KA: Da sind wir wieder zurück nach dieser kurzen Werbeunterbrechung. Also Tony, vier Teams haben wir schon gesehen, aber leider noch keinen Sieganwärter. Den ersten erleben wir jetzt, denn das spanische Team Liberty Seguros betritt die Bühne. Auch hier kurz der Kader im Überblick:
151 - Roberto Heras
152 - Joseba Beloki
153 - Allan Davis
154 - Koen de Kort
155 - Igor Gonzales de Galdeano
156 - Jörg Jaksche
157 - Isidro Nozal
158 - Samuel Sanchez
159 - Michele Scarponi
TR: Ein exzellentes Team. Vor allem im Hochgebirge werden wir öfters Liberty-Fahrer bewundern können. Roberto Heras ist nominell Kapitän der Equipe, doch ich tippe, dass Nozal oder jaksche am Ende besser klassiert sein werden.
KA: Aber zumindest im Hochgebirge dürfte Heras seinen Teamkollegen überlegen sein. Aber egal, wer sich als Kapitän herauskristallisiert, er wird eine starke mannschaft an seiner Seite wissen. Wieso setzt du eigentlich mehr auf Nozal?
TR: Die Tour hat in den vergangenen Jahren oft gezeigt, dass man auch ein starker Zeitfahrer sein muss, um ganz vorne zu landen. Das haben wir doch erst letztes Jahr gesehen: Ivan Basso hat seinen gesamten Rückstand im Gesamtklassement auf Armstrong im Zeitfahen aufgebrummt bekommen. Dabei war er schon letztes Jahr ein passabler Zeitfahrer. Dasselbe wird Heras dieses Jahr passieren, Nozal hingegen kann mit den besten im Zeitfahren mithalten.
KA: Gespannt dürfen wir zum einen auf Jörg Jaksche und zum anderen auf Joseba Beloki sein. Jaksche fuhr ein herausragendes Paris-Nizza, danach war aber nicht mehr viel von ihm zu hören. Dennoch ist auch er in der Lage, unter die besten zehn zu fahren. Man erinnere sich an 2003. Was hältst du von Beloki, Tony?
TR: Ich bin doch recht zuversichtlich, dass er eine gute Rolle spielen kann. Zwar wurde er auch bei der Tour de Suisse nach Arosa abgehängt, aber zeigte doch eine starke verbesserung gegenüber dem Giro. Kapitän wird er aller Voraussicht nach nicht sein, aber er kann trotzdem als Edelhelfer unter die Top 20 fahren.
KA: Auch für Sprintankünfte hat Manolo Saiz vorgesorgt: Mit Allan Davis hat man einen Top-Sprinter am Start, der, gerade weil Petacchi fehlt, zu den besten gehören kann. Igor Gonzales sehe ich in einer ähnlichen Rolle wie Beloki, oder?
TR: Naja, im Hochgebirge hat er doch einiges an Qualität eingebüßt. Er wird ganz sicher nicht mehr so weit vorne landen. Ich hätte statt Galdeano eher koldo Gil mitgenommen, der beim Giro und der Tour de Suisse ansprechende Leistungen geboten hat.
KA: Aber fürs Gebirge ist dennoch ausreichend vorgesorgt.
TR: Man kann nie stark genug sein.
KA: Mit Michele Scarponi hat man noch einen interessanten Fahrer im Aufgebot. Letztes Jahr gewann er die Friedensfahrt, enttäuschte aber beim Giro 2005. Ich denke, im Mittelgebirge kann er eine gute Rolle spielen.
TR: Zudem wurden mit Koen de Kort und Samuel Sanchez noch zwei Helfer nominiert. Sanchez hat die Qualität, in einer Ausreißergruppe dabei zu sein. Für de Kort wird wohl nicht sehr viel zu holen sein.
KA: Tony, dann fäll doch mal ein Fazit über diese Mannschaft!
TR: Zumindest auf dem Papier muss man es neben Discovery Channel und T-Mobile zu den drei stärksten Teams zählen. Man verfügt über etliche Bergziegen und Männer für jedes Terrain. Zudem ist das Team einer der Favoriten für das Mannschaftszeitfahren, denn fast alle sind herausragende Zeitfahrer. Diese Starbesetzung kann aber auch Nachteile mit sich bringen: Die Kapitänsrolle ist nicht eindeutig geklärt und mit de Kort sowie Sanchez stehen zunächst gerade mal zwei Helfer fest. Der Schuss kan auch nach hinten losgehen. Wenn Heras keine Granatenform in den Bergen hat, wird er wohl einen durchaus möglichen Gesamtsieg im Zeitfahren verspielen.
KA: Fragen wir bei Jaksche nach, wie er das sieht. Ulli, bitte!
UJ: Nun, Jörg, was hast du dir für die Tour vorgenommen?
Jörg Jaksche: Ich sehe mich zunächst als Helfer von Roberto und Isidro. Dennoch will ich eigene Ambitionen nicht hinten anstellen müssen und versuche, nach Möglichkeit die Top 15 zu erreichen.
UJ: Wie gut ist Heras in Form? Kann er Armstrong schlagen?
JJ: Das wird man erst in den Alpen sehen. Im Training hat er einen super Eindruck auf mich gemacht, aber das Zeitfahren am vorletzten Tag ist ihm ein Dorn im Auge.
UJ: Die obligatorische Frage zum Schluss: Welche Ziele habt ihr hier in Frankreich, Jörg?
JJ: Roberto soll aufs Podium und damit logischerweise auch um den Gesamtsieg mitfahren. Ansonsten wollen wir den einen oder anderen Etappensieg einfahren und Allan hat das grüne Trikot im Visier. Ganz wichtig in Spanien: Wir wollen gemeinsam die Teamwertung holen.
UJ: Dann bedanke ich mich recht herzlich und viel Erfolg, Jörg. Damit gebe ich zu Klaus ab.
KA: Danke, wir machen gleich mit dem nächsten Team weiter.
TR: Mit Cofidis wird das erste französische Team präsentiert. Überraschenderweise konnte das Team, insbesondere durch David Moncutié, bei der Baskenlandrundfahrt, der Katalonienrundfahrt und der Dauphiné punkten. Da Stuart O'Grady bisher aber dezent untergetaucht ist, steht das Team nur auf Platz 11 der ProTour Rangliste. Das könnte sich nach der Tour ändern, der Kader jedenfalls ist äußerst stark besetzt:
141 - Sylvain Chavanel
142 - Leonardo Bertagnolli
143 - Jimmy Casper
144 - Dimitri Fofonov
145 - Thiery Marichal
146 - David Mocutié
147 - Stuart O'Grady
148 - Luis Perez Rodriguez
149 - Cedric Vasseur
KA: Der Neuzugang von Brioches la Boulangere, Sylvain Cahavanel, ist der Kapitän der Equipe. Dieses Jahr konnte er aber noch keine großen Leistungen zeigen, gewann aber immerhin die Sarthé-Rundfahrt Anfang April. In Frankreich wird er ja immer noch als potenzieller künftiger Toursieger gehandelt.
TR: Dafür scheint er mir nicht stark genug zu sein. Aber er könnte, ähnlich wie Francisco Mancebo, künftig ein zuverlässiger Top 10-Fahrer bei der Tour werden. Allerdings noch nicht in diesem Jahr.
KA: Das traue ich eher David Moncutié zu. Wie bereits erwähnt, zeigte er schon herausragende leistungen in diesem Jahr. Für die Top 10 habe ich ihn in jedem Fall auf der Rechnung, aber für mehr?
TR: Hoffentlich nicht, so stark ist er nun auch wieder nicht. Joker könnte Luis Perez werden, er fuhr eine anständige Vuelta 2004. Dieses Jahr hat man aber wenig von ihm gehört.
KA: Mit Jimmy Casper und Stuart O'Grady hat man auch zwei Sprinter mitgenommen. Casper wird seit seinem Erfolg bei der Deutschlandtour 1999 chronisch cor der Tour hochgejubelt, ist aber bisher vieles schuldig geblieben. Gegen absolute Spezialisten wie McEwen wird er wohl keine Chance haben.
TR: Die hat auch O'Grady nicht. Er wird eventuell des öfteren in Fluchtgruppen vertreten sein, aber für ihn ist es auch eine Crux: Seine Mitausreißer werden nicht voll arbeiten, denn einen Sprint gegen O'Grady verlieren sie auf jeden Fall. Also muss er es Solo versuchen.
KA: Bertagnolli, Fofonov, Marichal und Vasseur werden Wasserträger sein. Wer könnte von ihnen überraschen?
TR: Lediglich Fofonov kann Akzente setzen. Vasseur wird seit der Tour '97 überschätzt und den beiden anderen fehlt schlicht die Qualität für größeres. Im Hochgebirge ist das Team sehr schwach besetzt, denn auch Moncutié und perez werden ihre Probleme bekommen, wenn es über 1500 Meter hinaus geht. Im Mannschaftszeitfahren scheint mir das Team auch nur für die hinteren Ränge gut zu sein.
KA: Ulli Jansch steht bei Leonardo Bertagnolli, weshalb wir schnell runtergeben.
UJ: Leonardo, euer Team präsentiert nichts halbes und nichts ganzes. Was will man mit diesem Kader erreichen?
Leonardo Bertagnolli: Wir können schon eine Menge erreichen. Einige von uns sind immer für einen Etappensieg gut. Und wieso soll David am Ende nicht zu den Top 5 gehören?
UJ: (lacht, wischt sich dann eine Träne aus den Augen) Das war einer der besten Witze, die ich gehört habe. Sollte man alle Gründe aufzählen, weswegen er nicht unter die besten fünf kommen kann, würde man den Brockhaus vollkriegen. Anderes Thema: Was versprecht ihr euch von den Massensprints?
LB: An guten Tagen können Jimmy oder Stuart jeden schlagen. Natürlich wird Stuart auch um das grüne Trikot kämpfen wollen.
UJ: Wie sieht es mit den eigenen Ambitionen aus?
LB: Ich habe keine. Ich will David helfen, so lange es geht. Das reicht mir schon.
UJ: Mit dieser wahren Marionette der Teamleitung geben wir zur Werbung nach Paris ab.