3.4.2005 (Flandern-Rundfahrt) – Favoritensuche:
Ich bin inzwischen in Spanien, genauer im Baskenland, denn dort beginnt morgen meine erste ProTour-Rundfahrt. Den heutigen Tag habe ich allerdings nochmal vor dem Fernseher verbracht und was ich sehen durfte war Radsport vom allerfeinsten.
Zwar fehlten in Belgien alle drei Top-Favoriten, Boonen, Petegem und Wesemann, verletzungsbedingt, jedoch kam es bei fürchterlichem Wetter dennoch zu einem packenden Krimi.
Eingeleitet hatte die Veranstaltung das Herz des eigentlich chancenlosen Haimar Zubeldia, der auf den ersten 100 Kilometern mit einem Solo für Stimmung in dem baskischen Café in dem ich das Rennen sah, sorgte.
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Natürlich wurde er gestellt, bevor es richtig zur Sache ging, aber sein Kämpferherz sollte schon mal erwähnt werden, denn wer fährt bei diesem Wetter schon einfach so mal vorneweg, wenn noch 260 Kilometer knüppelharte Kilometer auf dem Programm stehen?
Dass es trotz des vergeblichen Versuches von Zubeldia ein Tag der Spanier werden würde unterstrich wenig später Juan-Antonio Flecha. Etwa 60 Kilometer vor dem Ziel ließ der Drittplatzierte der ProTour-Wertung das Feld hinter sich und sorgte dafür, dass von nun an keine Ruhe mehr einkehren sollte.
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Es hatten sich schon jetzt kleine Gruppen gebildet und für viele, wie zum Beispiel George Hincapie war jetzt schon klar, dass der Anschluß nach vorn nicht mehr so einfach herzustellen sein würde. Hinter Flecha bildeten sich mehrere Verfolger-Grüppchen in denen der starke Amerikaner leider nicht vertreten war und so ruhte die Konzentration von Discovery Channel auf den Schultern von Stijn Devolder.
Flecha hingegen fuhr ein atemberaubendes Rennen und kam 40 Kilometer später mit 2’40 Vorsprung an die Mur du Granon, den vorletzten Anstieg des Tages. Erst jetzt bekam der Spanier scheinbar Probleme mit seiner Kondition und sein Vorsprung begann etwas zu sinken, zumal bei den Verfolgern endlich auch Attacken gingen: Erik Dekker und vor allem Andreas Klier nahmen Flechas Verfolgung auf und ließen die Gruppe mit Mattan, Devolder, Nuyens, Hoj und Hoffman stehen.
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Alles was jetzt weiter hinten war begann die Segel zu streichen, denn der Ritt an die Spitze war erledigt. Als es zum Bosberg hinauf ging lag Flecha dann nur noch 43’’ vor Klier und es sollte auf einmal doch wieder eng werden. 10 Kilometer zuvor hatte der Fassa-Fahrer noch wie der klare Sieger ausgesehen und jetzt verließen ihn scheinbar doch die Kräfte. Er stand so knapp vor dem großen Triumph und konnte das Ortseingangsschild von Meerbeke sicher schon erahnen als es so weit war: Andreas Klier erreichte Flechas Hinterrad und sah noch deutlich frischer aus als Spaniens neuer Superstar.
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Hier im Café schlugen die Fans die Hände über dem Kopf zusammen, während sie fast betend zum Fernseh starrten und ihren Juan-Antonio anfeuerten.
Noch einmal kam Hoffnunf auf, als Klier seinen Gegner nicht stehen ließ, sondern mit ihm zusammenarbeitete. War es Respekt vor der Leistung Flechas oder einfach nur die Angst vor dem herankommenden Erik Dekker? Man weiß es nicht! Jedenfalls kamen Flecha und Klier schließlich gemeinsam auf die Zielgerade und ohne jeden Stehversuch zog der Deutsche den Sprint von vorne an. Flecha war am Ende und konnte dem Antritt nichts mehr entgegnen. Der Sieg ging an Klier und der Mann des Tages hieß Juan-Antonio Flecha! Für den zweiten Platz wird er immerhin mit dem ProTour-Führungstrikot belohnt. Das ist zwar nicht so schön wie der Sieg, aber immerhin etwas.
Ergebnis:
1 Andreas Klier T-Mobile Team 6h36'36
2 Juan Antonio Flecha Fassa Bortolo s.t.
3 Erik Dekker Rabobank + 44
4 Nico Mattan Davitamon - Lotto + 2'55
5 Nick Nuyens Quick Step - Innergetic s.t.
6 Stijn Devolder Discovery Channel s.t.
7 Frank Hoj Gerolsteiner + 3'32
8 Fabian Cancellara Fassa Bortolo + 4'20
9 Leif Hoste Discovery Channel s.t.
10 Tristan Hoffman Team CSC s.t.
Für uns war das Rennen natürlich auch super gelaufen. Mit einem siebten Platz von Frank Hoj hätte sicher niemand gerechnet! Unser Däne hat super Arbeit geleistet und durfte sich am Abend im Team-Forum zu Recht feiern lassen. Bravo Frank!
Auch Heinrich Haussler und Packo Wrölich können sehr zufrieden sein. Mit den Plätzen 37 und 27 sind sie zwar nicht ganz weit vorn gelandet, dafür haben sie vorher aber spitzenmäßig für Frank gearbeitet. Allgemein ist das „Wir-Gefühl“ in der Mannschaft im Moment absolut klasse. Wir sind zu einer echten Einheit zusammengewachsen! Hoffentlich kann uns das im Laufe der Saison noch den einen oder anderen Sieg einbringen, so wie in Köln…