Die Karriere des Rot Rigo [L-B-L 2008]

FIKTIVE Radsport-Geschichten von Usern, die sich für schreibtalentiert halten

Moderator: Grabba

Andy92
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Beitrag: # 6747888Beitrag Andy92
8.12.2008 - 20:32

Es kommt richtig Stimmung auf. Allerdings wären ein paar Erinnerungen an ganz sepzielle Situationen in Giroetappen gar nicht so schlecht gewesen, finde ich. Ist ja lange her und wenn er schon darüber nachdenkt... :wink:
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noub_hero
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Beitrag: # 6748117Beitrag noub_hero
10.12.2008 - 20:53

Um deinen AAR volständig zu lesen hab ich alle Texte in eine Worddatei kopiert. Die Datei ist 873 Seiten lang. Echt krass!!! Und die Texte sind echt toll und das in fast jedem Artikel. Beeindruckend!!

RotRigo
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Beitrag: # 6748235Beitrag RotRigo
11.12.2008 - 18:14

14.2.2008 (Rom) – Super-Sprinter:

Seit einer Woche kann ich mich jetzt wieder ernsthaft als Rad-Rennfahrer bezeichnen und jetzt sitze ich schon am Flughafen von Rom und warte auf meine Maschine zurück nach Kalifornien um dort bereits den ersten Saison-Höhepunkt zu bestreiten. Es ist verrückt, wie schnelllebig unser Geschäft ist! Schnell ist übrigens das richtige Stichwort um das zu beschreiben, was ich in den letzten Tagen sehen durfte: Die schnellste Maus von Mexiko, oder besser den schnellsten Löwe von Italien. Mario hat nämlich nicht nur den GP Costa degli Etruschi gewonnen, sondern auch die Sprints in Kalabrien dominiert. Die Weltelite sollte so langsam ein wenig Respekt vor dem in die Jahre gekommenen Rückkehrer bekommen, wenn ihr mich fragt. Trotz eisiger Kälte, wir hatten hier in den letzten Tagen zwischen 2 und 7 Grad, war Cipo wie Ball sagen würde „on fire“. Dabei sah es auf der ersten Etappe zunächst gar nicht so gut aus, für unseren Kapitän. Als die Sprinter ihre Positionen einnahmen und es nur noch eine Frage von Sekunden war, bis sie alle aus dem Sattel schießen würden, war Mario zwischen Mazzanti und Balducci eingeklemmt.
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Was der ehemalige (und zukünftige?) König der Sprinter dann aber veranstaltete, war umso beeindruckender. Er ließ einen Tritt aus, so dass er etwas zurück fiel, fuhr ein Stück nach links rüber und gab dann erneut Vollgas. Problemlos zog er nun an seinen beiden Landsmännern vorbei und erhaschte noch ein bisschen Windschatten vom führenden Danilo Wyss (BMC Racing Team), bevor er auch den Schweizer wie einen Anfänger stehen ließ und zum Sieg raste. Es war eine Gala-Vorstellung zum Thema „Problemlösungs-Strategien“!

Nachdem am zweiten Rundfahrt-Tag die Hügel-Spezialisten gefragt waren und Alessandro Bertolini vom neuen Gilberto-Simoni-Team Diquigovanni sowohl zum Etappensieger als auch Gesamtführenden wurde, kam es gestern auf der Schlussetappe erneut zum Massensprint. Und wer, wenn nicht Mario hätte der Sieger sein können. Diesmal verschaffte sich unser Sprint-Ass früh genug etwas Platz und es folgte auf das Problemlösungs-Exempel eine lupenreine Darbietung absoluter Überlegenheit. Cipo eröffnete den Sprint extrem früh und sprintete der Konkurrenz vom Vorderrad davon. Als ob die Gesetzmäßigkeiten des Windschatten-Vorteils für einen Moment ausgeschaltet gewesen wären deklassierte der Großmeister seine Lehrlinge um etliche Radlängen - Saisonsieg Nummer 6 für meinen Bett-Nachbar.
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Das Tüpfelchen auf dem i besorgten währenddessen unsere zwei anderen Sprinter in Malaysia. Sowohl Fred Rodriguez, als auch Rahsaan Bahati gewannen jeweils eine Etappe bei der Tour de Langkawi und Rahsaan holte darüber hinaus die Punkte-Wertung der asiatischen Neun-Tage-Runfahrt. Der beste in den Etappen-Finals von Malaysia war aber trotzdem eigentlich ein Anderer: Tyler Farrar (Garmin) konnte drei Etappen gewinnen und Bahati dabei gleich zwei Mal auf den zweiten Platz verdrängen. Die Gesamtwertung ging an Frederick Veuchelen (Topsport Vlaanderen). Der Belgier profitierte auf der fünften Etappe von der Uneinigkeit im Hauptfeld, holte sich den Etappensieg aus einer zehnköpfigen Spitzengruppe heraus und verteidigte das gelbe Trikot schließlich bei der Bergankunft am Bukit Fraser mit großartigem Kämpferherz gegen Etappensieger Thomas Voeckler.

Für eine Schrecksekunde sorgte in Malaysia Tyler Hamilton. Unser Mann für die Tour of California war im Finale der vorletzten Etappe in einen Massensturz verwickelt und blieb zunächst mit Schmerz verzerrtem Gesicht auf der Straße liegen. Nach einigen Minuten konnte er jedoch weiter fahren und es sieht so aus, als hätte er keine ernsthaften Verletzungen davon getragen. In drei Tagen wird er also mein neuer Kapitän sein und dann werde ich sicher auch die eine oder andere echte Aufgabe bekommen, nachdem ich jetzt vier Renntage lang nur locker im Feld mit rollen musste.
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Ergebnis Giro della Regio di Calabria:
1 Alessandro Bertolini Serramenti PVC Diquigiovanni 12h46'22
2 Matija Kvasina Perutnina Ptuj + 8
3 Daniele Pietropolli LPR Brakes + 12
4 Petr Bencik PSK Whirlpool - Author + 20
5 Dainius Kairelis Ceramica Flaminia Bossini Docce + 29
6 Mario Cipollini Rock Racing + 32
7 Danilo Wyss BMC Racing Team + 46
8 Gilberto Simoni Serramenti PVC Diquigiovanni + 58
9 Massimiliano Gentili Acqua e Sapone - Caffe Mokambo + 1'05
10 Marco Osella Preti Mangimi s.t.
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53 Rot Rigo Rock Racing s.t.


Ergebnis Tour de Langkawi:
1 Frederick Veuchelen Topsport Vlaanderen 32h18'24
2 Alexander Arekeev Acqua e Sapone - Caffe Mokambo + 41
3 Mathias Jelitto Team Kuota-Senges + 1'40
4 Koen Barbé Topsport Vlaanderen + 1'48
5 Volodymyr Zagorodny NGC Medical - OTC Indutria Porte + 4'04
6 Mitja Schlüter Continental Team Milram + 6'00
7 Marcin Sapa DHL - Author + 6'14
8 Antonio D'Aniello Ceramica Flaminia Bossini Docce + 7'46
9 Marko Kump Adria Mobil + 7'55
10 Felix Schäfermeier Team 3C-Gruppe + 8'00


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Andi91
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Beitrag: # 6749150Beitrag Andi91
18.12.2008 - 19:41

Hey Rot,
wann gehts denn weiter?
MfG

RotRigo
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Beitrag: # 6749156Beitrag RotRigo
18.12.2008 - 20:19

Jetzt. ;)

17.2.2008 (Stanford - Prolog Tour of California) – Ganz schön schnell:
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Es ist soweit: Mit der Tour of California hat heute bereits unser erster Saison-Höhepunkt begonnen. Die Vorbereitungszeit ging ganz schön schnell vorbei – kein Wunder, so kurz wie sie war. Aber wenn man so lange darauf gewartet hat, endlich wieder Rennen zu fahren, dann kann es einem bekanntlich ja kaum schnell genug gehen. Ich bin seit dem ersten Einsatz und speziell seit dem Zeitpunkt als ich gemerkt habe, dass ich mithalten kann, wie im Rausch. Ich kann gar nicht mehr genug bekommen vom „Rennkilometer sammeln“. Also war ich trotz aller Anspannung vor allem glücklich, als ich heute Nachmittag auf der Startrampe zum Prolog an der Stanford University stand. Als Helfer startet man normalerweise sehr früh in den Prolog einer Rundfahrt, weil die echten Favoriten zum Schluss von der Rampe rollen, damit die Spannung bis zur letzten Sekunde anhält. Aber bei uns war das heute ein wenig anders.

Tyler hatte sich bei der teaminternen Startnummernvergabe eine hohe Nummer gewünscht um möglichst früh an der Reihe zu sein. Er sagte, dass er sich stark fühle und den Konkurrenten gerne von Anfang an „eins vor den Latz knallen“ wolle. Ball war begeistert von dem Selbstbewusstsein seines Kapitäns und erfüllte den Wunsch ohne mit der Wimper zu zucken. „Ty startet als zweiter und dafür beschließt Rot den Wettkampf für uns an seiner Stelle“, lautete das Kommando heute Vormittag im Mannschaftsbus. „Ay ay, Sir!“, dachte ich mir. Warum sollte ich auch ein Problem damit haben? Meine Startzeit konnte mir so egal sein wie nichts anderes an diesem Tag – schließlich fuhr ich erneut ohne jeden Druck. Allerdings muss ich zugeben, dass mich der Ehrgeiz ein wenig gekitzelt hat, als ich dann später zwischen all den großen Namen auf die Strecke ging. An „vorsichtiges einrollen“ war da nicht mehr zu denken. Ich gab alles!
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Deshalb war ich auch verdammt enttäuscht, als ich im Ziel ankam und auf der Anzeigetafel die Zahl 70 vor meinem Namen aufleuchtete. Ich war auf der nicht mal vier Kilometer langen Strecke tatsächlich 41 Sekunden langsamer gewesen als der Tagesschnellste! Ich, der „Zeitfahrspezialist“…
Nach außen wollte ich meine Enttäuschung aber vertuschen und deswegen antwortete ich auf Ball’s Frage ob alles klar gegangen sei, einfach nur mit einem kurzen „Quite nice“. Was hätte es gebracht, wenn die Teamleitung davon Wind bekommen hätte, dass ich doch noch nicht so fit bin, wie ich dachte. Vielleicht hatte ich ja auch nur einen schlechten Tag – kein Grund die Pferde scheu zu machen.

Einen deutlich besseren Tag hatte heute Tyler Hamilton. Seine Entscheidung für eine hohe Startnummer und somit frühe Startzeit machte sich bezahlt, weil der Wind im Verlauf des Tages drehte und er somit der einzige Favorit war, der mit Rückenwind fahren konnte. Innerhalb von 3 Minuten und 41 Sekunden legte er die Strecke zurück. Das war nicht nur „ganz schön schnell“, sondern „am schnellsten“! Mit dem drehenden Wind hatte Zeitfahr-Weltmeister Fabian Cancellara genauso wenig gerechnet wie Top-Favorit Levi Leipheimer. Mein alter Teamkollege, der in diesem Jahr bei Astana unter Vertrag steht, ist Titelverteidiger in Kalifornien und liegt nach dem Prolog zeitgleich mit Cancellara auf Platz acht – 9 Sekunden hinter Tyler.
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Die Tour of California hat für Rock Racing traumhaft begonnen: Der zehnte Saison-Sieg macht Ball zu einem glücklichen Mann und Tyler von jetzt an zum Gejagten. Für mich bedeutet er ab morgen jedoch wichtige Helfer-Dienste – hoffentlich werde ich sie in meiner Verfassung erfüllen können!

Ergebnis:
1 Tyler Hamilton Rock Racing 3'41
2 Kurt-Asle Arvesen Team CSC - Saxo Bank + 4
3 Zakkari Dempster South Austrlia.com - AIS + 6
4 Leif Hoste Silence - Lotto s.t.
5 Victor Hugo Pena Rock Racing s.t.
6 Joost Posthuma Rabobank s.t.
7 Vladimir Gusev Astana Cycling Team + 9
8 Levi Leipheimer Astana Cycling Team s.t.
9 Kevin Van Impe Quickstep s.t.
10 Justin England Toyota - United Cycling s.t.
11 Fabian Cancellara Team CSC - Saxo Bank s.t.
12 Tomas Vaitkus Astana Cycling Team + 11
13 Johan Van Summeren Silence - Lotto + 12
14 Rony Martias Bouygues Télécom s.t.
15 Rory Sutherland Health Net presented by Maxxis s.t.


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JanUllrich06
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Beitrag: # 6749854Beitrag JanUllrich06
25.12.2008 - 19:30

ich hoffe Tyler findet zu seiner Form von 2003 und zeigt es den andern :-)

RotRigo
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Beitrag: # 6749937Beitrag RotRigo
26.12.2008 - 18:12

18.2.2008 (Santa Rosa) – Da waren’s nur noch zwei:
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Die Auswirkungen der heutigen ersten Flachetappe werden für uns in der Planung der kommenden Tage leider eine größere Rolle spielen, als wir vorher gedacht hätten. Bei der Mannschaftsbesprechung hatten wir uns darauf verständigt, dass wir alle Ausreißer zurück holen und am Ende im Massensprint versuchen würden, entweder Fred Rodriguez oder Rahsaan Bahati in eine gute Ausgangsposition zu bringen. Dass bei der starken Konkurrenz (McEwen, Boonen, Zabel, Eisel, O’Grady und einige mehr) nur geringe Sieg-Chancen bestehen würden war uns klar, aber wir wollten unseren Jungs trotzdem so gut es geht helfen. Außerdem waren wir uns sicher, dass bei einem Massensprint auch die Verteidigung des Leader-Trikots von Tyler problemlos von statten gehen dürfte. Aber das Pech machte uns den Tag zur Hölle auf Erden.

Gerade als sich an der Spitze bei Kilometer 95 mit Gusev (7. Gesamt), Loosli und Posthuma (6. Gesamt) ein starkes Ausreißer-Trio etabliert hatte und wir versuchen wollten eine High-Speed-Verfolgung zu organisieren ging ein Rock-Racer zu Boden: Victor Hugo Pena. Der Kolumbianer hatte im Prolog den fünften Platz belegt und rangierte somit genau wie Tyler vor allen anderen Favoriten auf den Gesamtsieg. Victor war quasi unser Plan B im Kampf um Gelb, falls Tyler etwas zustoßen sollte. Es war klar, dass fast die gesamte Mannschaft sofort ausscheren musste um auf den Gestürzten zu warten. „Bis auf Ty und Santi alle nach hinten“, ordnete Ball per Funk an und natürlich gab es kein Murren. Wir machten unseren Job, spannten uns vor Victor und waren uns sicher, dass wir den Anschluss zum Feld bald wieder würden herstellen können.
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Doch es kam ganz anders. Die einzige Bergwertung des Tages überquerten wir zwar noch in Schlag-Distanz, doch in der Abfahrt ging Victor erneut zu Boden und dann war die Lücke plötzlich unglaublich groß. Wir gaben alles und versuchten in der folgenden Hügel-Landschaft den Abstand zu verkürzen, doch vorn ging scheinbar richtig die Post ab. Die Sprinter-Teams wollten unbedingt an die Ausreißer heran kommen und schickten all ihre Helfer in den Wind - da war es sehr schwer, zu sechst Widerstand zu leisten. 25 Kilometer vor dem Ziel waren wir total entkräftet und anstatt kleiner zu werden, war der Rückstand nun bereits auf vier Minuten angewachsen. Jede weitere Verfolgung wäre zwecklos gewesen, also gaben wir auf. Nach und nach holten wir zwar noch einige Abgehängte ein, aber auch die hätten sicher nicht mehr die Kraft gehabt uns bei der Jagd zu unterstützen. Letztlich trafen wir mit 7’50 Rückstand im Ziel ein und sowohl für Victor als auch für mich ist die Gesamtwertung von nun an kein Thema mehr. Gott sei Dank erreichten aber wenigstens Santiago und Tyler das Ziel im Hauptfeld – für sie ist noch nichts verloren. Zwei heiße Eisen bleiben im Feuer…

Im Endspurt um den Etappensieg setzte sich ein bärenstarker Erik Zabel tatsächlich gegen O’Grady, McEwen und Boonen durch, nachdem der Schweizer Fabian Cancellara, der sich rund 1000 Meter vor dem Ziel abgesetzt hatte, gerade noch abgefangen werden konnte.
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Tour of California - 2. Etappe:
1 Erik Zabel Team Milram 4h00'27
2 Stuart O'Grady Team CSC - Saxo Bank s.t.
3 Robbie McEwen Silence - Lotto s.t.
4 Tom Boonen Quickstep s.t.
5 Fabian Cancellara Team CSC - Saxo Bank s.t.
6 Serguei Ivanov Astana Cycling Team s.t.
7 Grégory Rast Astana Cycling Team s.t.
8 Alessandro Ballan Lampre s.t.
9 Kurt-Asle Arvesen Team CSC - Saxo Bank s.t.
10 Tyler Hamilton Rock Racing s.t.
...
109 Rot Rigo Rock Racing + 7'50

Tour of California - Gesamtwertung:
1 Tyler Hamilton Rock Racing 4h04'08
2 Kurt-Asle Arvesen Team CSC - Saxo Bank + 4
3 Erik Zabel Team Milram + 6
4 Joost Posthuma Rabobank s.t.
5 Zakkari Dempster South Austrlia.com - AIS s.t.
6 Leif Hoste Silence - Lotto s.t.
7 Fabian Cancellara Team CSC - Saxo Bank + 9
8 Vladimir Gusev Astana Cycling Team s.t.
9 Kevin Van Impe Quickstep s.t.
10 Levi Leipheimer Astana Cycling Team s.t.

hallö
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Beitrag: # 6750108Beitrag hallö
28.12.2008 - 22:04

Einfach nur klasse, was du da machst. Verfolge deinen AAR jetzt schon seit ca. 2 Jahrern (ich schaue immer wieder mal vorbei) und bin echt beeindruckt.
Mach so weiter! :D

RotRigo
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Beitrag: # 6750780Beitrag RotRigo
6.1.2009 - 13:21

19.2.2008 (Sacramento) – Ruhe vor dem Sturm:
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Nachdem der gestrige Tag so bescheiden verlaufen war, wollten wir uns heute darauf konzentrieren, das Führungstrikot von Tyler zu verteidigen. Da bis auf Santiago und ihn in der Gesamtwertung sowieso kein Rock-Racer mehr eine Chance haben wird, waren die Aufgaben schnell verteilt: Jeder bis auf das Kapitäns-Duo war verpflichtet heute in den Wind zu gehen oder Verpflegung zu besorgen. Ich hatte mich also auf einen harten Arbeitstag eingestellt und doch kam es dann anders. Bereits relativ früh war eine Ausreißergruppe entstanden, der kein einziger gefährlicher Mann für die Gesamtwertung angehörte. Wir mussten die Gruppe nicht ernsthaft verfolgen und ließen das die Konkurrenz auch schnell erkennen: „Uns sind die da vorn ziemlich egal!“, ließ Tyler jeden wissen, der es hören wollte. Solange der Vorsprung keine astronomischen Ausmaße annehmen sollte, waren es nun allein die Teams der Top-Sprinter, die den Verfolgungsauftrag zu erledigen hatten. Wir schalteten uns nur sporadisch immer mal wieder dazwischen um zumindest so zu tun, als würden wir auch etwas machen. Tag drei der Tour of California war somit lange Zeit der Tag der Entspannung.
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Erst als auf den letzten Kilometern die Ausreißer in greifbare Nähe kamen, waren auch wir gezwungen uns ernsthaft anzustrengen. Das Feld jagte jetzt durch die Straßen von Sacramento und bei dermaßen hohen Geschwindigkeiten ist es auch am Ende der großen Fahrer-Kette nicht mehr gemütlich. Allein den Anschluß zu halten war nun kein Kinderspiel mehr. Außerdem mussten wir höllisch aufpassen, dass Tyler immer gut beschützt war und allen Stürzen aus dem Weg gehen konnte. Die anfangs recht große Ausreißergruppe war inzwischen zum Duo „Day-Frischkorn“ geworden und auch diese zwei hatten 2,5 Kilometer vor dem Ziel keinen besonders großen Vorsprung mehr aufzuweisen.
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Spätestens jetzt war klar, dass die Sprinter-Teams ihre Arbeit gut gemacht hatten: Es sollte zum Massensprint kommen. Während ich nun versuchte Tyler aus allen Positions-Kämpfen heraus zu halten, versuchte unser alter Sprint-Hase Fred Rodriguez sich eine gute Position zu erkämpfen. Der US-Boy wollte sein Glück versuchen und gegen die Stars der Szene schauen „was geht“. Per Funk bekam ich mit, dass er sich scheinbar recht erfolgreich durch das Feld geschlagen hatte, denn Ball lobte ihn bereits an der 1000-Meter-Marke in höchsten Tönen: „Sehr stark, Fred. Jetzt pass auf, dass du dir ein gutes Hinterrad schnappst. Sehr stark!“
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Das Hinterrad, das Fred letztlich erwischte, war zwar nicht das eines der Top-Favoriten, aber auch ein Tomas Vaitkus eignet sich ganz gut als unfreiwilliges Zugpferd, wie Fred heute unter Beweis stellte. Zwar schaffte es Fred nicht mehr am Litauer vorbei zu sprinten, doch der Astana-Mann zog ihn immerhin in seinem Windschatten auf den fünften Rang – noch vor Fahrern wie Zabel, Bettini oder McEwen. Ein starkes Ergebnis, denn gegen den Sprint-Zug auf der linken Straßenseite, war heute einfach kein Kraut gewachsen: O’Grady, Ballan und Boonen machten den Sieg unter sich aus – mit dem besseren Ende für den Italiener vom Lampre-Team.
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Morgen stehen auf der Etappe von Modesto nach San Jose mit dem Mont Hamilton und der Sierra Road die zwei schwersten Anstiege der Rundfahrt auf dem Programm. Dort könnte bereits die Entscheidung über den Rundfahrt-Sieg fallen. Umso besser ist es, dass wir uns heute ein wenig ausruhen konnten. Morgen werden wir all unsere Kraft benötigen um Tyler vor allen Angriffen zu beschützen!

Tour of California - 3. Etappe:
1 Alessandro Ballan Lampre 4h43'03
2 Tom Boonen Quickstep s.t.
3 Stuart O'Grady Team CSC - Saxo Bank s.t.
4 Tomas Vaitkus Astana Cycling Team s.t.
5 Fred Rodriguez Rock Racing s.t.
6 Greg Van Avermaet Silence - Lotto s.t.
7 Kurt-Asle Arvesen Team CSC - Saxo Bank s.t.
8 Erik Zabel Team Milram s.t.
9 Fabio Baldato Lampre s.t.
10 Paolo Bettini Quickstep s.t.

Tour of California - Gesamtwertung:
1 Tyler Hamilton Rock Racing 8h47'11
2 Kurt-Asle Arvesen Team CSC - Saxo Bank + 4
3 Erik Zabel Team Milram + 6
4 Leif Hoste Silence - Lotto s.t.
5 Zakkari Dempster South Austrlia.com - AIS s.t.

RotRigo
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Beitrag: # 6751834Beitrag RotRigo
16.1.2009 - 20:39

20.2.2008 (San Jose) – Alles auf Angriff:
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„Heute könnte die Vorentscheidung fallen!“ Mit diesem Satz eröffnete Michael Ball heute morgen die Team-Besprechung im Mannschaftsbus. „Wenn wir in den beiden schweren Anstiegen mit voller Kraft von vorn fahren und das Feld zerreißen, dann verringert sich der Favoriten-Kreis fast automatisch und dann müssen Tyler und Santiago am Ende nur noch selbst attackieren um das Gelbe zu festigen.“, erklärte er uns seine Vorstellungen von einem idealen Renn-Verlauf zwischen Modesto und San Jose. Dass es, auch am Berg, verdammt schwer ist, Leute wie Fabian Cancellara abzuhängen, hatte unser Big Boss wohl geschickt verdrängt. So oder so, unsere Aufgabe war nun klar: Am Mont Hamilton sollten wir uns die Lungen aus dem Leib fahren um das Feld zu verkleinern und den finalen Schlag des Kapitäns-Duos auf der Sierra Road vorzubereiten. Ich war bezüglich der Strategie eher skeptisch, hielt aber brav meinen Mund und beteiligte mich schließlich dann auch an der brutalen Tempo-Jagd zum und schließlich auch am Mont Hamilton.
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Was ich an der Spitze des Feldes zunächst nicht mitbekam: Die Idee von Ball funktionierte tatsächlich. Nicht einmal die Hälfte des Anstiegs zu Tylers Namensvetter war absolviert, als unser Chef per Funk vermeldete, dass sowohl Cancellara, als auch Sastre in Problemen waren. Ich traute meinen Ohren nicht, legte aber trotzdem noch einen Zahn zu. Erst kurz vor dem Gipfel nahm ich ein paar Tritte raus und schaute mich etwas intensiver um, als noch in den letzten Minuten, als ich höchstens die drei, vier Fahrer direkt um mich herum wahr genommen hatte. Was ich sah verblüffte mich total: Höchstens 15 Mann waren noch an meiner Seite – darunter natürlich Tyler und Santiago, aber auch Victor, der die meiste Zeit mit mir zusammen das Tempo bestimmt hatte. Es ist kaum zu glauben, aber meine Form ist tatsächlich schon gut genug um an einem schweren Anstieg das Feld auseinander zu fahren!

Da sich sonst niemand dafür zu interessieren schien, konnte ich mir die Punkte an der Bergwertung holen, ohne darum sprinten zu müssen und dann ließ ich mich um ein paar Positionen zurück fallen um die Gruppe in der Abfahrt nicht aufzuhalten. Wenn ich jemandem hinterher fahren kann, dann traue ich mir zwar auch bergab schon wieder sehr hohe Geschwindigkeiten zu, aber wenn ich selbst das Tempo vorgeben muss, dann siegt die Angst noch immer über den Siegeswille.
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Nach der Abfahrt und einem kurzen Flachstück stand dann der entscheidende Anstieg auf der Sierra Road an. Wir wollten die Vorstellungen unseres Arbeitgebers erfüllen und deshalb gaben Hugo und ich auch jetzt wieder ununterbrochen das Tempo vor. Zwar konnte auch die Astana-Mannschaft neben ihrer Doppelspitze aus Gusev und Titelverteidiger Leipheimer noch zwei weitere Fahrer aufbieten, doch die Jungs schienen kein großes Interesse an einem höheren Tempo zu haben. Dass es ein taktischer Fehler war, sich in dieser Situation voll aufzuopfern, lernten wir einige Minuten später, als Vladimir Gusev attackierte und wir bereits einige Körner verschossen hatten, die uns in der Verfolgung nun eine große Hilfe gewesen wären.

Wir konnten dem Russen zunächst nichts entgegensetzen und mussten hoffen, dass er sein hohes Tempo nicht bis zum Ende würde halten können, da Gusev in der Gesamtwertung nur 9 Sekunden hinter Tyler zurück lag. Als sich dann auch noch Levi Leipheimer anschickte, uns alle stehen zu lassen, übernahm Tyler höchst persönlich die Verfolgung. Er spannte sich an die Spitze der Gruppe, erhöhte das Tempo und entledigte sich sofort aller Begleiter, die kein Rock-Racing-Trikot trugen. Chris Horner, Janez Brajkovic, Kim Kirchen, George Hincapie, Joost Posthuma, Wim Van Huffel, Paolo Bettini, Jens Voigt und leider auch Victor Hugo Pena mussten reißen lassen, aber sowohl Santiago Botero, als auch ich konnten gerade noch den Kontakt halten.
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Santiago und Tyler wechselten sich jetzt mit der Führungsarbeit ab, während ich einfach nur mit aller Kraft versuchte ihre Hinterräder zu halten. Ich wollte mit ihnen über den Gipfel fahren um erstens im flachen Finale nochmal helfen zu können und zweitens für mich selbst noch ein paar Bergpunkte zu sammeln. Meinen Berechnungen zufolge war ich dank des Mont Hamiltons inzwischen nämlich auf bestem Weg ins Bergtrikot.

Nach einiger Zeit hatte ich mich ein wenig erholt und so gelang es mir tatsächlich bei meinen Kapitänen zu bleiben. Kurzzeitig konnte ich sogar etwas Führungsarbeit verrichten und glücklicherweise schafften wir es gemeinsam, Leipheimer und Gusev noch im Anstieg zurück zu holen. Die Belohnung für meinen enormen Kraftaufwand bestand aus 12 weiteren Punkten und vor allem einer bedeutend ruhigeren Abfahrtsweise meiner Mitstreiter. Im Tal angekommen betrug der Vorsprung zur ersten großen Verfolgergruppe knapp 90 Sekunden und so waren die Aussichten auf Vollendung des „Ball-Plans“ gar nicht mal so schlecht. Wir teilten uns die Führungsarbeit zu fünft gleichmäßig auf und so war bereits 10 Kilometer vor dem Ziel klar, dass es reichen würde.

Jetzt ging das Taktik-Geplänkel los. Weil wir zu dritt waren und die Astana-Jungs nur zu zweit, opferte ich mich für den Großteil der Führungsarbeit auf den folgenden Kilometern auf und die anderen konnten sich hinter mir ein wenig ausruhen. Doch etwa 1500 Meter vor dem Ziel hatte Vladimir Gusev scheinbar gar keine Lust mehr, sich auszuruhen. Er überraschte uns nach einer leichten Linkskurve und kam aus der Lauerstellung von ganz hinten mit gehörigem Tempo an uns vorbei geschossen.
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Natürlich ging Leipheimer nun überhaupt nicht mehr in den Wind, aber auch ohne ihn hätten wir es zu dritt eigentlich schaffen müssen, Gusev auf den verbleibenden 1400 Metern zurück zu holen. Doch der Russe war zu stark! Er zog unwiderstehlich dem Ziel entgegen baute seinen Vorsprung zunächst sogar noch ein wenig aus und brach erst auf den letzten 300 Metern ein. Tyler kam sprintender Weise zwar noch verdammt nah an den Etappensieger heran, doch für unseren Leader blieb nur Rang zwei vor Levi Leipheimer.
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Ich rollte hinter Santiago auf den fünften Platz und strahlte im Ziel über das ganze Gesicht. Meine Leistung an diesem ersten richtig harten Tag der Saison hat mich total überrascht. Beim Prolog-Zeitfahren scheine ich tatsächlich nur einen „schlechten Tag“ erwischt zu haben. Jetzt jedenfalls befinde ich mich fast schon wieder auf der Siegesstraße. Immerhin durfte ich vorhin zum ersten Mal seit meinem Comeback an einer Siegerehrung teilnehmen – als Träger des Bergtrikots. Ich weiß nun, was ich während meiner Auszeit vom Rennsport besonders vermisst habe: Das Gewinnen!

Tour of California - 4. Etappe:
1 Vladimir Gusev Astana Cycling Team 4h14'26
2 Tyler Hamilton Rock Racing s.t.
3 Levi Leipheimer Astana Cycling Team s.t.
4 Santiago Botero Rock Racing s.t.
5 Rot Rigo Rock Racing s.t.
6 Chris Horner Astana Cycling Team + 43
7 Pierrick Fédrigo Bouygues Télécom s.t.
8 Carlos Sastre Team CSC - Saxo Bank s.t.
9 George Hincapie Team Columbia s.t.
10 Jérôme Pineau Bouygues Télécom s.t.

Tour of California - Gesamtwertung:
1 Tyler Hamilton Rock Racing 13h01'25
2 Vladimir Gusev Astana Cycling Team + 1
3 Levi Leipheimer Astana Cycling Team + 13
4 Santiago Botero Rock Racing + 25
5 Kurt-Asle Arvesen Team CSC - Saxo Bank + 59
6 Joost Posthuma Rabobank + 1'01
7 Rory Sutherland Health Net presented by Maxxis + 1'07
8 Johan Van Summeren Silence - Lotto s.t.
9 Stuart O'Grady Team CSC - Saxo Bank + 1'09
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58 Rot Rigo Rock Racing + 8'43

Tour of California - Bergwertung:
1 Rot Rigo Rock Racing 32
2 Tyler Hamilton Rock Racing 22
3 Vladimir Gusev Astana Cycling Team 21
4 Santiago Botero Rock Racing 16
5 Benjamin Day Toyota - United Cycling 15
Zuletzt geändert von RotRigo am 16.1.2009 - 21:12, insgesamt 1-mal geändert.

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Megamen 1
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Beitrag: # 6751838Beitrag Megamen 1
16.1.2009 - 21:02

Schön geschrieben, aber der erste Satz nach dem letzten Bild stimmt nicht mit dem ergebnis ein :)

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Robbie
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Beitrag: # 6751882Beitrag Robbie
17.1.2009 - 12:44

Wow, der letzte Bericht war einer der besten von dir bisher. Genial!

@Megamen_1: Was soll da denn nicht stimmen?

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Grabba
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Beitrag: # 6751895Beitrag Grabba
17.1.2009 - 14:13

Das erinnert endlich mal wieder an die "guten alten Zeiten" dieses AARs. Keep it up, please! :)

Andy92
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Beitrag: # 6751993Beitrag Andy92
18.1.2009 - 10:36

@ Robbie: Hat Rot schon korregiert, deshalb sieht's jetzt ein bisschen blöd aus.
Und zu diesem Rennbericht: Der ist wirklich eine klasse für sich! Nicht zu lang, nicht nu kurz, punktgenau richtig - genauso wie der Inhalt. Da kann man wirklich viel von dir lernen.
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Gerrit
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Beitrag: # 6752038Beitrag Gerrit
18.1.2009 - 14:15

Klasse Bericht 8O Ich weiß nicht wieso, aber irgendwie hast du da totale Spannung reingebracht. Obwohl diese Dominanz da war.

$$_gibo_$$
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Beitrag: # 6752051Beitrag $$_gibo_$$
18.1.2009 - 14:36

Schöner Rennbericht, und immer noch unglaublich wie lange deine Story jetzt schon geht.
Habe noch nie solch ein Durchhaltevermögen gesehen. Den neuen Teilabschnitt in RotRigos Leben mit Rock Racing finde ich äußerst interessant.
Mach weiter so, am besten noch viele Jahre.
Ich sah den Himmel und mein eigenes Grab,
Ich feierte Siege triumphierte und verlor,
Ich starb aus Liebe.

RotRigo
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Beitrag: # 6752183Beitrag RotRigo
19.1.2009 - 13:54

Vielen Dank für die netten Worte - das motiviert dann schon wieder ein bischen... :)

21.2.2008 (San Luis Obispo) – Offensiv defensiv:
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Wenn man an der Spitze des Feldes fährt, dann nennt man das meist eine “offensive” Fahrweise. Doch wenn einer der Teamkollegen das gelbe Trikot trägt, dann muss dieses Verhalten eher als defensiv betrachtet werden – so angriffslustig es auch aussehen mag, wenn immer drei, vier Mann eines Teams in der ersten Reihen zu sehen sind. Auf der 218 Kilometer langen Mammut-Etappe nach San Luis Obispo, dem fünften Teilstück dieser Kalifornien-Rundfahrt, war es unsere Aufgabe möglichst oft mit möglichst vielen Fahrern in der ersten Reihe zu fahren. Wir hatten das Gelbe Trikot von Tyler zu verteidigen und das ist sicher kein offensiver, sondern eher ein defensiver Akt.

Wir wollten es uns etwas leichter machen das Feld zu kontrollieren und so ließen wir zunächst eine Ausreißergruppe gewähren. Die Zusammensetzung dieser Gruppe erwies sich allerdings schon bald als problematisch. Denn neben Fabian Cancellara, der sich nach der 8-Minuten-Klatsche von gestern scheinbar rehabilitieren wollte, gehörten auch Antonio Colom und Grischa Niermann zu den sieben Ausreißern, die beide nur zwischen 1’30 und 2’30 Rückstand im Gesamtklassement hatten.
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Es war klar, dass diese Gruppe so nicht bis ins Ziel durchkommen durfte. Deshalb war ich wenig überrascht, als Michael Ball sich bereits 100 Kilometer vor dem Ziel, bei einem Rückstand von rund acht Minuten per Funk meldete und die Anweisung zur „vorsichtigen Verfolgung“ gab. Vorsichtig verfolgen bedeutete, dass wir Helfer uns vorn einreihen sollten, aber noch nicht mit voller Kraft den Abstand zu verringern hatten. Wir sollten lediglich die Kontrolle übernehmen und ein Gefühl dafür entwickeln, mit wie viel Druck auf den Pedalen, wir wie viel Zeit auf die Spitzengruppe aufholen konnten. Der Wechsel von der vorsichtigen zur ernsthaften Verfolgung vollzog sich rund 30 Kilometer später. Mit einem kleinen Zwischenspurt stimmten wir unsere Muskulatur endgültig auf die Verfolgungsarbeit ein und dann ging es los: 65 Kilometer volle Kraft voraus.
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Alle zehn Kilometer wurde uns von einem Begleitmotorrad der Abstand nach vorn bekannt gegeben und was wir sahen zeigte uns, dass wir alles richtig machten. Jedes Mal wenn das Motorrad neben mich fuhr, hatte sich die Minuten-Angabe um eins verringert, so dass 25 Kilometer vor dem Ziel nur noch 1’15 geblieben waren. Eigentlich wäre das der Moment gewesen, in dem wir hätten anfangen können zu taktieren um die Gruppe nicht zu früh zurück zu holen. Sobald eine Gruppe gestellt ist, erhöht sich schließlich die Gefahr, dass ein paar andere Fahrer ihr Heil in der Flucht suchen wollen, um ein vielfaches. Doch in diesem speziellen Fall, war das Risiko einfach zu hoch, dass Niermann oder Colom sich Reserven aufgehoben hatten und somit nochmal eins würden draufsetzen können. Deshalb machten wir es genau wie bisher und verkleinerten den Abstand kontinuierlich weiter. 11 Kilometer vor dem Ziel hatten wir es schließlich geschafft: Gerade als die Straße begann etwas anzusteigen und somit das hügelige Finale eingeleutet wurde, reihten sich Niermann, Colom, Cancellara und co wieder zwischen uns ein. Zufrieden nahmen wir ein paar Tritte heraus und schauten uns um – ein Fehler!
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Levi Leipheimer nutzte den Moment der Ruhe und überraschte uns eiskalt mit einer harten Attacke auf der rechten Straßenseite. Der US-Landesmeister marschierte uns zunächst problemlos davon und Michael Ball wurde panisch. „Los, los, los, Jungs! Der darf nicht fahren! Gebt alles! That’s fucking risky!“, brüllte der sonst so coole Modemacher in unsere Ohren. Natürlich wussten wir das selbst. Leipheimer hatte schließlich gerade mal 13 Sekunden Rückstand auf Tyler in der Gesamtwertung. Aber er hatte uns einfach auf dem falschen Fuß erwischt und schien in großartiger Verfassung zu sein. Für einen Moment befürchtete ich sogar, dass mein alter Gerolsteiner-Teamkollege uns jetzt die Hosen komplett ausziehen und die Gesamtführung endgültig weg nehmen würde. Denn als ich mich umdrehte bemerkte ich, dass außer Tyler keiner meiner Teamkollegen in der Lage war jetzt ernsthaft Tempo zu machen und auch mir selbst schmerzten die Beine zunehmends. Doch dann fuhr Tyler an meine Seite, spornte mich noch einmal an und versprach selbst in die Führung zu gehen sobald ich ihm ein Zeichen gab.

Dieses Zeichen ließ nicht lange auf sich warten, denn schon wenige hundert Meter später merkte ich, dass ich eher Boden gegen Levi verlor, als aufzuholen. Ich winkte mit dem linken Ellbogen und prompt flog Tyler an mir vorbei. Sein Antritt glich beinahe einer Attacke und so dauerte es nur wenige Sekunden bis ich meinen Kapitän nur noch aus der Ferne beobachten konnte. Tyler erreichte Levi schon kurze Zeit später und prompt schlief das Tempo an der Spitze wieder ein. Das war meine Chance mich zurück zu kämpfen. Kaum hatte mein Hirn bemerkt, dass es wieder besser aussah um unsere Gesamtführung, wollten auch die Beine wieder schneller treten. Ich kämpfte mich zusammen mit Santiago Position um Position nach vorn an die Spitze der Gruppe und gemeinsam übernahmen wir schließlich wieder die Kontrolle. Die Attacke von Leipheimer war abgewehrt und Ruhe kehrte ein.

Die letzten vier Kilometer zum Ziel waren dann flach, aber wir blieben wachsam, so dass uns keine weitere gefährliche Attacke mehr überraschen konnte. Von hinten füllte sich die Gruppe wieder etwas auf und sogar einige Sprinter fanden wieder den Weg an die Spitze. Die Verteilung der Bonussekunden für den Etappensieg würden die schnellen Männer nun unter sich ausmachen und so gab es heute keine Zeit mehr gegen Leipheimer und Gusev zu verlieren. Unsere Arbeit war getan – sowohl defensiv, als auch offensiv.

Den Sprint entschied schließlich einmal mehr Alessandro Ballan von Lampre für sich. Der Italiener befindet sich scheinbar schon sehr früh in der Saison in einer bestechenden Form. Platz zwei belegte Kim Kirchen vor Pierrick Fedrigo und Weltmeister Paolo Bettini.
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Übrigens ist in Spanien heute auch die Vuelta Andalucia zu Ende gegangen. Oscar Sevilla landete dort auf einem starken vierten Gesamtrang und Super-Mario Cipollini holte im Massensprint auf den Etappen vier und fünf die Saisonsiege elf und zwölf für Rock Racing. Bisher läuft wirklich alles nach Plan auf unserem langen Weg zur Tour-de-France-Wildcard.

Tour of California - 5. Etappe:
1 Alessandro Ballan Lampre 5h02'35
2 Kim Kirchen Team Columbia s.t.
3 Pierrick Fédrigo Bouygues Télécom s.t.
4 Paolo Bettini Quickstep s.t.
5 Kurt-Asle Arvesen Team CSC - Saxo Bank s.t.

Tour of California - Gesamtwertung:
1 Tyler Hamilton Rock Racing 18h04'00
2 Vladimir Gusev Astana Cycling Team + 1
3 Levi Leipheimer Astana Cycling Team + 13
4 Santiago Botero Rock Racing + 25
5 Kim Kirchen Team Columbia + 58
6 Kurt-Asle Arvesen Team CSC - Saxo Bank + 59
7 Joost Posthuma Rabobank + 1'01
8 Johan Van Summeren Silence - Lotto + 1'07
9 Rory Sutherland Health Net presented by Maxxis s.t.
...
47 Rot Rigo Rock Racing + 8'43

Tour of California - Bergwertung:
1 Rot Rigo Rock Racing 32
2 Tyler Hamilton Rock Racing 22
3 Vladimir Gusev Astana Cycling Team 21

Vuelta Andalucia - Endstand:
1 Stijn Devolder Quickstep 18h20'30
2 José Iván Gutierrez Palacios Caisse d'Epargne + 23
3 Leonardo Piepoli Scott - American Beef + 49
4 Oscar Sevilla Rock Racing + 56
5 Pablo Lastras Garcia Caisse d'Epargne + 1'06


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pfanne
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Beitrag: # 6752534Beitrag pfanne
22.1.2009 - 7:36

Oh, Oh! Der letzte Post am 19.1. :?
Da werden richtig böse Erinnerungen wach. :(
Bitte, Rot, treibe sie aus unseren Gedanken und schreibe schnell weiter!

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kolli89
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Beitrag: # 6752552Beitrag kolli89
22.1.2009 - 12:48

was denn für welche?

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kolli89
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Beitrag: # 6752553Beitrag kolli89
22.1.2009 - 12:48

was denn für welche?

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Andi91
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Beitrag: # 6752557Beitrag Andi91
22.1.2009 - 13:42

Dann gabs garantiert eine längere Pause...

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