1. April 2006
Kein Aprilscherz - 1. Sieg für Capitol
Wie bereits angekündigt, fand heute die Hel van Het Mergelland in den Niederlanden statt. Obwohl dort 20 Mannschaften an den Start gingen, waren wir das einzige Protour Team. Die anderen Mannschaften schienen sich wohl voll und ganz auf die morgige Flandern Rundfahrt zu konzentrieren.
Somit waren wir heute also eindeutig in der Favoritenrolle. Mit Marco Bos, Paul van Schalen, René Weissinger, Eelke van der Wal, Torsten Schmidt, Paul Martens und mir hatten wir ein recht gutes Team an Start und wollten bei dem recht hügeligen Terrain von Anfang an zeigen, dass wir das Rennen kontrollieren wollten.
Unser Sportlicher Leiter war heute übrigens Teamchef Bernd Stromberg. Piet Hoekstra, Rudi Kemna und Rolf Aldag waren schon in Flandern und der eigentlich dafür vorgesehen Udo Bölts lag mit Fieber im Bett.
Die Taktitbesprechung mit Stromberg war schon der Hammer. Abgesehen davon, dass er vom heutigen Rennen überhaupt keine Ahnung hatte, war es sehr lustig. Er sprach laufend irgendwelche Kopfsteinpflasterpassagen an, dabei gab es heute gar keine Pavé-Sektionen. So mussten wir die Renntaktik mehr oder weniger unter uns ausmachen. Wir einigten uns darauf, dass heute für René Weissinger, Paul van Schalen und mich gefahren werden sollte.
Zu Beginn des Rennens lief eigentlich schon alles nach Plan für uns. Nach wenigen Kilometern stand bereits die erste Steigung des Tages an und man merkte recht schnell, dass es im heutigen Peloton ein starkes Leistungsgefälle gab. So formte sich nach 15 Kilometern eine 12 Fahrer starke Spitzengruppe. Von mir aus hätte diese Gruppe durchkommen können, denn mit René, Paul und mir hatten wir unsere wichtigen Fahrer vorne drin.
Die anderen Fahrer in der Spitzengruppe waren von dieser Rennsituation anscheinend überhaupt nicht angetan. Gerhard Trampusch, der heute für Wiesenhof die Kohlen aus dem Feuer holen sollte sagte nur: ,,Noa, das könnts vergessn. Doa foar I net miet."
So wurde unser 40-Sekunden-Vorsprung vom Hauptfeld recht schnell wettgemacht und das Rennen begann von neuem. Es ging Gruppe um Gruppe aber keine schaffte es richtig weg. Zunächst war wieder René als Ausreißer aktiv, dann Paul, aber keine Gruppe kam mehr als eine Minute weg und wurde eingeholt.
Bis 45 Kilometer vor dem Ziel war also noch nichts wirkliches passiert, außer dass Paul, René ich und schon einiges an Kraft liegen gelassen hatten. Getoppt wurde das ganze noch von einer Anweisung von Stromberg, der auf einmal über Funk rief. ,,Adamietz!!!!Attacke!"
Was blieb mir anderes übrig, als den Anweisungen meines fachkompetenten sportlichen Leiter zu folgen. So mobiliserte ich noch einmal meine ganzen Kräfte und riss ein kräftiges Loch ins Fahrerfeld.
Nach und nach schlossen weitere Fahrer zu mir auf, bis wir schließlich, gut 30 Kilometer vor dem Ziel eine 20 Fahrer starke Gruppe waren. Dummerweise war ich der einzige Vertreter meines Teams. Das war taktisch natürlich nicht ideal.
Dummerweise hatte ich zu diesem Zeitpunkt nichts mehr zu Trinken und einen Teamkameraden, der mir etwas leihen könnte, gab es ja auch nicht mehr. Also wollte ich mich zum Teamwagen zurückfallen lassen, doch dieser war verschwunden. Wie ich später über Funk hörte, hatte Stromberg den Anschluss an die Autokolonne verloren und sich verfahren. Das war natürlich sehr ungünstig.
Ich ging absolut am Zahnfleisch. Zum Glück gab mir Jens Heppner aus dem Wiesenhof-Auto eine Flasche und ich konnte wieder etwas flüssiges zu mir nehmen.
Wahrscheinlich hatte ich es dieser Flasche, und damit meine ich nicht Heppe, zu verdanken, dass ich bei der entscheidenden Attacke des Tages, gut 10 Kilometer vor dem Ziel mitgehen konnte. Mit mir inklusive setzten sich vier Fahrer aus der Führungsgruppe ab und konnten sich recht schnell einen konfortabelen Vorsprung herausfahren.
Neben mir gehörten noch Gerhard Trampusch, Giuseppe Muraglia und Sven Renders zur Spitzengruppe. Zwischen uns vieren sollte der Sieg entschieden werden.
Großes Belauern gab es auf den letzten Kilometern nicht. Jeder Fahrer versuchte sein Heil in der entscheidenden Attacke und jeder griff schließlich jeden an.
Kurz vor der Flemme Rouge setzte dann der Italiener Muraglia seine Attacke. Obwohl ich total am Ende war konnte ich noch ans Hinterrad springen - Renders und Trampusch gelang das nicht. ,,Wenn jetzt nichts mehr passiert, bist du sicher zweiter", dachte ich mir.
Murglia und ich harmonierten sehr gut und wechselten uns mit der Führungsarbeit wunderbar ab. Taktisch hatte ich jedoch den Vorteil, als es auf die Zielgerade ging, an zweiter Position zu sein. Über die Sprintfähigkeiten von Muraglia wusste ich nicht besonders viel und Stromberg, der mittlerweile zu den Autos zurückgefunden hatte, konnte mir auch nichts sagen.
So wartete ich bis 150 Meter vor dem Ziel und zog dann an Muraglia vorbei.
Muraglia hatte nichts mehr entgegenzusetzen und so sicherte ich mir und dem Team den ersten Saisonsieg!!!!!!!!! Mann habe ich mich bei der Zielüberquerung gefreut.
Bei der anschließenden Siegerehrung war ganz schön was los. Während ich mich um die Sektflasche kümmerte, hörte ich nur, wie sich Stromberg an die beiden Damen der Siegerehrung heran machte und fragte ob sie Lust auf ,,was Nudliges" hätten.
Über diesen Sieg freue ich mich riesig, auch wenn es ,,nur" bei einem kleineren Rennen war. Sieg ist aber Sieg. Wenn Heppe heute nicht gewesen wäre, hätte ich nicht gewonnen. Das hat bestimmt auch sein Schützling Gerhard Trampusch mitbekommen. Jetzt ist der Bann endlich gebrochen und vielleicht läuft ja morgen was bei der Flandern Rundfahrt. Ich freue mich jedenfalls schon auf meinen Kommentatorenjob.
Meine beiden nächsten Rennen werden dann übrigens Gent-Wevelgem und Paris-Robaix sein. Da bin ich schon total heiß drauf.
Ergebnis:
Hel van Het Mergelland:
1. Christoph Adamietz (Capitol)
2. Giuseppe Muraglia (LPR) +14
3. Sven Renders (Landbouwkrediet) +25
4. Gerhard Trampusch (Wiesenhof) +49
5. Timothy Cassidy (Sean Kelly Team) +1`25