Abschließender 1500m Lauf im Zehnkampf – Massenstart oder Verfolgungsrennen?
Sigi Heinrich fordert, den Führenden des Zehnkampfes nach neun Wettbewerben im abschließenden 1500m Lauf als Ersten starten zu lassen und nachfolgend die weiteren Athleten mit deren umgerechneten zeitlichen Abstand auf die Verfolgung gehen zu lassen. Grund sei das für das Publikum undurchsichtige Ergebnis, was durch das Verfolgungsrennen beseitigt würde, da der erste im Ziel dann auch der Gewinner der Goldmedaille wäre.
Meiner Einschätzung nach, die ich sogleich begründen möchte, ist dieser Vorschlag jedoch nicht genug durchdacht und bringt größere Probleme und Ungerechtigkeiten mit sich als das Argument der Intransparenz für das Publico.
Zunächst aber etwas Grundlegendes zum abschließenden 1500m Lauf:
Wie sich aus folgender
Tabelle ergibt – eine andere habe ich auf die Schnelle nicht gefunden – gibt es im abschließenden 1500m Lauf pro 12,5/100 Sekunden einen Punkt Unterschied.
Ein Verfolgungsrennen würde nun diese Berechnung auf vor das Rennen verlagern. Und hier liegt das Problem an der Idee von Sigi Heinrich. Er konzentriert sich auf das Ende des 1500m Laufes und erklärt, dass für den Zuschauer dann alles leichter zu erkennen wäre, wer auf welcher Position liegt, was auch kaum zu bestreiten ist, nur bringt die Idee auch deutlich mehr Probleme mit sich.
Das beginnt damit, dass der Start aller Athleten genau erfolgen müsste. Der Führende würde auf die Strecke gelassen, dahinter seine Verfolger mit dem nötigen Abstand. Nur, wer will denn bitte diesen Abstand so genau messen? Wir reden hier, wie oben gezeigt, über Abstände von 12,5/100 Sekunden pro Punkt. Niemand ist in der Lage einen Athleten auf eine Achtel-Sekunden genau auf die Strecke zu lassen. Könnte man denn über eine Rundung der Abstände denken, so dass nur Sekundenabstände in Betracht kommen? In meinen Augen nicht. Wir reden hier über Leichtathletik und einen 1500m Lauf, der in etwa 4.20.00 Minuten dauert, bei dem es durchaus auf Zehntel- und Hundertstelsekunden ankommen kann. Würde man darauf verzichten, könnte es zu dem absurden Ergebnis kommen, dass ein Sportler einen anderen knapp überspurtet, bei jetziger Durchführung aber im Ergebnis hinter diesem gelandet wäre, da das Ergebnis nur aufgrund der Rundung des Abstandes zustande gekommen ist.
Der Vergleich mit Langlauf und ähnlichen Sportarten mit Verfolgungsrennen kann daher meines Erachtens nicht zum Tragen kommen. Es geht nicht um Rennen von über 20 Minuten, bei denen es auf Hundertstel in der Regel nicht ankommt, sondern um ein relativ kurzes, wenn auch Kräfte raubendes, Rennen, mit meistens knappen Abständen.
Denkbar wäre meiner Ansicht nach höchstens eine Umrechnung des Abstandes in Entfernung, so dass bei gleichzeitigem Start aller die hinteren einen längeren Weg laufen müssten, was aber wohl niemand ernsthaft wollen kann.
Zudem kann ich das Argument der Unübersichtlichkeit nach Ende des 1500m Laufes nicht so ganz teilen. Dieses Problem besteht nämlich nicht nur nach dem 1500m Lauf sondern während des gesamten Zehnkampfes. Zum einen findet der Wettkampf in den unterschiedlichen Disziplinen in verschiedenen Läufen oder Gruppen statt, die eine direkte Übersicht über Zwischenstand nicht möglich machen, was allerdings auch nicht wirklich tragisch ist. Vor allem aber sagt der Zwischenstand im Zehnkampf nichts aus, wenn die noch zu erwartenden Leistungen der Athleten außen vor gelassen werden. Ein zweiter Platz im Zwischenklassement mag gut aussehen, allerdings wenig Hoffnung auf eine Medaille machen, wenn in den abschließenden Disziplinen nur noch schwache vorhanden sind.
Auch sehe ich nicht, warum man den Führenden benachteiligen sollte. Ist der abschließende 1500m Lauf eine große Schwäche des Führenden nach neun Disziplinen, so hat er meines Erachtens auch eher das Recht, sich an anderen Athleten in dem Lauf zu orientieren, anstatt das Rennen selbst gestalten zu müssen. Die Verfolger hätten zudem einen psychologischen Vorteil. Es wäre ganz klar, wie viel sie tun müssten, um eine Position gut zu machen. Niemand dürfte bestreiten, dass es leichter ist, einen Rückstand aufzuholen, wenn man den Konkurrenten direkt vor Augen hat. Diesen Vorteil sollten die Verfolger meines Erachtens allerdings nicht haben. Wer eine Position gut machen will, soll in einem Massenstart das Risiko eingehen und das Tempo machen, sich von seinem Konkurrenten absetzen. Alle anderen Disziplinen werden auch nach ihren Regeln bestritten, da sehe ich nicht, warum ausgerechnet beim 1500m etwas anders sein sollte als bei dem der Spezialisten.
Vielleicht stehe ich mit meiner Meinung alleine dar oder übersehe irgendetwas Grundlegendes. Allerdings wollte ich mich dazu kurz äußern, nachdem Sigi Heinrich heute nun wiederholt so getan hat, als seine die allgemeine Meinung, die nur aufgrund Traditionsbewusstseins nicht durchgesetzt würde.