Der Kontrast

FIKTIVE Radsport-Geschichten von Usern, die sich für schreibtalentiert halten

Moderator: Grabba

Benutzeravatar
JeremyAndrews
Beiträge: 2050
Registriert: 3.7.2004 - 3:19
Kontaktdaten:

Beitrag: # 325079Beitrag JeremyAndrews
3.1.2006 - 17:23

[color=white][b][size=100]AUSGABE 8, MONTAG, 28. Februar 2005 [/size][/b][/color]

SEITE 15: SCHLUSSSPURT

UCI Ranglisten

CONTINENTAL-TOUR

Einzelwertung
1. Enrico Degano (TBL) 160
2. Moises Aldape (PAN) 150
3. Erki Putsep (A2R) 110
4. Angel Casero (ECV) 104
5. Bert De Waele (LAN) 102
6. Ludovic Capelle (LAN) 98
7. Kevin Van Impe (JAC) 80
8. Emanuele Sella (PAN) 78
9. Rui Sousa (LAL) 62
10. Jorge Azanza (KAI) 56

Teamwertung
1. Ceramica Panaria - Navigare 284
2. AG2R Prévoyance 265
3. Landbouwkrediet - Colnago 234
4. Team Barloworld - Valsir 214
5. Comunidad Valenciana 155
6. Chocolade Jacques - T-Interim 147
7. Mr.Bookmaker.com - Sportstech 90
8. Team L.P.R. 82
9. Acqua & Sapone - Adria Mobil 73
10. Kaiku 73

Da die ProTour erst am 6. März mit der Fernfahrt Paris-Nizza startet, liegt bislang von der Wertung der besten 20 Radsportteams noch keine Ergebnisse vor.
"If it doesn't matter who wins or loses, then why do they keep score?" (Vince Lombardi)

Benutzeravatar
Hoffi
Beiträge: 1867
Registriert: 15.7.2003 - 21:33
Kontaktdaten:

Beitrag: # 327264Beitrag Hoffi
18.1.2006 - 18:08

Obgleich es, mal wieder, den Anschein hat, aber dieser AAR ist noch keineswegs beendet. Jeremy wird fortan zwar in keinster Weise mehr mitmischen, Alejandro, Artifex, Hans und ich konzipieren jedoch seit mehreren Wochen eine Fortsetzung, mit der Ende des Monats zu rechnen ist.
"There are only 10 types of people in the world: Those who understand binary, and those who don't."

Benutzeravatar
Hoffi
Beiträge: 1867
Registriert: 15.7.2003 - 21:33
Kontaktdaten:

Beitrag: # 330264Beitrag Hoffi
8.2.2006 - 19:36

Bild
"There are only 10 types of people in the world: Those who understand binary, and those who don't."

Benutzeravatar
Hoffi
Beiträge: 1867
Registriert: 15.7.2003 - 21:33
Kontaktdaten:

Beitrag: # 330668Beitrag Hoffi
11.2.2006 - 10:27

AUSGABE 9, MONTAG, 7. MÄRZ 2005
SEITE 2: AUS DEM INHALT

Überblick
SEITE 2: Aus dem Inhalt
SEITE 3: Editorial – Aus dem Hause

TITEL
SEITE 4: Fahrer des Monats – Wählt den Radsportler des Monats Februar

RADSPORT-HISTORIE
SEITE 5: La Vie Claire – Das von Bernard Tapies Lebensmittelkette finanzierte Team und seine beiden Garanten
SEITE 6: Mailand-San Remo – Bei der 94. Edition der Primavera im Jahr 2003 triumphierte das italienische Quickstep-Duett Bettini/Paolini

DIE RENNEN DER WOCHE
SEITE 7: Mailand-Turin – Ein Duell zwischen Kletterern und Sprintern
SEITE 8: Vuelta a Murcia – T-Mobile vermiest den Spaniern die Heimshow

HINTERGRUND
SEITE 9: ProTour – Das Zustandekommen der tiefgreifendsten Reform der letzten Jahre im Profi-Radsport
SEITE 10: Interview der Woche – Bradley McGee, der sich im Vorjahr zum bergfesten Allrounder mauserte, über seine Ziele in dieser Saison und die Fernfahrt Paris-Nizza

RENNVORSCHAU
SEITE 11: Paris-Nizza – Die ProTour debütiert in Südfrankreich
SEITE 12: Tirreno-Adriatico – Die Vorbereitung der Sprintasse auf Mailand-San Remo

SEITE 13: Fahrer der Woche
SEITE 14: Meinungen – Die Überraschungen des Saisonstarts / So ges(ch)ehen / Das meinen die Anderen
SEITE 15: Schlussspurt – UCI-Ranglisten
"There are only 10 types of people in the world: Those who understand binary, and those who don't."

Artifex
Beiträge: 1653
Registriert: 29.7.2003 - 14:32

Beitrag: # 330746Beitrag Artifex
11.2.2006 - 18:50

AUSGABE 9, MONTAG, 7. MÄRZ 2005
SEITE 3: EDITORIAL

Aus dem Hause

Die Radsportsaison 2005 ist mittlerweile im vollsten Gange, die Vorbereitungen laufen, bis zu dem ersten Event der „UCI ProTour“, der Fernfahrt Paris-Nizza müssen wir nunmehr nur noch zweimal schlafen und auch andere große Rennen wie die Primavera am 20. März lässt nicht mehr lange auf sich warten. Genau zur rechten Zeit wie wir finden haben wir uns zusammengesetzt und für die Zukunft ein neues Konzept ausgearbeitet. Die neuen Richtlinien wurden auf Basis einer vierköpfigen Reaktion, bestehend aus Alejandro V., HansFuchs, Hoffi und Artifex, entworfen und sollen Kontinuität, Effektivität und Qualität unseres Angebots weiter steigern. Im Folgenden wollen wir unser neues Programm in den groben Grundzügen näher erläutern:

Die Rubriken sind größtenteils bestehen geblieben, lediglich „Nachgehakt bei“ fiel einer Umstrukturierung unserer Berichtweise aus dem Hintergrund des Radsportzirkus’ zur Last und wurde aus dem Programm gestrichen. Natürlich bleibt das Interview der Woche im Programm enthalten, schließlich hat sich dieses Ressort zu einem der wichtigsten Informationsquellen in unserem Magazin entwickelt. Wir werden auch in Zukunft bei unseren Interviewplanungen bedacht vorgehen, um Ihnen stets eine objektive, interessante und wahrheitsgemäße Berichterstattung möglich zu machen, was selbstredend auch in allen anderen redaktionellen Bereichen unser Ziel ist.

Neu im Programm sind die Rennvorschauen, in denen wir Sie auf die jeweils bevorstehenden „ProTour“-Rennen einstimmen wollen. Diese Vorschauen beinhalten einen geringen Anteil an Historie, vor allem aber auch um dem Namen gerecht zu werden, ein Ausblick auf das Rennen mit einer Streckenvorschau und einer Zusammenfassung der Favoriten. Auch bei der Berichterstattung von den Rennen werden wir wie gewohnt vorgehen, einzig und allein ist eine engere Zusammenarbeit mit der Agentur „CyM5 photo“ geplant, da wir jetzt auch fotografisch eine größere Vielfalt erreichen wollen. Wir werden fortan bei jedem Rennen vor Ort sein, um einen eigenen Eindruck zu bekommen und uns von anderen Nachrichtendiensten unabhängig zu machen.

Doch nicht nur die Berichterstattung von aktuellen Rennereignissen ist uns wichtig, auch die Geschichte soll nicht zu kurz kommen. HansFuchs wird auch weiterhin historische Ereignisse beleuchten, in dieser Ausgabe wird „La Vie Claire“, das Projekt des Lebensmittelunternehmers Bernard Tapie unter die Lupe genommen.
Den historischen Bereich haben wir mit einer Neuheit aufgewertet, so wird sich Alejandro V. fortan der Geschichte bestimmter Rennen annehmen und diese den Lesern vorstellen.

Wir haben uns also auch für die Zukunft viel vorgenommen und wünschen jetzt viel Spaß mit der neunten Ausgabe!

Benutzeravatar
Hoffi
Beiträge: 1867
Registriert: 15.7.2003 - 21:33
Kontaktdaten:

Beitrag: # 330803Beitrag Hoffi
12.2.2006 - 11:04

[color=white][b][size=100]AUSGABE 9, MONTAG, 7. MÄRZ 2006 [/size][/b][/color]
SEITE 4: TITEL

FAHRER DES MONATS
WÄHLT!

Der KONTRAST kürt einen Fahrer des Monats, indem die Leser am Ende eines jeden Monats befragt werden, wer für sie der beste Pedaleur der vergangenen Wochen war. Die Kandidaten setzen sich aus den von der KONTRAST-Redaktion bestimmten und in jeder Ausgabe bekannt gegebenen Fahrern der Woche zusammen. Die acht Monatssieger von Februar bis Oktober kandidieren schlussendlich im November bei der Wahl zum Fahrer des Jahres.

DIE KANDIDATEN

Dmitriy Fofonov
Bild
Der 28-jährige Russe, den der KONTRAST zum Fahrer der Woche in Ausgabe fünf auserkor, präsentierte sich Anfang Februar in exzellenter Konstitution, weshalb er sich in Südfrankreich gleich zweifach aufs Podest hievte. Als die Stars der Szene noch abstinent und unambitioniert waren respektive sich außer Form befanden, gewann der Cofidis-Athlet bei der Etoile de Bessèges nicht nur die Gesamtwertung, sondern obendrein auch eine Etappe und platzierte sich beim GP d’Ouverture la Marseillaise auf dem zweiten Rang.

Davide Rebellin
Bild
Als Erster der wenigen absoluten Top-Favoriten für die hügeligen Ardennen-Klassiker untermauerte Davide Rebellin, dem im Vorjahr das „Ardennen-Triple“ gelungen war, dass er sich vorbereitungstechnisch vollkommen im Soll befindet. Bei der Tour Méditerranéen duellierte sich der 33-Jährige mit Erzrivale Michael Boogerd um den Gesamterfolg – und gewann. Die KONTRAST-Redaktion kürte den Italiener zum Fahrer der Woche in der sechsten Ausgabe.

Giuliano Figueras
Bild
Dass die Franzosen heuer kaum noch bei ihren heimischen, kleinen Klassikern brillieren konnten, verursachte unter anderem ein Italiener: Giuliano Figueras, Fahrer der Woche in der siebten KONTRAST-Ausgabe, hebelte die Franzosen bei den Classic Haribo und der Tour du Haut Var aus und schaffte zugleich ein ungewöhnliches Kunststück: Binnen eines Wochenendes gewann er zwei Rennen und katapultierte sich somit auch in eine Position, in der die Ansprüche der Italiener hinsichtlich der Frühjahrsklassiker und des Giro zu wachsen beginnen.

Peter van Petegem
Bild
Vor exakt acht Jahren feierte Peter van Petegem in Lokeren seinen ersten größeren Erfolg seiner Karriere – denn unmittelbar zuvor hatte der damals schon 27 Jahre alte Belgier den Omloop Het Volk für sich entschieden. Seither durfte sich der heute 35-Jährige weitere zweimal bei dem gefürchteten Kopfsteinpflaster-Klassiker als Triumphator rühmen lassen, 1998 und 2002. Heuer war es wieder soweit: Van Petegem siegte nach einer 200 Kilometer langen Schlacht in Flandern bei einem seiner Lieblingsrennen und sicherte sich zugleich auch in der achten Ausgabe den KONTRAST-Titel Fahrer der Woche.


Die Wahl endet am Sonntag, 19. Februar 2006.
"There are only 10 types of people in the world: Those who understand binary, and those who don't."

Benutzeravatar
José Miguel
Beiträge: 5881
Registriert: 3.11.2004 - 18:53
Kontaktdaten:

Beitrag: # 330805Beitrag José Miguel
12.2.2006 - 11:20

Peter van Petegem
RZ: Punktewertung Vuelta 2006 und 2008, Etappensieg TdF 2010, 2011 und Giro 2012&2014, Berg Giro 2012, 2013, 2014 / Rad-Tipp: Giro dell'Emilia, Paris-Tours 2008, Tour de Romandie 2011, Eneco-Tour 2011, WM-Zeitfahren 2011 / Frauenfussball-Weltmeisterschaft 2007 / Fussball-Bundesliga 11-12
SKI: Whitney Houston Award 10/11, 11/12, 12/13, 13/14

Benutzeravatar
Kim Kirchen
Beiträge: 431
Registriert: 29.7.2003 - 22:10
Kontaktdaten:

Beitrag: # 331045Beitrag Kim Kirchen
13.2.2006 - 17:19

Fofonov

Ach Leute, ihr schreibt einfach klasse! Ich will dringend mehr davon.

Benutzeravatar
juan antonio flecha
Beiträge: 860
Registriert: 22.6.2004 - 20:47
Kontaktdaten:

Beitrag: # 331067Beitrag juan antonio flecha
13.2.2006 - 17:56

Figueras

Ihr wollt noch besser werden ? :D
Viva Italia

Benutzeravatar
Gfoo2000
Beiträge: 40
Registriert: 18.7.2004 - 19:03
Kontaktdaten:

Beitrag: # 331087Beitrag Gfoo2000
13.2.2006 - 18:53

Tolle Story, bin auch Figueras...!
Ich bin kein Bild....

Benutzeravatar
HansFuchs
Beiträge: 1972
Registriert: 2.8.2004 - 11:51
Kontaktdaten:

Beitrag: # 331258Beitrag HansFuchs
14.2.2006 - 16:29

AUSGABE 9, MONTAG, 7. MÄRZ 2005
SEITE 5: RADSPORT-HISTORIE

Bild
Rivalen im eigenen Team: LeMond (l.) und Hinault

LA VIE CLAIRE
Das System Tapie

Bernhard Tapie mimte in den 80er und 90er Jahren einen der einflussreichsten und zugleich zwiespältigsten Geschäftsmänner, Medienmagneten und Politiker Frankreichs. Er war bekannt wie ein bunter Hund und fast ebenso erfolgreich. Aufsehen erregte er im Radsportgeschäft ab 1984 mit zwei Garanten der Szene.

Das Licht der Welt erblickte Bernard Roger Tapie am 26. Januar 1943 in Paris. Nach erfolgreichem Ingenieurswissenschaftsstudium von 1960 bis 1968, deutete er Ende der 70er Jahre sein Unternehmertalent bereits an, als er die Papierfabrik Duverger aufkaufte und 1979 gewinnbringend wieder veräußerte.
Im selben Jahr gründete der Franzose die Beteiligungsgesellschaft "Groupe Bernard Tapie", welches marode Firmen sanierte und mit hohem Gewinn verkaufte.

Bis 1984 hatte sich Tapie ein riesiges Industrie-Imperium aufgebaut, welches schnell neue Märkte erschließen wollte. So kam es wie es kommen musste: Auch der Radsport blieb von Tapies Mittel und Methoden nicht verschont - seine hauseigene Lebensmittelkette „La Vie Claire“ gab dem neuen Team seinen Namen.

Gut sechs Monate zuvor überraschte ein dreiundzwanzigjähriger Franzose seine Landsmänner bei seiner ersten Teilnahme an der Tour de France mit dem Gesamtsieg. Die Rede ist von Laurent Fignon, der damals zusammen mit Bernard Hinault bei Renault-Elf-Gitane unter Vertrag stand. Hinault, der bis 1983 bereits viermal bei der Großen Schleife erfolgreich war, fehlte im selben Jahr aufgrund einer Knieverletzung. So stieg Fignon, mit Brille und Zopf, für ihn in die Bresche.
Ende des Jahres stand Teamchef Cyrille Guimard vor der Frage: Hinault oder Fignon? Nach Streitigkeiten mit dem Sponsor wurde Laurent Fignon zum Kapitän des Teams erklärt – Bernard Hinault musste sich fortan einen neuen Arbeitgeber suchen.

Bild
Tapie verkündet Vertragsabschluß zwischen Hinault und La Vie Claire

Da kam dem Bretonen die Offerte Tapies nicht ungelegen, der ihm 3,2 Millionen DM für drei Jahre bot. Zudem bastelte Tapie mit Steve Bauer, Kim Andersen und ehemaligen Helfern Hinaults an einer schlagkräftigen Truppe für die Tour 1984, die das Unternehmen „fünfter Toursieg Hinaults“ als oberstes Ziel hatte. Der Chef der Èquipe betonte jedoch immer, dass ihm der Radsport gleichgültig sei und nur die Popularität Hinaults zähle.

Im Juli kam es zum Aufeinandertreffen der besten französischen Rennfahrer dieser Zeit: Fignon, der Sieger von 1983 und der aufstrebende Star gegen den viermaligen Champion und mit 30 Jahren am Karrierehöhepunkt angekommenen Bernard Hinault. Der „blaireau“ musste seinen fünften Toursieg vertagen, zu stark war der junge Fignon, der am Ende in Paris über 10 Minuten vor Hinault lag und seinen zweiten Gesamtsieg bei der Tour de France feierte.

Tapie polterte und ließ erneut seine Macht spielen, indem er den ungekrönten König unter den Radsporttrainern, den Schweizer Paul Koechli an Bord holte. Tapies Radsport-Experten waren indes auf einen jungen Amerikaner namens Greg LeMond aufmerksam geworden. Der Kalifornier fuhr 1984 seine erste Tour de France und belegte bereits den dritten Rang. Für Tapie galt es also einen weiteren Störfaktor für das Unternehmen „fünfter Toursieg“ für Hinault auszuschalten. So wurde LeMond für ein Jahresgehalt von einer Millionen US-Dollar von Renault-Elf-Gitanes abgeworben.

LeMond wollte sich keineswegs Hinault unterordnen, hatte er den alternden Franzosen doch bei der Tour de France 1984 nur um eine Minute verfehlt. Koechlis Aufgabe war es also zwei Egozentriker unter einen Hut zu bringen, dies schien fast unlösbar. Schon während der Tour 1985 geriet das Konzept Tapies ins Wanken…

(Fortsetzung folgt.)
#fragschusti

Benutzeravatar
Alejandro_Valverde
Beiträge: 121
Registriert: 20.6.2004 - 15:29
Kontaktdaten:

Beitrag: # 331392Beitrag Alejandro_Valverde
14.2.2006 - 23:09

Figueras :)
Der AAR ist weiterhin genial!

RotRigo
Beiträge: 4154
Registriert: 16.6.2002 - 18:19
Kontaktdaten:

Beitrag: # 331430Beitrag RotRigo
15.2.2006 - 11:38

Schön, dass ihr wieder an Beständigkeit gewinnt! Textlich ist der Kontrast ja ohnehin das nonplusultra!

Meine Stimme geht ebenfalls an Figueras

Benutzeravatar
HansFuchs
Beiträge: 1972
Registriert: 2.8.2004 - 11:51
Kontaktdaten:

Beitrag: # 331516Beitrag HansFuchs
15.2.2006 - 17:11

(Fortsetzung)

Das System Tapie (2) – Rivalen im eigenen Team

…Aber es fiel nicht. Hinault ließ die Hoffnungen des Amerikaners mit dem Auftaktsieg im Prologzeitfahren in Plumelec früh zerplatzen und übernahm das Gelbe Trikot. LeMond wurde in die Helferrolle gedrängt, obwohl er ein ausgezeichnetes Frühjahr aufweisen konnte, mit einem vierten Platz bei Paris-Roubaix, Het-Volk und dem Criterium International. Gekrönt wurde der Beginn dieser Saison 1985 durch den zweiten Platz bei der Baskenland Rundfahrt und dem dritten Podestrang beim Giro d´Italia. Aber auch dort musste er sich bereits seinem Kapitän Bernard Hinault geschlagen geben.

Bild
Hinault (l.) und LeMond in Eintracht beim Giro `85

Hinaults Vormachtstellung konnte er bis zur berüchtigten 14. Etappe von Autrans nach St. Etienne behaupten. Zuvor gewann Hinault neben dem Prolog auch das Mannschaftszeitfahren mit seiner Èquipe und spielte seine herausragenden Zeitfahrqualitäten im Einzelzeitfahren nach Straßburg aus, wo er mit über zwei Minuten vor dem Iren Stephen Roche jubelnd über die Ziellinie fuhr.
Wenige Meter vor der Ziellinie in St. Etienne riss ein Sturz unzählige Fahrer zu Boden, darunter auch Hinault, der dadurch gut zweieinhalbe Minuten auf den Tagessieger Lucho Herrera verlor und für die nächsten Pyrenäenetappen arg gehandicapt ins Rennen ging.

Die Auswirkungen dieses Sturzes zeigten sich auf der 17. Etappe hinauf nach Luz Ardiden. Zuvor hatten die Pedaleure bereits die Tourgiganten Aspin und Tourmalet überquert. Am Schlussanstieg verlor der Dachs seinen Tritt und fiel zurück. Über den Teamfunk wurde Hinaults Teamkollege Niki Rüttimann beordert ihm zur Seite zu stehen.
LeMond mit jugendlicher Unbekümmertheit und Raffinesse sah er die Chance zum Angriff, bewusst im Hinterkopf das Gentleman Agreement mit dem Teamchef Tapie zu übergehen. Zusammen mit Stephen Roche und dem Spanier Eduardo Chozas griff er das Gelbe Trikot an.
LeMonds Traum das „Maillot Jaune“ zu übernehmen, löste sich durch Paul Koechlis Anweisung abrupt in Luft auf: „Bernard hat einen Durchhänger, aber er kommt durch. Wenn du abhaust, greifst du ihn an. Ich kann das nicht zulassen.“ so die Worte des sportlichen Leiters.

LeMond, geschockt und enttäuscht ob der Reaktion Koechlis, beschwerte sich öffentlich über den Schweizer und konnte nur von Tapies Handgeld von einer Million Franc und dem legendären Versprechen beruhigt werden: „Hinault liegt immer noch gut im Rennen, und du wirst ihm helfen, seine fünfte Tour zu gewinnen. Im nächsten Jahr wirst du der Sieger sein, und er wird dir dabei helfen“.

Der Amerikaner gab mürrisch nach und attackierte fortan seinen Kapitän nicht mehr. Hinault gewann so seine fünfte Tour de France mit 1’42’’ vor LeMond und 4’29’’ vor Stephen Roche. Tapies Truppe holte sich standesgemäß die Mannschaftswertung auch dank des fünften und zehnten Gesamtranges von Phil Anderson und Steve Bauer.

Bild
Strahlemann Hinault: 1985 reckte er zum letzten Mal die Siegertrophäe der Tour gen Himmel

Hinault hatte nach seinem fünften Triumph bei der „Grand Boucle“ angekündigt, dass die 86er Tour de France seine letzte werden würde. Der Patron hatte die Chance als erster Radprofi sechsmal dieses prestigeträchtige Rennen zu gewinnen, aber er ließ immer wieder im Voraus verlauten, dass sein Interesse nur der Unterstützung seines Teamkollegen LeMonds galt, nicht jedoch eines sechsten Sieges. Hinault fahre nicht des Rekords wegen, sondern um LeMond zu helfen so waren die Worte des Franzosen.

Optimale Voraussetzungen also für den ersten Tourerfolg eines Amerikaners, da auch der ärgste Konkurrent außerhalb des eigenen Rennstalls, Laurent Fignon sich während der Frankreich Rundfahrt in schwacher Form befand und keineswegs den Plan LeMond durchkreuzen konnte.
Bereits im Mai zeigte LeMond seine tolle Verfassung und belegte einen hervorragenden vierten Platz beim Giro d´Italia, nur geschlagen von den Italienern Moser, Saronni und Visentini.

Der echte Härtetest während der Tour 86 bildete ein Einzelzeitfahren in Nantes, Hinaults Spezialdisziplin, dass der fünffache Tour de France Sieger spielend mit 44’’ Sekunden vor dem Sonnyboy aus den Vereinigten Staaten. Hinault lag nach dieser Etappe auf Rang zwei im Klassement, nur 1’10’’ hinter dem Träger des Maillot Jaune Jorgen-Vagn Pedersen aus Norwegen.
Die erste Pyrenäenetappe von Bayonne nach Pau brachte viel Bewegung in das Geschehen der Rundfahrt. Delgado attackierte am Marie-Blanque und Hinault zog hinterher und die beiden fuhren auf die Verfolgergruppe um LeMond, Herrera, Bauer, Criquiélion, Rooks und Hampsten einen beträchtlichen Vorsprung von über viereinhalbe Minuten heraus. Der „Dachs“ übernahm am Abend das Gelbe Trikot. LeMond lag schon 5’37’’ hinter seinem eigentlichen Adjutanten. Teamchef Bernard Tapie sprach jedoch weiter von einer Doppelspitze

Bild
Das Siegerpodest 1986: Hinault (l.), LeMond und Zimmermann

Hinault schien sein Wort gebrochen zu haben, hatte es den Anschein. Aber schon einen Tag später auf 13. Etappe von Pau nach Superbagnères über die Pyrenäenriesen Tourmalet, Aspin und Peyresourde mit dem ruppigen Schlussanstieg nach Superbagnères schlug der Amerikaner zurück und ließ die Schwäche des Vortages vergessen. Er demontierte alle Kletterspezialisten und Rundfahrtsfavoriten am letzten Anstieg und brummte ihnen über eine Minute und mehr auf. Hinault hingegen erlitt einen Hungerangst und kam erst 4’39’’ hinter LeMond auf 1770 Meter Höhe an.
Hinault blieb zwar in Gelb, aber der Vorsprung war auf 40’’ Sekunden gesunken. Einen Tag später siegte mit Niki Rüttimann wieder ein La Vie Claire Mann in Blagnac und auf der 16. Etappe in Gap tat es Jean-François Bernard ihm gleich, dies bedeutete den vierten Etappenerfolg.
Der große Showdown bot die zweite Alpenetappe über Col de Vars, Col d’Izoard und Col du Granon nach Serre Chevalier an den Rand des Col du Galibier. Den Zuschauer wurde ein wie entfesselt fahrender Eduardo Chozas präsentiert, der mit 6’26’’ vor dem Schweizer Urs Zimmermann in über 2400 Meter Höhe erfolgreich war. Zeitgleich wie der Schweizer Meister kam LeMond ins Ziel und distanzierte damit Hinault auf knapp drei Minuten und übernahm sein erstes „Maillot Jaune“ seiner Karriere.

Die Tour schien entschieden und das war sie auch. Die amerikanische Presse feierte ihren Helden mit Schlagzeilen wie „LeMond gewinnt auch ohne Hinault“. Den Journalisten sollte schlussendlich noch ein großer Höhepunkt geboten werden, die Etappe nach Alpe d´Huez, über den Galibier und den Col du Croix de Fer.

Bild
Das Szenario in Alpe d´Huez 1986: LeMond und Hinault auf der Ziellinie Arm in Arm

Die beiden setzten zu einer legendären Flucht über 90 Kilometer an und düpierten die Konkurrenz mit 5’15’’ Vorsprung im Ziel. Hinault attackierte seinen Kollegen nicht, obwohl er allen Grund dazu gehabt hätte, da der Träger des „Maillot Jaune“ so sehr wie an keinem Tag litt. Bernard Hinault zog ihn die steilen Rampen hinauf in den Wintersportort und den Zuschauern boten die beiden ein Bild von Eintracht mit der geschichtsträchtigen Arm-in-Arm Überfahrt von Bernard Hinault und Greg LeMond.

Für den Amerikaner wurde es der erste von drei Tour de France Erfolgen und Hinault verabschiedete sich im November 1986 auf einer Privatparty in seinem Heimatort Quessoy vom Profiradsport.
Tapies Zweizack war also Ende der Saison 1986 Geschichte, einer der erfolgreichsten der Radsportgeschichte. LeMonds Radsportkarriere wurde aufgrund eines schwerwiegenden Jagdunfalls bis 1989 unterbrochen.

1987 belegte die Équipe unter dem Namen Toshiba mit Jean Francois Bernard in Frankreich Rang drei, es war einer der letzten großen Erfolge. Das Radsportinteresse Tapies schwand auch deshalb, weil ein Nachfolger für die großen Garanten des Erfolges, Hinault und LeMond, nicht in Sicht war. Bis 1991 ging das Team unter dem Namen Toshiba an den Start, ehe sich der Sponsor aus dem Radsport zurückzog.
#fragschusti

Benutzeravatar
Alejandro V.
Beiträge: 4718
Registriert: 9.4.2005 - 23:28
Kontaktdaten:

Beitrag: # 331697Beitrag Alejandro V.
16.2.2006 - 18:26

AUSGABE 9, MONTAG, 7. MÄRZ 2005
SEITE 6: HISTORIE

MAILAND-SAN REMO
Ein kleiner Mann ganz groß
Die 94. Auflage von Mailand-San Remo wurde mit Spannung erwartet: Mit Mario Cipollini, Erik Zabel und dem kommenden Star Alessandro Petacchi war die Weltklasse des Sprints vertreten. Jedoch nahm das Rennen einen dramatischen Verlauf und wurde die beste „Classicissima“ der letzten Jahre

"Ich habe in den letzten Jahren viel gelernt bei Mailand-San Remo. Man hat mir immer erzählt, dies sei kein Rennen für mich. Aber ich wusste, wenn das Rennen vor dem Poggio schwer gemacht wird, habe ich eine Chance", äußerte sich ein überglücklicher Paolo Bettini nach fast sieben Stunden im Sattel. Was hier aber kurz ausgedrückt wird, ist in der Tat eine der besten Auflagen von Milano-San Remo überhaupt. Vor dem Start galten die Sprinter wie Erik Zabel, der schon viermal bei der Primavera triumphierte, oder Alessandro Petacchi, der als der neue Dominator im Sprint gehandelt wurde und diesen Ruf zwei Monate später bei seiner Heimrundfahrt eindrucksvoll bestätigte. Als absoluter Topfavorit galt aber Mario Cipollini, der amtierende Weltmeister und alleinige Kapitän von Domina Vacanze. Seit 2002 trug Cipollini das Trikot des italienischen Teams und konnte sich die Mannschaft nach seinen Vorzügen zusammenstellen. Diese Arbeit trug bereits im Vorjahr Früchte, als er überlegen die Primavera für sich entscheiden konnte.

Eher geringe Chancen wurden den Scalatore, den Kletterern, eingeräumt. Danilo di Luca, Paolo Bettini, Davide Rebellin und Alexandre Vinokourov wurden zwar auch immer wieder genannt, aber am Ende war sich die Fachwelt einig: „Wenn am Ende nicht Cipollini triumphiert, wer dann?“ Denn ein Problem hatten sowohl di Luca als auch Vinokourov schon vor dem Start: Mit Dario Pieri bzw. Erik Zabel standen Top-Sprinter im jeweiligen Team, auf die die Taktik abgestimmt wurde. Ein Umstand, der im späteren Rennverlauf tatsächlich zum Tragen kommen sollte. Davide Rebellin konnte sich zwar der vollsten Unterstützung seiner Gerolsteiner-Mannschaft sicher sein, diese wurde aber gemeinhin nicht als sehr stark angesehen. Lediglich Paolo Bettini konnte auf ein Team bauen, dass voll auf ihn abgestimmt war. Dass dieser Umstand der entscheidende Faktor werden sollte, konnte und wollte man vor dem Start allerdings nicht glauben.

Auch die 94. Primavera begann wie jede andere Ausgabe: Kurz nach dem Start fuhren neun Ausreißer dem Feld davon, allerdings ohne jede reelle Siegchance. Das Feld passierte geschlossen den ersten Anstieg des Tages, den Turchino, der zwar der höchste Punkt des Parcours, aber nicht besonders steil ist. Wie zu erwarten, bestimmte Domina Vacanze das Tempo, welches allmählich erhöht wurde. Richtig schnell wurde es aber erst in der Anfahrt zum Capo Cervo und Capo Berta, die ersten beiden einer Serie von kleinen Anstiegen vor dem Ziel in San Remo. Allerdings probierte hier noch niemand sein Glück, so dass lediglich die Ausreißer gestellt wurden. Erst die letzten zwanzig Kilometer mit Cipressa und Poggio sollten die Entscheidung bringen und diese Austragung von Milano-San Remo so unvergesslich machen. Den Anfang machte die Cipressa, ein Anstieg, an dem die ersten kleinen Nadelstiche gesetzt werden, um dann am Poggio das Feld zu sprengen.

Bild
Der erste Vorstoß an der Cipressa

Aber in diesem Jahr schien alles anders zu sein. Bereits in den ersten Kehren der Cipressa wurde attackiert und es setzte sich eine Gruppe ab, die mit der absoluten Creme de lá Creme des Radsports gespickt war: Nach einer anfänglichen Attacke von Celestino sprangen aus dem Feld unerwartet auch Paolo Bettini, Davide Rebellin, Alexandre Vinokourov und Oscar Freire mit. Was verheißungsvoll aussah, entpuppte sich aber nur als ein kurzes Intermezzo. Alexandre Vinokourov war nicht bereit mitzuführen, scheinbar weil Zabel im Feld saß. Hinterher lamentierte Davide Rebellin, dass "wir weg gekommen wären, wenn er an der Cipressa mitgearbeitet hätte". Mario Kummer schränkte nach dem Rennen ein, dass Vinokourov aus einem anderen Grund nicht mitführte:"Wir hatten Vino über Funk gesagt, keine Führungsarbeit zu leisten. Die Zusammensetzung der Gruppe war so, dass er im Endspurt keine Chance auf den Sieg gehabt hätte".

Somit wurde die Gruppe schnell wieder gestellt und das Feld erklomm die ersten Meter des Poggio, als Danilo di Luca eine Attacke lancierte. „Bei Bettinis Attacke an der Cipressa fuhr ich neben Cipollini und sah ihn an. Er war total ruhig und es war eine gute Entscheidung, nicht mitzugehen. So konnte ich meine ganze Kraft in eine Attacke investieren“, erklärte di Luca seine Taktik. Währenddessen war allen klar, dass Bettini es nochmal probieren musste. „Ich hatte Angst, dass ich nach der gescheiterten Attacke an der Cipressa keine Kraft mehr hatte. Luca hat mich aber aufgemuntert und wir sind dann zusammen davon gefahren“. Luca, das ist Luca Paolini, der die entscheidende Aktion des Tages unternahm.

Bild
Die entscheidende Attacke am Poggio: Paolini, Bettini und Celestino

Nachdem ein Drittel des Poggio zurückgelegt war, schossen er und Bettini aus dem Feld heraus und fuhren schnell einen Vorsprung auf dieses heraus. Lediglich Mirko Celestino konnte diesem „Tornado“, wie es Cipollini später ausdrückte, noch folgen. Kurz vor dem Gipfel wurde auch noch Danilo di Luca gestellt, der völlig entkräftet war: „Wenn ich heute einen Fehler gemacht habe, dann den, in den ersten kehren des Poggio zu attackieren. Oben war es so windig, dass ich irgendwann keine Kraft mehr in den Beinen hatte“. Di Luca wurde auch noch durchs Hauptfeld gereicht, während sich vorne das Trio in die zwei Kilometer kurze Abfahrt nach San Remo stürzte. Domina Vacanze führte das Feld an, kam jedoch nicht mehr entscheidend näher heran. Auf der Zielgeraden fuhr Luca Paolini Bettini den Sprint perfekt an und „Il Grillo“ vollendete in seiner typischen manier die Vorlage seines Teamkollegen, der sich selber über den dritten Rang freuen konnte. So ganz nebenbei schrieb Bettini auch noch Geschichte: Er konnte als erster Fahrer für den Rennstall Quickstep, die Mapei-Zeit mit einberechnet, die Primavera gewinnen.

Bild
Ein verdienter Sieger: Paolo Bettini und Luca Paolini jubeln über den Triumph, während sich Celestino geschlagen geben muss.


Als geschlagener, aber nicht enttäuschter Favorit rollte Mario Cipollini als vierter über die Ziellinie: "Ich freue mich für Bettini. Ich erinnere mich daran, was Bettini bei der letzten WM für mich getan hat. Meine Mannschaft hat heute gut gearbeitet und die Löcher zugefahren. Aber wir hatten es mit einem super Quick-Step-Team zu tun. Unter diesen Umständen kann ich nicht enttäuscht sein." Auch Erik Zabel schien nicht wirklich frustriert, als sechster die Ziellinie passiert zu haben: „Das Finale war so hektisch, ich wusste gar nicht, dass drei Fahrer vorne sind“, lautete sein Statement. Aber gerade diese Hektik hat die 94. Auflage von Milano-Sa Remo so unvergesslich gemacht und ließ einen kleinen Mann ganz groß werden.
Bill Simmons über den WAS-ATL-Trade: "There's only one silver lining: the chance that Bibby and Rashard Lewis will run their high screen in Washington and immediately get attacked by cadaver-sniffing dogs."

Benutzeravatar
Hoffi
Beiträge: 1867
Registriert: 15.7.2003 - 21:33
Kontaktdaten:

Beitrag: # 332048Beitrag Hoffi
18.2.2006 - 21:59

[color=white][b][size=100]AUSGABE 9, MONTAG, 7. MÄRZ 2005 [/size][/b][/color]
SEITE 7: DIE RENNEN DER WOCHE

MAILAND-TURIN
Verblüffte Kletterer

Erwartungsgemäß attackierten Bergspezialisten – allen voran Gilberto Simoni – am letzten Anstieg des italienischen Klassikers, doch ausgerechnet ein bulliger Norweger konterte die Attacken bravourös.

Zwar gilt der norwegische Meister Thor Hushovd beileibe nicht als schwächster Kletterer der Sprinter-Zunft, doch ist der muskulöse Nord-Europäer aufgrund seiner physischen Gegebenheiten – mehr als 80 Kilogramm wiegt er – wahrlich nicht prädestiniert für kurze, steile Steigungen. So stutzte auch Gilberto Simoni, in weiten Kreisen als bester Kletterer der Welt gehandelt, nicht schlecht, als er am diffizilsten Abschnitt des letzten Anstieges des italienischen Klassikers Mailand-Turin beim Umschauen in eben jenes Antlitz des robusten Sprint-Spezialisten blickte.

Bild
Nutzlose Attacke: Gilberto Simoni wehrte sich erfolglos gegen seine Verfolger.

Nach 181 von 199 Kilometern, die Steigung neigte sich gen zehn Prozent, erhob sich der zweimalige Giro-Sieger selbstbewusst aus dem Sattel und attackierte die noch im großen Peloton versammelte Konkurrenz – samt Hushovd, der sich prompt an des Italieners Fersen heftete und ihm selbst noch imstande war zu folgen, als die Gruppe bereits auf unter zwanzig Fahrer dezimiert war. Wenige Meter vor dem Gipfel, 15 Kilometer vor dem Ziel, musste Hushovd reißen lassen, doch fand er sich gemeinsam mit Niki Aebersold, Raffaele Illiano, Marco Cavallari und Sergio Marinangeli in einer fünfköpfigen Verfolgergruppe wieder, welche die Spitzenreiter Wladimir Belli, Felix Cardenas, Paolo Tiralongo, Patrice Halgand sowie Alexandre Botcharov nebst Simoni verfolgte – eine komfortable Situation für den Norweger. Zum einen, weil in Halgand und Botcharov zwei Teamkollegen an vorderster Front agierten, zum anderen, weil mit der Gewissheit behaftet, auf der zehn Kilometern langen Abfahrt den etwa 30-sekündigen Rückstand ohnehin egalisieren zu können.

Bereits nach 189 Kilometern folgte der Zusammenschluss, Hushovd beorderte seine beiden Domestiken in die Führungsposition – und das nachfolgende Szenario war nur unschwer zu prognostizieren. Botcharov und Halgand steuerten die Gruppe durch Turin bis zur Zielgeraden und bereiteten ihrem 27-jährigen Kapitän den Spurt mustergültig vor, in dem Hushovd erwartungsgemäß souverän vor Marinangeli und Halgand triumphierte. Weshalb es ihm selbstredend leicht fiel, später von einer „gänzlich aufgegangenen Taktik“ zu sprechen. „Es war ein nahezu perfektes Rennen“, grinste Hushovd den Medienvertretern entgegen – und zugleich eine gelungene Generalprobe für Mailand-San Remo.

Bild
Zufriedener Sieger: Thor Hushovd.

Wobei Hushovd generös relativierte, dass Tirreno-Adriatico erst den wahren Leistungsstand der Sprinter dokumentieren werde und man insbesondere Alessandro Petacchis (15.) Leistung nicht zum Vergleich heranziehen könne. „Gleichwohl möchte ich keinesfalls verhehlen, dass ich mich in sehr guter Konstitution befinde und ambitioniert nach Mailand fahren werde.“ Dagegen äußerte sich der Italiener ebenso lapidar wie eindeutig: „Ein solches Rennen ist absolut nicht repräsentativ für die ‚Primavera’. Meine Form passt.“ Was man dem Italiener durchaus glauben durfte, schließlich setzte er sich bei der Valencia-Rundfahrt gleich zweifach gegen Freire und Pollock durch.

Auch in einem anderen italienischen Lager wurde durchweg Optimismus offenbart, obzwar Gilberto Simoni, letztendlich noch Vierter, die Konkurrenz nicht distanzieren konnte, als er es versuchte. „Bis zum Giro-Start sind es noch etliche Wochen, ich liege im Zeitplan“, sagte Simoni, der sich eine flapsige Bemerkung angesichts Hushovds aufblitzender „Kletterfähigkeiten“ nicht verkneifen konnte: „Mit einer leicht schmaleren Statur wäre er wahrscheinlich in der Lage, mit uns um GT-Siege zu konkurrieren.“

Resultate
1 Thor Hushovd (C.A.) 4:33:19
2 Sergio Marinangeli (NSM) gl. Zeit
3 Patrice Halgand (C.A.) gl. Zeit
4 Gilberto Simoni (LAM) gl. Zeit
5 Niki Aebersold (PHO) gl. Zeit
6 Raffaele Illiano (SEL) gl. Zeit
7 Wladimir Belli (DOM) gl. Zeit
8 Felix Cardenas (TBL) gl. Zeit
9 Alexandre Botcharov (C.A.) gl. Zeit
10 Marco Cavallari (TBL) gl. Zeit
"There are only 10 types of people in the world: Those who understand binary, and those who don't."

Artifex
Beiträge: 1653
Registriert: 29.7.2003 - 14:32

Beitrag: # 332223Beitrag Artifex
19.2.2006 - 19:36

AUSGABE 9, MONTAG, 7. MÄRZ 2005
SEITE 8: DIE RENNEN DER WOCHE

VUELTA À MURCIA
T-Mobile sorgt für Überraschung

Dass Ausländer den ambitionierten Lokalmatadoren einen Strich durch die Rechnung machen, ist in dieser Saison keine Seltenheit: Auch bei der Murcia-Rundfahrt setzte sich ein Fahrer fernab von seiner Heimat gegen die Dominanz der Spanier durch.

Ob nun die Tour Down Under, der Grand Prix d’Ouverture, der Stern von Bességes oder die Mittelmeer-Rundfahrt; die Tatsache, dass die Radprofis in dieser Saison besonders viel Gefallen daran finden, den Lokalmatadoren und Publikumslieblingen die Show zu stehlen und den Sieg wegzuschnappen, ist vielfach belegt und nach der Vuelta a Murcia um ein Beispiel reicher: Denn ein einziger Fahrer aus den Top10 ist nicht gebürtiger Spanier, sondern Deutscher, und genau dieser Fahrer stand bei der Siegerehrung ganz oben auf dem Podium.

„Ein eindrucksvoller Beweis, dass eine so genannte spanische Allianz auch ganz schnell nach hinten losgehen kann“, resümierte Inigo Cuesta (Saunier Duval), der sich vor dem Rennen noch zum Mitfavoriten deklariert hatte und schlussendlich als Dritter dementsprechend niedergeschlagen war. Der zweitplatzierte Joan Horrach (Illes Balears) schlug in dieselbe Kerbe: „In den Medien wurde soviel über eine Zusammenarbeit der Spanier gegen die ausländischen Fahrer geredet, dass wir das am Ende fast selber geglaubt haben und die eigenen Leistungen vernachlässigt haben.“ So war es laut Horrachs Chef Eusebio Unzue ein „leichtfertig verschenkter Sieg.“ Ob nun verschenkt oder nicht, für Horrach dürfte es in jedem Fall ärgerlich sein, da er im Gesamtklassement knappe zwei Sekunden hinter dem Gesamtsieger zurücklag. „Selten hatten wir es so leicht, eine fünftägige Rundfahrt auf unser Konto zu holen, insofern ärgert mich die Art, wie wir hier mit zwei Sekunden Rückstand verloren haben, sehr“, erklärt Unzue seinen Missmut, nachdem er sich nun nach der Trofeo Luis Puig (wir berichteten: Ausgabe 7, 21. Februar) nun schon zum zweiten Mal über sein Team ärgert.

Bild
Zwei Sekunden fehlten Joan Horrach Rippoll zum Gesamtsieg

So gewann aber der mysteriöse Deutsche, der laut Angaben seines sportlichen Leiters Walter Godefroot „nicht zum Siegen angereist war“, aber dennoch die Konkurrenz um die besagten zwei Sekunden distanzierte. „Andreas sollte hier ein wenig Praxis sammeln und beim Zeitfahren und der selektivsten Etappe auf Ergebnis fahren“, erklärt T-Mobiles Godefroot weiter. „Dass er dabei jedoch auch noch den Sieg davontrug ist eine schöne Sache, aber in der Bedeutung nicht zu hoch einzustufen.“ Triumphator Klöden, um des Rätsels letztes Teil zu lösen, ließ Ähnliches von sich hören: „Der Sieg freut mich, jedoch habe ich noch größere Ziele, die für mich immer schon oberste Priorität hatten.“ Trotz alledem dürften sich die Verantwortlichen beim „rosa Riesen“ über diesen Sieg erfreut haben, steht das Bonner Team aufgrund der enormen Qualität im Kader immer besonders schnell unter Erfolgsdruck.

Bild
„Positiv Überrascht von der eigenen Leistung“: Andreas Klöden (T-Mobile)

Rennverlauf

Der erste Scharfrichter dieser Rundfahrt war das Zeitfahren über 52 Kilometer am zweiten Tag. 52 Kilometer – für den frühen Zeitpunkt im Radsportjahr 2005 eine beachtliche Länge, die wie erwartet die Spreu vom Weizen getrennt hat und bereits einige ambitionierte Fahrer in die Schranken wies. Tagessieger war Ruben Plaza, der sich relativ mühelos gegen die Konkurrenz durchsetzte. Auf dem achten Rang ließ Andreas Klöden zum ersten Mal aufhorchen.

Zwar gehörte der spätere Gesamtsieger bei der einzigen Bergankunft der Rundfahrt nicht zum Spitzenquintett, das sich aus fünf Spaniern zusammenschloss, doch konnte Klöden seinen Vorsprung aus dem Zeitfahren gegen eine Vielzahl von Attacken gerade noch über Wasser halten. Schon früh am Fuße des Schlussanstieges attackierte Joan Horrach, zu dem Mann von Illes Balears gesellten sich alsbald Cuesta, Martinez, Mosquera und Jufre zu und versuchten ihr Defizit aus dem Zeitfahren durch ihre Kletterkünste auszugleichen. Der Gesamtführender Ruben Plaza war nur leidlich erfolgreich, eine Verfolgung zu organisieren, weshalb T-Mobile mit Andreas Klöden unter den Verfolgern zur Tat schritt und den Vorsprung der spanischen „Escapados“ auf letztendlich vierzig Sekunden zu reduzieren wusste. Vierzig Sekunden, die Klöden am Ende den Sieg bescheren sollten.

Der eigentliche Triumphator und Dominator dieser Rundfahrt feierte seine Erfolge auf der ersten, der dritten und der fünften Etappe, nämlich im Massensprint. Crescenzo d’Amore und sein Team Acqua & Sapone hatte – auch aus Ermangelung an ernsthafter Konkurrenz – keine Mühe, das Feld auf den Flachetappen zu kontrollieren und den Sprint für den schnellen Italiener aufzuwickeln. Für D’Amore war es schließlich ein Leichtes, die stets tadellos vorbereiteten Massensprints zu gewinnen. Als ärgster Konkurrent erwies sich der Spanier Francisco Ventoso, der d’Amore jedoch ebenfalls nicht das Wasser reichen konnte und bei jeder Sprintankunft den undankbaren zweiten Platz belegte.

Bild
Gewohnte Pose: Crescenzo d’Amore bejubelt seinen dritten Tageserfolg.

1. Etappe:
1 Crescenzo D'Amore (ASA) 5:32:41
2 Francisco Ventoso (SDV)
3 David Blanco (ECV) gl. Zeit
4 Moreno Di Biase (SEL) gl. Zeit
5 André Korff (TMO) gl. Zeit

2. Etappe:
1 Ruben Plaza (ECV) 1:16:31
2 Uwe Peschel (GST) + 20
3 René Andrle (LSW) gl. Zeit
4 Ronny Scholz (GST) + 23
5 David Canada (SDV) + 1:32

3. Etappe:
1 Crescenzo D'Amore (ASA) 3:29:13
2 Francisco Ventoso (SDV) gl. Zeit
3 Gabriele Balducci (ASA) gl. Zeit
4 Candido Barbosa (LAL) gl. Zeit
5 Stefan Schreck (TMO) gl. Zeit

4.Etappe:
1 Joan Horrach (IBA) 4:32:27
2 Inigo Cuesta (SDV) gl. Zeit
3 Egoi Martinez (EUS) gl. Zeit
4 Ezequiel Mosquera Miguez (KAI) gl. Zeit
5 Josep Jufre Pou (REL) gl. Zeit

5. Etappe:
1 Crescenzo D'Amore (ASA) 3:44:09
2 Francisco Ventoso (SDV) gl. Zeit
3 David Herrero Llorente (EUS) gl. Zeit
4 Rodney Green (BAR) gl. Zeit
5 Juan Fuentes (LAM) gl. Zeit

Gesamtwertung:
1 Andreas Klöden (TMO) 18:48:57
2 Joan Horrach (IBA) + 2
3 Inigo Cuesta (SDV) + 27
4 Egoi Martinez (EUS) + 1:11
5 Ezequiel Mosquera Miguez (KAI) + 1:15
6 Josep Jufre Pou (REF) + 2:02
7 Antonio Colom (IBA) + 2:20
8 David Herrero Llorente (EUS) + 2:39
9 Juan Fuentes (LAM) + 3:10
10 José Luis Martinez J. (ECV) + 3:17

RotRigo
Beiträge: 4154
Registriert: 16.6.2002 - 18:19
Kontaktdaten:

Beitrag: # 332253Beitrag RotRigo
19.2.2006 - 22:10

So langsam wird's auch renntechnisch richtig interessant. Ich bin begeistert von diesem AAR! Immer so weiter...

Benutzeravatar
Lance Armstrong Fan
Beiträge: 2886
Registriert: 7.7.2004 - 15:18
Kontaktdaten:

Beitrag: # 332254Beitrag Lance Armstrong Fan
19.2.2006 - 22:14

Die Rennen interresant beschrieben, die Hintergrundgeschichten wirklich lesenswert (Danke Hans!)...hoffentlich lässt die nächste Ausgabe nicht so lange auf sich warten!

Aber ich freue mich, dass mich noch sieben Seiten erwarten. Schade, dass ihr das Seitenlayout nicht beibehalten habt :cry:.
Gruß LAF

Sieger: Bayernrundfahrt 08, Lombardeirundfahrt 08, Cyclassics 08
2. Platz: Giro d'Italia 08, E3 Prijs 09, Criterium International 09,
3. Platz: Paris-Roubaix 09, Baskenland 09

Benutzeravatar
Edelhelfer
Beiträge: 15
Registriert: 31.1.2006 - 21:29
Kontaktdaten:

Beitrag: # 332258Beitrag Edelhelfer
19.2.2006 - 22:35

hab leider nicht den nerv/die flatrate alles mitzulesen, aber es ist der absolute wahnsinn, was ihr da macht. wenn auch nur sporadisch mitgelesen, ein ganz dickes lob!


FIGUERAS
LIEBLINGSFAHRER

*** Voigt
** Menchov, Fothen
* Kopp, Lövkvist, Klier

http://www.rsmprosim.de.vu/

Tippspiel:
7. Milano - San Remo 2006

Artifex
Beiträge: 1653
Registriert: 29.7.2003 - 14:32

Beitrag: # 332623Beitrag Artifex
21.2.2006 - 20:23

[color=white][b][size=100]AUSGABE 7, MONTAG, 21. FEBRUAR 2005 [/size][/b][/color]
SEITE 9: INTERVIEW DER WOCHE

BRADLEY MCGEE
„Wir werden die ProTour aufmischen“

Bild


Etappen- und Gesamtsiege bei großen Rundfahrten, Weltmeister, diverse Weltrekorde und eine Bronzemedaille in Atlanta 1996 auf der Bahn – Brad McGees Siegesliste ist schon jetzt lang und beeindruckend und dennoch ist der Erfolgshunger nicht gestillt. Das nächste Ziel ist Paris-Nizza!

KONTRAST: Herr McGee, wie verlief der Saisonbeginn für Sie?
Bradley McGee: Nach der Rückkehr aus dem Urlaub stand natürlich wie üblich das harte Vorbereitungsprogramm in unserem Trainingslager in Australien bevor. Dort habe ich gleich meine ersten Rennkilometer des Jahres bei der Tour Down Under heruntergespult und danach reiste ich zu meiner neuen Wohnung in die französischen Alpen und trainiere dort intensiv für die neue Saison.
KONTRAST: Zum Ende des letzten Jahres haben Sie Ihrem Arbeitsgeber Marc Madiot und allen Fans eine Leistungssteigerung für die kommende Saison gegenüber 2005 und 2004 versprochen.
McGee: Das ist richtig, denn auf Dauer kann ich mich nicht auf den Erfolgen ausruhen.
KONTRAST: Die da lauten: Etappensiege bei der Tour, beim Giro, bei der Tour de Suisse, Gesamtsieg der Route du Sud und viele andere gute Platzierungen bei renommierten Rennen. Nicht zu vergessen die diversen Titel von der Bahn! Woher kommt diese Unzufriedenheit?
McGee: Sehen Sie, es ist gut, dass Sie die Bahnerfolge erwähnt haben, denn das ist genau das, wovon ich mich distanzieren möchte. Die Zeit als Radsportler auf der Bahn war sehr schön und von Erfolgen geprägt, dennoch habe ich mich vor ein paar Jahren für den Leistungssport auf der Straße entschieden und habe mir dementsprechend meine Ziele gesteckt.
KONTRAST: Inwiefern spielt das Bergtraining eine Rolle bei der Erfüllung Ihrer Ziele?
McGee: Ich sehe das so: Ich habe einige Veranlagung als Radrennfahrer. Von der Bahn habe ich die Fähigkeiten für das Zeitfahren mitgenommen, ich fahre für mein Leben gern Prologe. Zudem besitze ich – ebenfalls aus der Zeit des Bahnsports – eine überdurchschnittliche Endgeschwindigkeit, an leichteren Anstiegen habe ich zudem keine Probleme, so schätze ich mich als Fahrertyp ein und ich denke, dass Ergebnisse aus vergangenen Tagen das belegen können.
KONTRAST: Warum dann das Bergtraining?
McGee: Um etwas zu erreichen, musste ich mich mein Training über kurz oder lang auf eines dieser Bereiche spezialisieren. Dies habe ich im Winter mit meinem Trainer und anderen Experten aus unserem Team abgesprochen und wir haben durch verschiedene Tests herausgefunden, dass ich am Berg wohl am meisten Potenzial habe.

Bild
Innovativität am Arbeitsplatz: neben ausführlichen Trainingsfahrten und genauester Auswertung dank neuer PC-Technologie bestand das Wintertraining fdjeux’ auch aus Abenteuerurlaub im australischen Outback (oben)

KONTRAST: Wie funktionierten diese Tests?
McGee: Das bleibt intern unter allen Beteiligten, also vom Trainer über den Praktikanten, der die Daten in den Computer aufnimmt, bis zum Fahrer. Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass ich den Instinkt im Kampf gegen die Uhr, im Rollen, nicht verlieren werde, dafür bin ich zu häufig durch das Velodrom gejagt. Auch die Spritzigkeit werde ich nicht so leicht verlieren, schließlich ist der Sinn des Trainings nicht, nur noch Alpenpässe hoch und runter zu fahren.
KONTRAST: Karten auf den Tisch: Diese ausgeklügelte Trainingsplanung dient Ihnen zu einem großen Zweck, oder? Wie lautet dieser?
McGee: Mindestens ein ProTour-Erfolg in dieser Saison. Und ich rede dabei von Gesamtsiegen, Etappensiege sind schön und gut, entsprechen aber nicht meiner Vorstellung und auch nicht der des Teams.
KONTRAST: Wann werden Sie den ersten Versuch starten?
McGee: Gleich wenn sich mir die erste Chance bietet, also übermorgen ein Start bei Paris-Nizza.
KONTRAST: Warum gerade diese Rundfahrt? Beim parallel laufenden Tirreno-Adriatico bieten sich Ihnen durch die weniger selektiven, aber trotzdem sehr zahlreich und vor allem im Zielbereich vorhandenen Anstiege doch fast größere Chancen auf Erfolg?
McGee: Nein, ich denke nicht, dass ich beim Tirreno große Siegchancen hätte. Einen Sieg aus Italien zu „entführen“ bedarf schon eine einwandfreie Leistung.
KONTRAST: Was beim Rennen Paris-Nizza nicht anders sein dürfte.
McGee: Natürlich nicht, aber es gibt noch andere Gründe wie zum Beispiel Thor Hushovd, der beim Tirreno-Adriatico an den Start gehen wird und sich zur Zeit offenbar in einer bombastischen Form befindet. Auch wenn ich mich generell nicht an einzelnen Fahrern orientiere, wird es zumindest für mich keine Chance geben, Hushovd zu schlagen. Es gibt ja auch einige Punkte, die bei Paris-Nizza für mich sprechen.
KONTRAST: Zum Beispiel?
McGee: Der Prolog am ersten Tag! Ich möchte dort auf jeden Fall gewinnen, um dann gleich vom ersten Tag weg im gelben Trikot fahren zu können. Schließlich steckt an der Redewendung, dass das Führungstrikot Flügel verleihen kann, auch ein großes Stück Wahrheit drin.
KONTRAST: Der Tag der Bergankunft auf dem Mont Faron dürfte für Sie eine wichtige Rolle spielen.
McGee: Diese Etappe wird für jeden ambitionierten Teilnehmer an dieser Rundfahrt wichtig sein, schließlich bieten sich an einem Anstieg, dazu an einem solch selektiven, wie es der Faron nun mal ist, die besten Chancen, den Gesamtführenden zu attackieren.
KONTRAST: Mit Francisco Mancebo, Danilo di Luca und Michael Boogerd haben sich drei absolute Top-Fahrer angekündigt.
McGee: Davon habe ich auch gehört und gerade bei Mancebo hat mich das überrascht, aber spanischen Medien zufolge ist er in sehr guter Form und meint es bei Paris-Nizza ernst. Also werden auch wir ihn ernst nehmen.
KONTRAST: Alleine diese drei Fahrer in Topform versprechen ein wahres Feuerwerk an Attacken. Wie werden Sie darauf antworten?
McGee: So gut wir können.
KONTRAST: Welche Rolle wird dabei Ihr Teamkollege Sandy Casar einnehmen?
McGee: Sandy hat sich ebenfalls speziell auf Paris-Nizza vorbereitet und präsentiert sich in gemeinsamen Trainingsfahrten sehr gut, er wird sicherlich auch ein Wörtchen um den Sieg mitreden können. Er hat für sein Alter schon viel Erfahrung, auf ihn ist Verlass.

Bild
„Ein verlässlicher Kollege“: Sandy Casar

KONTRAST: Und taktisch gesehen, werden Sie mit einer Doppelspitze agieren?
McGee: Das ist gut möglich, doch zunächst müssen wir sehen, wie wir beide im Prolog agieren. Danach werden wir unsere Taktik ausrichten.
KONTRAST: Der Prolog nimmt also eine zentrale Rolle in Ihrer Planung ein, haben Sie die Strecke hospitiert?
McGee: Ja, das gehört natürlich dazu, wir sind die Strecke zweimal abgefahren im Auto und ich bin sehr optimistisch. Allerdings ist die Bedeutung auch nicht zu überschätzen, dieses Zeitfahren findet nun mal am ersten Tag statt und bietet damit die Grundlage für die restlichen sieben Teilstücke, allerdings ist es nur ein Prolog und daher gibt es keinen Grund seine gesamte Konzentration auf sieben Kilometer von insgesamt über fünfhundert zu legen.
KONTRAST: Welchen Konkurrenten schätzen Sie nach der Vorbereitung am Stärksten ein?
McGee: Mit solchen Urteilen bin ich meist vorsichtig, da ich nicht bei deren Training dabei war und so keinen Eindruck davon habe.
KONTRAST: Trotzdem ein Tipp, wer im Falle des Falles hinter Ihnen auf dem Podium steht?
McGee: Di Luca und Mancebo sind von den Fähigkeiten her die besten Fahrer auf der Starterliste, wenn sie in topfit sind, könnten sie alle anderen alt aussehen lassen. Und sonst? Paolo Bettini, Yaroslav Popovych, aber natürlich auch Sandy Casar sind alles Fahrer, die bei Paris-Nizza auftrumpfen könnten. Es wird wirklich wahnsinnig spannend werden, schließlich treten viele Fahrer zum ersten Mal in diesem Jahr auf der ganz großen Bühne des Radsports auf!

Bild
Francisco Mancebo sei zusammen mit di Luca der stärkste Fahrer des Feldes, so McGee

KONTRAST: In jedem Fall dürfte Ihnen und Ihrem Team der mögliche Sieg gut tun.
McGee: Gewiss, das entspräche dem perfekten Start in die ProTour und würde uns ein, wenn auch nicht allzu großes, Polster schaffen. Wir könnten ohne großen Erfolgsdruck von außen in die nächsten Rennen gehen, was gerade bei so vielen jungen Fahrern im Team ein Vorteil sein kann.
KONTRAST: Was denken Sie, welche Platzierung wäre für fdjeux in der Teamwertung der ProTour realistisch?
McGee: Irgendwo zwischen Platz Fünf und Zehn würde unserer Qualität entsprechen.
KONTRAST: Das ist mehr, als Ihnen viele Experten zutrauen.
McGee: Das ist aber auch genauso viel, wie wir uns zutrauen. Wir kennen unser Team so gut wie kein anderer, wir wissen um unsere Stärken und unsere Schwächen und ich bin optimistisch, dass dies eine erfolgreiche Saison werden kann und wir die ProTour richtig aufmischen werden.
KONTRAST: Und Sie werden bei Paris-Nizza Ihren Teil dazu beitragen, der KONTRAST wünscht Ihnen dabei viel Glück und bedankt für sich für das Gespräch.

Antworten