Jerdona Zeres [Vuelta 2007 - beendet]

FIKTIVE Radsport-Geschichten von Usern, die sich für schreibtalentiert halten

Moderator: Grabba

Barnetta
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Beitrag: # 334461Beitrag Barnetta
2.3.2006 - 13:51

Sehr sehr Schade, der AAR gefiel mir sehr.
Die Story zur Tour hin fand ich seit längerem mehr als interessant.

Bezüglich Feedback: Das ist nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen, wenn keiner was sagt.
Ich kenne es aus der Schule so, dass bei einem guten Vortrag alle ruhig sind und zuhören ... vielleichtist es hier auch so.

Lob,Kritik, Anregungen

zum Lob. Ich glaub nicht, dass jeder hier andauernd schreiben muss, dass dein AAR gut ist ...
Nur dieses typische "ja ist richtig gut, weiter so" ist zwar lobend gemeint, aber es hat keine Auswirkungen.
Kritik und Anregungen hat vielleicht keiner, weil es perfekt ist, wie es ist.

und bezüglich der Sache von gestern mit dem Terroranschlag.
Warum sollte man sowas verbieten?
LAF rückt bei seinem AAR eigentlich auch die Chinesen in ein schlechtes Licht, da wird nichts gesagt.
Ich will jetzt nicht LAF schlecht machen, sondern nur einen Vergleich ziehen.

Dazu kommt, dass der AAR-Schreiber am Anfang sagt, dass es rein fiktiv ist.
Ich versteh manchmal die künstliche Aufregung der Mods in dem Forum hier nicht.

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hertha_andre
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Beitrag: # 334541Beitrag hertha_andre
2.3.2006 - 17:38

Ich kann mich meinem Vorredner nur anschließen... die Story war so spannend, dass ich nicht wusste, wann ich einmal einen Kommentar posten wollte, da so ein AAR zwecks Lesefluss auch nicht mit sowas "verschandelt" werden sollte... Im Nachhinein gebe ich aber zu, dass ich dir mal ne PN hätte schreiben sollen. Auf jeden Fall war es ein super AAR und ich hoffe, dass ich bald anstelle des "war" wieder ein "ist" setzen kann.
#87
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arkon
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Beitrag: # 336959Beitrag arkon
18.3.2006 - 0:03

4. April 2006, Irun, Baskenland, Spanien
2. Etappe der Vuelta Ciclista al Pais Vasco
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Neuer Tag, neues Glück, besser gesagt neues Schinden. Die Etappe war mit 155 km wieder recht kurz, jedoch zeigte ihm ein Blick auf den Streckenplan, der Steigungen bis 12% auswies, das er heute wieder leiden würde. Doch zunächst stand ihm ein lockeres Einrollen bevor. Das Peloton trödelte über die ersten km, während sich einige Ausreisser verabschiedeten. Das Wetter heute war angenehm warm, einige Wolken sorgten dafür, das die Radfahrer nicht in eigenem Schweiss ertrinken würden. Alles in allem also ein schöner Tag zum Radfahren.
Die ersten Berge kamen, als die Route zum Landesinneren hin abknickte. Die kühle Brise vom Meer her wurde schwächer, dafür bekamen sie eine spektakuläre Aussicht geboten, als sie den ersten 300m hohen Berg überquerten. Im Rücken der funkelnde Ozean, vor ihm die bissigen Anstiege des Baskenlandes, um ihn herum ein Haufen schwitzender Radfahrer. Es war wie zu Hause! Jeder Tritt gab ihm jetzt etwas von der Kraft zurück, die er gestern gelassen hatte.
Er blickte nocheinmal auf das Streckenprofil. Nicht, um zu sehen, wie lange er noch würde leiden müssen, sondern, was ihn noch erwartete. Der 'Alto de Aztiria', 600 m hoch, 2.5 km lang und 5,2 % Durchschnittssteigung. Nicht gerade Tourniveau, aber sicher ein guter Zeitpunkt, um eine schöne Fluchtgruppe zu bilden. Danach kamen noch zwei Berge. Mit etwas Glück würde er heute weiter vorne landen.
Aber zunächst ging es über eine Reihe anderer Anstiege. Hoch und runter, immer wieder. Man konnte sich wie in einer Achterbahn vorkommen. Doch das Tempo war recht locker. Hinten mussten zwar einige abreissen lassen, aber das hieß eigentlich nicht viel. Es reichte sogar zu einem kleinen Schwätzchen mit Iban Mayo. Er war gestern weiter vorne mitgefahren, hatte aber bei der eigentlichen Entscheidung nicht mitreden können. Aber es blieb ja noch ausreichend Raum für Wiedergutmachung.
Endlich erreichten sie den Fuß des Aztiria. Jerdona horchte kurz in sich hinein, konnte aber nichts hören, was einem Antritt wiedersprochen hätte. Kurz rollte er rüber zu Yuri Madarkady. Auch er schien noch einige Reserven über zu haben. Gesagt, getan. Also das Feld durch die ersten Kehren des Berges rollte, schoss Yuri nach vorne und zog Jerdona direkt hinter sich her. Es war hart, aber es ging. Der Junge hatte echt einen ziemlichen Punch drauf. Als er sich kurz nach hinten Umblickte entdeckte er direkt eine ganze Reihe Fahrer, die offensichtlich das gleiche im Sinn gehabt hatten und ebenfalls ihr Heil in der Flucht suchten. Aber zunächst einmal mussten sie einen Vorsprung herausfahren. Zeres ging in die Führung. Er fuhr einige Schlangenlinien, um sich von der Situation ein besseres Bild zu verschaffen, aber die Gruppe, die sich zu bilden begann, wirkte ganz gesund. Noch einige Meter machte er richtig Tempo, um die abzuschütteln, die ihnen am Berg nicht würden helfen können. Aber dann musste er sich auch wieder hinsetzen und war ganz froh darüber, das er wieder durchatmen konnte. Iban Mayo war auch in die Gruppe mit hineingefahren, aber für mehr als ein Lächeln fehlte ihm einfach der Atem. Es war immer gut, kompetente Bergfahrer dabei zu haben.
Auf der Spitze des Berges hatten sie dann auch etwa 1'30 herausgefahren, was sie in eine nicht gerade entspannte, aber doch nicht kritische Lage versetzte. Vor ihnen befand sich nur noch eine kleine Gruppe, die allerdings mit 3 Mann mit über 100 Führungskilometern in den Beinen auf Dauer ihrer 10-köpfige, frische und im Augenblick harmonisch arbeitende Gruppe nicht viel entgegenzusetzen hatte. So konnten sie auch in der Abfahrt aufschliessen. Bis zum nächsten Anstieg waren sie also mit 13 Fahrern unterwegs.
Das änderte sich aber schlagartig, denn es folgten ohne Vorwarnung die ersten Angriffe aus der Gruppe heraus. Jerdona hatte nicht aufgepasst und konnte auch im ersten Moment nichts entgegensetzen. Zu seinem Glück war Yuri sowohl aufmerksamer als auch fitter und spannte sich sofort vor seinen Kapitän. Mayo war schon längst weiter vorne. Der Berg war kurz, eigentlich mehr ein Hügel, weswegen sie ein hohes Tempo anschlugen, um bis zur Passhöhe zumindest wieder in Schlagdistanz zu sein. Yuri musste sich aber nach der Hälfte des Weges aus der Führung verabschieden und Zeres alleine lassen.
Jerdona fühlte sich aber schon wieder besser als noch vor ein paar Metern. In seinem typischen Wiegetritt machte fuhr er ersteinmal wieder in sein eigenes Tempo zurück. Vor ihm tauchten schon die ersten Fahrer auf. Vielleicht noch 200 Meter, dann hatte er sie. Kurz hochschalten, hinsetzen, Kräfte sparen. Er holte kurz nocheinmal die Wasserflasche hervor, kippte sich etwas über den Kopf den Nacken. Er konnte die Erfrischung fühlen, die Kühle, die seinen Rücken hinabrann. Herunterschalten, aufstehen, Geschwindigkeit aufnehmen. Die 200 Meter zerstoben im nu. Bald hatte er seine beiden Kontrahenten überholt und war auf dem Weg, den Rest einzufangen. Er war hungrig. Bis oben hatte er wieder Anschluss gefunden an die Gruppe um Mayo. Drei andere Fahrer hatten sie noch dabei.
Die Abfahrt war kurz, und keiner seiner Fluchtgefährten dachte an eine Attacke, oder zumindest wagte keiner eine. Unten angekommen änderte sich das. Schon auf dem kurzen Flachstück machte sich der erste davon. Alle anderen blieben sitzen, und auch Jerdona hob seine Kräfte lieber für den letzten Berg auf. 1,7 km mit 5,88%. Aber wieder war er nicht der erste, der die Initiative ergriff. Iban Mayo nickte ihm einmal kurz zu, bevor er sich nach vorne verabschiedete, aber kaufen konnte sich Jerdona dafür auch nichts. Immerhin konnte er die beiden verbliebenen Fahrer abschütteln, aber die beiden an der Spitze waren auch für ihn ausser Reichweite.
Mayo flog den Berg förmlich hinauf, überholte den Spitzenreiter und hatte auf dem Gipfel 25 Sekunden Vorsprung, die er auch mit Leichtigkeit ins Ziel rettete. Jerdona freute sich für seinen Ex-Teamkollegen, er hatte es verdient. Hoffentlich konnte er dieses Jahr auch mal bei einem größeren Rennen punkten. Zeres wurde dritter, aber auch heute fiel er wieder tot vom Rad. Seinen Biss würde er wohl erst noch wiederfinden müssen.
Immerhin hatte er heute den Sprung auf Platz 12 geschafft und zusammen mit dem dritten Platz sein Ziel für diese Rundfahrt komplett erreicht. Zufrieden machte er sich auf die kurze Fahrt ins Hotel. Morgen würde er es wieder ruhiger angehen lassen können. Am Hotel angekommen schob er sein Rad zum Teamwagen und übergab es den Technikern, die es reinigen und pflegen würden.
auf dem Weg ins Hotelfoyer machen wollte kam ihn ein Mann entgegen, der ihm wegen seiner stämmigen Figur unterbewusst auffiel. Als er gerade an ihm vorbeiging schubste ihn dieser in eine dunkle Ecke, wo ein weiterer riesiger Kerl wartete. Der erste blieb auf der Gasse stehen und hielt Wache während der andere ein Messer zog und es Jerdona vor die Kehle hielt.
"Wir sind hier im Auftrag von jemandem, den du nicht kennst. Er kennt aber dich, und wir sollen dir Ausrichten, das du dich verdammt nochmal an deinen Trainingsplan halten sollst, den dir das Team vorgibt. Wenn du nocheinmal Streit mit irgendeinem von der Teamführung anfängst, dann wird es gefährlich. Und nicht nur für dich. Deine Familie sollte sich auch nicht allzu sicher fühlen. Verstanden?"
Diese letzte Frage wurde von einem kräftigen Schlag in Jerdonas Magen begleitet. Die Wucht riss ihn fast von den Beinen, aber eine kräftige, riesige Hand umklammerte seinen Trikot und hielt ihn scheinbar spielend in der Luft. Jerdona war zwar ein durchtrainierter Sportler, aber, wie jeder typische Bergfahrer, von recht mickriger Statur. So jemanden hatte er nichts entgegen zu setzen.
"Ja, das war recht deutlich"
Ein weiterer Schlag schloss sich an. Diesmal war Jerdona zwar vorgewarnt, was allerdings nicht viel half. "Gut" zischte der Riese und schleuderte sein Opfer achtlos gegen die Mauer.
Es dauerte ein bisschen, bis er sich aufrappeln konnte. Seine Bauchhöhle fühlte sich eher an wie eine Bauchhölle. Die Schmerzen zogen durch seinen ganzen Rumpf. Die Schürfwunden von der Berührung mit der Mauer spürte er fast garnicht. Er musste sich stark zusammen reissen, um nicht völlig gekrümmt durch die Hotellobby zu laufen.
Er würde zwar weiterfahren können, doch im Moment war das für ihn mehr als zweitrangig. 'Was zur Hölle?' war die vordringlichste Frage. Wer steckte dahinter? Was wollte er überhaupt bezwecken? Er war gerade zusammengeschlagen worden weil er einen TRAININGSPLAN nicht eingehalten hatte? Wollte ihn jemand mit Gewalt zum Toursieg zwingen oder was ging da draussen vor sich?
Er hatte einige Fragen, und er kannte nur einen, besser gesagt zwei Leute, die mit viel Glück einen Teil der Antworten kennen würden.


jaja, bin wieder da. Hab es einfach nicht ausgehalten ohne. musste sowieso jeden Tag hier reinschauen, warum dann nicht auch gleich weiterschreiben? Hoffe, ich finde wieder rein und werde nicht wieder von ein paar mods gestoppt ;). viel spass beim lesen!
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hertha_andre
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Beitrag: # 337172Beitrag hertha_andre
19.3.2006 - 13:20

danke, danke, danke fürs weitermachen... es liest sich noch genauso spannend wie vor der pause und ich kann es schon wieder kaum erwarten, den nächsten post zu lesen ;)
also marsch, marsch... weiterschreiben ^^
#87
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Snoopy89
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Beitrag: # 337177Beitrag Snoopy89
19.3.2006 - 14:24

endlich gehts weiter ich hoffe du hast wieder neue motivation und legts wieder richtig los
viel erfolg un spass

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arkon
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Beitrag: # 337252Beitrag arkon
20.3.2006 - 1:35

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Alles im grünen Bereich
5. April 2006

Hallo Fans!
Heute stand die erste Etappe der Tour de la Sarthe auf dem Programm. Mein erster Saisoneinsatz! Ich war schon richtig nervös, wie es laufen würde. Es ist ja für mich mal wieder ne Probe. Die Teamleitung sagt zwar, ich müsse nix reissen, aber ein paar gute Momente wären doch schön, zumindest im Zeitfahren.
Und wie es aussieht kann ich das erfüllen. Hoffentlich. Heute konnte ich zwar nicht um den Kampf ganz vorne eingreifen, aber für mein erster Rennen in diesem lief es doch ganz gut. Ich bin im Feld mitgerollt und hab dann 30 Kilometer vor dem Ziel selber mal angegriffen, nachdem bis dahin alles eigentlich recht locker war. Ich wurde zwar wieder eingefangen, aber ich weiss jetzt, das ich schon recht gut in Form bin.
Naja, das 'Zeitfahren', wenn man es denn so nennen mag, ist zwar nur 8.8 km lang, aber auch die wollen gemeistert werden ;). Das sind etwa 10 Minuten, die man auf der Strecke ist. Naja, eher weniger. Da kann ich meine Vorteile als guter Zeitfahrer noch nicht so ganz gut ausspielen, aber die anderen Fahrer haben zu dem Zeitpunkt ja schon deutlich mehr Renntage in den Beinen, die mir natürlich fehlen. Es wird auf jedenfall spannend.
Jetzt bin ich aber erstmal richtig müde. So ein Renntag ist doch etwas völlig anderes als wenn man trainiert. Hier im Hotel ist es jetzt auch schon ruhig geworden, obwohl es erst kurz nach 10 ist. Alles Rennfahrer halt. Und die wissen, warum sie ihren Schlaf brauchen. Ich bin hier wieder mit Johann Tschopp auf einem Zimmer. Das ist der, mit dem ich auch schon öfter mal trainieren war. Lustiger Kerl. Schade, das er noch nicht so weit vorne mitfahren kann wie ich. Hat mir in Australien schon n bisschen gefehlt. Ein guter Zimmerpartner ist Gold wert. Und vielleicht ja auch nen Etappensieg...
Alles klar, ich dreh mich ja schon im Kreis. Machts gut!

euer

Fabian Schmidt
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arkon
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Beitrag: # 337941Beitrag arkon
23.3.2006 - 19:55

8. April 2006
6. Etappe der Vuelta Ciclista al Pais Vasco, Einzelzeitfahren

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Das Wetter war nur einer der vielen Sachen, die ihm heute gegen den Strich gingen. Im Gegensatz zum sonnigen Frühlingswetter der vergangenen Tage standen heute dicke Wolken auf dem Plan des Wettergotts. Es war, als ob sich die Sonne verhüllt hätte, um nicht ansehen zu müssen, was heute auf der Strecke passierte. Aber Jerdona wusste es nur zu genau.
Einzelzeitfahren. 24 km. Bis zu 9.5% Steigung, 3 Anstiege, insgesamt 7 km bergauf, 30 bis 33 Minuten Fahrzeit. Eine halbe Stunde hatte man, um der Welt zu zeigen, was in einem steckte, oder auch nicht. Jerdona hatte sich heute für das zweite entschieden. Sein Magen tat ihm immer noch von der pfleglichen Behandlung zweier Aufmerksamer Mitmenschen weh. In den letzten Tagen hatte er nicht richtig tief durchatmen können. Es waren zwar nur einige Prozente, die verloren gingen, aber die waren hier entscheident. Er hatte mehr arbeiten müssen, als ihm lieb gewesen wäre, und nach seinem 3. Platz hatte er nicht mehr annährend an die Leistungen anknüpfen können. Die Körner, die er in den letzten Tagen verschossen hatte, würde er ersteinmal wieder aufbauen müssen. Er hatte noch ausreichend Regenerationsraum in seinem Plan, aber den jetzt schon aufzubrauchen entsprach nicht unbedingt seiner Herangehensweise.
Er rollte sich locker ein, kein hoher Puls, keine Belastung, wie er es sonst immer machte. Nur schön Atem sparen. Die Betreuer im Team wussten nichts von seinen Problemen. Ihnen hatte er einfach irgendwas von einem lockeren Ausklang der Restrundfahrt erzählt. Von seinen Leistungen her stimmte das auch, nur die Anstrengung, die er bringen musste, war deutlich höher.
Die schlechte Position hatte jetzt natürlich den Vorteil, das er das Ganze schnell hinter sich bringen konnte. Er brauchte sich nicht den Tag über verrückt zu machen, sondern riss kurz seine Kilometer ab und fuhr dann kurz nach Hause. Emanuel hatte ein Auto da und damit war es etwas über eine Stunde bis nach Elgea. Dort konnten sie sich dann an die Nachbereitung der Rundfahrt machen. Er hatte fünf Tage, bis er wieder in den Sattel musste und dazwischen stand noch ein Termin in Paris an. Die Saison fing eben jetzt langsam auch für ihn richtig an!
Ein Betreuer kam auf ihn zu, legte ihm ein Handtuch um die Schultern und drückte ihm eine Trinkflasche in die Hand. Umsteigen. Er klickte kurz aus, watschelte rüber zu seinem Fahrrad und klickte ein. Noch ein kurzer Tratsch, wie er sich fühlte, wie seine Werte aussahen. Von den bisher gefahrenen Teamkollegen gab es noch einige Tipps für die Strecke. Er wischte noch kurz etwas Schweiss vom Gesicht ab. Bei dem Wetter war das aber sowieso nicht so das Problem. Noch zwei Starter, dann war er an der Reihe. Kurz Zeit noch ein paar kleine Runden zu drehen, die Schaltung durchzutesten, den Lenker nochmal zu justieren.
"Jerdona Zeres" rief einer der Offiziellen. Nur noch ein Starter oben auf der Rampe, er wurde schon runtergezählt. Jerdona rollte zum Start und wieder half ihm ein Betreuer beim Absteigen und Hochschieben. Der Starter blickte ihn nur kurz an, was Jerdona zu einem übertrieben freundlichen Kopfnicken veranlasste. Die Antwort war ein frostiger Blick auf die Uhr.
Einklicken, noch mal am Schuh herumzerren. Die Unterarme in den Triathlonlenker pressen. Die Schaltung nochmal kurz kontrollieren. Lag die Kette gut? Waren die Hebel so richtig. Den Blick nach vorne, den Kopf hin und her. Die Brille zurechtegerückt... 2,1,Start!

71 Stunden, 12 Minuten und 58 Sekunden früher.

Wie die Kugel aus einem Gewehr, so sollte es losgehen. Hatte ihm jedenfalls einmal ein Trainer verraten. Bisher hatte er diesen Start noch nicht geschafft. Aber die Rampe hinunter war er eigentlich einer der schnellsten gewesen, die auf Speed kamen. Im Wiegetritt, flüssig und ruhig runtergespult, das Rad auf Tempo bringen, kurz hochschalten, weitertreten, schalten, drücken auf der Pedale, ziehen am Lenker, schalten. Endlich hinlegen ins Fahrrad, nochmal ein bisschen beschleunigen, schalten, alles in Ordnung. Er war auf der Reise.
"Sehr gut, Fabian, leicht rechts, links, 100 Meter und dann scharf links"
Er tat wie ihm geheissen und breschte durch die erste Kurve, nahm für die zweite kurz das Gas weg, nur ein bisschen hinausbeschleunigen, dann anbremsen, schön von aussen rein fahren, den Scheitelpunkt treffen und sofort hinaus wieder Fahrt aufnehmen.
Fabian kannte die Strecke recht gut. Er war sie ein paar mal in der Vorbereitung abgefahren und gerade die gefährlichen Passagen, wie die gerade eben, konnte er fast schon im Schlaf abspulen. Aber solche Feinheiten schnell zu verinnerlichen gehörte zu seinen Talenten.
Die Tourstrecken kannte er schon jetzt besser als alles, was er bisher gefahren war. Die Zeit, die er in Frankreich verbracht hatte, würde sich hoffentlich auszahlen.
Aber zunächst einmal galt es, hier etwas zu zeigen. Noch 1 km, die Strecke war wirklich wie im Flug vergangen. Der Teufelslappen zischte über ihm hinweg. Im Funk wurden schon Zeiten angezählt.
Die letzten Kurven. Jetzt ja keinen Fehler mehr. Hier bekam man die größte Beschleunigung auf die Pedale, die Verzweifelung trieb einen an. Er konnte fast schon fühlen, wie sich die Pedale bogen, als er auf die Zielgerade einbog. Spur halten war jetzt nebensächlich. Hochschalten, alles geben auf den letzten Metern, die Spannung halten.
Bestzeit. Aber das war zu erwarten gewesen. Die echten Gegner kamen noch, wie immer. Er würde ihre kläglichen Bemühungen, sich an seiner Zeit zu messen, aber lieber mit trockenen Klamotten und geduscht belächeln.
Als er wieder zurück war, stand seine Zeit noch. Aber es wurde wackelig. Die echten Spezialisten kamen dicht heran. Mit jedem neuen Fahrer, der auf die letzten hundert Meter einbog, blieb sein Herz wieder fast stehen, bis vor seiner Zeit nicht mehr die "1" prangte. Es wurde ein langer Nachmittag. An guten Zeitfahrern mangelte es nicht, aber irgendwie schienen sie heute alle nicht sonderlich motiviert gewesen zu sein. Wirklich aufatmen konnte er aber erst, nachdem auch der letzte Fahrer über die Strecke gefahren war und immer noch "F.Schmidt" als Referenz angezeigt wurde.
Sieg! Sein erster Saisonsieg! Das harte Training im Winter hatte sich doch gelohnt. Glücklich stieg er aufs Podium und holte sich Küsschen und Blumenstrauss ab. Die eine der beiden Podiumsdamen....
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arkon
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Beitrag: # 339591Beitrag arkon
31.3.2006 - 16:43

9. April 2006, Elgea

Das Wetter war immer noch nicht besser geworden. Graue, schwere Wolken zogen langsam durch das Tal, getrieben von einem böigen, kalten Wind. Immer wieder tröpfelten ein wenig Regen hinab auf das kleine Dörfchen in den baskischen Bergen, auf die Tische des Cafes, die Serpentinen der Berge und auch auf die wenigen, die sich nach draussen trauten. Tobias fühlte sich unwillkürlich an seine Heimat erinnert. So ein Wetter war typisch für den deutschen Frühling, insbesondere den April. Aber hier waren sie im Baskenland! Und obwohl das Wetter hinter dem Rest Spaniens zurückblieb, konnte man doch schon in den Gesichtern der wenigen Menschen, die man zu Gesicht bekam, die typische Leere sehen, die sich angesichts der Nichtbeachtung durch die Wettergötter einzustellen began. Natürlich gab es Ausnahmen. Eine saß ihm gegenüber und das einzige, was ihm die Laune verdarb, war ein Telefonanruf, den er eben entgegen genommen hatte.
"Die Vuelta Ciclista a Aragon wurde abgesagt" gab Jerdona die Hiobsbotschaft auch an die beiden anderen Anwesenden weiter. Tobias schaute etwas unsicher hin und her, nicht sicher, wie schlimm diese Nachricht für Jerdonas Trainingsfortschritt sein mochte. Emanuel schaute jedoch weniger glücklich drein und schaute zweifelnd seinen Arbeitgeber an. "Was fährst du als Ersatz?"
"Weiss ich noch nicht. Sie verhandeln gerade mit einigen anderen Rennveranstaltern. Offensichtlich ist den Jungs hier ein Sponsor abgesprungen und sie konnten die nötige Kohle nicht mehr woanders auftreiben. Das Team will wissen, ob ich vielleicht den Scheldeprijs und das Gold Race mitfahren will. Alternativ käme eine kleinere Rundfahrt in betracht. Sie verhandeln momentan mit der Tour de Loir und der Rhone-Alpes-Isere Tour, beides kleinere Rundfahrten mit etwas gebirgigen Flachetappen. Sie wollen meine, oder besser unsere Meinung dazu hören." sagte er an Emanuel gewandt.
Tobias hörte gespannt dem sich entspannenden Dialog der beiden zu. Auch wenn er schon etwas älter war als die beiden anderen, so hatte er doch gerade im Radsport immer noch Wissenslücken, die zu füllen er noch nicht imstande gewesen war. Eine der Hauptursachen war natürlich, das man als Pressevertreter nicht immer Einblicke wie dem sich gerade bietenden ohne weiteres gewährt bekommt. Zum anderen hatte er sich vor dem Radsport in seinem Leben noch mit anderen Themenbereichen auseinandergesetzt. Und vorallem fehlte ihm die praktische Erfahrung als Radsportler. Selbst Emanuel hatte in seinen Jugendjahren deutlich mehr Erfahrung als Sportler gesammelt als er selbst.
Es dauerte nur wenige Minuten, bis die Entscheidung gefallen war. "Also Renntage sparen und hier bleiben?"
"Ich denke ja. Es schadet deiner Form nicht besonders. Diese Rundfahrt wäre ohnehin eher ein Spass gewesen wegen dem Bergzeitfahren. So wirst du zwar zur Tour de Romandie einige Abstriche machen müssen, aber zur Tour hin sind die Auswirkung nicht nur marginal, sondern auch eher positiv, meiner Meinung nach. Den psychologischen Nachteil, bei der Romandie eventuell nicht um den Sieg mitfahren zu können würde ich in Kauf nehmen."
"Dann sei es so" grinste der Baske und holte sein Telefon.
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Beitrag: # 339608Beitrag arkon
31.3.2006 - 17:42

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Radsportwetten immer beliebter
Rekordsumme bei Paris-Roubaix gesetzt - Rapide steigender Trend

Die gestrige Ausgabe von Paris-Roubaix war nicht nur in sportlicher Hinsicht eine Ausnahmeleistung: Auch monetär wurden einmal mehr Rekorde gebrochen. Bei der diesjährigen Ausgabe des Klassikers wurde ingesamt mehr Geld verwettet als bei der gesamten Tour de France des letzten Jahres. Experten erkennen hier eindeutig einen steigenden Trend. Auch bei anderen Rennen in diesem Frühjahr wurden Rekordsummen gesetzt.
Als Durchbruch in dieser Hinsicht gelten Internet-Wettbüros: Hier können selbsternannte Radsportexperten von überall kleine Summen auf den Sieger setzen und somit die Spannung beim Zieleinlaufs noch ein wenig vergrößern. Das Gros des Geldes wandert folglich auch bei Wetteinsätzen um oder unter 10 Euro über die virtuelle Theke. Den Trend verstärkt haben auch nicht zuletzt die neuerdings bei den Internetportalen beschäftigten Radsportenfachleute, die auch für kleinere Rennen Quoten eintragen.
Der besondere "Kick" bei Radsportwetten ist sicherlich die, nüchtern betrachtet, statistische Unmöglichkeit, richtig zu liegen. Über 150 Fahrer streiten um den Sieg. Neben den oft nur 5 gesetzten Favoriten also genug Raum, um Wetten mit völlig irrsinnigen Quoten zu platzieren.
Im letzten Jahr verdreifachte sich die Summe des über das Jahr eingesetzen Geldes, und das Frühjahr 2006 bietet bisher schon eine Steigerung um den Faktor 5 zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr. Experten vermuten zwar, das der Trend über das Jahr nicht anhalten wird. Dabei darf man allerdings nicht vergessen, dass das Berufsbild des Radsport-Wett-Experten vor zwei Jahre noch garnicht existierte. Insofern darf man gespannt sein, wie sich die Zahlen weiter übers Jahr entwickeln.
Hierzulande fiebert die Fachwelt schon gespannt dem Giro entgegen, und auch im Ausland ist man sich einig, dass dies wohl das erste Event sein wird, bei dem richtig hohe Summen umgesetzt werden. Spätestens dann werden wir festere Zahlen ob des Wachstums in den Wettsummen haben.
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pille24
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Beitrag: # 339609Beitrag pille24
31.3.2006 - 17:43

schön dass es weiter geht

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arkon
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Beitrag: # 339611Beitrag arkon
31.3.2006 - 18:00

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Ein Sieg und seine Folgen
10. April 2006

Hallo Fans!
Wie ihr sicherlich schon mitbekommen habt, habe ich meine ersten Saisonsieg eingefahren. Ein fantastisches Erlebniss, gerade für einen Jung-Profi wie mich. Das Abschlusszeitfahren der Sarthe-Rundfahrt bot sich eigentlich schon in der Vorbereitung als erste Gelegenheit an, um 'mal etwas zu testen'. Das es schon bei meinem ersten Saisonrennen klappen sollte, überrascht mich natürlich auch selbst - aber nur positiv! Das Rennen selber war schon nicht ganz leicht, aber schön kurz und daher nicht sehr belastend. Im Ziel musste ich jedoch noch ziemlich lange bibbern, bis endlich der letzte Fahrer durch war. Das waren vielleicht nervenaufreibende Minuten und Stunden! Aber letztlich ist ja doch alles gut gegangen.
Durch diesen Sieg bin ich natürlich Teamintern ganz weit nach oben gerückt für die nächsten Rennen. Da sich meine gute Vorbereitung ausgezahlt hat, werde ich wohl in nächster Zeit einige Male im Sattel sitzen, um mich dann wieder in Ruhe regenerieren zu können. Im Sommer folgt dann meine zweite Leistungsphase. Aber das ist ja noch etwas hin.
Das nächste Mal werdet ihr mich bei dem "Scheldeprijs Vlaanderen" bewundern dürfen. Dort bin ich quasi im Nachrückverfahren eingewechselt worden und werde, ohne echten Teamkapitän bei dem Rennen, wohl auf eigene Kappe in Ausreissergruppen fahren dürfen, oder, was natürlich auch vorkommen kann, Löcher zufahren oder Wasser holen müssen. Naja, da kommt man in meinen Alter wohl nicht drum rum. Ich freu mich auf jedenfall schon drauf, öfter mal wirklich fahren zu dürfen. Das motiviert noch viel mehr für das Training. Und dahin mach ich mich dann auch mal wieder. Schöne Grüße

euer

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Beitrag: # 342376Beitrag arkon
11.4.2006 - 17:41

24. April 2006
Genf, Schweiz

Die Vorbereitungen waren lang gewesen, lange genug. Jerdona konnte es fühlen. Sein Körper war angespannt, begierig, endlich seine volle Leistung unter Beweis stellen zu können. Die letzten Tagen waren auszehrend gewesen. Die Zweifel, ob er seiner Rolle in diesem Team gerecht werden könnte, waren stärker geworden. Dieses Gefühl der Verantwortung für ein ganzes Team, welches er überhaupt erst seit der Vuelta allmählich entwickelt hatte, war mit jedem Tag, mit dem er seinem ersten echten Test hier in der Schweiz näher gerückt war, größer geworden. Bisher hatte er sie immer ganz gut in Trainingsenergie umwandeln können, das Gefühl genossen, wenigstens auf dem Rad seine ganzen Gedanken und Zweifel hinter sich lassen zu können und wieder nur sich und die Strasse zu haben. Aber mit dem Wirbel um sein Training, der sich seit der Baskenlandrundfahrt allmählich gesteigert hatte und schließlich zu einem Kampf um Kompetenzen und Zuständigkeiten zwischen dem Teammanangement und Emaneul entwickelt. Jerdona bewunderte zwar Emanuel für seine Anstrengungen, Zeit und Energie darin zu investieren, andere von ihrem privaten Plan zu überzeugen, wusste aber auch, dass das Unterfangen hoffnungslos war. Credit Agricole konnte nicht das Training ihres Youngster-Kapitäns komplett aus den Händen geben. Bei ausbleibendem Erfolg würde so etwas ganz sicher nicht positiv aufgenommen werden.
Und so war sein Training immer mühevoller und zerstückelter geworden. Bereits vor einer Woche hatte ihn das Team in die Schweiz geholt, um mit den nominierten Fahrern die Strecken der Tour de Romandie zu besichtigen. Äusserlich hatte sich Jerdona cool gegeben, war immer vorne mitgerollt, aber ohne wirklich selber Initiative zu zeigen. Innerlich jedoch war es eine Qual gewesen. Jeder Kilometer war geprägt von Kampf gegen die eigene Unlust, und auch abends musste er sich zum essen, zum schlafen, zum ausruhen zwingen. Das Training, das er im Winter noch so sklavisch und voller Motivation verfolgt hatte, war ihm zuwider. Er beruhigte sich mit dem Gedanken, das es nach dem ersten richtigen Rennen sicher anders werden würde. Aber vollends war er davon auch selber noch nicht überzeugt.
Heute abend stand noch die Teampräsentation an. Wieder eine Gelegenheit, um ein paar Stunden aus dem Trainingsplan zu entfliehen, der andernfalls sicher auch noch für den heutigen Abend irgendeinen Mist vorgesehen hätte. Und, darauf freute er sich fast noch mehr, er konnte wieder einige andere Leute treffen. Sein Team war schon komplett in der Nervosität verschwunden, aber die Euskaltel-Jungs waren auch am Start. Irgendwie fehlten sie ihm schon. Gerade zu den Jungfahrern des Teams hatte er einen guten Draht gehabt. Es war immer schwer, von Freunden Abschied zu nehmen, umso mehr unter den Umständen des letzten Spätsommers.
Das Rennen selber - er wusste wirklich nicht, wie er sich fühlen sollte. Klar, er war fit. So fit, wie es die Umstände erlaubten. Sein Ziel war die Tour, aber er auch für die Schweiz trainiert. Er wollte den Sieg abräumen, und das war auch garnicht mal so unrealistisch. Zwei Bergankünfte, beide relativ schwer. Der kurze Prolog würde keine Abstände bringen und das Abschlusszeitfahren war gebirgig genug, als das er würde einen Vorsprung darüber retten können. Ein Sieg war keine Pflicht, aber ganz vorne mitzukämpfen war sein Anspruch. Er würde das Selbstvertrauen und die Sicherheit für die Tour gebrauchen können.

[Bin grad die 2006er Savoluca am umbasteln. Das Profil da is das gleiche, soweit ich das überblicke, wie 2005, aber leider ist webseite der romandie da auch kein bisschen aufschlussreicher. kacke. werdet ihr wohl mit leben müssen ;)]
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Beitrag: # 344486Beitrag arkon
18.4.2006 - 23:28

25. April 2006
Genf, Schweiz

Mal wieder ein Zeitfahren. Nur ein weiteres verdammtes Zeitfahren. Und dann auch noch nur 6 km lang. Geradezu lächerlich. Die Zeit würde sich irgendwo zwischen 4:30 und 5 Minuten einpendeln. Den Schnellsten und letzten... Nein, das war nicht gut. Ja keinen Druck. Nochmal: Kurzes Zeitfahren, Quasi kein Zeitunterschied. Ein, zwei Pedalumdrehungen mehr würden ihm schon nach vorne helfen.
Verdammt. Er war nervös. Er dehnte sich noch ein bisschen um das Kribbeln, welches die Anspannung in den Fasern seiner Muskeln hinterlies, zu vertreiben. Das Gefühl glich weitgehend dem von Müdigkeit, was im Augenblick ziemlich witzig war. Schlafen war etwa das letzte woran er dachte. Vor ihm lag der erste wirkliche Test der Saison. Schon hier, von seinem Hotel aus, konnte er die Aufbauten um die Strecke herum erkennen. Kameras, Fotografen, Satellitenschüsseln, Reporter, Kommentatoren, ganze LKW's voller Equipment. Die Welt würde zuschauen, wenn in wenigen Minuten die ersten Fahrer hier auf die Strecke gingen.
Die Tour de Romandie war schließlich die offizielle Einläutung der Zeit der Grand Tours. Seit Jahren fungierte sie schon als das wichtigste Instrument zur bestimmung der Papierform für den Giro d Italia. Hier trafen zum ersten Mal die großen Rundfahrer aufeinander und mussten zusammen, oder besser gegeneinander, auch noch Berge und Zeitfahren bestreiten.
Und auch für ihn würde heute der Ernst des Lebens, sprich der Saison, wirklich beginnen. Im Vorfeld hatte er den großen Angriff in der Schweiz angekündigt. Er wolle hier seine erste Rundfahrt gewinnen und schoneinmal seine Form zur Tour antesten. Klar, es war ein Test aber er musste ihn nichtsdestotrotz bestehen. Die Teamführung stand ohnehin schon unter Druck weil sie mit ihm einen relativ jungen und unerfahrenen Fahrer zum Teamkapitän in Frankreich ernannt hatten. Und das, obwohl er bei der Vuelta noch nichteinmal den Sieg davon getragen hatte. Nungut, im Team wusste man, das er Moreau bei der Tour wohl überflügeln würde. Naja, man wusste es nicht direkt, aber es war schon ein sehr starker Glaube, welchen die Fahrer und die Teamleitung in das Marketing-Vorzeige-Objekt von Credit Agricole entwickelt hatten. Nicht unverdient. Jerdona hatte sich diese Achtung den Winter über hart erkämpfen müssen. Aber er hatte es geschafft.
Und nun musste er es nur noch der Welt da draussen beweisen. Er hatte das Zeug zum Sieger und sie sollten ihn verdammt nochmal respektieren. Ob er wirklich die Tour gewinnen würde - Aber wenn er hier eine eindrucksvolle Performance ablieferte konnte er zumindest die meisten seiner Kritiker stillen bis es dann ganz ernst werden würde.
Ein Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken.
"Jerdona, du musst" schallte es von aussen durch das Holz.
"Alles klar, ich komme" antwortete er. Er schnappte sich kurz noch einen Trainingsbeutel mit Kleidung für nach dem Rennen und öffnete dann die Tür um Emanuel einzulassen.
Wenn es eine Sache gab, für die er seinen Trainer bewunderte, dann definitiv für seine Fähigkeit, unter Spannung gute Laune zu verbreiten. Mit einem breiten Grinsen kam er in den Raum. "Wir wollen doch nicht zu spät kommen?". Zeres schluckte seine Nervosität herunter und begrüßte seinen Freund mit einer herzlichen Umarmung. "Kein Problem, die Zeit hol ich auf der Strecke locker raus."

Das Wetter meinte es heute gut mit den Fahrern. Während es für die nächsten Tage wechselhaft angesagt war würden sie heute das Glück eines sonnigen Himmels geniessen können. Die Temperaturen waren angenehm, der Wind nur schwach. Nahezu ideale Bedingungen also, um den 6 km Kurs in Angriff zu nehmen.

"Credit Agricole ist mit schweren Gerät hier in der Schweiz angereist. Neben dem jungen Kapitän Jerdona Zeres finden sich auch Laszlo Bodrogi und Thor Hushovd in den Reihen der französischen Equipe. Und das obwohl die Ausrichtung auf die Tour in diesem Jahr deutlich ist."
"Naja, Hushovd zum Beispiel wird den Giro fahren. Er war ja auch schon im Vorfeld bei einigen Klassikern aktiv. Von ihm können wir sicherlich etwas bei den Flachetappen erwarten."
"Vielleicht nicht nur da. Er ist im Zeitfahren... nunja, nicht im Bodensatz zu finden. Und besonders auf so einer kurzen Strecke dürfte er sich wohlfühlen. Hinzu kommt, das er, mit einem guten Ergebniss, in den nächsten Tagen eine Option auf das gelbe Trikot hat."
"Naja, aber allzuviel würde ich ihm heute trotzdem nicht zutrauen."

Wieder würde Jerdona als einer der letzten starten, was für ihn mittlerweile aber keine Überraschung mehr darstellte. Man konnte sich an alles gewöhnen, besonders wenn es sowas angenehmes war.

"Bodrogi mit einer neuen Bestzeit. Er schlägt Jörg Jacksche um 12 Sekunden. Eine ordentliche Leistung."
"Aber auch der Deutsche hat heute richtig in die vollen gelangt. Rich und Guiterrez hinter ihm. Die meisten Fahrer sind schon durch, aber obwohl die Besten der Besten noch kommen, allzuweit dürften sie hier nicht mehr rüber reichen."
"Richtig, das Rennen neigt sich ja schon dem Ende zu."
"Das erwähnte ich soeben"
"Echt? Bei dir bin ich mir da nie so sicher"

"Der erste Hügel kommt etwas unvermittelt. Schalte schon ein bisschen früher runter und geh mit Schwung rein." schallte es durch seinen Kopfhörer. Nur noch er und Hushovd würden fahren, und letzterer stand schon fast auf der Rampe.
"Kurz vor Ende ist die Strecke noch ein bisschen nass. Geh kurz nach der Kilometermarke vorsichtig in die Doppelkurve rein."

"Und Thor Hushovd kurz vor dem Ziel, das sieht sehr gut aus."
"Noch liegt er vor Bodrogi, seinem Teamkollegen"
"Es sind ja noch ein paar Meter"
"Als ob man das nicht auf dem Bildschirm sehen könnte"
"Und er fällt zurück, zweiter Platz"
"Mit einer bravorösen Leistung setzt er sich vor Rogers auf den zweiten Platz."

Nun war er an der Reihe. Einmal tief einatmen und durch, könnte man meinen. Viel länger war die Strecke nicht. Kraftvoll brachte er seine Zeitfahrmaschine in Schwung, hochschalten, hinsetzen, und sofort befand er sich in der aerodynamisch günstigen Haltung auf dem Rad. Jede Bewegung war ausgetüftelt. Die Strecke hatte er sich schon ein paar Mal angeschaut. Er kannte sie nicht in- und auswendig, fand sich aber doch ganz gut zurecht. Das Problem mit Stadtkursen war immer, das es unmöglich war, über die gesamte Distanz zu trainieren.
Aber die Kurven kannte er schon vom Streckendiagramm ganz gut. Die Schaltabfolge war ebenfalls bekannt. Aber trotzdem brannten seine Beine wie Hölle. Um über diese kurze Distanz alles zu geben musste er eine hohe Frequenz mit einem riesigen Druck fahren. Es war quasi ein längerer Sprint, den er hier ablieferte.
Der Teufelslappen kam viel zu spät. Er fühlte sich schon viel zu schlapp. Aber den letzten Kilometer würde er noch durchhalten. Er gab alles über die letzten Meter. Fast hätte er die Kurve vergessen, vor der er noch gewarnt worden war. Egal. Nur noch ein paar Meter.

"Jerdona Zeres befindet sich jetzt im Zielbereich, und.... olalala, das sieht garnicht gut aus. Das er nicht um den Sieg mitfahren würde war klar, aber zumindest weit vorne hätte man ihn vermuten können."
"Ja, die Plätze rauschen nur so durch, 120, 125, da wird er nicht zufrieden sein."
"Er ist im Ziel und eigentlich wieder nicht. Das kann nicht das gewesen sein, was er sich heute vorgenommen hatte. Platz 148 mit 47 Sekunden Rückstand. Wie soll er mit einer solch miserablen Zeitfahrverfassung das Abschlusszeitfahren über 20 km in einer konkurrenzfähigen Zeit bestreiten?"
"Das wüsste ich auch mal gern. Wenn er bis dahin nicht arg zulegt, wird das wohl nicht mit dem Sieg bei der Romandie-Rundfahrt."

Etappenstand:
1. Bodrogi 4'35"
2. Hushovd + 7"
3. Rogers + 10"
4. Jaksche + 12"
5. Guiterrez + 13"
6. Rich + 14"
...
148. Zeres + 47"
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Beitrag: # 345319Beitrag arkon
21.4.2006 - 18:46

*argh*
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Beitrag: # 345320Beitrag arkon
21.4.2006 - 18:49

26. April 2006
Payerne, Schweiz
1. Etappe Tour de Romandie

"Radsport besteht immer aus zwei Bereichen, zwei Schlachten, die man schlagen und gewinnen muss. Die Schlacht gegen den Körper und die gegen den Geist. In der ersteren war ich ausserordentlich gut vorbereitet. Gestern habe ich mich stärker gefühlt als jemals in meiner Karriere. Die zweite habe ich verloren, wenn ich sie denn überhaupt jemals geführt habe."
[Jerdona Zeres, 25. April 2006, nach dem Rennen]


Der gefallene. Der gefallene Held, gescheitert an... sich selbst? Die Situation war völlig anders gewesen als noch vor einem halben Jahr. Als Underdog bei Euskaltel hatte er den Kopf frei für den Sport. Er trainierte weil es seine Leidenschaft war, weil ihm sonst nichts besseres einfiel, weil der Radsport sein Leben war. Das hatte sich nicht geändert, er wusste immer noch, wo er hingehörte. Aber er trainierte nicht mehr weil er wollte, sondern weil es auf dem Plan stand. Die engen Vorschriften hatten ihn zunächst gereizt, weil sie ihm ermöglichten, einen weiteren Teil von seinem Gehirn während des Trainings auszuschalten. Er fuhr einfach das runter, was auf dem Papier stand, und gut.
Das Problem war nicht, das er den Spass an der Sache verloren hatte. Vielmehr hatte er es einfach mit der Vorbereitung übertrieben. Die Routine, die er sich speziell für diese Strecke antrainiert hatte, hatte ihr Ziel verfehlt. Jede Kurve waren ihm Gedanken durch den Kopf geschossen, ob er zu weit innen, zu weit aussen gefahren war, ob er richtig geschaltet hatte, den Tritt beibehalten... Es waren zu viele Dinge gewesen, zu viele Sachen die er hatte beachten müssen. Und in diesem Wirbel hatte der Tacho getickt, unaufhörlich und unerbittlich. Seine Leistung stand zu jedem Zeitpunkt in kleinen, flüssigen Kristallen auf grauem Grund auf seinem Lenker geschrieben. Und als er das erste Mal einen Tritt zuviel ausgesetzt hatte, war es vorbei gewesen.

Wie gerädert kam er im Ziel an. Die letzte Nacht war kurz gewesen. Er hatte sich unruhig im Bett hin und her geworfen, war einige Male aufgewacht und hatte den Großteil im Halbschlaf hinter sich gebracht. Der Schlafmangel drückte sich deutlich in Form von Ringen unter seinen Augen aus.
Die Stimmung im Team gestern Abend war geprägt gewesen von Zurückhaltung. Die ersten beiden Plätze im Prolog, direkt zwei Trikots in den Reihen des Teams. Und mit Hushovds gutem Abschneiden war die Gesamtführung auf den ersten beiden Etappen gesichtert. Trotzdem waren die Erwartungen nicht erfüllt worden. Und wenn Zeres bis in die Berge nicht wieder in Tritt fände...
Auf der heutigen Etappe war die Kontrolle natürlich auch an den Recken aus Frankreich hängen geblieben. Recht souverän konnte die Aufgabe gemeistert werden, die Ausreisser blieben die ganze Etappe über an der kurzen Leine, obwohl es eine Fünfergruppe war die ganz alleine gegen Credit Agricole fuhren. Schützenhilfe gab es denn auch erst kurz vor Schluss, so das die Lücke zuverlässig geschlossen wurde. Eine planmäßige Flachetappe also.
Im Sprint jedoch sollte es für Hushovd nicht ganz so gut laufen. Abstimmungsprobleme im Zug des Norwegers verhinderten eine ernsthafte Teilnahme am Zielsprint, Julian Dean konnte mit dem zehnten Platz noch ein wenig Ehrenrettung betreiben, während vorne Petacchi souverän vor Zabel siegte, klasse Leistung des Teams Milram. Gelb konnte zwar verteidigt werden, aber das half auch nicht, die trüben Gesichter aufzuhellen.

Etappenergebniss

1 Alessandro Petacchi 3h45'30
2 Erik Zabel s.t.
3 Olaf Pollack s.t.
4 Robbie McEwen s.t.
5 Jens Voigt s.t.
6 Andreas Klier s.t.
7 Michael Boogerd s.t.
8 Stuart O'Grady s.t.
9 David Etxebarria s.t.
10 Julian Dean s.t.

Gesamtklassement

1 Laszlo Bodrogi 3h50'05
2 Thor Hushovd + 7
3 Michael Rogers + 10
4 Jörg Jaksche + 12
5 Ivan Gutierrez + 13

Punktetrikot

1 Alessandro Petacchi 25
2 Erik Zabel 20
3 Olaf Pollack 16
4 Laszlo Bodrogi 15
5 Robbie McEwen 13
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Beitrag: # 345389Beitrag arkon
21.4.2006 - 21:38

wichtige bitte:

wenn ihr radsporttechnische anmerkungen zu dem aar habt (kritik, sachen die auffallen, ungereimtheiten, sachen die dumm auffallen oder auch einfach nur lob ;)): go ahead. bitte per pn.
ich merke einfach das ich eigentlich nicht viel ahnung vom radsport habe, wär schade, wenn der aar drunter leidet, wa? (z.b. habe ich erst jüngst erfahren, das die baskenlandrundfahrt und die vuelta al pais vasco identisch sind... hättet ihr auch mal früher sagen können.. *g*). ich würd mich auf jedenfall über alles hilfreiche freuen. muss ja nicht jetzt sofort sein, aber grad in zukunfta: go ahead!
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Beitrag: # 348198Beitrag arkon
4.5.2006 - 9:50

26. April 2006
Fleurier, Schweiz
2. Etappe Tour de Romandie

Nach der Enttäuschung gestern war heute der Druck auf das Team wieder ein bisschen gewachsen. An den brillianten Prolog anzuschliessen war natürlich unmöglich, aber das gestern Hushovd überhaupt nicht in die Entscheidung mit hatte eingreifen können, enttäuschte doch ein wenig.
Für Jerdona sah es nicht anders aus. Gestern hatte er mithalten können, doch der Schock des Prologs saß ihm noch in den Knochen. Wenn seine Form wirklich nicht stimmte... würde er es heute merken. Die Etappe war zwar noch nicht übermäßig hart, aber doch alles andere als ein Spaziergang. Hushovd und Bodrogi machten sich heute keine Illusionen über die Verteidigung der Führung. Für den Kapitän hieß es heute wieder nur: mitrollen, unaufällig fahren und testen, wie hart es morgen werden würde.
Entsprechend gestaltete sich für Credit Agricole auch die Etappe. Schnell wurde klar, das sich heute kein echter Sieganwärter in den Reihen der französischen Equipe befand. Mit jedem neuen Anstieg wurde die Zahl der Helfer von Zeres weiter reduziert, bis er sich am Schluss mit Caucchioli und Saul Raisin in einer Gruppe wiederfand. Die Gruppe kam im Ziel, trotz zahlreicher Versuche, dies zu vereiteln, geschlossen an. Den Sprint gewann überraschend Fabian Wegmann, der damit wohl einen der größten Erfolge in seiner Karriere für sich verbuchen konnte.
Für Jerdona war der Tag halbwegs zufriedenstellend verlaufen. So richtig getestet worden war er heute nicht, aber den entschärften Test hatte er ohne größere Schwierigkeiten überstanden. Das ließ für die nächsten drei Tage nocheinmal hoffen. Vielleicht hatte er auch einfach nur einen schlechten Tag gehabt. Trotz aller Vorbereitungen konnte man so etwas ja nie wirklich ausschliessen.

Etappenergebniss:
1 Fabian Wegmann Gerolsteiner 3h43'05
2 Samuel Sanchez Euskaltel - Euskadi s.t.
3 Miguel Perdiguero Phonak Hearing Systems s.t.
4 Paolo Bettini Quick Step - Innergetic s.t.
5 Danilo Di Luca Liquigas - Bianchi s.t.

Gesamtwertung:
1 Michael Rogers T-Mobile Team 7h33'20
2 Jörg Jaksche Liberty Seguros - Würth + 2
3 Ivan Gutierrez Caisse d'Epargne - Illes Balears + 3
4 Santiago Botero Phonak Hearing Systems + 6
5 Miguel Perdiguero Phonak Hearing Systems + 10

Punktewertung:
1 Fabian Wegmann Gerolsteiner 28
2 Alessandro Petacchi Team Milram 25
3 Erik Zabel Team Milram 20
4 Samuel Sanchez Euskaltel - Euskadi 20
5 Jens Voigt Team CSC 18

Bergwertung:
1 Fabian Wegmann Gerolsteiner 23
2 Jérôme Pineau Bouygues Telecom 16
3 Jakob Piil Team CSC 12
4 Danilo Di Luca Liquigas - Bianchi 12
5 Markus Zberg Gerolsteiner 10
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Beitrag: # 348425Beitrag arkon
4.5.2006 - 23:44

27. April 2006
3. Etappe Tour de Romandie

"Wie gehen sie nun mit dem gestiegenen Erwartungs- und Erfolgsdruck in Richtung Tour um?" schoss ein Reporter irgendwo hinten rechts aus dem Pulk. Weißes Blitzlicht und die gleißenden Fernsehscheinwerfer verdeckten die Sicht auf den Frager.
"Man kann nicht von einem gestiegem Druck sprechen. Der Druck auf die Teamleitung war immer da, und er war auch nie gering. Aber wir sind und bleiben eines der kleineren Teams in den Reihen der ProTour, und Wunder von uns zu verlangen, nur weil wir mit der Verpflichtung von Jerdona Zeres einen der Favoriten für die Tour unter Vertrag genommen haben, kann man wohl nicht sprechen."
Die Anschlussfrage, die Roger Legeay's Antwort natürlich provoziert hatte, kam diesmal aus einer der vorderen Reihen. "Aber hatten sie nicht im Vorfeld des Rennens angekündigt, hier um den Sieg mitfahren zu wollen?"
Zeres zog die Kappe vom Kopf und strich sich mit einer fahrigen Bewegung die Haare aus dem Gesicht. Er war nicht mehr angespannt, darüber war er längst hinaus. Aber ein solches Kreuzverhör vor der Presse hatte er noch nie gemocht, egal, wie das Rennen ausgegangen war. Der Schweiß lief ihm langsam die Stirn hinab. Das enge Trikot, das er schon längst gegen bequemere Kleidung hatte tauschen wollen, sorgte auch nicht für mehr Luft. Der Raum roch nach dem Schweiß der Reporter, der Podiumsgäste, der typischen Note von Lüftern, welche die Kameras und Scheinwerfer einigermaßen kühl hielten.
"Sicher, das haben wir schon vorgehabt. Aber die Wahrheit ist nicht immer so, wie man sie sich wünscht. In der Tat hatten wir einige Mannschaftsinterne Abstimmungsschwierigkeiten. Aber sie können kaum die Leistung des Teams auf Jerdona Zeres reduzieren. Wir sind hier bisher sehr gut aufgetreten und ich denke, bis zur Tour können wir die verbliebenen Probleme in den Griff kriegen. Noch vor einem Jahr wäre dieses Team niemals in der Lage gewesen, einen Tourfavoriten adäquat beizustehen. Aber der Wille alleine hat dieses Projekt ans Laufen gebracht, und auch wenn wir noch nicht am Ziel sind und dieses Jahr auch nicht mit der Klasse eines Teams CSC oder Discovery Channel auftreten können, so werden wir doch unseren Teil dazu beitragen, das der Toursieger dieses Jahr in Frankreich beschäftigt ist."
Geschickt wie eine Ballerina, so kam es Jerdona vor, war sein Boss um die Frage herumgetänzelt. Aber das dicke Ende würde kommen, und natürlich wartete es ganz alleine auf ihn.
"Jerdona Zeres, wie sehen Sie den ihre heutigen Leistungen in Hinblick auf die Tour? Müssen sie ihre Ziele schon jetzt korrigieren?"
Er musste kurz schlugen, ein Kloss begann sich schon im Hals zu bilden.
"Nun.... äh, die Tour ist nunmal im Sommer, und das hier ist Vorbereitung. Ein Sieg wäre toll gewesen, aber es ist ja nunmal nix draus geworden. Das ist zwar schade, aber das einzige, was ich machen kann, ist weiter trainieren und fahren. An meiner Leistungsbereitschaft mangelt es nicht. Um ehrlich zu sein bin ich selber ein wenig überrascht. Das Training in den letzten Tagen ist ganz gut gelaufen, und auch bei den Vorbereitungsrennen war ich eigentlich im soll. Aber wir werden in den nächsten Tagen natürlich schauen, woran es liegt. Dann können wir auch das Training verbessern und zur Tour... wir werden sehen, noch ist es viel Zeit."
Der Schritt zurück war ein taktischer Fehler, denn der Reporter leckte sofort Blut und schoss nach. "Das haben sie auch vor der Romandie gesagt, Training anpassen, noch viel Zeit. Aber glauben sie nicht auch, das es eine einzige gewonnene Rundfahrt doch etwas schwer werden wird, die Tour an sich zu reissen? Sie müssen ja zum Beispiel das Zeitfahren am vorletzten Tag überstehen, und darum gibt es noch einige Etappen, wo man noch ein paar Sekunden gutmachen könnte?"
Diesmal sprang Serge Beucherie in die Bresche.
"Sie vergessen auch hier das gute Team, auf das er bauen kann. Pietro Caucchioli hat heute mit seinem 9. Platz ein sehr solides Ergebniss abgeliefert und sich zwischen den Spitzenfahrern für den Giro platziert. Bis zur Tour wird auch er noch an seiner Form feilen. Und daneben gibt es noch Christoph Moreau, der in den Bergen auch einiges Feuer auf sich lenken kann. Jerdona Zeres wird bereit sein im Juli, und sein Team mit ihm. Wir werden um den Toursieg fahren können. Den Sieg kann ich ihnen nicht versprechen, aber einen engen Fight werden wir ihnen bieten. Das war unser Ziel, und das werden wir auch erreichen. Ob wir auf dem Weg dahin eine kleine Rundfahrt mehr oder weniger gewinnen, danach wird dann keiner mehr fragen.
Und auch bei der Tour de Romandie ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Zwei Etappen stehen noch aus, und auch da haben wir noch einige Optionen, die wir spielen können. Und bis dahin wünsche ich ihnen allen eine gute Nacht."
Und ohne ein weiteres Wort stand Serge auf und scheuchte den Rest des Teams von der Bühne.

[Etappensieg an Danilo di Luca, den Rest der Statistik hab ich nicht gespeichert...]
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Jojo
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Beitrag: # 348438Beitrag Jojo
5.5.2006 - 3:47

Dein AAR ist und bleibt immer ein Vorbild für die Meinigen. Ich bin fasziniert davon, wie du alles beschreibts, und das Einzige, was ich bemängeln könnte, wäre die Häufigkeit in der du schreibst. Dein AAR ist einfach Top!

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Beitrag: # 349352Beitrag arkon
7.5.2006 - 15:18

28. April 2006
4. Etappe Tour de Romandie

Die wirklich wichtigen Geschichten im Leben sind geschrieben, bevor sie wirklich passieren. Die Entscheidung fallen im vorhinein. Das eigentliche Geschehen ist nur noch zur Verkündigung dienlich, ein Vehikel um die nicht beteiligten vom wahren Prozess der Entscheidung abzulenken. So war es auch an diesem Tag. Die meisten der Beteiligten wussten nur nichts davon. Ob es überhaupt jemand komplett vorherzusagen im Stande gewesen wäre wurde in diesem Falle zu einer philosophischen Frage ohne Substanz.
Jerdona für seinen Teil wusste das, was er wissen musste. Für ihn fiel die Entscheidung in dem Moment, in dem seine Füße den Teppichboden des Hotelzimmers berührten, in dem er die Nacht verbracht hatte. Während das Zimmer Dank des geschlossenen Fensters die Nacht durch auf wohligen Temperaturen gehalten worden war, durchzog die Kälte des Fußbodens seine Füße wie eine Stichsäge. Er würde heute wieder nur ymitrollen. Ohne überhaupt das erste Mal an diesem Tag sein gesamtes Gewicht auf seine Beine gestellt zu haben war die Entscheidung gefallen. Der Kampf war bereits gelaufen, und jeder Versuch, dagegen anzukämpfen, war zum Scheitern verurteilt.
Es war weniger eine Unlust, die ihn beschäftigte. Nicht, das er keine Lust verspürte, sich heute wieder Steigungen mit irrsinnigen Prozenten empor zu quälen. Es war vielmehr die Erkenntniss, das ein Sieg heute nicht in Frage kam. Das zu Hinterfragen würde ihm ähnliche Probleme bereiten wie der Versuch, die Heisenbergsche Unschärferelation zu umgehen, das Verständniss vorausgesetzt. Bei der Teambesprechung hielt er sich zurück. Es gehörte einfach nicht zum guten Stil, sein Scheitern einzugestehen, bevor der Kampf begonnen hatte.
Der Rest des Tages wurde für ihn damit vom Wettkampf- zum Trainingstag umgebaut. Der Unterschied war minimal, aber er war vorhanden. Die Art, wie er die Nudeln auf den Löffel bugsierte, wie er die Schuhe zuband, wie er seine Teamkameraden begrüßte. Es war nicht offensichtlich, aber zumindest geringfügig anders.
Entsprechend freute es sich auch ein kleines bisschen mehr als üblich, als Dave während des Essens ins Hotel kam. "He, du alte Socke, setzt dich doch" sprang er erfreut auf.
Etwas unsicher, ob es eine Umarmung oder ein Händedruck werden sollte verzichteten sie auf beides und Dave nahm einfach so Platz. Er holte sich einen Stuhl und setzte sich zum Tisch, an dem Jerdona mit Yuri Madarkady und Igor Grabov gegessen hatte. Ein paar Hände wurden geschüttelt, Dave wurde als "guter Freund" vorgestellt. Nach dem Austausch der üblichen Small-Talk Floskeln, die zu einem Renntag passten, zog Dave Jerdona zu sich heran.
"Es geht eigentlich um Tobias. Er ist an ein paar Leuten dran, die vielleicht hinter Paris stecken könnten. Ich muss dir noch ein paar Detailfragen stellen, am besten noch vor dem Rennen."
Dave's Stimme wirkte auf einmal viel zu laut, als Jerdona's Erinnerungen mit einem Schlag wieder lebendig wurden, begleitet von einem kleinen Schwall Wasser, der seinen Rücken hinab zu fliessen schien.
"Er ist doch nicht in Gefahr?"
"Jerdona, bei unseren Gegnern ist man immer in Gefahr. Aber er passt auf, ich hab ihm einige Sachen beigebracht." Dave schaute dem Basken kurz in die Augen und zwinkerte ihm vertrauensvoll zu.
Jerdona Zeres war augenblicklich froh, das er die heutige Etappe sowieso entspannt hatte angehen wollen. Jetzt ging ihm auf einmal wieder zu viel im Kopf umher. Die Erinnerungen an den Dopingvorfall waren noch erschreckend real, aber das halbe Jahr, was mittlerweile dazwischen lag, war genug gewesen, alles in einen kleinen, abgetrennten Raum in seinem Kopf einzupferchen.
Die Fragen drehten sich um kleine Einzelheiten zu der Etappe bei der Vuelta, bei der er positiv getestet worden war. Alle Details waren immer noch in seinem Kopf eingebrannt, und so konnte er die Fragestunde schnell hinter sich bringen.
Während des Rennens hatte er wieder genug Zeit für sich alleine, um alles nocheinmal durchzugehen. Wenn er morgen, beim Einzelzeitfahren, nur eine einigermaßen gute Figur abgeben wollte, musste er bis dahin wieder alles hinter sich gelassen haben. Und während Simoni vorne knapp vor Di Luca gewann und sich Caucchioli auch vorne in der Welt-Kletter-Elite platzierte, rollte Zeres irgendwo an 60. Stelle über den Zielstrich. Die Etappe war nicht besonders hart gewesen, besonders wenn er die Gesichter links und rechts neben sich betrachtete. Vielleicht war er im Hinblick auf die Tour doch garnicht so schlecht im Zeitplan, wie er ursprünglich gedacht hatte.
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Beitrag: # 349593Beitrag arkon
8.5.2006 - 0:01

29. April 2006
Lausanne, Schweiz
5. Etappe Tour de Romandie, Einzelzeitfahren

"Was sagen sie zu den Vorwürfen, sie würden ihre Rolle als Kapitän des Teams nicht ernst nehmen? Kritiker behaupten ihre Fahrweise erinnere nicht an die eines Führers, sondern die eines Wasserträgers!"
"Es würde mich interessieren ob die 'Kritiker', von denen sie sprechen, jemals selber auf einem Rennrad gesessen haben. Vom Fernsehsessel aus kann jeder die Tour gewinnen, aber wenn man einmal im Rennen so einen Berg hochgeheizt ist, dann redet man anders über den Radsport."

Wie ein Stroboskoplicht blinkte der Mittelstreifen der Straße. Weiß, grau, weiß, grau. Das Sonnenlicht flutete durch die Alleebäume und versteckte den schnell wechselnden Farbkontrast noch zusätzlich. Wenn Jerdona den Blick senken würde, könnte er die Geschwindigkeit, mit der er die Abfahrt hinabrauschte, noch besser fühlen. Aber er hatte anderes im Kopf.
Ein schneller, beiläufiger Blick auf den Tachometer verriet ihm das Tempo, die verstrichene Zeit und noch andere Daten, die er aber alle nicht bewusst verarbeitete. Er war voll fokusiert und durfte sich keine Ablenkung leisten. Wie in Trance steuerte er mit dem Triathlonlenker an seinem Zeitfahrrad durch die langgezogenen Kurven des Parcours. Der Befehl, vorne ein Ritzel nach oben zu gehen, ging scheinbar direkt vom Bein, welches das kleine bisschen mehr an Kraftaufwand registrierte, zur Hand, die den Hebel sanft nach unten drückte.
Seine Gedanken glichen rastlosen Wölfen, die, in einem Käfig eingesperrt, umherschlendern, immer auf der Suche nach ihrer Gelegenheit. Aber die bekamen sie heute nicht. Noch nicht einmal an das Radfahren dachte er. Das lange Training hatte gereicht, um die wichtigen Handbewegungen zu automatisieren. Er kannte die Strecke gut und hatte sich mittlerweile an das Zeitfahren mit Knopf im Ohr gewöhnt. Die Kommunikation zwischen ihm und seinem Begleiter, Emanuel, funktionierte schon viel besser als noch zu Euskaltel-Zeiten.

"Wie sehen ihre Pläne für morgen aus? Haben sie Ambitionen auf den Sieg?"
"Wenn ich keine Chance sehen würde, hier noch etwas zu reißen, wäre ich schon längst wieder im Trainingslager verschwunden. Die letzten Tage waren hart, ich musste ganz klar zurückstecken. Aber das Wort 'Katastrophe', welches oft genug gefallen ist, würde ich nicht in den Mund nehmen. Letztes Jahr wäre ich über meine derzeitige Platzierung noch froh gewesen."

Das Ende der Abfahrt. Nun begann das Rennen richtig. Die bisherigen Kilometer waren nur für einen Zeitverlust gut, aber der Sieg würde auf dem Flachstück und vor allem auf der Schlusssteigung vergeben werden. Jerdona wusste es, aber er dachte nicht. Sein Kopf war immer noch frei und konzentriert. Emanuel sagte ihm quasi alles ein, was er tun musste. Seine Arme lagen schlaf und fast schon schläfrig auf dem Lenker, sein Oberkörper wanderte nur langsam und ruhig zum Rythmus seines Tritts hin und her. Sein Gesicht war eine entspannte Maske, hinter der er heute noch nichteinmal etwas zu verbergen hatte. Jede unnötige Muskelbewegung hatte er eliminiert.
Seine Beine schienen wie auf Schienen auf den Pedalen zu laufen. Der zufällige Beobachter konnte nur schwerlich unterscheiden, ob die Beine das Pedal zogen oder ob es umgekehrt lief. Aber so effizient und kühl es von aussen auch erscheinen mochte, in den Waden und Schenkeln brannte die Hölle. Heerscharen von ATP-Molekülen wurden hin- und hergeschickt, Glykogen verbrannt, Sauerstoff hineingesaugt, ST- und FT-Fasern werkelten wild umher. Unterbewusst steuern, so hieß das Zauberwort für Jerdona.

"Ist es nicht ein wenig peinlich schon zum zweiten mal im Verlaufe dieser kurzen Rundfahrt vom eigenen Helfer überholt worden zu sein? Pietro Caucchioli hatte, ebenso wie sie, Ambitionen für die Tour de Romandie angemeldet, aber im Sommer können sie ja auch nicht einfach ihren Helfer nach vorne schicken, die Kohlen aus dem Feuer zu holen."
"Wenn sie die Tour meinen dann kann ich mich nur wiederholen und sagen: Das werden wir sehen. Ich bin noch immer sehr optimistisch, was Frankreich angeht, und auf zwei Bergetappen im Frühling ein bisschen Zeit verloren zu haben macht mich noch nicht zum Underdog.
Ausserdem freue ich mich für Pietro. Er hat wirklich gut mitgehalten und konnte seine eigenen Erwartungen übertreffen. Warum sollte er sinnlos verheizt werden um mich den Berg rauf zu ziehen? Das hätte mir nichts gebracht."

Hinter der nächsten Ecke wartete der Anstieg auf Jerdona, der letzte Teil des Rennens. Erleichterung, wie er sie üblicherweise spürte, wenn er in sein angestammtes Terrain wechselte, machte sich nicht breit. Keinen Platz für Emotionen fand er in seinem Kopf. Die Leere war immer noch zu breit, zu allgegenwärtig.
Emanuel hatte garnicht erst daran gedacht, seinem Schützling die Zwischenzeit durch zu sagen, geschweige denn sein Platzierung. An einem anderen Ort zu einer anderen Zeit hätte Jerdona schon in der Stimme seines Trainers die relevanten Informationen ablesen können. Aber im Augenblick hatte er noch nichteinmal Raum, auf dem Tacho die Zeit abzulesen und mit seinen Trainingsfahrten zu vergleichen.

Draussen war es schon längst dunkel. Trotz der Sommerzeit, welche die Sonne länger am Himmel hielt hatte er es nicht geschafft, rechtzeitig einzuschlafen. Zu viel ging ihm durch den Kopf.
Die Tour de Romandie hatte er anders geplant. Sein Training war seit dem Winter darauf abgestimmt gewesen, hier auf halbwegs hohem Niveau zu fahren, nein, noch mehr, den Sieg zu erringen. Er hatte die etlichen Stunden auf seinem Fahrrad nicht zugebracht um hier sang- und klanglos unter zugehen.
Was ihm noch viel mehr zu schaffen machte war die Presse. Tag ein, tag aus musste er sich hier in der Schweiz dem Kreuzfeuer der Medienvertreter stellen die alle versuchten, ihn und seine Form zur Tour hin zu kritisieren. Klar, als Kapitän des Teams hatte er eine gewisse Verantwortung und das er hier nicht so auftrat, wie er es vorgehabt hatte warf ein schlechtes Zeichen vorraus auf seinen Tourauftritt. Aber er war nun einmal auch nur ein Mensch.
Etwas Schlaftrunken öffnete er nocheinmal seine Augen und schaute hinaus in die Nacht. Ein neuer Tag lag vor ihm, und er würde die letzte Gelegenheit für ihn bringen, zu beweisen, das er im Winter gut gearbeitet hatte. Heute war es ja garnicht mehr so schlimm gelaufen... nein, falsch. Er würde rausgehen und es ihnen allen einfach beweisen. Beweisen, das er das Zeug zum Sieger hatte und keine Eintagsfliege war, die bei einer Vuelta ein wenig Glück gehabt hatte.

"Der letzte Kilometer, gib alles!"
Wie eine Seifenblase zerplatzte die Konzentration, die er das ganze Rennen hindurch aufrecht erhalten hatte. Er schreckte empor als sei er aus dem Koma erwacht. Aber anstatt orientierungslos in der Gegend umher zu schauen sprang er auf und aktivierte nocheinmal alle Kraftreserven, die er noch im Körper hatte.
Wenn seine Ruhe ein Gefängniss für die Wölfe in seinem inneren gewesen war, so waren die Tiere nun freigelassen worden und rissen mit all ihrer Kraft am Lenker und den Pedalen herum. Wie eine Kugel schoss er die letzten Meter zum Ziel hinauf, der Stadionsprecher dröhnte in seinen Ohren, das Publikum zu beiden Seiten der Absperrung tobte, der Zielstrich kam näher.
"Bestzeit von Jerdona Zeres, und was für eine!"
Überglücklich fiel er vom Rad. Ein Betreuer half ihm auf die Beine, so ausgelaugt war er von seinem Höllenritt. Wenn man als Spitzensportler nur 95% der wirklichen Leistungsfähigkeit seines Körpers ausnutzen konnte, so hatte er es gerade auf einen Wert von 105% gebracht. Kaum fähig, die Wasserflasche noch selbst zu halten, wankte er, gestützt vom mittlerweile herbeigeeilten Emanuel zum Teambus.
"Super, das war es! Du hast es ihnen gezeigt"
"Wir haben es ihnen gezeigt" grinste er glücklich zurück.

Am Schluss reichte es für ihn sogar zu einer Top10-Platzierung in der U25-Kategorie. Er war zwar nur Zweitbester seines Teams geworden, aber der furiose Ritt zum Etappensieg beim Abschlusszeitfahren stimmte ihn doch mehr als versöhnlich, hatte er doch hier in dieser Spezialdisziplin die versammelte Spezialistenfraktion übertölpelt.
Nun konnte das Training zur Tour hin richtig beginnen.

Etappenergebniss
1 Jerdona Zeres Credit Agricole 31'43
2 Bradley Mc Gee Française des Jeux + 17
3 Oscar Pereiro Caisse d'Epargne - Illes Balears + 20
4 Michael Rogers T-Mobile Team + 23
5 Serhiy Honchar T-Mobile Team + 25
6 Paolo Savoldelli Discovery Channel + 26
7 Ivan Gutierrez Caisse d'Epargne - Illes Balears + 28
8 Santiago Botero Phonak Hearing Systems + 29
9 Marzio Bruseghin Lampre + 31
10 Izidro Nozal Liberty Seguros - Würth s.t.

Gesamtergebniss
1 Danilo Di Luca Liquigas - Bianchi 15h43'38
2 Gilberto Simoni Saunier Duval Prodir + 32
3 Cadel Evans Davitamon - Lotto + 35
4 José Rujano Quick Step - Innergetic + 52
5 Michael Rasmussen Rabobank + 58

Punktewertung
1 Danilo Di Luca Liquigas - Bianchi 42
2 Fabian Wegmann Gerolsteiner 28
3 Gilberto Simoni Saunier Duval Prodir 27
4 Damiano Cunego Lampre 25
5 Alessandro Petacchi Team Milram 25

Bergwertung
1 Danilo Di Luca Liquigas - Bianchi 30
2 Manuel Beltran Discovery Channel 24
3 Fabian Wegmann Gerolsteiner 23
4 David Arroyo Caisse d'Epargne - Illes Balears 22
5 Gilberto Simoni Saunier Duval Prodir 20
wer keine ahnung hat - einfach mal die fresse halten

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