Moderner Radsport, das Double und andere Substanzfragen

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Escartin
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Moderner Radsport, das Double und andere Substanzfragen

Beitrag: # 338545Beitrag Escartin
26.3.2006 - 20:49

Aus Anlass der bereits beeindruckenden Frühform einiger GT-Aspiranten, insbesondere natürlich Bassos, dieser Thread. Darf man tatsächlich hoffen, dass die Zeit der Ullrichs (ja, an diesem Namen kommt man in diesem Zusammenhang kaum vorbei) zu Ende geht? Allein damit hätte die ProTour ihre Existenz gerechtfertigt. Man wird natürlich abwarten müssen, ob es sich nicht um Frühform handelt, was einige der Herren da gerade präsentieren, insbesondere im Fall des Doubleaspiranten Basso. Tatsächlich gab es ja schon in den letzten Jahren Anzeichen dafür, dass die totale Tourfixierung nicht der Königsweg sein muss, ich denke da insbesonders an das Jahr 2003 mit Winokourov, Hamilton und Mayo, aber so massiv schien mir das selten der Fall zu sein. Sogar RSN hat es schon bemerkt. Selbst Winokourov, der angeblich ja die totale Tourfixierung betreibt, ist schon wieder in Siegform. Das wird nicht nur ein spannendes Lüttich-Bastogne geben, sondern auch einige Aufschlüsse über die Zukunft des Radsports. Wenn Ullrich mit seiner Vorbereitung wieder Schiffbruch erleidet, könnte ein wirkliches Umdenken einsetzen, außer seinem Teamkollegen Klöden scheint ohnehin nur Mancebo eine sehr diskrete Vorbereitung zu wählen und auch der zeigt sich normalerweise bereits ab Mai. Die Girofavoriten Simoni, Cunego und Di Luca sind ohnehin Ganzjahresfahrer, bei Savoldelli muss man abwarten. Insgesamt zeichnet sich da meines Erachtens eine sehr positive Entwicklung ab, die Entpevenageisierung quasi.
"Wittgenstein pondered what time it could be on the sun (it was a nonsensical question, he concluded)." - The Economist

RotRigo
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Beitrag: # 338555Beitrag RotRigo
26.3.2006 - 21:11

Was soll man dazu sagen? Grundsätzlich hast du sicher absolut recht und ich halte die Entwicklung auch für sehr positiv. Du hast gut beobachtet was sich entwickelt hat.

Was ich noch hinzufügen würde:
Man kann die Entwicklungen sicher nicht an den Fahrerpersönlichkeiten wie Cunego oder Valverde fest machen (die sowohl gute Rundfahrer sind, als auch gute Eintagesfahrer), da auch ein Jan Ullrich oder ein Lance Armstrong bestimmt die Veranlagung und das Talent für mehr als die Tour gehabt hätten. Beweise dafür haben sie ja in den früheren Neunzigern auch gebracht. Das Argument, das sicher noch kommt, es läge an den Veranlagungen der Fahrer, zieht also nicht.

Mein einziger Kritikpunkt an deinen Sätzen, Escartin, wäre, dass du hier sehr Ullrich-bezogen geschrieben hast. Natürlich weiß ich, dass das absichtliche Provokation gegen die Magenta-Fans hier im Forum ist, aber ich denke, dass man da sicher auch andere Namen (Armstrong) hätte einsetzen können! ;)

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Alejandro V.
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Beitrag: # 338567Beitrag Alejandro V.
26.3.2006 - 21:28

Sicherlich eine schöne Entwicklung. Man muss aber auch mal anmerken: Alle genannten Fahrer habe auch in der vergangenen Saison eine starke Frühform gehabt: Basso ist beim Criterium International vierter (?) geworden, Vinokourov war schon bei Paris-Nizza im Vorderfeld, Leipheimer sowie Landis bei der Tour of Georgia. Also so neu ist die Entwicklung auch nicht, gerade Fahrer wie Vinokourov haben auch früher über das gesamte Jahr Siege eingefahren. Ob das der Königsweg zum Tour-Triumph ist, kann man schlecht beurteilen. Festzuhalten bleibt allerdings, dass, solange noch nicht Fahrer wie Simoni, Mancebo oder Ullrich in die Saison gestartet sind, solche Dinge nicht unbedingt aussagekräftig sein müssen. Wer sagt denn, dass Ullrich beispielweise nicht eine Giro-Etappe gewinnt? Ich finde so eine Diskussion müßig oder sie überhaupt den anderen Rennen gegenüber abwertend, denn es zählt ja zum Glück nicht allein die Tour. Für Fahrer, die sich auf die konzentrieren, ist am 23. Juli Zahltag, nicht am 26. März.
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Mephistopheles
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Beitrag: # 338577Beitrag Mephistopheles
26.3.2006 - 21:44

Richtig Alejandro seh ich auch so.

Ich denke jeder Fahrer muss individuell sehen wie er zurecht kommt, wenn einer ein starkes Frühjahr fahren will, oder auch muss um in Form zu kommen, dann muss er diesen Weg gehen, Armstrong als Paradebeispiel hat gezeigt wie man sich gezielt vorbereitet. Ullrich hat sich immer gezielt vorbereitet, und hat den absoluten Triumph nicht eingefahren, allerdings immer eine solide bis gute Leistung gezeigt, Ullrich hat den Weg eines guten Frühjahr nie gewählt, sprich man kann nicht sagen wie er sich dann geschlagen hätte, von 97 mal abgesehen.

Allerdings finde ich es gut zu sehen, dass andere Fahrertypen wie Basso eben schon jetzt was von sich sehen lassen, für den Zuschauer auf jedenfall spektakulärer.
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Dominator
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Beitrag: # 338580Beitrag Dominator
26.3.2006 - 21:59

Wie ihr schon gesagt hast-eine unglaublich positive Entwicklung für den Radsport!

Aber sicher muss man erst einmal abwarten, was ein Basso bei der Tour bringt. Ich gehe auf jeden Fall davon aus, dass er den Giro in einer ganz starken Form bestreitet, bei der Tour bin ich mir nicht 100&-ig sicher, aber es kann durchaus möglich sein.

Man muss ja nur Di Luca letzte Saison betrachten: Er war eigentlich fast das ganze Jahr über in einer ganz starken Form, war bei keinem Rennen ohne Ambitionen. Das ist Radsport wie ich ihn mir vorstelle!!
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wassertraeger29
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Beitrag: # 338581Beitrag wassertraeger29
26.3.2006 - 21:59

Kann mich meinen Vorrednern auch nur anschließen, aber:

Wenn es diese von Escartin beschriebene Entwicklung gibt, dann ist sie nicht jetzt und auch nicht in diesem Jahr zu sehen oder zu beweisen, denn in den letzten 9 Jahren mit Ullrich und Armstrong und eigentlich auch lange davor, gab es die Erfolgsgeschichte der Tourfixierung, Armstrong hat die letzten 7 Tour de France Austragungen mit eben dieser Tourfixierung gewonnen. Eigentlich spricht also alles für die Tourfixierung, weil die Dominatoren des letzten Tourjahrzehnts Armstrong und Ullrich die Lichtgestalten dieser Saisongestaltung waren und sind.
Den Wechsel der Saisongestaltung an Fahrern wie Basso, Italiener der natürlich auch den in seinem Heimatland viel beachteten Giro fährt und zudem mit seinem jungen Alter natürlich auch mehr Rennen fährt, Vinokourov, der immer schon im Frühjahr und auch bei den Ardennenklassikern erfolgreich war, dazu Valverde, der mit seinem guten Sprint auch für Eintagesrennen prädestiniert ist, festzumachen ist doch sehr wackelig.
Der Abgang von Armstrong kann auf jeden Fall auch ein neues Jahrzehnt im Radsport hervorrufen, trotzdem sollte man mit schnellen Vorstößen in eine Richtung vorsichtig sein. Spannend jedoch das zu beobachten.

Toursieger Ullrich
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Beitrag: # 338586Beitrag Toursieger Ullrich
26.3.2006 - 22:27

Es scheint wirklich eine Rückentwicklung zu geben. Aber ob dies der bessere Weg ist? Ich denke es ist sinnvoll, denn wer nicht der Topfavorit bei einem Rennen ist, würde sich nur gute Platrzierungen woanderst verbauen. Aber ob Basso die Form das ganza Jahr über halten kann mag ich zu bezweifeln. Spätestens nach der Tour ist Schluss. Aber ob er Giro und Tour gewinnen kann bleibt abzuwarten. Ich sehe sowohl beim Giro als auch bei der Tour Fahrer vor ihm. Die Möglichkeiten dazu hat er aber durchaus, seine Fahrerischen Qualitäten sind dafür da. Ich will erst mal seine Leistungen in den Bergen dieses Jahr sehen. Dann sehen wir, ob er auch in den Bergen noch stärker geworden ist. Denn in den Bergeh sehe ich Simoni, Cunego, Rujano und Valverde vor ihm. Aber ok, ich geb zu ich mag Basso nicht.
Danke Jan!

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zabelchen
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Beitrag: # 338609Beitrag zabelchen
27.3.2006 - 1:29

Nennt mich Spielverderber, aber ich kann Escartin durchaus verstehen warum er als Paradebeispiel hier Ullrich und nicht Armstrong anführt...denn Armstrong war immer im Frühjahr bei mindestens einen Rennen (ob eintages oder kleiner Rundfahrt) dabei...

1999:

10.4. Sieg beim Circuit de Sarthe Etappe 4
14.4 - 18.4 7ter bei der Aragon Rundfahrt
24.4 2ter Amstel Gold Race

2000:

25.4 2ter Paris Camembert
- Olympia Jahr...Schwerpunkt dementsprechend etwas später, er erklärte ja bereits in seinem Buch das er unbedingt Olympiasieger werden wollte

2001:

26.3 - 30.3. 8ter Setmana Catalana
28.4 2ter Amstel Gold Race

2002:

30.3 - 31.3. 2ter Criterium International
28.4 4ter Amstel Gold Race

2003:

9.3. 2ter Etappe 5 Vuelta a Murcia
20.4. 8ter Amstel Gold Race

2004:

18 - 22 Februar 5ter Volta ao Algarve
27 - 28 März 3ter Critierium International
20 - 25 April Tour of Georgia

2005:

19 - 24 April 5ter Tour of Georgia
Helferdienste in Flandern (gute sogar)

Ullrich dagegen

1997 (ja, ich fang extra da an)

Bergtrikot Volta a Aragon
9ter Henninger Turm

1998

Wann ist Berlin? (1.5 Rennen)

1999

-

2000

-

2001

2x dritter bei Giroetappen (26.5 und 6.6)

2002

Dopinggesperrt

2003

Rund um Köln 21 April

2004

Rund um die Hainleite 29. Mai

2005

18ter Vuelta a Catalunya 16-22 Mai

So, vielleicht geht jetzt auch dem letzten ein Licht auf, das Armstrong im April und auch teilweise sich immer früher mal getestet hat. Freilich hat er sich nur auf die Tourspezialisiert, aber unter seinen Erfolgen sind auch einige Rennen die weit früher sind als die Tour. Interessant, was mir gerade aufgefallen ist...während bei Armstrong meißtens nach der Tour Schluss war mit guten Auftritten, diese immer so April - Juli hatte, so hatte Ullrich seine meiste von Juni - August/September...vielleicht sollte er doch schonmal im April/Mai anfangen Rennen auf Sieg! zu fahren, wie Armstrong es getan hat.

Aber gut, bald tritt auch dieser ab, den Nachwuchs eine Chance, das die es besser machen wollen sieht man ja derzeit sehr gut :). Ich freu mich auf das Double dieses Jahr von Basso :)
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BoKa
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Beitrag: # 338690Beitrag BoKa
27.3.2006 - 16:02

Simoni, Cunego, Rujano und Valverde besser ín den bergen als Basso ? Das bezweifle ich nun sehr, und ausserdem gláube ich das der Rujano eine "einGTfliege" is" :-D

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Stephen Roche
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Beitrag: # 338695Beitrag Stephen Roche
27.3.2006 - 16:14

Escartin hat geschrieben:Substanzfragen
***

Die andere Seite der Moderne: Entkategorisierung.

Boonen - Klassiker und Sprints (und wahrscheinlich auch alles andere). Ballan offenkundig auch. Umgekehrt gewinnt der Klassiker Bettini das Sprinttrikot des letztjährigen Giros, während DiLuca zum Rundfahrer mutiert. Vino ist ein individuelles Sammelsurium an Qualitäten, Basso gewinnt März-Rundfahrten, die für Dekker-und-Co.-gemalt wurden ...

Mag sein, dass das schon immer so war. Schön, dass man es jetzt verstärkt merkt.
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Klaus und Tony
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Beitrag: # 338707Beitrag Klaus und Tony
27.3.2006 - 16:32

Dass sich der wirkliche Radsportfan über engagierte Stars von April bis Oktober am meisten freut, dürfte sicher klar sein.

Man sollte bei dieser Diskussion allerdings nie den grundsätzlichen Ausgangspunkt des Profiradsports vergessen. Die Kette Sportler->Gehalt->Sponsor->Zielgruppe ist leider nicht zu durchtrennen.

Normalerweise ist das eine akzeptierte Konstellation, die aber zuletzt dadurch zu einem Problem wurde, dass die beiden talentiertesten GT-Rundfahrer der vergangenen Dekade Jahre aus zwei Ländern stammen, die im öffentlichen Verständnis von Radsporttraditionen nicht der A-Gruppe angehören. Fatalerweise stammten nicht nur Armstrong und Ullrich aus den USA und Deutschland, sondern auch ihre Teams und deren Sponsoren.

Jeder, der in Deutschland wohnt, weiß wie die Massenmedien hierzulande über Radsport berichten und weiß auch, bei welchen(m) Rennen der deutsche Top-Sponsor T-mobile/Telekom anfängt, Extrawerbesports zu schalten.
Nach allem, was man über die USA und deren öffentliche Wahrnehmung vernimmt, wird die deutsche Ignoranz dort noch rechts überholt.

Spartensender wie eurosport können dies in Deutschland leider nicht ausgleichen. Die beiden führenden deutschen Sportblätter, kicker und sport-bild, haben desaströse Radsportkenntnisse, die Sportredaktionen der schöngeistigeren Blätter wie SZ oder FAZ rümpfen permanent die Doping-Nase und wer bei der Berichterstattung von ARD und ZDF keine Ekelblasen bekommt, der liebt oder versteht den Sport nicht.

Damit ist das Feld bereitet für Fahrer (bzw. Teams, bzw. Sponsoren), die in drei Wochen über ihr Wohl oder Wehe der Saison entscheiden müssen.

In Belgien, Spanien oder Italien wäre solcherlei Betrachtung des Radsports unmöglich - witzigerweise wohl sogar auch in Frankreich.

Wenn Herr Bossdorf eines Tages nicht mehr der Meinung ist, er müsse Paris-Roubaix Scheiße finden, weil kein Deutscher mehr um den Sieg fährt und stattdessen dem Publikum nahebringt, wieviel Schönheit, Leiden und Ruhm im Radsport-April zu erfahren ist, dann sind wir vielleicht schon einen Schritt weiter.

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Stephen Roche
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Beitrag: # 338714Beitrag Stephen Roche
27.3.2006 - 16:41

Nur als Beleg für KuTs FAZ-und-Co.-Aussage (nicht zur Verlagerung einer Dopingdiskussion):

Im gestrigen Sportteil der FAZ fand sich folgender Bericht irgendwo zwischen den 4 Seiten Fußball und dem Feuilleton:

Wieder Dopingfunde bei belgischen Radprofis

Darüber ein für FAZ-Verhältnisse großes Foto: die Rückenansicht des aktuellen Weltmeisters (jubelnd, wenn ich nicht irre) beim Überqueren einer Ziellinie.
Zuletzt geändert von Stephen Roche am 27.3.2006 - 22:23, insgesamt 1-mal geändert.
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Bettini_der_Beste
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Beitrag: # 338747Beitrag Bettini_der_Beste
27.3.2006 - 18:42

Ich finde es eigentlich nicht so toll, wenn jeder jedes Rennen gewinnen kann. Ich sehe da keinen Reiz drin. Für mich war immer die Vielfalt an verschiedenen Rennfahrern schön zu sehen. Die Bergfahrer gewinnen die Bergtrikots, die Rundfahrer die Rundfahrten, die Sprinter die Flachetappen,.... . Mal ein übertriebenes Beispiel: Wenn jetzt Basso im Frühjahr in Topform ist - wie andere "GT-Fahrer" auch - dann gibt es Kämpfe bei Paris-Roubaix und/oder Lüttich-Bastogne-Lüttich von Fahrern, die dann noch um den Toursieg fahren. Also ich fände das nicht schön. Na klar, gibt es immer wieder Ausnahmeathleten, aber genau das ist das schöne daran. Bei jedem Rennen gibt es andere Favoriten.

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ETXE
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Beitrag: # 338783Beitrag ETXE
27.3.2006 - 20:08

Naja, an den Spezialisierungen für bestimmte Rennen wird sich auch nicht so sehr viel ändern, bzw. hat sich kaum etwas geändert.
Kopfsteinpflasterrennen werden nach wie vor von Spezialisten für Kopfsteinpflaster gewonnen. Das heißt nicht, daß nicht auch ein starker Allrounder solche Rennen gewinnen könnte.

Und das Critérium International ist ein Rennen, daß auch GT-Fahrer gewinnen können. Der Reiz liegt darin, daß eben auch andere solche Rennen gewinnen können. Der Favoritenkreis ist einfach größer als bei einer GT.

Das Interessante an der ganzen Basso-Geschichte ist ja eher, daß ein erklärter TdF-Topfavorit bereits im März bei Rennen antritt, um diese zu gewinnen. Und dann gewinnt er sie auch noch!
Meines Erachtens ist das zwar eine neue Qualität für die heutige Zeit, aber keineswegs etwas vollkommen Neues. Vielleicht möchte Basso ja auch einfach nur an die Zeiten großer Italiener wie Moser, Saronni, Baronchelli anknüpfen, welche auch vom Klassiker bis zur Rundfahrt alles gewinnen konnten, abhängig von der Tagesform natürlich!?
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what I am
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Beitrag: # 343433Beitrag what I am
15.4.2006 - 0:02

Zu dem Thema moderner radport/ radsport typen sage ich nur der „Kannibale“ hat zu seiner zeit auch alles gewonnen was es zu gewinnen gab manchmal auch in einem jahr!!! daher sage ich ist das jetzt kein neuer „fahrertyp“ .... und solange man seine saisonziele erreicht kann man da ja auch nichts negatives anmerken :arrow: oder :?:
Zuletzt geändert von what I am am 15.4.2006 - 13:32, insgesamt 1-mal geändert.

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Hannibal
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Beitrag: # 343449Beitrag Hannibal
15.4.2006 - 0:32

Meiner Meinung nach gab es diesen Fahrertyp, des "ganzjahres-Winners" schon immer, oder wie soll man sonst einen Laurent Jalabert oder Eddy Merckx, wie eben schon genannt, kategorisieren.
Di Luca ist diese Saison eher ein Grund, der dagegen spricht, denn da er anscheinend gemerkt hat, letztes Jahr, das er mit großen Ambitionen beim Giro weit nach vorn fahren kann, lässt er dieses Jahr anscheinend die Ardennen aus und will sich ganz auf den Giro vorbereiten, also nichts mehr mit vielen Rennen, vielen Siegen...
Dafür scheint Paolo Bettini es dieses Jahr wissen zu wollen, fährt Flandern schon in guter Verfassung, und wird in den Ardennen und beim Giro sicherlich auch versuchen weit nach vorne zu fahren (nicht im Giro-Gesamtklassement).
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EyTschej
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Beitrag: # 343465Beitrag EyTschej
15.4.2006 - 2:21

"Die Zeit der Ullrichs" - ich kenne nur einen Ullrich, ehrlich gesagt. Sicherlich war er ebenso wie der texanische Cowboy immer nur auf die Tour fixiert, aber das waren dann auch schon die beiden einzigen. Alle anderen guten Rundfahrer hatten es auch immer mit Giro (die Italiener) bzw. Vuelta (die Spanier). Ullrich gewann '99, nachdem er verletzungsbedingt nicht bei der Tour starten, übrigens auch so "nebenbei" die Vuelta.

Wenn man die Person Ullrich so in den Mittelpunkt dieser Diskussion stellt, dann finde ich das merkwürdig, eigentlich schlichtweg falsch. Klar hätte ein Ullrich auch des öfteren mal gute Ergebnisse im Frühjahr erzielen können - aber hätte, wenn und aber: Es kommt auch immer drauf an, wie ein Sportler durch den Winter kommt.

Krankheiten und Verletzungen im Winter werfen jeden Sportler in jeder Sportart zurück. Das ist einfach so, das habe ich jahrelang am eigenen Leib spüren müssen. Wenn andere den Winter durchtrainieren können, dann sind sie im Frühjahr natürlich bereits besser drauf. Was man einem Ullrich bestenfalls vorwerfen könnte, sind die fehlenden Rennkilometer - denn die ersetzt so oder so kein Training der Welt.

Jahrelang die Tour de Suisse im Vorfeld der TdF zu fahren, war auch nicht die beste Entscheidung. Die Musik wurde doch eher bei der Dauphine Libere gespielt. Aber das allein ist auch nicht des Rätsels Lösung, denn Vinokourov fuhr letztes Jahr eine starke Dauphine, war bei der Tour in den Bergen dann aber nur in der zweiten Reihe zu finden.

Also muss man schon zwischen zwei Dingen unterscheiden: Renn-Programm und körperliche "Unversehrtheit". Wenn man physisch gut durch den Winter kommt, dann kann man im Frühjahr schon Erfolge feiern und vielleicht auch das Double gewinnen - ich würde es Basso durchaus gönnen, auch wenn ich gerne einen "ganz frischen" Fahrer bei Giro oder Tour ebenso gerne oben sehen würde. Wär' mal ganz interessant ...

Tja. Und wenn man nicht gut durch den Winter kommt? Dann kann man's eben auch nicht übers Knie brechen und mit Gewalt schon im Frühjahr Erfolge einfahren. Das ist alles keine innerliche Einstellung, eine Fixierung auf ein bestimmtes Highlight oder so, sondern die ganz normale Formentwicklung. Durch Krankheiten und Verletzungen wird das Ansteigen der Formkurve verlangsamt. Die Form ist eben nicht nur eine Frage des Willens und der Arbeit, sondern auch eine Frage der Zeit. Und durch Krankheiten und Verletzungen verliert man einfach Zeit ...

Ullrich hätte sicherlich gerne bessere Winter erlebt in seiner Karriere. Wäre ganz interessant gewesen. Aber das bringt uns wieder zurück zu dem "hätte, wenn und aber". Manchmal kann man sich seinen eigenen Weg nicht selbst aussuchen, sondern der Weg sucht einen selbst.

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Alejandro V.
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Beitrag: # 343468Beitrag Alejandro V.
15.4.2006 - 2:40

ich sehe das so wie Hannibal: Ganzjahresfahrer hat es schon immer gegeben (auch wenn Merckx nie alle GTs in einem Jahr gewonnen hat) und wird es auch immer geben. Ich will nur in Zweifel ziehen, dass zum Beispiel Basso das ganze Jahr über weit vorne fährt. OK, der Giro ist geschenkt, da wird er gut sein. Tour wahrscheinlich auch. Aber danach? Ullrich kommt meistens erst im Juni in halbwegs richtige Form, hat aber auch oft eine lange Spätsommer-/Herbstsaison. Schade ist, dass er sie ohne Not (wie zum Beispiel 2005) früh beendet und nicht mehr bis zu den Weltmeisterschaften durchfährt. Dass er sowas kann, hat er 2001 bewiesen.

Ein anderer Aspekt: Fahrer wie zum Beispiel bettini fahren ein starkes Frühjahr und einen starken Herbst, haben dafür aber im Sommer ihre Pause. Von Bettini ist meistens von Mai bis Ende Juli nichts zu hören, Vinokourov hört auch sehr oft nach der Tour auf. Insofern gibt es für mich aktuell keinen Fahrer, der wirklich die komplette Saison über gute Resultate en masse einfährt, am ehesten Petacchi. Alle Spitzenfahrer haben ihre Ruhephasen, die einfach nur verschoben sind: Der eine hat sie im Sommer, der andere im Frühling, der nächste im Herbst.
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José Miguel
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Beitrag: # 343487Beitrag José Miguel
15.4.2006 - 9:22

Alejandro V. hat geschrieben: Ein anderer Aspekt: Fahrer wie zum Beispiel bettini fahren ein starkes Frühjahr und einen starken Herbst, haben dafür aber im Sommer ihre Pause. Von Bettini ist meistens von Mai bis Ende Juli nichts zu hören, Vinokourov hört auch sehr oft nach der Tour auf. Insofern gibt es für mich aktuell keinen Fahrer, der wirklich die komplette Saison über gute Resultate en masse einfährt, am ehesten Petacchi. Alle Spitzenfahrer haben ihre Ruhephasen, die einfach nur verschoben sind: Der eine hat sie im Sommer, der andere im Frühling, der nächste im Herbst.
Ich ordne den Giro zwar nicht dem Frühjhar zu, aber gut, ich denke mal, du hast ihn mitgerechnet. Ansonsten kann ich dir nur beipflichten, einen "Ganzjahresfahrer" wie vom Namen her vermuten könnte gibt es nicht, und hat es auch nie gegeben, jeder, auch ein Merkcx braucht(e) seine Ruhephasen. Es ist richtig, dass viele Topfahrer inzwischen gut sich auf zwei Saisonhöhpunkte vorbereiten können (siehe Boonen letztes Jahr und Bettini, der dieses Jahr schön früh den GP lugano gewonnen hat, aber sicherlich auch in Salzburg etwas erreichen wird). Fahrer wie Peter van Petegem müssen jetzt schon oft Kritik einstecken, weil sie eben nur während eines kleinen Zeitkorridors um den Sieg mitfahren und dann für den Rest der Saison im Dunkeln bleiben.
RZ: Punktewertung Vuelta 2006 und 2008, Etappensieg TdF 2010, 2011 und Giro 2012&2014, Berg Giro 2012, 2013, 2014 / Rad-Tipp: Giro dell'Emilia, Paris-Tours 2008, Tour de Romandie 2011, Eneco-Tour 2011, WM-Zeitfahren 2011 / Frauenfussball-Weltmeisterschaft 2007 / Fussball-Bundesliga 11-12
SKI: Whitney Houston Award 10/11, 11/12, 12/13, 13/14

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SantiPerezFernandez
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Beitrag: # 343490Beitrag SantiPerezFernandez
15.4.2006 - 9:55

Wobei Van Petegem traditionell bei der WM auch stark fährt und jährlich, wenn die Strecke so beschaffen ist, zum engeren Favoritenkreis gehört.

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ETXE
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Beitrag: # 343491Beitrag ETXE
15.4.2006 - 9:55

Wie sie jetzt plötzlich alle aus ihren Löchern kriechen und wussten, daß es schon immer Ganzjahresfahrer gegeben hat (Zu einer Zeit, als 200 Renntage allerdings noch ungewöhnlich waren!). :D ;)

Und: Eddy Merckx hat nie alle GTs in einem Jahr gewonnen! Giro, Tour und WM war das höchste der Gefühle!!
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