Aus einer Woche sind fast zwei geworden... Aber jetzt gehts weiter.
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23.07.2008 Le Tour de France – Etappe 17
Es war noch dunkel als er das Haus verließ. Schon letzte Woche hatte er diese Entscheidung getroffen. Er war sich sicher, er würde es nicht bereuen. Er hatte sich für Heute einiges vorgenommen. Zum Glück konnte er bei einem Freund übernachten und musste nicht heute noch zurückfahren. Jetzt aber los! Bis nach Bourg-en-Bresse waren es immerhin fast 50km. Er wollte auf Nummer sicher gehen, sein Zug fuhr erst in zweieinhalb Stunden. Das sollte zu schaffen sein. Er hatte alles dabei, was er brauchte. Also fuhr er los.
Keine zwei Stunden später erreichte er den Bahnhof von Bourg-en-Bresse. Seine Tickets hatte er schon vorher übers Internet gekauft. Eines für sich, eines für sein Rad. Pünktlich fuhr der TGV in den Bahnhof ein. Schnell hatte Arthur das Fahrrad-Abteil gefunden. Dann machte er es sich bequem und beschloss, noch ein wenig zu schlafen. Immerhin hatte er viel vor.
Als er in Grenoble ausstieg, schien die Sonne. Das würde ein toller Nachmittag werden! Er stieg aufs Rad und fuhr los. Zuerst immer gen Süden, bevor er nach Osten in das Tal der Romanche einbog. Sein Weg führte ihn ständig am Fluss entlang und er bewunderte die Landschaft. Als das Tal in Rochetaillée einen Bogen nach Süden beschrieb, konnte er vor sich den Col de la Croix de Fer bewundern. Majestätisch reckte sich der Spitze Gipfel in die Wolken. Doch seine Strecke wand sich jetzt mit dem Fluss nach rechts. Seit Grenoble war er schon über 40km gefahren.
Einige Zeit später kam er nach Bourg-d’Oisans. Von hier ging es noch 14km den Berg hinauf. Er würde jetzt nicht alles fahren, aber fast.
Es war schon ein richtig gutes Gefühl, die eine Sprintwertung der Tour de France zu überqueren. Auch wenn er nur als Zuschauer hier war… Er umrundete einen Kreisverkehr und näherte sich dem Rand des Tals. Von hier an würde es ernst werden. Arthur trat in die Pedale und nahm die erste von 21 Kehren in Angriff.
Am Straßenrand standen bereits einige Zuschauer. Einige feuerten ihn an, als er bei ihnen vorbei kam. In Kehre 12 hielt er an. Hier hatte er einen guten Überblick über die letzten 3 Kehren nach unten. Er legte sein Fahrrad an den Straßenrand und packte sein Vesper aus. Die Auffahrt hatte ihn hungrig gemacht.
Ungefähr zehn Männer unterschiedlichen Alters drängten sich um einen Fernseher, den ein Zuschauer mitgebracht hatte. Das Rennen hatte bereits begonnen aber bis die Fahrer hier waren würde es noch dauern…
Aktuell befanden sie sich im Anstieg zum Col du Galibier, ungefähr 10km unterhalb des Passes. An der Spitze fuhr eine 11-köpfige Ausreißergruppe mit ungefähr 1’30’’ Vorsprung vor dem Peloton. Mit dabei waren unter anderem Nicolas Vogondy, Simon Gerrans, Rick Verbrugghe und Laurent Lefèvre. Von den umstehenden erfuhr er, dass einige der Ausreißer bereits das dritte Mal in einer Gruppe waren, bisher waren allerdings alle wieder zurückgeholt worden. Während der Vorsprung der Gruppe sich im Anstieg langsam vergrößerte, diskutierte man vor dem Fernseher angeregt über die Favoriten. Man hoffte allgemein auf Sylvain Chavanel, Christophe Moreau und Thomas Voeckler, allerdings wollte keiner so recht daran glauben.
Inzwischen hatte die Ausreißergruppe den Gipfel am Col du Galibier erreicht. Keiner der Fahrer hatte Ambitionen im Kampf um das Bergtrikot und so begab sich die Gruppe geschlossen in einer Reihe in die Abfahrt.
Plötzlich gab es im Hauptfeld eine Attacke. Angeführt von Jens Voigt setzte sich eine ganze Reihe von Fahrern vom Feld ab. Voeckler war dabei, Christophe Moreau ebenso, aber auch Topfavoriten wie Franco Pellizotti und Vladimir Efimkin sowie Samuel Sánchez Gonzalez. Mit zwei Minuten Rückstand erreichten sie den Gipfel. Die Meisten gaben schnell auf, als sie sahen, wer alles in der Gruppe vertreten war. Sánchez Gonzalez war immerhin 5. des Gesamtklassements mit nur 3’47’’ Rückstand. Niemals würde eine Gruppe mit ihm durchkommen.
Mit einem Rückstand von 2’40’’ passierte das Hauptfeld den Galibier. Schnell waren die Verfolger wieder eingeholt. Nur einer vergrößerte seinen Abstand und konnte bald zur Spitze aufschließen. Der Fahrer, wegen dem sich die anderen zurückfallen lassen hatten, zog weiter durch.
Astana konnte sich das natürlich nicht gefallen lassen und auch Rabobank reihte sich jetzt mit ein. In der Spitzengruppe hingegen wollte jetzt keiner mehr das Tempo machen.
Links: Die Ausreißer im Anstieg zum Col du Galibier. | Rechts: Samuel Sánchez Gonzales holt die Ausreißer ein.
In einem kurzen Gegenanstieg zum Col du Télégraphe versuchten Marco Velo, Gianluca Cavalli und Rick Verbrugghe ihren unliebsamen Begleiter abzuschütteln, doch Sánchez Gonzalez ließ seinen Teamkollegen Galparsoro das Loch wieder zufahren.
Als die Ausreißer sich in die nächste Abfahrt stürzten, setzte sich Sánchez Gonzalez ab. Wenn ihm schon keiner mit der Tempoarbeit half, wollte er sie wohl auch nicht mitziehen. Nur der Italiener Cavalli vom Team Antivir konnte ihm folgen. Allerdings war der Abstand bereits auf eine Minute geschmolzen.
Da passierte es. Im Hauptfeld gab es den nächsten Sturz. Durch das hohe Tempo war die Abfahrt extrem gefährlich und auch gestern waren schon einige Fahrer gestürzt. Dieses Mal hatte es David Moncoutié erwischt. Kurz darauf wechselte das Bild allerdings schon wieder zur Spitze. Dort versuchte Cavalli jetzt, seinen Fluchtversuch zu retten, indem er Sánchez Gonzalez attackierte. Scheinbar hatte der Spanier Einsicht, denn er ließ den Italiener ziehen.
Noch bevor das Peloton die Talsohle erreicht hatte, wurde Sánchez Gonzalez gestellt. Der Italiener Cavalli hatte jetzt einen Vorsprung von ungefähr einer Minute.
Es folgte eine Sprintwertung, an der Thor Hushovd sich noch 2 Punkte sicherte. Bennati konnte immerhin noch einen Punkt erreichen, Erik Zabel ging leer aus.
Links: Cavalli versucht seinen Fluchtversuch durch eine wagemutige Attacke zu retten. | Rechts: Der Ausflug von Samuel Sánchez Gonzalez ist beendet.
In der Auffahrt zum Col de la Croix de Fer vergrößerte sich der Vorsprung des einzigen Ausreißers immer weiter. 20km vor dem Gipfel hatte der Mann an der Spitze schon 4’30’’ Vorsprung. Auf einmal wurde Arthur klar, dass der Träger des Bergtrikots, Markus Fothen, nachher aktiv werden müsste, immerhin gab es am Gipfel noch 35 Punkte zu holen.
Vielleicht musste er aber auch doch nicht aktiv werden, denn jetzt attackierten Bobby Julich und Konstantin Siutsou. Jubel brandete auf, als Christophe Moreau mit David Zabriskie und Davide Rebellin folgte. Die fünf arbeiteten gut zusammen und hatten schon bald die Hälfte des Rückstandes zur Spitze aufgeholt. Dieser war inzwischen immerhin auf fünf Minuten angewachsen. Würden sie durchkommen?
Unwahrscheinlich. Ein älterer Mann verkündete zwar, dass Moreau heute gewinnen würde, doch das war wohl eher ein Wunschtraum…
Im Hauptfeld wurde jetzt das Tempo wieder angezogen. Astana und Rabobank waren, wie so oft in den letzten Tagen, an der Spitze des Felds zugange. Mit Erfolg, denn der Vorsprung der Ausreißer wurde immer kleiner.
2km vor dem Gipfel zeriss die Verfolgergruppe. Rebellin, Siutsou und Zabriskie konnten dem hohen Tempo ihrer Begleiter nicht standhalten. Moreau und Julich hingegen kamen dem Solisten an der Spitze immer näher. Kurz vor dem Gipfel konnten sie schließlich zu Gianluca Cavalli aufschließen.
Doch würden sie durchkommen?
Links: Jubel brandet auf, als Moreau sich ein Herz nimmt und attackiert. | Rechts: Kurz vor dem Gipfel holen Moreau und Julich den Italiener Cavalli ein.
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Irgendwie ist es so viel geworden, dass ich die Etappe auf 2 Beiträge aufteilen muss...