempo kann ich in der kurzen Abfahrt halten, bis zum Teufelslappen habe ich gute 15 Sekunden herausgefahren.
Hinten spannt sich Lorenzo noch mal vor das Feld und verschleppt das Tempo in der noch ungefähr zwanzig Mann starken Verfolgergruppe.
Meine Beine platzen, noch 400 Meter bis zur Ziellinie. Hinten ist der Sprint eröffnet worden, Dean fährt von vorne und allen davon. Ich fange auch an zu sprinten, ein Blick unter meinen Armen hindurch verrät mir, dass der Credit Agricole Mann immer näher kommt.
Noch 200 Meter, dass muss doch jetzt klappen. Doch meine Beine verlieren ihre Spritzigkeit, total augelaugt bin ich, doch jetzt kenn ich keine Schmerzen mehr. Alles,was ich noch kann, leg ich in meine Pedalen.
Noch Hundert Meter, die Ziellinie ist zu sehen. Ohne meinen Willen schließen sich meine Augen, der Schmerz ist das einzige, was ich noch mitbekomme.
Kurze Zeit später ist es dann vorbei. Beim Augenaufschlag sehe ich Dean neben mir. Jubeln tut er nicht. Hab ich gewonnen?
In meiner Nähe kann ich dann einen Bildschirm entdecken, wo gerade die Wiederholung von der Zielankunft läuft. Zu sehen ist das:
Es hat also nicht gereicht, 50 Meter weniger und ich hätte jubeln können. Natürlich bin ich enttäuscht, doch aus anderer Sicht ist ein zweiter Platz hinter dem Übersprinter der bisherigen Saison aller Ehren wert. Lorenzo rundet unser gutes Ergebnis mit seinem fünften Platz ab.
Für mich heißt es dann im nächsten Rennen wieder anzugreifen, jetzt muss ich mich erst mal vor Kummer rechtfertigen, doch mit dem zweiten Platz hab ich ein gutes Argument auf meiner Seite.
1 Julian Dean CREDIT AGRICOLE 5h19'38
2 Serguei Ivanov T-MOBILE TEAM s.t.
3 Vicente Reynès CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS s.t.
4 Gabriele Calombo NITARISO - SAPONE DI MARIE s.t.
5 Lorenzo Bernucci T-MOBILE TEAM s.t.
6 Lloyd Mondory AG2R PREVOYANCE s.t.
7 Bo Himburger MICHE s.t.
8 Theo Eltink RABOBANK s.t.
9 Dimitri Fofonov CREDIT AGRICOLE s.t.
10 Frederic Guesdon FRANÇAISE DES JEUX s.t.
11 Christophe Mengin FRANÇAISE DES JEUX s.t.
12 Filippo Simeoni NITARISO - SAPONE DI MARIE s.t.
13 Walter Beneteau BOUYGUES TELECOM s.t.
14 Kurt Van De Wouwer UNIBET.COM s.t.
15 Antonio D'Aniello MICHE s.t.
16 Alexandr Kolobnev RABOBANK s.t.
17 Marco Fertonani CAISSE D'EPARGNE - ILLES BALEARS s.t.
18 Alexander Arokeev ANNA & SAVON - ADRI MOBILE s.t.
19 Slawomir Kohut MICHE s.t.
20 Laurens Ten Dam UNIBET.COM + 2'16
44 Frantisek Rabon T-MOBILE TEAM s.t.
52 Linus Gerdemann T-MOBILE TEAM s.t.
53 André Korff T-MOBILE TEAM s.t.
63 Thomas Ziegler T-MOBILE TEAM s.t.
78 Daniele Nardello T-MOBILE TEAM s.t.
Über Lob oder Kritik oder beides würde ich mich sehr freuen!