Saison 2006: TOUR DE FRANCE (Rennen #18)

Ein kleines Rollenspiel

Moderatoren: Escartin, ETXE, wflo

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ETXE
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Beitrag: # 397918Beitrag ETXE
18.11.2006 - 16:08

Danke Richard! Soweit der erste Eindruck vom letzten Berg der Tour 2006! Später, wenn dort die Entscheidnug ums Bergtrikot fällt, schalten wir wieder zu "Monsieur Bergtrikot" Richard Virenque!
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Davide
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Beitrag: # 397929Beitrag Davide
18.11.2006 - 17:42

Das war das Vorspiel gewesen. Jetzt ging es erst in die entscheidene Phase der Etappe, wahrscheinlich auch der ganzen Tour. Die Kilometer, die Berge, die bis jetzt gefahren wurden, alles zählt nichts mehr, wenn jetzt die Entscheidung am Joux Plan ansteht. Nun musste man Topfit sein, die besten Beine haben. Alles musste zusammenkommen, alles musste perfekt passen, damit man den Triumph davon tragen konnte. Jetzt zeigt sich, wer der stäkste ist. Armstrong? Rinero? Sastre? Vinokourov? Pereiro?
Pereiro! Pereiro war der man von S-W für diesen Tag. Er sollte der der Stärkste sein, er sollte triumphieren! Für ganz oben würde es wohl nicht mehr reichen, aber die TopTen waren noch 'drin und der Etappensieg. Gestern wurde Cunego für seinen Mut belohnt. Warum nicht heute Pereiro? Warum eigentlich nicht?

Jetzt kurz vor dem Joux Plan führ Ryan, nachdem er sich aus der Führung nach hinten fallen lies, neben Óscar und sprach diesen an:
"Wie fühlst du dich? Von mir aus kann's losgehen. Ich bin bereit!"

Jetzt geht's los...!
RPG: Luis Pérez Rodríguez - Equipo Ciclismo el Goog

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ETXE
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Beitrag: # 397931Beitrag ETXE
18.11.2006 - 17:50

KILOMETER 172,5 (noch 28 km):

Zwischensprint
1. Devolder
2. Grivko
3. Casar
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RotRigo
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Beitrag: # 397948Beitrag RotRigo
18.11.2006 - 22:18

Dieser Pierre war schon ein komischer Kauz. Doch Richard wusste, dass er ohne seinen kleinen Hilfs-Reporter noch mehr Arbeit hätte weshalb er sich vorgenommen hatte, dem jungen Mann nicht zu zeigen, was er von ihm hielt. Höflich bedankte sich der ehemalige Bergkönig bei dem zukünftigen Schreibtischkönig jedes Mal auf ein Neues, wenn dieser ihm neue Informationen aus dem Renngeschehen mitteilte. So war Richard die ganze Zeit auf dem neuesten Stand und sollte keine große Überraschung erleben, wenn nachher, während seinem zweiten Live-Bericht, die Fahrer zur Bergwertung kamen. Einer zweiten Höchstleistung in Sachen Kommentatoren-Dasein stand also kaum noch etwas im Wege.
Einzig die amerikanischen „Radsportfans“, die ohnehin nicht viel Ahnung von diesem Sport haben, nervten ein wenig mit ihrem aufgeregten hin und her Gewusele, ihrem übermäßigen Alkohol-Konsum und ihren plumpen L.A.-Anfeuerungen. Ob die überhaupt wussten, dass Armstrong noch überhaupt nicht bei ihnen war?
Nunja, sei’s drum! Da kam Pierre mit der nächsten Wasserstands-Meldung:
„Richard! Richard! Die Spitzengruppe hat grade den Anstieg hierauf erreicht. Sie sind immer noch zu elft und auch Sandy Casar ist noch dabei. Bei dem aktuellen Stand würde der doch tatsächlich auf Platz 6 nach vorn rutschen! Willst du dich nicht langsam mal etwas vorbereiten? Nicht, dass das wieder so wird wie vorhin…“
„Pah! So wird wie vorhin, so wird wie vorhin. Der kleine Möchtegern-Experte spielt sich so langsam auf, als ob er der Größte wäre!“, dachte Richard und antwortete dennoch mal wieder nur: „Das wird schon werden, mein Junge. Danke für die Informationen. Du machst einen tollen Job…“

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wassertraeger29
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Beitrag: # 397957Beitrag wassertraeger29
19.11.2006 - 2:25

Ein halbes Jahr Vorbereitung, unzählige Stunden Taktiksitzungen mit Carlos, 2500 Kilometer durch Frankreich, 170 Kilometer Tagesstrecke und nun stand er da! Der Berg der Entscheidung, der ...

Bild

Vila hatte die Anweisung Sastre dort hinaufzujagen, nun war auch Vino im Boot, aus dem er eigentlich aber auch relativ schnell wieder rausfallen musste. Um dem Chaos auch noch die Krone aufzusetzen fuhr dort vorne knapp 4 Minuten voraus ein tapferer Eidgenosse, der, so hatte Toni über Funk erfahren, absolut überzeugt war Carlos über die gesamten französischen Alpen zu schleppen, wenn es denn nötig werden würde. Aber das war noch nicht alles, im Feld fuhr schließlich der Mann in gelb, der uneingeschränkte Tour-Dominator Armstrong. Und selbst der durchschnittliche Texaner-Verstand dürfte ausreichen um zu begreifen das er jetzt würde aufpassen müssen.
Nun hätte Toni am liebsten Marcos an seiner Seite, der nun noch garantiert irgendetwas aus dem Ärmel geschüttelt hätte.
Eins hatte Toni von Marcos gerlernt, niemals aufzugeben:

"Patxi mach dich bereit! ... Carlos du weißt was zu tun ist ... häng dich an Vino. Steve wartet, der reißt heut Bäume für dich aus."

Toni hatte in diesen Funkspruch nochmals alle Zuversicht gelegt, nun war er in der misslichen Beobachterposition, den Joux-Plane im Blick ...

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Bettini_der_Beste
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Beitrag: # 397994Beitrag Bettini_der_Beste
19.11.2006 - 13:38

Der Joux-Plane war also erreicht. Der letzte "Berg" der Tour. Alles oder nichts. Gewinnen oder verlieren. Sekt oder... Es gab soviele Sprüche, die diese Situation beschreiben könnten. Das alles war Vino nun egal. Er hatte nur noch einen Gedanken: Gewinnen.

Er drehte sich um und erblickte Carlos Sastre, der nun an seinem Hinterrad fuhr.

"Carlos, lass doch bitte die Spielchen. Ich weiß, dass du mit Morabito einen ganz starken vorne hast. Wenn du denkst, ich würde dich hochziehen und dann abhängen lassen, hast du dich ganz schön geschnitten. Denk dran, ich hab auch noch den Casar in der Gruppe vorne und der hat ebenfalls einen richtig guten Tag."

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ETXE
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Beitrag: # 397995Beitrag ETXE
19.11.2006 - 13:51

KILOMETER 175,5 (noch 25 km):

Die Spitzengruppe war mit ca. 3 Minuten Vorsprung am Fuße des Berges angekommen. Ein böser Berg, dieser Joux Plan. 8,5 Steigungsprozente im Schnitt, im Grunde keine flache Stelle und zwischendrin auch mal 12% Steigung. Viele Fahrer sind der Meinung, diesen Berg könne man nur mit Stetigkeit gut bewältigen.
Kaum hatte die Spitzengruppe also den Berg erreicht, kam es zu einer Attacke. Sánchez Gíl, der bisher eher dezent mitgefahren war, trat ziemlich unwiderstehlich an! Nur ein einziger Fahrer konnte diesem Antritt folgen, nämlich Óscar Pereiro. Er, der sich bislang ebenfalls dezent zurückgehalten hatte, konnte als einziger die Energie und Kraft aufbringen.
Binnen kürzester Zeit haben diese beiden einen ansehnlichen Vorsprung herausgeholt!

Jetzt erreicht die Favoritengruppe, das Hauptfeld, den Fuß des Berges. Cadel Evans führt das Feld mit hohem Tempo in den Berg und schert aus. Simoni geht nach vorne und startet eine Attacke, mit Lance Armstrong am Hinterrad.
Eine ungewöhnliche Maßnahme des Mannes in Gelb. Es gibt jedoch noch einige Fahrer, die folgen können. Vino und Sastre, Cunego mit Marzano und Schleck, Hesjedal, Coutts, Efimkin, Esparza und Simón kämpfen sich wieder heran. Auch Valverde kann dranbleiben.
Totschnig hingegen bekommt Probleme. Chavanel spannt sich vor seinen Kapitän, aber es sieht nicht so aus, als könnte Totschnig noch einmal aufschließen. Weitere prominente Opfer der Zamano-Attacke sind Samú Sánchez, Thomas Lövkvist, Arreitunandia und Garzelli. Sie müssen nun versuchen, in ihrem Tempo den Berg zu bewältigen und den Schaden in Grenzen zu halten.
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ETXE
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Beitrag: # 398013Beitrag ETXE
19.11.2006 - 15:44

KILOMETER 180,5 (noch 20 km):

Pereiro und Sánchez Gíl fahren wie entfesselt. Und nebenbei arbeiten sie auch noch sehr gut zusammen. Ihr Vorsprung auf die ehemaligen Fluchtgefährten ist bereits auf zweieinhalb Minuten angestiegen.

Bei eben jenen Fluchtgefährten läuft es aber auch noch relativ rund. Devolder und Grivko allerdings sehen so aus, als müssten sie bald die anderen ziehen lassen. Immerhin liegt diese Gruppe immer noch über 2 Minuten vor der Gruppe mit dem gelben Trikot.

Und in dieser Gruppe tut sich gerade etwas. Man hat eine sehr steile Stelle erreicht und genau dort attackiert Ryder Hesjedal, der ehemalige Mountain-Biker aus Kanada. Einen winzigen Moment lang scheinen die Favoriten zu überlegen. Als erster reagiert Carlos Sastre, der im Stakkato-Wiegetritt dem Kanadier nachsetzt.
Und dann passiert etwas Unfassbares. Gilberto Simoni geht aus dem Sattel und will vermutlich die Schlagzahl erhöhen. Ein Fuß rutscht aus dem Pedal und der Giro-Sieger kommt ins Trudeln. Damit behindert er sowohl seinen Kapitän als auch die anderen Fahrer der Gruppe.
Zwar haben sie sich alle nach etwa 3 Sekunden wieder gefasst, aber an dieser steilen Stelle sind sie vollkommen aus dem Rhythmus gekommen.
Hesjedal und Sastre jedenfalls sind weg. Und der Spanier fährt jetzt "wie um sein Leben"!
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Beitrag: # 398021Beitrag Lance Armstrong Fan
19.11.2006 - 16:04

"Scheiße, Gibo gib Vollgas", brüllte Lance. "Wir müssen ihn wieder holen.
Gruß LAF

Sieger: Bayernrundfahrt 08, Lombardeirundfahrt 08, Cyclassics 08
2. Platz: Giro d'Italia 08, E3 Prijs 09, Criterium International 09,
3. Platz: Paris-Roubaix 09, Baskenland 09

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T-MobileFan
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Beitrag: # 398025Beitrag T-MobileFan
19.11.2006 - 16:12

Tom fuhr ruhig und entspannt im Grupetto mit den anderen Sprintern und schreckte hoch und fuhr fast zu seinem Vordermann auf, konnte das Rad aber grad noch kontrollieren. Lance schrie sehr laut in den Funk und deshalb schreckte Tom so auf.
"Was ist denn bei euch los, Lance? Siehts nicht gut aus für euch?" fragte er, während ihn ein paar andere Fahrer komisch anguckten, da sie wohl auch den Funkschrei gehört hatten.
Ob wir siegen oder verlieren, wir stehen immer hinter dir!

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Bettini_der_Beste
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Beitrag: # 398035Beitrag Bettini_der_Beste
19.11.2006 - 17:15

Shit, dieser verdammte Italiener. Vermasselt die ganze Sache. Vino wollte Armstrong irgendein nicht ganz freundliches Kommentar an den Kopf werfen, doch Alex musste jetzt aus dem Sattel gehen und dem Amerikaner nachsetzen. Denn Armstrong preschte jetzt förmlich den Berg hoch - dem entflohenen Sastre hinterher.

Doch vielleicht würden sich dadurch ganz neue Perspektiven ergeben. Aber dafür mussten sie an den Spanier noch mal dran kommen.

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Henrik
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Beitrag: # 398042Beitrag Henrik
19.11.2006 - 17:32

Simoni hatte eine Attacke initiiert und alle Helfer in Bodenheimer- oder MrWooper-Diensten hatten sich verabschiedet. Daher konnte man die Kooperations-Absprachen mit Vino vergessen, jetzt kam es auf die Kapitäne an. Also musste Carlos selbst die Initiative ergreifen und nutzte in einem besonders steilen Abschnitt die Gunst der Stunde. Hesjedal ging weg, er stiefelte hinterher. Und hinten half ihm der Zamano-Mann Simoni, indem er unfreiwillig seine Mitfahrer ausbremste. Sollte das heute wieder sein Tag werden? Er musste Abstand zwischen sich und die Armstrong-Gruppe schieben, die nächsten Kilometer würden einige der härtesten während der gesamten Tour 2006 werden. Jetzt musste er durchziehen, doch noch war es weit nach oben, noch konnte viel passieren und man konnte alles verlieren. Aber eben auch alles gewinnen.

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ETXE
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Beitrag: # 398064Beitrag ETXE
19.11.2006 - 19:16

KILOMETER 185,5 (noch 15 km):

Drei Kilometer vor der Bergwertung! Die beiden Spanier an der Spitze fahren unbeirrt vorne weg. Fast dreieinhalb Minuten liegen sie vor den nächsten Fahrern.

Sechs Fahrer sind es, die Pereiro und Sánchez Gíl folgen. Dabei sind Carlos Sastre und Ryder Hesjedal, die mit einem echten Husarenritt aufschließen konnten. Mit dabei ist auch noch Steve Morabito, der, kaum hatte Sastre aufgeschlossen, sofort die Pace machte. Wir können auch noch das gepunktete Trikot in dieser Gruppe sehen, sowie Rodríguez und Ghisalberti. Ryan Cox ist, wie Devolder und Grivko, etwas zurück gefallen.

Zurück beordert wurde offenbar Sandy Casar, der nun seinem Kapitän Alexandre Vinokourov zu helfen versucht. Simoni hat sich nach seinem "Fehltritt" wieder an die Spitze dieser Gruppe gesetzt. Seiner Tempoverschärfung fielen etliche Fahrer zum Opfer, darunter sämtliche S-W-Fahrer um Cunego. Einzig Menchov, Esparza und Iban Mayo befinden sich noch bei Armstrong, Vino und deren Helfern.

In der Bildregie der Fernsehübertragung scheint nun das Chaos ausgebrochen zu sein. Wir sehen momentan Valverde allein auf weiter Flur, aber fährt er vor oder hinter der Armstrong-Gruppe? Somit können wir ihnen, liebe Zuhörer, gerade auch nichts über die Abstände der Verfolgergruppen untereinander sagen.

Von daher schalten wir jetzt einfach nochmal live zu Richard Virenque, der hoffentlich eine bessere Übersicht der Rennsituation liefern kann, als es die Fernsehbilder können!
Hallo Richard! Wie sieht es aus?
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Mangahn
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Beitrag: # 398066Beitrag Mangahn
19.11.2006 - 19:42

Offensichtlich würde es heute ein gemischter Tag werden. Rhinero hatte das gepunktete vor Augen, Totschnig schien eher schwarz zu sehen. Die Radsportgötter liebten an einem solchem Tag statistische Gerechtigkeit. Denen war es egal, wie sehr man geschuftet hat, für ein bißchen Ruhm.

Heute rissen einfach sämtliche Däme. Die Vorentscheidung fallen mußte. Natürlich drückte ich Alexandre die Daumen, mein Tipp "Sastre", für den ich in den Alpen noch so verlacht worden bin, schien sich allerdings doch zu bewahrheiten. Es konnte der Tour nur guttun, wenn Armstrong nicht gewann. Sonst würde nächstes Jahr heißen: Schön, daß Valverde gewonnen hat, aber er hat nie gegen einen großen wie Armstrong gewonnen.

Totschnig hatte mir freie fahrt gegeben, wir hatten schließlich auch noch einen Platz in der Pro Tour Mannschaftsgesamtwertung zu verteidigen. Aber die Beine reichten nicht mehr um den Spaniern vorn zu folgen. Ich suchte mir meinen Rythmus und fuhr.

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sys
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Beitrag: # 398073Beitrag sys
19.11.2006 - 20:08

Der letzte Berg der Tour. Der letzte Tag. Der Entscheidende. Sekt oder Selters, Triumph oder Niederlage, ...
there is a light that never goes out

RotRigo
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Beitrag: # 398081Beitrag RotRigo
19.11.2006 - 21:00

KM 188,5 (noch 12 Kilometer ins Ziel) – HC-Bergwertung auf dem Col de Joux Plane

"Hallo Alphonse!
Ihr meldet euch überraschend früh. Noch ist kein Fahrer bei mir vorbei gekommen."


Richard blickte fragend zu seinem fleißigen Helferlein, der mit hoch rotem Kopf vor ihm auf und ab sprang und mit den Armen in Richtung Straße zeigte.

"Oh doch. Nun ist es soweit! Ich sehe dort zwei Fahrer den Berg hinauf stürmen. Es sind die Spanier Oscar Pereiro und Luis Sanchez. Sie legen ein höllisches Tempo vor und beginnen nun um die Bergpunkte zu sprinten. Gerade der Cabeza-Mann scheint vergessen zu haben, dass es hier noch nicht um den Etappensieg geht und setzt sich ein Stück von Pereiro ab. Er gewinnt die Bergwertung und beide stürzen sich nun gemeinsam in die Abfahrt!"

Der erste hektische Moment war somit wieder überstanden und Pierre kam zu Richard herüber. „Das hast du ja gerade nochmal hinbekommen…“, murmelte er relativ vorwurfsvoll. Richard hingegen ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und wartete, mit starrem Blick die Straße herunter, auf die nächste Gruppe. Wie er gehört hatte musste es sich nun um etwas mehr Fahrer handeln. Schon mehr als 3 Minuten waren verstrichen, als endlich ein Polizei-Motorrad vorbei gerauscht kam, was für gewöhnlich das Zeichen ist, dass sich wieder Fahrer nähern. Richard blickte auf die Uhr und nahm sich wieder das Mikrofon:

"Meine lieben Zuhörer wie ich sehe erreichen die nächsten Fahrer die Bergwertung. Es handelt sich um eine sechsköpfige Gruppe, die der schweizer Steve Morabito anführt. Unwiderstehlich zieht er seinen Kapitän Carlos Sastre den Berg hinauf! Doch da sprintet der Mann im Bergtrikot an ihnen vorbei! Christophe Rinero sichert sich hier oben, genau 3’45 hinter dem Spitzenduo, den dritten Rang und somit auch das Bergtrikot dieser Tour de France – Chapeau! Sergio Ghisalberti, Yulien Rodriguez und Ryder Hesjedal komplettieren die Gruppe.
Nun beginnt das große Warten! Carlos Sastre ist bereits durch und die Gruppe um Lance Armstrong und Alexandre Vinokourov ist noch immer nicht zu sehen! Eine solche Situation ist noch nicht da gewesen! Lance Armstrong hat sich attackieren lassen ohne selbst hinterher zu steigen und verliert auf der letzten Bergetappe viel Zeit gegen einen großen Konkurrenten im Kampf um Gelb – Fantastisch!"


Autsch! Richard hatte so eben einen großen Fehler gemacht. Er hatte als Reporter Partei gegen einen Fahrer ergriffen. Wieder einmal durchbohrte Pierre ihn mit dem Todesblick…

"So eben sind nun auch Cox, Devolder und Grivko über den Gipfel gekommen. Sie werden sowohl mit dem Ausgang der Etappe, als auch mit der Gesamtwertung allerdings nicht mehr viel zu tun haben. Die nächste Gruppe müsste nach unseren Informationen das Septett um Armstrong und Vinokourov sein. Wieviel Zeit werden sie heute gegen Sastre verlieren? Schon jetzt steht die Uhr bei knapp zwei Minuten. Da kommt jemand! Es ist ein Fossier-Trikot! Es ist Alejandro Valverde! Ohne jede Beachtung einer TV-Kamera konnte sich der Spanier wohl aus der Armstrong-Gruppe lösen und ist nun allein auf dem Weg in die Top 10 der Gesamtwertung."

Triumphierend blickte Richard nun hinüber zu Pierre. Endlich war diesem auch mal ein Fehler unterlaufen, den Richard wunderbar ausgebügelt hatte.

"Es sieht nun ganz danach aus, als ob sowohl Armstrong als auch Vinokourov heute keinen guten Tag erwischt hätten. Valverde ist nun schon wieder seit einer guten halben Minute im Wald der Abfahrt verschwunden und das gelbe Trikot ist noch immer nicht…Nein halt, da kommt es! Angeführt von Casar und Simoni erreicht endlich auch die Gruppe Armstrong den Gipfel des Joux Plane – Exakt 2 Minuten und 53 Sekunden nach Carlos Sastre! Immer wieder haben sich Casar und Simoni auf den letzten Metern nach ihren Kapitänen umgedreht. Sie scheinen heute beide deutlich besser aufgelegt zu sein als die Vorgesetzten und drohen durch Valverde sogar noch ihre Positionen im Gesamtklassement zu verlieren – das Schicksal der Edelhelfer!"

Ein weiteres mal blickte Richard auf die Uhr. War es nicht langsam Zeit wieder zu Alphonse zurück zu geben? Schließlich befand sich das Spitzen-Duo schon seit fast sieben Minuten in der 12 Kilometer langen Abfahrt zum Ziel! Er gab Pierre ein Zeichen, so dass dieser das Ende der Live-Schalte einleiten konnte.

"So, meine lieben Zuhörer. Ich verabschiede mich nun von hier oben und gebe das Wort wieder an Alphonse zurück, der unten in Morzine auf die Spitzenreiter wartet, während hier oben noch längst nicht alle Fahrer vorbei gekommen sind. Unter anderem fehlen sogar noch ausgewiesene Kletterer wie Damiano Cunego und Georg Totschnig sowie der Zehntplatzierte Franzose Sylvain Chavanel, der genau wie Casar heute unter seinem Posten als Edelhelfer zu leiden haben wird! Der französische Radsport wird also einmal mehr um eine Top-Platzierung bei der Tour de France gebracht ohne selbst etwas dafür zu können…
Alphonse, bist du bereit?"



Für die lesefoulen unter euch:
Col de Joux Plan (HC):

1. Luis León Sánchez Gíl
2. Óscar Pereiro

3. Christophe Rinero +3'45"
4. Steve Morabito
5. Carlos Sastre

6. Sergio Ghisalberti
7. Yulien Rodríguez
8. Ryder Hesjedal

9. Ryan Cox +4'40"
10.Stijn Devolder
- Andriy Grivko

- Alejandro Valverde +5'49"

- Casar, Vinokourov, Simoni, Armstrong, Esparza, Mayo, Menchov +6'38"

- Marzano, Schleck, Cunego, Astarloza, Vila, Coutts, Efimkin, Halgand, Simón +7'08"

- Dessel, Mgeldaze +7'25"

- Gruppe mit Chavanel, Totschnig, Lövkvist, Samú Sánchez u.a. +7'57"

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Fabian
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Beitrag: # 398083Beitrag Fabian
19.11.2006 - 21:08

Steve wusste natürlich, dass "seine" Gruppe im Kampf um den Tagessieg nicht würde mitreden können. Schade, denn wenn er alles auf eine Karte gesetzt hätte, hätte er vielleicht mit Sanchez und Pereiro mitgehen können, aber das Team war ihm in dieser entscheidenden Situation wichtiger. Er hatte auf Carlos gewartet und diesen mit all seiner Kraft den Berg hinauf gezogen. Nun noch die Abfahrt... Steve war bereit, sich so lange für Carlos einzusetzen, wie es irgendwie ging. Jetzt zählte nur noch die Mission "Toursieg"!
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Beitrag: # 398089Beitrag wassertraeger29
19.11.2006 - 21:25

Nicht in seinen kühnsten Träumen, niemals hätte Toni mit diesem Joux-Plan Aufstieg gerechnet. Selbst als er im Teamwagen knapp hinter der Gruppe über den Kulminationspunkt fuhr, war wie ein Schleier über seinen Gedanken. Mit welcher Abgeklärtheit, welchem Teamgeist und welcher Stärke der junge Schweizer Sastre den halben Joux-Plan hochschleppte war einfach überragend.
"... kein Armstrong, kein Armstrong, kein ...", schallte es von der Rückbank.
"Manuel, du kannst jetzt aufhören, Armstrong ist laut Virenque 3 Minuten zurück", rief Toni halblaut dem Teammechaniker zu, der von ihm selber 10 Kilometer zuvor angewiesen wurde, zu melden, ob Armstrong noch durch die Heckscheibe zu sehen sei. Den hatte er bis jetzt völlig vergessen.

Ab nach Morzine: "Venga, Venga, Venga! Carlos, Steve. Venga, Venga! ..."

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Beitrag: # 398098Beitrag Henrik
19.11.2006 - 22:11

Drei Minuten hatte Toni ihm zugerufen. Drei Minuten! In solche Schwierigkeiten hatte Armstrong wohl noch niemand gebracht. Der Joux-Plane würde wohl nie ein Amerikanischer Berg werden. Aber jetzt spielte sich das Geschehen auf der anderen Seite ab, auf der Abfahrt nach Morzine. Aus dem Ohrstecker drang Tonis Geschrei, Steve hatte ideale Arbeit geleistet, war noch mit dabei. Jetzt musste die Gruppe zusammenarbeiten, jede Sekunde zählte für das Zeitfahren.

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Beitrag: # 398110Beitrag ETXE
20.11.2006 - 0:40

KILOMETER 190 (noch 10,5 km):

Schönen Dank, Richard Virenque, für diese eindrucksvolle Beschreibung!

Aber weiter im Text: Der kleine Gegenanstieg in der Abfahrt hinab nach Morzine hat schon so manchem härter zugesetzt als der Mont Ventoux. Die Armstrong-Gruppe geht ihn jetzt an. Und der Texaner tritt noch einmal voll an und kann sich auch ein wenig lösen von den anderen Fahrern. Doch sollten Vino und Co. das auf den letzten 10 Kilometern auffahren können.

Es bleibt jedoch festzuhalten, daß Armstrong seinen Kampfgeist nicht verloren hat und sicherlich in der Abfahrt mit größtem Risiko agieren wird. Jetzt geht es um jede Sekunde ...
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Beitrag: # 398116Beitrag Lance Armstrong Fan
20.11.2006 - 8:08

"Alles oder nichts", dachte Lance nun, wenn es ihm nicht gelingen würde auf der Abfahrt Boden gut zu machen, dann konnte er dem Toursieg ade sagen. Zwar war Carlos Sastre nicht der überragende Zeitfahrer, aber einen Rückstand von mehr als ein bis zwei Minuten konnte er unmöglich gegen einen Mann wettmachen, der den größten Sieg seiner Karrriere vor Augen hatte. Vielleicht nicht mal diesen.
Gruß LAF

Sieger: Bayernrundfahrt 08, Lombardeirundfahrt 08, Cyclassics 08
2. Platz: Giro d'Italia 08, E3 Prijs 09, Criterium International 09,
3. Platz: Paris-Roubaix 09, Baskenland 09

Gesperrt