Radsport-Bauernregeln

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Escartin
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Radsport-Bauernregeln

Beitrag: # 6780364Beitrag Escartin
18.7.2009 - 9:26

Da ich diese Tour praktisch vollständig am Liveticker verfolge (und daher auch nicht so unter ihr leide, wie ich es als TV-Konsument täte) werde ich mir zum ersten Mal so richtig der Flut von Radsportweisheiten bewusst, die Tickerschreiber offenbar ebenso gern in ihre Berichte einflechten, wie TV-Kommentatoren, nur hört man bei denen ja eh nur mit einem Ohr zu. Man kennt das ja vom Fußball, "ein Tor noch vor der Pause fiele im psychologisch günstigen Moment". Man kann darüber streiten, ob da was dran ist.
Und genau das ist der Zweck dieses Threads. Her mit den Lieblingsfloskeln von Kommentatoren, Profis und Forumsnutzern, die einer genaueren Prüfung nicht standhalten!

Mein aktueller Liebling: "Das Feld will die Ausreißer nicht zu früh wieder stellen, weil dann Konterattacken drohen."

Davon abgesehen, dass mir praktisch kein Fall einer erfolgreichen Attacke gegen ein den Sprint vorbereitendes Feld einfällt: Warum sollte es für Angreifer einen Unterschied machen, ob da noch Ausreißer vorne sind? Wären die nicht sogar eher eine willkommene Unterstützung, der man sich am Ende dank größerer Kraftreserven entledigen kann?
Was übersehe ich hier?
"Wittgenstein pondered what time it could be on the sun (it was a nonsensical question, he concluded)." - The Economist

RotRigo
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Beitrag: # 6780365Beitrag RotRigo
18.7.2009 - 9:38

1. Du übersiehst den Mediennutzen. Wenn ein weiterer Angriff erfolgt, während noch eine Gruppe vorn ist, muss sich der neue Angreifer seine TV-Präsenzzeit mit der anderen Gruppe teilen. Wenn er aber wartet, bis die Gruppe gestellt ist, so wird er ständig im Bild sein.

2. Wenn diese Konterattacken kommen, dann passiert das meistens kurz nachdem die ursprüngliche Gruppe gestellt wurde und zwar genau in dem Moment, in dem das Tempo im Feld kurz einschläft, weil keine Verfolgungsarbeit mehr zu leisten ist. Da kommt man einfach leichter weg. (Natürlich gibt es auch Ausnahmefälle, in denen die Konterattacke trotz konstant hohem Tempo erfolgt. Aber: Dann passiert quasi nie etwas.)

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EyTschej
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Beitrag: # 6780366Beitrag EyTschej
18.7.2009 - 9:46

Wenn der Vorsprung der Ausreißer zu groß ist (sie außer Sicht sind), dann versucht niemand, diesen Ausreißern nachzufahren. Man kann kaum zu denen aufschließen, aber dem Feld könnte es zu unübersichtlich werden, weswegen das Feld dann dieser zweiten Ausreißergruppe sofort nachsetzen würde. Man würde also mit so einer Attacke nur unnötig Körner verbraten.

Solange die erste Ausreißergruppe weit genug vom Feld weg ist, versucht niemand, zu denen aufzuschließen. Also hält man solche Ausreißer an der kurzen Leine. Dadurch, dass die Zeitabstände heutzutage bekannt sind und die Fahrer per Funk von ihren sportlichen Leitern perfekt informiert werden, kann man auch den Zeitpunkt ganz genau errechnen, ab wann man im Feld mit dem echten Rennen anfängt, um diese Ausreißer wieder zu stellen.

Tja, das ist halt Show-Radsport. Also Profi-Radsport. Im echten Radsport musst du als Faher den Abstand zu Ausreißern halt selbst einschätzen. Das geht aber nur, wenn du diese Ausreißer noch sehen kannst. Da die meisten Amateur-Rennen Rundkurse sind, ist das auch durchaus nicht so unwahrscheinlich, dass man Ausreißer auch bei etwas größerem Vorsprung noch sehen kann. Aber im echten Radsport gibt es im Feld in der Regel kaum Einigkeit, wenn vorne eine kleine Gruppe weg ist. Speziell bei Kriterien findet man im Feld kaum Mitstreiter, um Ausreißer wieder zu stellen. Daher haben Ausreißer bei Amateur-Rennen oftmals sehr gute Chancen durchzukommen. Aber wenn es nur wenig Ausreißer sind und man sie wirklich an der kurzen Leine halten kann, dann ist es auch im Amateur-Radsport so, dass man diese Ausreißer nach Möglichkeit erst wenige Kilometer vor dem Ziel einholt, damit niemand sonst im Feld auf "dumme Gedanken" kommt ...

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T5
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Beitrag: # 6781920Beitrag T5
22.7.2009 - 21:26

"X hat Y mit in die Außreißergruppe geschickt, damit der am Schlussanstieg als Relaisstation für ihn eine wertvolle Unterstützung werden kann."

PS
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Beitrag: # 6781932Beitrag PS
22.7.2009 - 22:28

und zwar für 10 Meter!
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zabelchen
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Re: Radsport-Bauernregeln

Beitrag: # 6781948Beitrag zabelchen
23.7.2009 - 0:02

Escartin hat geschrieben:Davon abgesehen, dass mir praktisch kein Fall einer erfolgreichen Attacke gegen ein den Sprint vorbereitendes Feld einfällt:
Cancellara bei der Tour mit dem KSP Stück kurz vorm Ziel ;)

@Relaisstation:

20km vor dem Ziel ist meistens ein Stop für die Annahme von Getränken und sowas. Die Relaisstation dagegen kann mal gut und gerne noch ne volle Trinkflasche bei haben und kurz rüberschieben ;)

Zudem ist es eine moralische Sache, wenn da vor einem noch einer rumhampelt und einen versucht den Berg hoch zu ziehen. Bei Hushovd und Sastre waren es heute 10 Meter, wenn da aber ein "Edelhelfer" vllt 500 oder 1000 Meter vor dir rumhampelt und nochmal das Tempo anziehen kann, dann ist das schon viel mehr.

Zudem herrscht, wenn ich mich nicht irre, auch am Berg ein Windschatten, auch wenn dieser weit weniger geringer ist als im flachen, aber 10% sind 10%, die fahren ja nicht umsonst immernoch am Berg meist hintereinander und nicht nebeneinander...
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BlackHackz
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Beitrag: # 6781972Beitrag BlackHackz
23.7.2009 - 8:11

Ja aber am Schlussberg braucht man diese "Relaisstation" nun wirklich nicht mehr. Da behindert die Führungsarbeit des Helfers eher, weil der Kapitän aus dem Angriffsrhythmus gebracht wird. Diese Relaisstation macht nur Sinn, wenn die Etappe unheimlich bergig ist und der Kapitän am drittletzten oder vorletzten Berg angreift, um zu seinen 1-3 Helfern vorne zu fahren, damit die ihn auf der Abfahrt und im Flachstück ziehen und am Schlussberg lässt er sie wieder stehen.
Was will der Kapitän denn am Schlussanstieg auf den letzten 4km mit einer Wasserflasche? Also gerade die Eurosportkommentatoren sollten sich nochmal Gedanken darüber machen, wie das mit der Relaisstation funktioniert.

EDIT: Zu der Überlistung des sprintvorbereitenden Feldes: da gibt es mehrere Fälle auf den letzten 2 km (Tchmil bei Mailand-San Remo, Pozzato bei selbigem Rennen, Cancellara bei der Tour in Roubaix) aber Esi wollte vermutlich eher auf die wirkliche Vorbereitung hinaus. Ein Angriff 2km vor dem Ziel ist ja eher ein verlängerter Sprint, es ging ja aber um das möglichst späte Stellen der Fluchtgruppen, damit niemand wegspringt. Also ein Angriff 20-5km vor dem Ziel ist mir auch nicht bekannt.
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Lance Armstrong Fan
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Beitrag: # 6781974Beitrag Lance Armstrong Fan
23.7.2009 - 8:41

BlackHackz hat geschrieben:Ein Angriff 2km vor dem Ziel ist ja eher ein verlängerter Sprint, es ging ja aber um das möglichst späte Stellen der Fluchtgruppen, damit niemand wegspringt. Also ein Angriff 20-5km vor dem Ziel ist mir auch nicht bekannt.
Sportphysiologisch ist diese These zwar nicht haltbar, aber ich verstehe worauf du hinaus willst.

Also die Relaisstation bringt meines Erachtens am Schlussanstieg nicht wirklich viel. Vor einer Abfahrt oder so, ist sie jedoch goldwert. Kein anderer eingeholter Ausreißer wird noch Tempo machen, da die Kapitäne am Berg sie eh abhängen.
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arkon
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Beitrag: # 6782021Beitrag arkon
23.7.2009 - 12:16

ein anderer aspekt mit den relaisstationen: was ist, wenn der kapitän nicht angreift, sondern angegriffen wird. das haben wir in der vergangenheit immer wieder gesehen: ein bisschen ruhe in die fahrt, wasserflasche reichen, zwei worte wechseln. das bringt schon wat. oder auch immer wieder gern gesehen: tempomachen vor dem feld. voigt am schlussanstieg in der mitte noch vor dem feld ist ohne ausreißergruppe kaum möglich (bitte nicht auf das spezielle beispiel eingehen...).
fuer den angriff, da habt ihr wohl recht, ist das wohl eher hinderlich.
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ETXE
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Beitrag: # 6782038Beitrag ETXE
23.7.2009 - 13:03

Ich kenne gerade nur ein Beispiel, wie das mit den Relaisstationen funktionieren kann, das ist aber bereits 10 Jahre her. Die Protagonisten waren José Javier Gómez, Javier Otxoa, (Carlos Contreras?) und natürlich Fernando Escartin vom Kelme-Team. Nach dem Ruhetag ging es durch die Pyrenäen über 6 Berge mit der Bergankunft in Piau-Engaly.
Bereits am zweiten Berg (Col de Menté) waren Gómez und Otxoa in der Spitzengruppe, Contreras in einer Gruppe dahinter. Am nächsten Berg, dem Portillon, attackierte Escartin aus dem Peloton und erreichte zunächst Contreras, mit dem er bis zum Peyresourde an die Spitzengruppe heranfuhr.
Zunächst Otxoa und dann Gómez machten nochmal mächtig Wirbel, allerdings hatten Elli und van de Wouwer vorne bereits attackiert. Am Louron-Azet schließlich attackierte Escartin und fuhr das Rennen nach Hause.

Letztendlich hatte Escartin damit etwas über 2 Minuten auf Armstrong aufgeholt und sich vor Zülle in der Gesamtwertung auf Rang 2 geschoben. Solche Taktik gibt es erstens sehr selten und zweitens nützt sie am letzten Anstieg nicht wirklich etwas. Drittens braucht man dazu gute bis sehr gute Bergfahrer (somit konnte auch nur Kelme damals so agieren).
Sicherlich war das damals ein Angriff auf die Gesamtwertung, aber Lance war nie wirklich in Gefahr, das Gelbe zu verlieren und Zülle schien sich sicher zu sein, Escartin im Zeitfahren wiederum Minuten abzunehmen, was denn auch passierte (ca. 4 Minuten waren es).
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BlackHackz
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Beitrag: # 6782042Beitrag BlackHackz
23.7.2009 - 13:18

Heras bei der Vuelta hat doch auch ganz gut funktioniert damals.
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Grabba
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Beitrag: # 6782047Beitrag Grabba
23.7.2009 - 13:24

Savoldelli hatte das letztes Jahr auch mal für Di Luca gemacht. Monte Pora war es glaube ich. Hat aber nur funktioniert, weil Savoldelli der beste Abfahrer der Rundfahrt war und seinem Kapitän eben genau bergab geholfen hat. Genauso könnte ein Cancellara oder Hushovd natürlich in der Abfahrt oder im Flachen großartige Dienste leisten, aber bergauf sicher nicht. Mehr als eine Wasserflasche kann ein Hushovd einem Sastre am Anstieg wirklich nicht geben.

Dass diese Taktik mit der Relaisstation sinnvoll sein kann (und auch, dass solche Fahrer schwächelnden Favoriten helfen können, wie von arkon angesprochen, oder in die dezimierte Favoritengruppe als Wasserträger zurückfallen können) bestreitet ja glaube ich niemand. Aber das, was die TV-Kommentatoren daraus machen, ist nunmal völlig überzogen und zumeist grober Unfug.

@Pepsi: Ja, ich hatte den Beitrag nochmal editiert. Du warst also wohl zu schnell mit deiner Antwort. :P
Zuletzt geändert von Grabba am 23.7.2009 - 14:54, insgesamt 1-mal geändert.

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PepsiLight
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Beitrag: # 6782048Beitrag PepsiLight
23.7.2009 - 13:27

Grabba hat geschrieben:Mehr als eine Wasserflasche kann ein Hushovd einem Sastre dann auch nicht geben.
Das stimmt so nicht. Wäre beispielsweise Sastre als alleiniger Ausreißer an einem der ersten Gipfel auf Hushovd ausgefahren, hätte dieser Tempoarbeit im Flachen machen können, was wiederum sehr ergiebig ist.

EDIT: Ah, das im Flachen hab ich überlesen oder es stand zu dem zeitpunkt noch nicht da. :oops:
Zuletzt geändert von PepsiLight am 23.7.2009 - 14:32, insgesamt 3-mal geändert.
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tobikaka
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Beitrag: # 6782051Beitrag tobikaka
23.7.2009 - 13:31

Grabba hat geschrieben:Genauso könnte ein Cancellara oder Hushovd natürlich in der Abfahrt oder im Flachen großartige Dienste leisten, aber bergauf sicher nicht. Mehr als eine Wasserflasche kann ein Hushovd einem Sastre am Anstieg wirklich nicht geben.
Du musst schon alles zitieren, bevor du ihn korrigieren kannst/willst....
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Beitrag: # 6782052Beitrag zabelchen
23.7.2009 - 13:33

Hatte Voigt nicht mal auf einer Mittegebirgsetappe ähnliches geleistet (2004), genauso wie CSC das vor 1-2 Jahren schonmal schaffte, als ich glaube 2 Leute von ihnen (u.a. Voigt) im Tal nochmal gut Tempo machen konnten.

Kurz gesagt, bei mehreren Anstiegen ist diese Aussage gar nicht so doof :P
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Escartin
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Beitrag: # 6782258Beitrag Escartin
23.7.2009 - 21:38

ETXE hat geschrieben:Ich kenne gerade nur ein Beispiel, wie das mit den Relaisstationen funktionieren kann, das ist aber bereits 10 Jahre her. Die Protagonisten waren José Javier Gómez, Javier Otxoa, (Carlos Contreras?) und natürlich Fernando Escartin vom Kelme-Team. Nach dem Ruhetag ging es durch die Pyrenäen über 6 Berge mit der Bergankunft in Piau-Engaly.
Bereits am zweiten Berg (Col de Menté) waren Gómez und Otxoa in der Spitzengruppe, Contreras in einer Gruppe dahinter. Am nächsten Berg, dem Portillon, attackierte Escartin aus dem Peloton und erreichte zunächst Contreras, mit dem er bis zum Peyresourde an die Spitzengruppe heranfuhr.
Zunächst Otxoa und dann Gómez machten nochmal mächtig Wirbel, allerdings hatten Elli und van de Wouwer vorne bereits attackiert. Am Louron-Azet schließlich attackierte Escartin und fuhr das Rennen nach Hause.

Letztendlich hatte Escartin damit etwas über 2 Minuten auf Armstrong aufgeholt und sich vor Zülle in der Gesamtwertung auf Rang 2 geschoben. Solche Taktik gibt es erstens sehr selten und zweitens nützt sie am letzten Anstieg nicht wirklich etwas. Drittens braucht man dazu gute bis sehr gute Bergfahrer (somit konnte auch nur Kelme damals so agieren).
Sicherlich war das damals ein Angriff auf die Gesamtwertung, aber Lance war nie wirklich in Gefahr, das Gelbe zu verlieren und Zülle schien sich sicher zu sein, Escartin im Zeitfahren wiederum Minuten abzunehmen, was denn auch passierte (ca. 4 Minuten waren es).
Grandiose Etappe damals, das fordert ja geradezu einen Post heraus! Kelme hat diese Taktik ja immer wieder probiert, am Galibier 1999 hat es ja auch schon ganz gut geklappt, da haben sie Olano und Tonkov aus dem Rennen genommen. Denke man muss da aber zwischen zwei Varianten unterscheiden:
Einen Helfer, der eher kein ausgewiesener Bergspezialist ist, in der Ausreißergruppe platzieren (Aldag 1998, Cancellara 2008) oder einen sehr starken Bergfahrer erst kurz vor der Attacke des Chefs losschicken, so wie Kelme mit Contreras oder Festina 1997 es gemacht haben.
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