Holen wir doch den Thread nach fast 2 Jahren wieder aus der Versenkung
Gestern Samstag fand praktisch vor meiner Haustüre das 7. Thuner Stadtkriterium statt. Als Mitglied des örtlichen Radrennclubs war es für mich natürlich Ehrensache, bei der Durchführung dieses Rennens mitzuhelfen. Allerdings stand ich nur beim Abbau im Einsatz. Doch dazu später.
Das Hauptrennen stand erst an vierter Stelle; den Beginn des Events machte ein erstmals durchgeführtes Bike-Shortrace über 3 Runden à 1.5 Kilometer. Dabei galt es unter anderem die lange und steile Kirchtreppe bis hinauf zur Stadtkirche Thun zurückzulegen. Weiter führte die Strecke durch die Thuner Altstadt, oft über Kopfsteinpflasterbelag. Schliesslich gewann Hansueli Stauffer aus Sigriswil mit 18 Sekunden Vorsprung auf Manuel Scheidegger, der sich im Zweiersprint gegen Florian Meyer durchsetzen konnte.
Danach stand das Frauenrennen auf der eigentlichen Kriteriumsstrecke auf dem Programm. Dieses Rennen führte über 35 Runden à ca. 910 Meter, jede 5. Runde wurde ein Wertungssprint durchgeführt. Da es für dieses Rennen keine Bedingungen gab (ausser, dass man eine Frau sein muss), standen von Profis bis hin zu Anfängerinnen alle Kategorien am Start (insgesamt 38 Fahrerinnen). Dies machte sich dadurch bemerkbar, dass die schwächeren Fahrerinnen schon beim Start abgehängt wurden; 4 davon wurden schon nach wenigen Runden zum 2. Mal überrundet, so dass das Rennen für sie vorbei war, bevor es so richtig begonnen hatte.
Mit dem Bigla Cycling Team sowie dem Team Specialized standen auch zwei Weltcup-erprobte Mannschaften am Start. So verwunderte es kaum, dass die ersten zwei Wertungen jeweils von diesen zwei Equipen dominiert wurden. Kurz vor der 2. Wertung setzte sich die Bigla-Fahrerin Bettina Kuhn vom Feld ab; ihre Teamkolleginnen störten im Feld geschickt, so dass keine vernünftige Nachführarbeit zu Stande kam. Nun, die Geschichte des Rennens ist schnell erzählt; Kuhn schaffte zwar keinen Rundengewinn, hielt sich jedoch bis zum Ende des Rennens vor dem Feld, so dass sie letztlich 6 der 7 Wertungen und damit auch das Kriterium gewinnen konnte. Platz 2 sicherte sich ihre Teamkollegin Andrea Wolfer vor der Specialized-Fahrerin Mirjam Hauser-Senn. Undankbare Vierte wurde die Deutsche Jutta Schubert vom RSC Kempten.
Nach den Siegerehrungen der zwei bisherigen Rennen ging's weiter mit einem Promi-Plausch-Rennen, wobei in verschiedenen Kategorien gestartet wurde; denjenigen, die kein Rennrad besassen oder nicht damit starten wollten, wurde ein sogenannter E-Flyer zur Verfügung gestellt, d.h. ein Fahrrad mit elektrischer Unterstützung. Die Fahrer auf den Rennvelos gingen mit einem Rückstand von 50 Sekunden auf die einzige Frau im Feld ins Rennen. Das Problem war, dass der Flyer nur bis zu einer Geschwindigkeit von etwa 25 Kilometern pro Stunde Unterstützung leisten konnte - natürlich viel zu wenig, um ein Rennen zu gewinnen. So war es kaum verwunderlich, dass letztlich die Fahrer mit den Rennvelos deutlich obenaus schwangen; es gewann Daniele Brigante, der Inhaber eines Thuner Plattenleger-Unternehmens, vor Martin von Allmen, Grossrat des Kantons Bern sowie Sekretär der Gewerkschaft UNIA. Er schlug im packenden Zweiersprint Beat Schertenleib, Schulkommissionspräsident aus Heimberg. Martina Amstutz, die als einzige Frau das Rennen eröffnete, verlor auf den 5 Runden schliesslich über 2 Minuten auf den Sieger (gestartet war sie mit 50 Sekunden Vorsprung). Dieses Rennen fand allerdings keinen allzu grossen Anklang im Publikum und unter den (deutlich benachteiligten) E-Flyer-Fahrern, sodass sich das OK überlegen muss, ob dieser attraktive Kurs auch für Hobbyfahrer geöffnet werden soll.
Nach der Siegerehrung des Plauschrennens kam die Hauptattraktion des Abends, das Kriterium der Männer Elite. Begonnen hatte dieses schon mit einem Rundenzeitfahren vor dem Frauenrennen. Immerhin standen so klangvolle Namen wie Martin Elmiger (AG2R), Gregory Rast (AST), je zweifache Schweizer Strassenmeister, David Loosli (LAM), Roger Beuchat (LPR) sowie der mehrfache Bahnwelt- und Europameister Franco Marvulli und der zweifache Mountainbike-Gesamtweltcupsieger Christoph Sauser.
Im Rundenzeitfahren sorgten jedoch andere für die Musik; der junge Genfer Nicolas Schnyder absolvierte die 910 Meter mit insgesamt 5 Rechts- und zwei Linkskurven in 1:21.6 und damit am schnellsten. Er gewann damit 12 Punkte. Er siegte im Rundenzeitfahren vor Bruno Menzi und Mario Birrer, der im Verlauf des eigentlichen Rennens noch für Furore sorgen sollte. Martin Elmiger holte noch zwei Punkte, David Loosli einen. Enttäuschend war hingegen das Abschneiden des Bahnfahrers Franco Marvulli, der unter den 33 gestarteten gerade mal den viertletzten Rang belegte.
Noch bevor das Rennen überhaupt gestartet wurde, sorgte eine Jury-Entscheidung für Unmut; das Rennen wurde von 60 auf 50 Runden verkürzt, dies weil Bedenken über die Helligkeit am Ende des Rennens geäussert wurden. Nun, diese 10 Runden hätten das Kriterium um nicht einmal 15 Minuten verlängert, insofern war der Entscheid unverständlich. Das hiess aber auch, dass nun jede fünfte statt jede sechste Runde eine Wertung stattfinden würde.
Die erste Wertung wurde in überzeugender Manier vom Sieger des Rundenzeitfahrens, Nicolas Schnyder gewonnen. Schon in der neunten Runde wurde aber Martin Elmiger das Tempo im Feld zu langsam. Er fuhr alleine auf und davon, nahm dem Feld in der Folge Sekunde um Sekunde ab und gewann auch Wertungen und damit an Boden auf den mittlerweile führenden Mario Birrer, welcher jeweils hinter Elmiger den 2. Platz in den Wertungssprints belegte. Ausser einer der Profis, sprich David Loosli oder Gregory Rast, wollten ihr Punktekonto auch etwas aufstocken, dann hatte auch er keine Chance.
Letzterem wurde es nach ca. 30 gefahreren Runden im Feld ebenfalls zu bunt. Elmigers Vorsprung betrug dannzumal etwa 40 Sekunden. Als dieser jedoch erfuhr, dass ihn Rast jagte, nahm er kurzfristig raus und liess den amtierenden Schweizer Meister aufschliessen. Elmiger hatte jedoch bisher deutlich mehr Punkte geholt als Rast, somit stand der Sieger zu diesem Zeitpunkt bereits fest. Denn das Feld war nicht im Stande, zu reagieren. So konnten Elmiger und Rast am Ende der zweitletzten Runde einen in Thun sehr seltenen Rundengewinn realisieren. Die Plätze 1 und 2 waren damit vergeben; über Platz 3 musste damit die finale und damit doppelt zählende Wertung entscheiden. Diese wurde gewonnen von Lukas Flückiger, der es damit allerdings bloss noch auf Platz 4 schaffte. Platz drei ging überraschend an den sehr starken Mario Birrer; diesen Platz hatte er bereits nach dem Zeitfahren inne.
Die Enttäuschung des Rennens schlechthin war Franco Marvulli. Als negativer Höhepunkt wurde er gar noch überrundet und konnte auch dann nicht das Hinterrad von Elmiger und Rast halten. 0 Punkte und 2 Runden Rückstand auf den Sieger lautete das Verdikt. Christoph Sauser brachte es dank dem letzten Sprint immerhin noch auf 2 Punkte und Platz 19, David Loosli wurde Siebter. Er war zuletzt auch schon zwei Mal auf dem Podest gestanden, als 2. und 3. Ein grosser Animator und auch Sieger vorhergehender Ausgaben fehlte: Bruno Risi. Sein Bahnfahrer-Kollege Marvulli konnte seine Absenz nicht vergessen machen. Trotzdem war es ein schönes Rennen, welches in Martin Elmiger auch seinen verdienten Sieger fand.
Nach dem Rennen ging's noch ans Abräumen, was nach einer guten halben Stunde auch bereits schon erledigt war. Anschliessend gab's für alle fleissigen Helfer und auch die Fahrer noch ein Nachtessen. Fazit: Ein schönes Kriterium 07, bei dem wir durch das Wetter stark begünstigt wurden (in umliegenden Ortschaften regnete es z.T. sehr stark, in Thun fiel kein einziger Tropfen). Bilder zum Anlass werden bald auf
www.rrc-thun.ch folgen.